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Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 29.09.2003
Aktenzeichen: 6 Sa 882/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 794 | |
ZPO § 133 | |
ZPO § 157 | |
ZPO § 167 | |
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 8 | |
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 9 a.F. |
Vorstellungskosten aus Anlass der Eingehung des Arbeitsverhältnisses werden, wenn sich aus den Umständen nichts anderen ergibt, von einer Ausgleichsklausel in einem gerichtlichen Vergleich erfasst, die eine Erledigung "aller eventueller finanzieller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung" vorsieht.
2.
Ansprüche auf Ersatz von Vorstellungskosten unterliegen der kurzen Verjährungsfrist.
6 Sa 882/02
Landesarbeitsgericht Nürnberg Im Namen des Volkes Urteil
Die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Nürnberg Vetter als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Schädel und Stechhammer aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.08.2003
für Recht erkannt:
Tenor:
I.
Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Weiden, Kammer Schwandorf, vom 13.11.2002, Az. 5 Ca 158/02 S, wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Pflicht des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer Reisekosten, die dieser anlässlich von Vorstellungsgesprächen aufgewendet hat, zu ersetzen.
Der Kläger bewarb sich bei der Beklagten für die Position eines sogenannten "Außencontrollers". Hierbei reiste er zu vier Vorstellungsgesprächen an. Die Parteien begründeten ein ab 01.10.1999 in Kraft gesetztes Arbeitsverhältnis. Der Kläger rechnete die entstandenen Aufwendungen mit Schreiben vom 31.10.1999 gegenüber der Beklagten ab (Anlage K 1 zum Schriftsatz der Klägervertreter vom 25.02.2002, Bl. 21 d.A.). Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 09.11.1999 und vorsorglich nochmals mit Schreiben vom 13.03.2000. Der gegen die Kündigung vom 09.11.1999 gerichteten Kündigungsschutzklage des Klägers gab das Arbeitsgericht Weiden statt. In der hiergegen beim Landesarbeitsgericht Nürnberg unter dem Aktenzeichen 4 Sa 371/00 geführten Berufung schlossen die Parteien in der Verhandlung vom 23.05.2001 einen Vergleich mit dem Inhalt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund ordentlicher Probezeitkündigung vom 09.11.1999 zum 30.11.1999 bei Zahlung einer Abfindung von 29.000,- DM, Miterledigung des Verfahrens über die Kündigung vom 13.03.2000 und folgender Abgeltungsklausel:
"Mit diesem Vergleich sind alle eventuellen weiteren finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung abgegolten, wobei sich die Parteien einig sind, dass der Urlaub in Natur eingebracht ist."
Mit Schreiben vom 20.12.2001 machte der Kläger die Vorstellungskosten unter Fristsetzung bis 27.12.2001 erneut schriftlich geltend (Anlage K 2 zum Schriftsatz der Klägervertreter vom 25.02.2002, Bl. 22 d.A.).
Mit am 28.12.2001 beim Arbeitsgericht Weiden eingereichtem, nicht unterzeichneten Mahnbescheidsantrag - der korrigierte Antrag ist nach entsprechendem Hinweis des Gerichts unterzeichnet und auf gültigem Formular am 15.01.2002 beim Arbeitsgericht Weiden eingegangen - hat der Kläger die Forderung gerichtlich geltend gemacht. Er hat erklärt, er sei zu den verschiedenen Vorstellungsgesprächen mit seinem Privat-Pkw 1.071 km, 944 km, 610 km und nochmals 944 km gefahren. Ihm stehe daher als Aufwendungsersatzanspruch ein Betrag von € 948,90 zu; dieser errechne sich nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Abgeltung der Benutzung eines Privatfahrzeuges für Dienstreisen mit 0,52 DM pro gefahrenem Kilometer. Er habe diesen Betrag mehrfach und immer wieder geltend gemacht.
Der Kläger hat im Verfahren vor dem Arbeitsgericht daher folgenden Antrag gestellt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 948,90 zuzüglich 4% Zinsen hieraus ab dem 21.11.1999 bis 30.04.2000, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz vom 01.05.2000 bis 31.12.2001, zuzüglich 8% Zinsen daraus über dem Basiszinssatz ab 01.01.2002 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt
die Klage abzuweisen.
Sie hat eingewandt, die Klage sei schon deswegen nicht begründet, weil die Parteien im gerichtlichen Vergleich eine umfassende Abgeltungsregelung vereinbart hätten, die auch eine eventuelle bestehende Forderung auf Reisekosten zu Vorstellungsgesprächen miterledigt habe. Dies gelte um so mehr, als der Kläger selbst vortrage, er habe die Forderung immer wieder geltend gemacht.
Der Kläger hat eingewandt, der Vergleichstext umfasse nur Ansprüche, die unmittelbar aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung resultierten. Er, der Kläger, und sein Prozessbevollmächtigter hätten vor Erteilung der Zustimmung zu dem Vergleich ausdrücklich über die Vorstellungskosten gesprochen und den Vergleich nur deswegen akzeptiert, weil vorvertragliche Ansprüche hierdurch gerade nicht erfasst worden seien. Bei diesen Ansprüchen handele es sich nicht um solche aus dem Arbeitsverhältnis, was schon daraus ersichtlich sei, dass sie auch Bewerbern nach § 670 BGB zuständen, mit denen dann kein Arbeitsverhältnis begründet worden sei.
Die Beklagte hat demgegenüber erklärt, Sinn der Klausel sei es gewesen, alle Ansprüche zu erledigen. Hierüber hätten die Prozessbevollmächtigten der Parteien auch gesprochen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Endurteil vom 13.11.2002 abgewiesen. Es hat dies im wesentlichen damit begründet, der geltend gemachte Anspruch sei durch den Vergleich abgegolten. Zwar lasse sich die Ansicht des Klägers streng nach dem Wortlaut des Vergleiches vertreten. Zu erforschen sei jedoch mittels Vertragsauslegung der wirkliche Wille der Parteien. Dieser ergebe, dass die Parteien mit der Klausel sämtliche im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Ansprüche einschließlich solcher aus Eingehung und aus Nachwirkung hätten erledigen wollen. Hierfür sei auch die Höhe der Abfindung ein Indiz.
Das Endurteil des Arbeitsgerichts ist den Klägervertretern ausweislich ihres Empfangsbekenntnisses am 27.11.2002 zugestellt worden (Bl. 55 d.A.). Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Vertreter vom 27.12.2002, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am selben Tag, Berufung eingelegt. Er hat diese Berufung - nach Verlängerung der Begründungsfrist bis 27.02.2003 - mit am 27.02.2003 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz selben Tages begründet.
Der Kläger hat sich in der Berufung darauf gestützt, das Arbeitsgericht habe die Abgeltungsklausel fehlerhaft ausgelegt. Es habe zu Unrecht auf die Abfindungshöhe abgestellt, die allein der wahrscheinlichen Unwirksamkeit der Kündigung vom 09.11.1999 Rechnung getragen habe. Im übrigen sei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht davon auszugehen, dass nicht aus dem Arbeitsverhältnis resultierende Ansprüche in einer Abgeltungsklausel einbezogen seien. Vielmehr sei auf den Zusammenhang abzustellen. Die Vorstellungskosten seien nicht Gegenstand des Rechtsstreits gewesen. Es gehe zu weit, wenn man solche Ansprüche entgegen dem Wortlaut der Abgeltungsklausel in diese einbeziehe.
Der Kläger stellt als Berufungskläger daher in der Berufungsinstanz den Antrag,
das Urteil des Arbeitsgerichts Weiden, Kammer Schwandorf, vom 13.11.2002 - Az. 5 Ca 158/02 S - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 948,90 zuzüglich 4% Zinsen daraus ab dem 21.11.1999 bis 30.04.2000, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz vom 01.05.2000 bis 31.12.2001, zuzüglich 8% Zinsen daraus über dem Basiszinssatz ab 01.01.2002 zu zahlen.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Urteilsgründe des Arbeitsgerichts. Sie bleibt dabei, dass es Zweck des Vergleiches gewesen sei, alle eventuell zwischen den Parteien bestehenden Ansprüche abzugelten. Dies sei insbesondere auch aus der Hinzufügung des Adjektivs "eventuelle" Ansprüche, der es bei Zugrundelegen der Auffassung des Klägers nicht bedurft hätte, ersichtlich. Die Vorstellungskosten ständen in unmittelbarem Zusammenhang mit den Ansprüchen aus dem Arbeitsvertrag und seien mit dem Begriff "Arbeitsverhältnis" erfasst. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stehe dieser Auslegung nicht entgegen. Höchst vorsorglich werde gegen den Anspruch die Einrede der Verjährung erhoben. Auch sei der Anspruch verwirkt, da er vom Kläger nach der Geltendmachung mit Schreiben vom 31.10.1999 bis zum Dezember 2001 nicht weiterverfolgt, obwohl er mit Schreiben vom 28.06.2001 um Begleichung der noch ausstehenden Gegenforderungen gebeten habe (Anlage B 1 zur Berufungserwiderung, Bl. 95 d.A.).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des Ersturteils vom 13.11.2002 (Bl. 47 ff. d.A.), die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 19.08.2003 (Bl. 98 ff. d.A.) und die zwischen den Parteien in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, weil sie sich gegen ein arbeitsgerichtliches Urteil richtet (§ 64 Abs. 1 ArbGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 600,- Euro (§ 64 Abs. 2 b) ArbGG). Die Berufung ist auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO, 66 Abs. 1 S. 1, S. 2 und S. 5 ArbGG).
II.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Urteil des Arbeitsgerichts erweist sich als richtig. Es hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufungskammer folgt den sorgfältigen Erwägungen des Arbeitsgerichts, denen sie sich anschließt, so dass auf eine erneute, nur wiederholende Darstellung verzichtet werden kann (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Nur ergänzend ist im Hinblick auf die in der Berufung von den Parteien vorgetragenen Argumenten noch hinzuzufügen:
1.
Wie vom Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt ist, erfasst die im gerichtlichen Vergleich vom 23.05.2001 von den Parteien vereinbarte Abgeltungsklausel auch die geltend gemachten Ansprüche auf Ersatz der Vorstellungskosten.
a.
Zutreffend hat das Arbeitsgericht die Auslegungsgrundsätze für diese Klausel dargestellt. Es entspricht in der Tat ständiger Rechtsprechung, dass der Umfang einer Ausgleichsklausel durch Auslegung nach den Regeln der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist. Dabei ist der in der auszulegenden Erklärung verkörperte maßgebliche Wille der Parteien zu ermitteln. Lässt sich dabei ein übereinstimmender Wille der Parteien feststellen, so ist dieser allein maßgeblich, auch wenn er in dem Vertrag nur unvollkommenen Ausdruck gefunden hat. Lässt sich ein solcher übereinstimmender Wille nicht feststellen, dann sind die jeweiligen Erklärungen der Vertragsparteien jeweils aus der Sicht des Erklärungsempfängers so auszulegen, wie er sie nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen durfte und musste. Diese Auslegung hat ausgehend vom Wortlaut, der nach dem Sprachgebrauch der jeweiligen Verkehrskreise zu bewerten ist, sämtliche den Parteien erkennbare Begleichumstände, die für den Erklärungsinhalt von Bedeutung sein können, zu berücksichtigen. Hierzu gehören die Entstehungsgeschichte, das Verhalten der Parteien nach Vertragsschluss, der Zweck des Vertrages und die bei Vertragsschluss vorliegende Interessenlage (so zuletzt ausführlich BAG vom 31.07.2002, Az. 10 AZR 513/01, EzA § 74 HGB Nr. 63 unter II.3.b. der Entscheidungsgründe).
b.
Vorliegend ist ein übereinstimmender Parteiwille im Hinblick auf die Reichweite der Ausgleichsziffer im gerichtlichen Vergleich nicht erkennbar. Der Kläger trägt vor, er habe in Rücksprache mit seinem Prozessbevollmächtigten dem Vergleich zugestimmt, weil er davon ausgegangen sei, die Vorstellungskosten würden nicht erfasst. Die Beklagte trägt vor, sie sei von der Erledigung sämtlicher Ansprüche ausgegangen. Der Wille der Parteien wich also nach dem jeweiligen Sachvortrag voneinander ab. Erklärungen der Parteien über den Vergleichstext hinaus, aus denen der jeweilige Anspruchsgegner auf ein bestimmtes Verständnis hätte schließen können, sind nicht behauptet. Beide Parteien haben ihr behauptetes Verständnis von der Reichweite der Ausgleichsklausel des Vergleiches nach eigenem Sachvortrag dem Prozessgegner nicht offenbart. Aus dem erklärten Parteiwillen lässt sich nichts ableiten.
c.
Zu prüfen ist daher, wie die Parteien die Klausel verstehen durften und mussten. Dabei beruft sich der Kläger darauf, dass der Anspruch auf Ersatz der Vorstellungskosten vom exakten Wortlaut der Ausgleichsklausel nicht gedeckt sei, weil es sich um einen Anspruch aus Eingehung des Arbeitsverhältnis handele, nicht um einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis selbst.
d.
Mit Recht hat das Arbeitsgericht dargelegt, dass schon diese Wortlautinterpretation nicht überzeugt. Entscheidend ist nämlich nicht eine juristisch exakte, feinsinnige Definition, welche Ansprüche sich aus dem Arbeitsvertrag unmittelbar ergeben und welche nicht. Entscheidend ist, was eine verständige Partei unter Ansprüche "aus dem Arbeitsverhältnis" zu verstehen hatte. Dabei geht auch die Berufungskammer davon aus, dass nach dem Sprachgebrauch Ansprüche "aus dem Arbeitsverhältnis" solche sind, die mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehen, und dass auch solche Ansprüche als Ansprüche "aus dem Arbeitsverhältnis" anzusehen sind, die im Zusammenhang mit dem Eingehen des Arbeitsverhältnisses entstanden sind. Die Klausel beschränkt sich gerade nicht auf Ansprüche aus dem "Arbeitsvertrag". Sie ist weiter gefasst. Die vorliegende Klausel würde nach dem Sprachgebrauch auch etwaige Ansprüche des Arbeitgebers auf Schadensersatz wegen Falschangaben des Arbeitnehmers erfassen - obwohl es sich hierbei ebenfalls um Ansprüche aus der Eingehung des Arbeitsverhältnisses handeln kann. Schon von daher liegt es nahe, auch die Ansprüche auf Ersatz der Vorstellungskosten als Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis in diesem Sinn anzusehen. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird nicht unterschieden, ob die Aufwendungen des - späteren - Arbeitnehmers vor oder erst während des Arbeitsverhältnisses entstanden sind. Beide ergeben sich nach dem Sprachgebrauch aus dem Arbeitsverhältnis. Demgemäß hat das Bundesarbeitsgericht schon im Jahr 1977 lapidar festgestellt, dass ein Anspruch auf Vorstellungskosten "als Anspruch auf Auslagenersatz aus einem Arbeitsverhältnis behandelt werden" muss (Urteil vom 14.02.1977, 5 AZR 171/76, AP Nr. 8 zu § 196 BGB unter 2.c. der Gründe).
e.
Zum selben Ergebnis führt auch die Auslegung nach dem Zweck der Vorschrift. Gerade gerichtliche Ausgleichsklauseln sind im Interesse klarer Verhältnisse grundsätzlich weit auszulegen. In einem Aufhebungsvertrag wollen die Parteien in der Regel das Arbeitsverhältnis abschließend bereinigen und alle Ansprüche erledigen, gleichgültig, ob sie daran dachten oder nicht. Der beurkundete Vergleichswille wäre wertlos, wenn die Vergleichsverhandlungen sogleich Quelle neuer, über den beurkundeten Inhalt hinausgehender Ansprüche und damit neuen Parteienstreits sein könnten (so überzeugend BAG vom 31.07.2002, a.a.O., m.w.N.; Eisemann in Küttner, Personalbuch 2003, "Ausgleichsquittung" Rn. 10). Dem folgt auch die Kammer. Mit Recht führt die Beklagte an, die Verwendung der Adjektive "alle weiteren finanziellen Ansprüche" deute darauf hin, dass die Klausel den Zweck hatte, klarzustellen, dass mit Erfüllung des Vergleichs keine weiteren Zahlungen mehr zwischen den Parteien fließen sollten. Offenbar bewusst sind Ansprüche nicht-finanzieller Art, etwa auf Aushändigung von Arbeitspapieren oder ähnliches, ausgenommen worden. Dies macht den Zweck, nicht noch um irgendwelche Zahlungen streiten zu wollen, noch deutlicher.
f.
Die hiergegen vorgebrachten Argumente des Klägers überzeugen nicht. Soweit er sich auf die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 20.10.1981, AP Nr. 39 zu § 74 HGB, beruft, kann die Kammer diesem Urteil eine derartige Reichweite nicht entnehmen. Zum einen betrifft der dort entschiedene Fall (Az. 3 AZR 1013/78) eine vom Arbeitgeber vorgelegte formularmäßige Ausgleichsquittung; die Auslegung des Inhalts solcher Ausgleichsquittungen folgt aber ohnehin anderen Maßstäben als diejenige gerichtlicher Vergleiche, weil ein wirkliches gegenseitiges Nachgeben beider Parteien bei solchen Ausgleichsquittungen in aller Regel nicht enthalten ist (vgl. hierzu Preis in Erf-Kommentar, 3. Aufl. 2003, § 611 BGB Rn. 515 ff.). Im Gegensatz zur vorformulierten Ausgleichsquittung schließt die in einem gerichtlichen Vergleich enthaltene Ausgleichsklausel alle Ansprüche aus, die nicht unmissverständlich in dem Vergleich als weiterbestehend bezeichnet werden (Preis, a.a.O., Rn. 518). Derartige Ausnahmen ergeben sich vorliegend aus dem Gegenschluss, weil die Klausel nur finanzielle Ansprüche abgilt. Der Ersatz von Vorstellungskosten fällt nicht unter diese Ausnahmen. Zum zweiten lässt sich eine Auslegungsregel in derjenigen Reichweite, wie sie vom Kläger aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.10.1981 herausgelesen wird, hieraus nicht entnehmen. Das Bundesarbeitsgericht erklärt ausdrücklich, die dort getroffene Auslegung beziehe sich auf die besonderen dort vorliegenden Umstände des Einzelfalles. Allgemeine Regelungen für Ausgleichsklauseln in gerichtlichen Vergleichen ließen sich hieraus nicht entnehmen (BAG vom 31.07.2002, a.a.O., unter II.3.c.aa.(1) der Gründe). Gerade zur Ausgleichsquittung vergleichbare Umstände scheiden aber vorliegend aus. Schließlich greift auch der Hinweis des Klägers, die Ansprüche seien nicht streitgegenständlich gewesen, nicht. Wortlaut wie Sinn und Zweck der Ausgleichsklausel zeigen, dass sämtliche, auch nur eventuell bestehenden weiteren Ansprüche erledigt sein sollten, nicht nur die eingeklagten Forderungen - für deren Erledigung es einer Ausgleichsklausel streng genommen gar nicht bedurft hätte, weil die Parteien einen Gesamtvergleich zur Erledigung des gesamten Rechtsstreits und nicht nur einen Teilvergleich geschlossen haben.
g.
Nach alldem steht also fest, dass die Ansprüche aufgrund der Ausgleichsklausel des Vergleiches in der Tat nicht mehr bestehen.
2.
Unabhängig hiervon scheitert der Anspruch auch, weil er verjährt ist. Die Beklagte hat sich in der Berufungsinstanz ausdrücklich auf die Einrede der Verjährung berufen.
a.
Die Ansprüche auf Ersatz der Vorstellungskosten unterfallen der kurzen Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 8 und Nr. 9 BGB in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung - und zwar selbst dann, wenn der Bewerber nicht eingestellt worden ist. Es handelt sich nämlich um Ansprüche aus typischen Abläufen des Arbeitslebens, die ebenso wie das Arbeitsentgelt einer schnellen Klärung bedürfen. Dies bezweckt § 196 BGB mit der kurzen Verjährungsfrist (Brune, AR-Blattei SD "Vorstellungskosten" Rn. 46 m.w.N.). Für diese Auslegung spricht, dass die Bestimmungen der Nrn. 8 und 9 in § 196 BGB kein bestehendes Arbeitsverhältnis voraussetzen und dass daher alle Vergütungsansprüche erfasst sein sollen, die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise aus der Vergütung von Arbeitsleistung hergeleitet werden - gleich, ob es sich um Vergütung im eigentlichen Sinn oder um Auslagenersatz handelt (BAG vom 14.02.1977, 5 AZR 171/76, AP Nr. 8 zu § 196 BGB). Diese Auffassung wird in ständiger Rechtsprechung wiederholt (vgl. etwa BAG vom 07.05.1986, 4 AZR 556/83, AP Nr. 12 zu § 4 BAT; BAG vom 30.10.2001, 1 AZR 65/01, EzA § 112 BetrVG 1972 Nr. 109; LAG Baden-Württemberg vom 27.07.2000, 19 Sa 44/99, juris). Dem schließt sich die Kammer an.
b.
Die im Zeitpunkt des Entstehens des Anspruches geltende zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nrn. 8 und 9 BGB a.F. war im Zeitpunkt der Klageerhebung abgelaufen. Unzweifelhaft war der Anspruch spätestens Ende Oktober 1999 entstanden und fällig. Der Kläger hätte seine Forderung spätestens bis 31.12.2001 gerichtlich geltend machen müssen. Diese Frist hat er versäumt. Zwar ist sein Mahnbescheidsantrag bereits am 29.12.2001 beim Arbeitsgericht Weiden eingegangen. Dieser Antrag war jedoch auf ungültigem Formular gestellt und vor allem nicht unterzeichnet. Ein ordnungsgemäßer unterzeichneter Antrag ist ausweislich des Eingangsstempels des Arbeitsgerichts erst am 15.01.2002 dort eingegangen und ausweislich der Zustellungsurkunde am 16.01.2002 bei der Beklagten zugestellt worden. Die Verjährung wird nach § 209 BGB a.F. unterbrochen durch Erhebung der Klage bzw. Zustellung des Mahnbescheids. Nach § 167 ZPO n.F. bzw. § 270 Abs. 3 und § 693 Abs. 2 ZPO a.F. tritt die Wirkung bereits mit Stellung des Antrags ein. Es kann dahinstehen, ob die fehlende Unterzeichnung des Mahnantrags bereits dazu führt, dass eine Unterbrechung nicht eintreten kann. Der ordnungsgemäße und zustellfähige Antrag des Klägers ist erst am 15.01.2002 beim Arbeitsgericht eingegangen. Die Kammer schließt sich der allgemeinen Auffassung an, dass eine "demnächstige" Zustellung im Falle des Verschuldens des Antragstellers, der durch seinen unvollständigen Antrag verursacht hat, dass die Frist nicht eingehalten wurde oder die Zustellung verzögert wurde, dann anzunehmen ist, wenn der Mangel innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Fristablauf behoben ist (vgl. etwa Lüke in Münchner Kommentar zur ZPO, 2. Aufl. 2000, § 270 Rn. 47 mit weiteren Nachweisen; weitergehend offenbar Greger in Zöller, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 167 Rn. 11). Dies war mit Einreichung beim Arbeitsgericht am 15.01.2002 nicht mehr der Fall. Den Kläger trifft Verschulden an der Verzögerung dadurch, dass er den Mahnantrag zum einen nicht auf ordnungsgemäßem Formular und zum zweiten nicht unterzeichnet eingereicht hat. Etwaiges Verschulden seiner Prozessvertreter ist ihm nämlich zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO).
c.
Nach alldem war der Anspruch, selbst wenn er noch bestanden hätte, auch verjährt.
3.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch nach alldem zumindest jetzt nicht mehr zu. Die Klage war abzuweisen, so dass auch die Berufung zurückzuweisen war. Der Kläger, Berufungskläger, hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO).
4.
Für die Zulassung der Revision bestand kein gesetzlich begründeter Anlass. Die Parteien streiten über die Auslegung einer individuell vereinbarten Ausgleichsklausel. Die Kammer schließt sich der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in vollem Umfang an, so dass die Rechtslage als geklärt anzusehen ist.
Ende der Entscheidung
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