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Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 11.04.2003
Aktenzeichen: 10 Sa 1746/02
Rechtsgebiete: TzBfG, AVR-Caritas


Vorschriften:

TzBfG § 8
AVR-Caritas § 1 a Anl. 5
1. Die Fiktion des § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG greift nur, wenn das Verlangen auf Reduzierung der Arbeitszeit so eindeutig gestellt ist, dass bei Schweigen des Arbeitgebers der geänderte Vertragsinhalt eindeutig feststeht. Das ist nicht der Fall, wenn die Arbeitnehmerin eine Reduzierung "im Rahmen von 19,25 bis 25 Stunden" beantragt.

2. Im Tätigkeitsfeld der Caritas steht das durch Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 3 WRV gewährleistete kirchliche Selbstbestimmungsrecht dem Anspruch auf Teilzeittätigkeit nicht generell entgegen. Kirchliche Belange sind aber bei der Prüfung des Vorliegens (dringender) betrieblicher Belange i.S. von § 1 a Abs. 1 der Anlage 5 der AVR-Caritas bzw. i.S. von § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG zu berücksichtigen.

3. Ist nach dem Selbstverständnis des kirchlichen Trägers eines Krankenhauses der dort angebotene Sozialdienst integraler Bestandteil des Werks christlicher Nächstenliebe, dem das Krankenhaus dient, und ist die deshalb angestrebte umfassende Betreuung der Patienten durch den Sozialdienst zur Vermeidung von Koordinationsproblemen und Reibungsverlusten nur zu gewährleisten, wenn die dort eingesetzten Sozialarbeiter Vollzeit arbeiten, so liegen dringende betriebliche Belange i.S. von § 1 a Abs. 1 der Anlage 5 der AVR-Caritas und damit zugleich betriebliche Belange. i.S. von § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG vor, die dem Teilzeitwunsch entgegenstehen.


Landesarbeitsgericht Niedersachsen IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 Sa 1746/02

Verkündet am: 11. April 2003

In dem Rechtsstreit

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 11. April 2003 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Spelge und die ehrenamtlichen Richter Nagel und Brünig

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 05.09. 2002 - 1 Ca 739/01 - teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:

Die Widerklage wird abgewiesen, soweit die Beklagte begehrt, sie auf ihren Antrag vom 15.06.2001 als Diplom-Sozialarbeiterin im Krankenhaussozialdienst des M. in O.0 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden zu den im Übrigen unveränderten Bedingungen des Anstellungsvertrages vom 09.11.1993 zu beschäftigen.

Ebenso wird die Widerklage abgewiesen, soweit die Beklagte begehrt, den Kläger zu verurteilen, ihrem Antrag vom 28.09.2001 zur Reduzierung ihrer Arbeitszeit auf 19,25 Stunden zuzustimmen.

im Übrigen sind Klage und Widerklage erledigt. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob die vollzeitbeschäftigte Beklagte Anspruch auf Reduzierung ihrer Arbeitszeit hat.

Die Beklagte ist seit 1991 bei dem Kläger, der mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt, als Diplomsozialarbeiterin im Sozialdienst des M. , dessen Träger der Kläger ist, tätig. Kraft einzelvertraglicher Vereinbarung finden auf das Arbeitsverhältnis die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR Caritas) in der jeweiligen Fassung Anwendung. § 1 der AVR Caritas bestimmt:

Wesen der Caritas, Dienstgemeinschaft

(1) Die Caritas ist eine Lebens- und Wesensäußerung der katholischen Kirche. Die dem Deutschen Caritasverbandes angeschlossenen Einrichtungen dienen dem gemeinsamen Werk christlicher Nächstenliebe. Dienstgeber und Mitarbeiter bilden eine Dienstgemeinschaft und tragen gemeinsam zur Erfüllung der Aufgaben der Einrichtung bei. Die Mitarbeiter haben den ihnen anvertrauten Dienst in Treue und in Erfüllung der allgemeinen und besonderen Dienstpflichten zu leisten.

(2) Der Treue des Mitarbeiters muss vonseiten des Dienstgebers die Treue und Fürsorge gegenüber dem Mitarbeiter entsprechen.

(3) Auf dieser Grundlage regeln sich alle Beziehungen zwischen Dienstgeber und Mitarbeiter.

§ 1 a der Anlage 5 der AVR Caritas bestimmt:

(1) Mit vollbeschäftigten Mitarbeitern soll auf Antrag eine geringere als die regelmäßige Arbeitszeit vereinbart werden, wenn sie a) mindestens ein Kind unter 18 Jahren...

tatsächlich betreuen oder pflegen und dringende dienstliche und betriebliche Belange nicht entgegenstehen.

Die Teilzeitbeschäftigung nach Unterabs. 1 ist auf Antrag bis zu fünf Jahre zu befristen. Sie kann verlängert werden,...

(2) Für Einrichtungen mit mehr als 15 Mitarbeitern gilt im Übrigen § 8 des Gesetzes über Teilzeit und befristete Arbeitsverträge.

Das M............. ist ein Akutkrankenhaus mit 570 Betten. Insgesamt werden jährlich mehr als 23.000 Patienten behandelt. Die durchschnittliche Verweildauer der Patienten, die Ende 2000/Anfang 2001 noch acht bis neun Tage betrug, sank bis zum ersten Quartal 2003 auf fünf bis sechs Tage. Seit dem 1. Januar 2003 rechnet das M............. nur noch nach Fallpauschalen ab.

Der Sozialdienst ist nach dem Selbstverständnis des Klägers eine Ergänzung der ärtzlichen, pflegerischen und therapeutischen im M............. erfolgenden Versorgung. Die Mitarbeiterinnen des Sozialdienstes beraten und begleiten danach die Patienten in ihrer durch Krankheit veränderten Lebenslage und geben Hilfestellung bei den dadurch entstehenden Fragen und Problemen (Internetauftritt des M.............., B1. 188 d.A.) . Das Aufgabenspektrum reicht dabei ausschnittweise von der Beratung und Antragstellung von stationärer Pflegeversicherung, der Klärung von Pflegestufe und Heimpflegebedürftigkeit, der Vermittlung in die Kurzzeitpflege oder häuslicher Krankenpflege durch die Sozialstation oder Anschlussheilbehandlungen und Hilfestellung bei der Suche nach einem Heimplatz über allgemeine Beratung zu Arbeitslosengeld und -hilfe sowie Krankengeld, zur Altersvorsorgevollmacht und Klärung des Versicherungsschutzes von Patienten, die keiner Krankenkasse angehören, bis zur sozialrechtlichen und persönlichen Beratung von Krebspatienten, Informationen über Selbsthilfegruppen, Beantragung von medizinischen Hilfsmitteln, Organisation von "Essen auf Rädern", Klärung der Versorgung von Familienangehörigen während des Krankenhausaufenthaltes und Vermittlung von Haushaltshilfen. Auf die Tätigkeitsbeschreibung, Stand Dezember 2001 (Bl. 189 d.A.), wird Bezug genommen.

Im Jahr 1992 waren vom Sozialdienst des M.............. im Monat höchstens 255, insgesamt 2.749 Patienten zu betreuen. Davon waren 440 Tumorpatienten, 661 litten an Erkrankungen des Bewegungsapparates, insbesondere an Oberschenkelhalsbrüchen, und 331 an Herz-Kreislauferkrankungen. Im Januar 2003 waren 256 und im Februar 2003 229 Patienten zu betreuen. Die Tumorpatienten machen häufig im Anschluss an die stationäre Behandlung eine ambulante Chemotherapie. Dabei werden sie als Patienten neu erfasst.

Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 11. April 2003 darauf hingewiesen, dass nach Einschätzung der Krankenkassen der im M............. geleistete Sozialdienst im Vergleich zu dem anderer Krankenhäuser qualitativ hochwertig ist. Für den Sozialdienst sind im Stellenplan des M.............. zwei Stellen ausgewiesen. Neben der Beklagten ist derzeit Frau H........ tätig. Ebenso wie die Beklagte arbeitet auch Frau H........ Vollzeit, d.h. mit 38,5 Wochenstunden. Jede der beiden Sozialarbeiterinnen ist für bestimmte Stationen zuständig. Von den 21 Stationen des M.............. betreut die Beklagte 14, dabei von den Stationen A3 und Gl die Patienten mit den Anfangsbuchstaben AK, Frau H........ neun, dabei von den Stationen und die Patienten mit den Anfangsbuchstaben 'L-Z. Auf die Sozialdienstinfo für die Zeit ab dem 1. April 2001, aus der sich die Stationsaufteilung im Einzelnen ergibt, wird Bezug genommen (Bl. 192 d.A.). Frau H........ arbeitet-Montag und Mittwoch von 7.15-16.15 Uhr, Dienstags von 7.15-14.15 Uhr, Donnerstags von 7.15-16.45 Uhr und Freitags von 7.15-13.15 Uhr. Die Beklagte arbeitet Montags, Mittwochs und Donnerstags von 7.00-15.00, Mittwochs außerdem noch von 18.30-20.00 Uhr, Dienstags von 7.00-16.00 Uhr und Freitags von 7.00-13.00 Uhr.

Die Sozialarbeiterinnen erhalten für jeden betreuten Patienten ein Formular "Meldung an den Sozialdienst", das von den Ärzten beziehungsweise dem Pflegepersonal ausgefüllt wird und aus dem sich die Indikation für den Sozialdienst ergibt. Auf der Rückseite dieses Formulars vermerken die Sozialarbeiterinnen, was sie veranlasst und mit wem sie Kontakt aufgenommen haben.

Der Kläger beschäftigt in keinem Krankenhaus, dessen Träger er ist, teilzeitbeschäftigte Sozialarbeiter im Sozialdienst. Von den insgesamt etwa 950 Arbeitnehmern des M.............. sind mehr als ein Drittel teilzeitbeschäftigt. In den Krankenhäusern F.............................. und S......................., deren Träger die Ordensgemeinschaft der T........................ ist, werden Teilzeitbeschäftigte im Sozialdienst eingesetzt.

Die Beklagte war bis zum 7. Oktober 2000 im Erziehungsurlaub. In dieser Zeit wurde sie von dem vollzeitbeschäftigten Sozialarbeiter M...... vertreten. Die Beklagte und Herr M...... wünschten nach dem Ende des Erziehungsurlaubs jeweils eine Teilzeitbeschäftigung. Der Kläger äußerte mit Schreiben vom 5. Juni 2000, auf das verwiesen wird (Bl. 149 f. d.A.), Zweifel an der Möglichkeit einer sozialarbeiterischen Betreuung in Teilzeit. Nur bei Gewährleistung dreier Kernpunkte war er dazu bereit, dem Wunsch der Beklagten und Herrn M....... Rechnung zu tragen: Die Teilzeittätigkeit sollte bis längstens 30. September 2003 befristet sein. Bei früherer Beendigung durch einen der beiden Mitarbeiter behielt er sich unter anderem das Recht vor, vom verbleibenden Mitarbeiter zur Sicherstellung der Versorgung der Patienten Vollzeitbeschäftigung zu verlangen. Schließlich musste die Abwesenheitsvertretung sicher gestellt sein. Nachdem die Beklagte sich mit diesen Bedingungen einverstanden erklärt hatte, wurde am 26. September 2000 eine Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 19,25 Stunden, befristet bis längstens 30. September 2003, vereinbart. Die Beklagte arbeitete fortan vormittags. Die Patienten wurden stationsweise zwischen ihr und Herrn M...... aufgeteilt. Zwischen den Parteien ist streitig, ob es zu Beschwerden von Patienten und/oder Angehörigen kam, weil der zuständige Ansprechpartner nicht zu erreichen war. Herr M...... beendete das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger auf eigenen Wunsch zum 31. März 2001. Seitdem arbeitet die Beklagte wieder Vollzeit.

Mit Schreiben vom 15. Juni 2001 (EI. 15 d.A.) beantragte die Beklagte Reduzierung ihrer Arbeitszeit mit folgendem Wortlaut:

hiermit beantrage ich eine Reduzierung meiner Vollzeitbeschäftigung gemäß § 8 TZBfG zum 1.10.2001 auf eine wöchentliche Teilzeitbeschäftigung im Rahmen von 19,25 Stunden bis 25,00 Stunden. Die gewünschte Verteilung dieser Arbeitszeit würde ich gerne in einem persönlichen Gespräch mit ihnen abklären.

Zur Begründung führte sie an, dass sie ihre Tochter ungern ganztägig in den Kindergarten gebe. Der Kläger lehnte diesen Antrag bis zum 31. August 2001 nur mündlich, nicht aber schriftlich ab. Mit Schreiben vom 5. September 2001 (Bl. 16 d.A.) teilte die Beklagte mit, dass deshalb nunmehr ihr Arbeitsvertrag zu den von ihr "gewünschten verringerten Stundenzahlen zu ändern" sei. Vorsorglich beantragte sie mit Schreiben vom 28. September 2001 (B1. 32 d.A.) die Reduzierung ihrer Arbeitszeit gemäß § 8 TzBfG auf 19,25 Stunden und bat um ein Gespräch über die Verteilung der Arbeitszeit. Sie stellte klar, dass dieser Antrag nur vorsorglich gestellt werde und sie davon ausgehe, dass ihr Antrag vom 15. Juni 2001 rechtmäßig sei. Mit Schreiben vom 18. Oktober 2001 (Bl. 33 d.A.) lehnte der Kläger diesen Antrag ab.

Der Kläger hat am 28. September 2001 Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch den Antrag der Beklagten vom 15. Juni 2001 ab

1. Oktober 2001 in Teilzeit fortgeführt werde. Am 27. Dezember 2001 hat die Beklagte Widerklage erhoben auf Feststellung der Verpflichtung des Klägers zu ihrer Beschäftigung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden, hilfsweise auf Zustimmung zu ihrem Antrag vom 28. September 2001.

Die Parteien haben vor dem Arbeitsgericht zuletzt mit folgenden Anträgen verhandelt:

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin (gemeint war: der Beklagten) nicht durch ihren Antrag vom 15. Juni 2001 mit Wirkung ab 1. Oktober 2001 in Teilzeit fortgeführt wird

hilfsweise

festzustellen, dass der Antrag der Klägerin (gemeint war: der Beklagten) vom 15. Juni 2001 auf Reduzierung ihrer Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden auf "19,25 Stunden bis 25,00 Stunden" unwirksam ist.

Die Beklagte hat beantragt

die Klage abzuweisen. Widerklagend hat sie beantragt,

1. festzustellen, dass aufgrund des Antrags der Beklagten vom 15. Juni 2001 seit dem 1. Oktober 2001 der zwischen den Parteien bestehende Arbeitsvertrag dahingehend geändert worden ist, dass die Beklagte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden für den Kläger als

Diplom-Sozialarbeiterin im Krankenhaussozialdienst des M.............. tätig sein muss;

2. den Kläger zu verurteilen, die Beklagte zu den vorstehend genannten Bedingungen mit 19,25 Stunden zu beschäftigen.

hilfsweise

den Kläger zu verurteilen, dem Antrag der Beklagten zur Reduzierung ihrer vertraglichen Arbeitszeit auf 19,25 Stunden zuzustimmen.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin (gemeint war: der Beklagten) nicht aufgrund ihres Antrags vom 15. Juni 2001 in Teilzeit fortgeführt wird und unter Abweisung der Widerklage im Übrigen den Kläger verurteilt, dem Antrag der Beklagten auf Reduzierung ihrer Arbeitszeit auf 19,25 Stunden zuzustimmen.

Gegen dieses ihnen am 11. November 2002 zugestellte Urteil haben beide Parteien im Umfang ihres wechselseitigen Unterliegens Berufung eingelegt. Die Berufung des Klägers ist am 14. November 2002 eingelegt und am Montag, den 13. Januar 2003 begründet worden. Die Berufung der Beklagten ist am 11. Dezember 2002 eingelegt und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 3. Februar 2003 am letzten Tag der Frist begründet worden.

Die Beklagte meint, sie habe mit ihrem Antrag vom 15. Juni 2001 dem Kläger ein Leistungsbestimmungsrecht zugebilligt. Der Kläger habe den Umfang der genauen Reduzierung der Arbeitszeit in dem gesteckten Rahmen selbst festlegen können. Dabei sei ihm bekannt gewesen, dass die Beklagte vorrangig 19,25 Stunden habe arbeiten wollen.

Jedenfalls stünden ihrem Antrag vom 28. September 2001 keine betrieblichen Belange entgegen. Angesichts des Arbeitsanfalls komme es zu keiner dauerhaften Betreuung oder einem Vertrauensverhältnis zu den Patienten. Während der Zeit ihrer Teilzeittätigkeit habe es keine negativen Erfahrungen, insbesondere keine Beschwerden, gegeben. Im Termin vom 11. April 2003 hat sie dazu vorgetragen, auch bei einer Teilzeittätigkeit seien nicht zwei Sozialarbeiter für einen Patienten zuständig, sondern nach wie vor einer. Die Stationen könnten unter den Teilzeitbeschäftigten aufgeteilt werden. Auch heute schon erfolgten nicht alle Gespräche aus einer Hand und würden nicht an einem Tag erledigt. Die für eine etwaige Übergabe erforderliche Dokumentation erfolge bereits auf dem Formular "Meldung an den Sozialdienst". Diese reiche aus, zusätzliche Dokumentationen seien nicht erforderlich. Zu Verzögerungen bei der Entlassung von Patienten durch Reibungsverluste zwischen den Sozialarbeitern sei es - was unstreitig ist - nie gekommen und werde es nach ihrem Dafürhalten auch nicht kommen.

Die Parteien haben im Termin vom 11. April 2003 folgende Anträge protokolliert:

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 5. September 2002 - 1 Ca 739/01 - teilweise abzuändern und auf die Widerklage den Kläger zu veruteilen, die Beklagte auf ihren Antrag vom 15. Juni 2001 als Diplom-Sozialarbeiterin im Krankenhaussozialdienst des M........... in

O........ mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden zu den im Übrigen unveränderten Bedingungen des Anstellungsvertrages vom 9. November 1993 zu beschäftigen

hilfsweise

den Kläger zu verurteilen, dem Antrag der Beklagten vom 28. September 2001 auf Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit auf 19,25 Stunden zuzustimmen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Im übrigen haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Der Kläger vertritt die Auffassung, der Antrag der Beklagten vom 15. Juni 2001 sei nicht hinreichend bestimmt gewesen, so dass die Arbeitszeit dadurch trotz der formwidrigen Ablehnung des Antrags nicht abgeändert worden sei.

Dem Antrag auf Arbeitszeitreduzierung vom 28. September 2001 stünden betriebliche Gründe entgegen. Dafür sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts keine wesentliche Beeinträchtigung der Organisation durch die Teilzeittätigkeit erforderlich. Vielmehr reiche es aus, dass er ein nachvollziehbares organisatorisches Konzept dargelegt habe, das der Teilzeitbeschäftigung entgegenstehe. Bei einer Teilzeittätigkeit sei eine kontinuierliche Versorgung und Betreuung der Patienten nicht möglich. Das habe sich in der Zeit der Teilzeittätigkeit der Beklagten herausgestellt. Es habe in dieser Zeit eine Reihe von Beschwerden insbesondere von Angehörigen gegeben, die über die Betreuung der Patienten nicht ausreichend hätten informiert werden können. Soweit es darum gehe, die Patienten im Hinblick auf einen Heimplatz zu beraten, sei ein besonderes Nähe- und Vertrauensverhältnis zum Sozialdienst erforderlich.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat er bei der Erörterung des Antrags der Beklagten vom 28. September 2001 vorgetragen, angesichts der Vielzahl der betreuten Patienten und der Kürze der Zeit, in der sie im M............. seien, betreibe der Krankenhaussozialdienst überwiegend Koordinationsmanagement. Er müsse immer komprimierter und mit größestmöglicher Effizienz arbeiten, um die Patienten ordnungsgemäß versorgen zu können. Bei einer Teilzeittätigkeit komme es zu Reibungsverlusten durch erforderliche Übergaben. Erforderliche Dokumentationen nähmen Zeit in Anspruch, die für die Betreuung fehle. Verzögere sich dadurch die Entlassung, komme es zu betriebswirtschaftlichen Verlusten.

Auf die Erklärungen der Parteien im Termin vom 11. April 2003 wird Bezug genommen (Bl. 181-185 d.A.).

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen beider Parteien sind statthaft, sie sind form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und somit zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, § 519, § 520 Abs. 3 ZPO). Nur die Berufung des Klägers ist auch begründet. Die Arbeitszeit ist nicht bereits aufgrund des Antrags der Beklagten vom 15. Juni 2001 aufgrund der Fiktion des § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG verringert worden. Dem Arbeitszeitwunsch der Beklagten gemäß dem Antrag vom 28. September 2001 steht das vom Kläger verfolgte Konzept des Sozialaldienstes entgegen. Dieses erfordert eine Vollzeittätigkeit der dort tätigen Sozialarbeiter und begründet daher dringende betriebliche Belange im Sinne von § 1 a Abs. 1 der Anlage 5 der AVR Caritas und zugleich betriebliche Gründe im Sinne von § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG.

I. Bei der Antragstellung im Termin vom 11. April 2003 ist nicht berücksichtigt worden, dass die Beklagte mit ihrem hilfswiderklagend gestellten Antrag, den Kläger zu verurteilen, ihrem Antrag vom 28. September 2001 auf Reduzierung der Arbeitszeit auf 19,25 Stunden zuzustimmen, erstinstanzlich obsiegt hatte. Der Kläger hat deshalb keinen ausdrücklichen Antrag hinsichtlich seiner Berufung Beklagten zurückzuweisen und auf Anregung des Gerichts seine Klage, mit der er vor dem Arbeitsgericht obsiegt hatte, für erledigt erklärt. Die Beklagte hat dem zugestimmt und ihrerseits neben ihrem angekündigten Berufungsantrag hinsichtlich ihres Antrags vom 15. Juni 2001 den Hilfsantrag, mit dem sie obsiegt hatte, als Berufungsantrag gestellt und hinsichtlich ihres Feststellungsantrags den Rechtsstreit mit Zustimmung des Klägers für erledigt erklärt.

Ungeachtet der fehlerhaften Formulierung der Anträge ist im Termin vom 11. April 2003 mit den korrekten Anträgen verhandelt worden, nämlich dem Antrag des Klägers, unter teilweiser Abänderung des angegriffenen Urteils die Klage abzuweisen, soweit die Beklagte begehrt, den Kläger zu verurteilen, ihrem Antrag vom 28. September 2001 zur Reduzierung ihrer Arbeitszeit auf 19,25 Stunden zuzustimmen und den Antrag der Beklagten, auf ihre Berufung unter teilweiser Änderung des angegriffenen Urteils den Kläger zu verurteilen, sie bereits wegen des Antrags vom 15. Juni 2001 mit einer reduzierten wöchentlichen Stundenzahl von 19,25 Stunden zu beschäftigen. Wie aus dem gerichtlichen Hinweis vom 8. April 2003 (B1. 177-180 d.A.) und dem Protokoll vom 11. April 2003 (Bl. 181-186 d.A.) hervorgeht, war zwischen den Parteien vor allem streitig und Gegenstand der Erörterungen im Termin vom 11. April 2003, inwieweit dem Antrag der Beklagten vom 28. September 2001 betriebliche Gründe entgegenstehen. Der Kläger hat damit eindeutig und für Gericht und die Beklagte erkennbar an seinem Begehren festgehalten, den Antrag der Beklagten vom 28. September 2001 auf Reduzierung ihrer Arbeitszeit auf 19,25 Stunden/Woche zurückzuweisen, das Urteil des Arbeitsgerichts insoweit also abzuändern. Dies ist auch dadurch dokumentiert, dass er beantragt hat, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, also auch den irrtümlich gestellten Hilfsantrag, der den Antrag der Beklagten vom 28. September 2001 betraf. Damit war klar, dass und mit welchem Inhalt der Kläger im Termin vom 11. April 2003 einen Sachantrag stellen wollte, dass er nämlich an seinem schriftsätzlich angekündigten Berufungsantrag, die Widerklage abzuweisen, also den Antrag der Beklagten vom 28. September 2001 auf Reduzierung der Stundenzahl zurückzuweisen, uneingeschränkt festhalten wollte.

Er hat damit durch konkludente Bezugnahme auf seinen schriftsätzlich angekündigten Antrag einen Sachantrag gestellt, § 297 Abs. 2 ZPO (vgl. BAG, 4.12.2002, 5 AZR 556/01, AP Nr. 1 zu § 333 ZPO <I 2 b cc (2) d.Gr.>).

Ebenso klar und eindeutig erkennbar ist, dass die Beklagte an ihrem Antrag vom 28. September 2001 festhalten wollte. Sie hat damit konkludent beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

II. Die Arbeitszeit ist nicht bereits wegen des Antrags der Beklagten vom 15. Juni 2001 aufgrund der Fiktion des § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG verringert worden. Daher besteht kein Anspruch der Beklagten, mit einer reduzierten Arbeitszeit von 19,25 Stunden wöchentlich beschäftigt zu werden. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Die Berufung der Beklagten ist daher unbegründet.

Die Fiktion des § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG greift nur, wenn ein so eindeutiges Verlangen auf Verringerung der Arbeitszeit gestellt worden ist, dass bei Schweigen des Arbeitgebers der geänderte Vertragsinhalt ohne Weiteres feststeht. Selbst wenn aus dem Gesetzeswerk zu folgern ist, dass bei vom Gesetz nicht gedeckten Wünschen der hypothetische Wille der Arbeitnehmerin zu beachten ist, so setzt auch dies voraus, dass jedenfalls dieser hypothetische Wille dem Arbeitgeber klar und eindeutig erkennbar ist (Hanau, NZA 2001, S. 1168 <1171>). Dies war hier nicht der Fall. Die Beklagte hat im Schreiben vom 15. Juni 2001 (B1. 15 d.A.) nämlich eine Reduzierung "im Rahmen von 19,25 bis 25 Stunden" beantragt. Welche Arbeitszeit künftig maßgeblich sein sollte, ergab sich daraus gerade nicht. Der Kläger konnte daraus auch nicht schließen, dass die Beklagte vorrangig weiterhin eine wöchentliche Arbeitszeit von 19,25 Stunden anstrebte. Die Beklagte hatte gerade deshalb nicht eine Arbeitszeit von 19,25 Stunden beantragt, sondern eine Spannbreite genannt, weil ihr bekannt war, dass der Kläger prinzipielle Bedenken gegen eine Teilzeittätigkeit hatte und aus seiner Sicht das Teilzeitmodell von zwei Kräften mit je 19,25 Wochenstunden gescheitert war. Dass es der Beklagten auch vor diesem Hintergrund nach wie vor hauptsächlich darauf ankam, 19,25 Stunden wöchentlich zu arbeiten, war deshalb dem Antrag nicht mit der erforderlichen Gewissheit zu entnehmen.

Hinzu kommt, dass angesichts der Ausgestaltung des Arbeitsplatzes der Beklagten die Verringerung der Arbeitszeit nicht von der dadurch ausgelösten anderweitigen Verteilung der Arbeitszeit zu trennen ist. Auch unter diesem Gesichtpunkt war der Antrag vom 15. Juni 2001 daher nicht hinreichend bestimmt, um die gesetzliche Fiktion des § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG greifen zu lassen.

Das hat auch die Beklagte nicht anders gesehen, die in Kenntnis der gesetzlichen Regelung in ihrem Schreiben vom 5. September 2001 (Bl. 16 d.A.) nicht etwa von einer nunmehr auf 19,25 Stunden festgelegten wöchentlichen Arbeitszeit ausgegangen ist, sondern nur verlangt hat, den Vertrag nunmehr zu "zu den von ihr gewünschten verringerten Stundenzahlen zu ändern". Auch der Beklagten war demnach aufgrund ihres Antrags nicht klar, welche Arbeitszeit nach Ablauf der Ablehnungsfrist gelten sollte.

III. Dem Arbeitszeitwunsch der Beklagten gemäß dem Antrag vom 28. September 2001 steht das vom Kläger verfolgte Konzept des Sozialdienstes entgegen. Dieses erfordert eine Vollzeittätigkeit der dort tätigen Sozialarbeiter und begründet daher dringende betriebliche Belange im Sinne von § 1 a Abs. 1 der Anlage 5 der AVR Caritas und zugleich betriebliche Gründe im Sinne von § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG. Die Berufung des Klägers ist daher begründet.

1. Der Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit ist durch Erhebung einer Leistungsklage auf Abgabe einer Willenserklärung prozessual durchzusetzen (LAG Niedersachsen, 18.02.2002, 17 Sa 487/02 <II 1 d.Gr.>).

2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sachund Rechtslage ist wie bei allen Leistungsklagen der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in einer Tatsacheninstanz (LAG Niedersachsen, a.a.O. <II 2 d.Gr.>; Zöller-Greger, ZPO, 23. Aufl., Vor § 253, Rz. 23).

3. Das durch Art. 140 GG, Art. 137 III WRV gewährleistete kirchliche Selbstbestimmungsrecht steht dem Begehren der Beklagten auf Verringerung ihrer Arbeitszeit nicht entgegen. Das folgt schon daraus, dass für den Kläger die AVR Caritas gelten, die in § 1 a Abs. 1 der Anlage 5 eine eigenständige Teilzeitregelung enthalten, und in § 1 a Abs.. 2 ergänzend auf das Teilzeit- und Befristungsgesetz verweisen. Daraus wird deutlich, dass kirchliche Belange im Tätigkeitsfeld der Caritas, also auch im Bereich des vom Kläger getragenen M.............., einer Teilzeittätigkeit nicht generell entgegenstehen, sondern nur bei der Prüfung des Vorliegens (dringender) betrieblicher Belange zu berücksichtigen sind (vgl. Müller-Volbehr, NZA 2002, S. 301 <305>).

4. Aus den Erörterungen im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11. April 2003 ergibt sich, dass das vom Kläger nach seinem Selbstverständnis mit dem Krankenhaussozialdienst des M.............. verfolgte Konzept die Besetzung der zwei vorhandenen Stellen mit vollzeitbeschäftigten Sozialarbeitern/innen bedingt. Dieses Arbeitszeitmodell begründet daher - auch unter Beachtung des § 1 Abs. 2 AVR Caritas - dringende betriebliche Belange im Sinne von § 1 a Abs. 1 der Anlage 5 der AVR Caritas und zugleich betriebliche Gründe im Sinne von § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG (vgl. BAG, 18.3.2003, 9 AZR 126/02, Pressemitteilung Nr. 21/03).

a) Dies folgt allerdings nicht bereits aus dem vom Kläger zum Schwerpunkt seiner schriftsätzlichen Ausführungen gemachten Erfordernis eines besonderen persönlichen Näheund Vertrauensverhältnisses zwischen den Sozialarbeiterinnen des Sozialdienstes und den Patienten. Ein solches auf emotionaler Ebene angesiedeltes Verhältnis kann schon angesichts der von jeder Sozialarbeiterin zu betreuenden Anzahl von monatlich mehr als 100 Patienten, der Kürze der Aufenthaltsdauer der Patienten im M............. und angesichts der Vielzahl der Aufgaben des Sozialdienstes nicht aufgebaut werden. Dies gilt auch, soweit es um die Vermittlung eines Heimplatzes für ältere Patienten geht.

b) Die vom Kläger angestrebte bestmögliche, effiziente Betreuung der Patienten setzt jedoch zur Vermeidung von Koordinationsproblemen des Sozialdienstes eine Vollzeittätigkeit der Sozialarbeiterinnen voraus.

aa) Nach dem Selbstverständnis des Klägers als kirchlichem Träger ist der Sozialdienst Ergänzung der ärztlichen, pflegerischen und therapeutischen Betreuung der Patienten des M.............. (Internetauftritt des M............., El. 188 d.A.) und damit integraler Bestandteil des Werks christlicher Nächstenliebe, dem das M............. gemäß § 1 Abs. 1 der AVR Caritas dient. Aufgabe der Sozialarbeiterinnen ist es vor diesem Hintergrund, den Patienten so umfassend, gut und kompetent wie möglich Hilfe bei den Fragen und Problemen zu leisten, die durch ihre Krankheit und die dadurch veränderte Lebenslage entstehen.

bb) Diese anspruchsvolle Sozialarbeit ist unter sich stetig verschlechternden, vom Kläger nicht zu beeinflussenden äußeren Rahmenbedingungen zu erbringen. Die Anzahl der zu betreuenden Patienten steigt tendenziell an, ohne dass eine Möglichkeit besteht, zusätzliche Sozialarbeiterstellen zu schaffen, weil die Kostenerstattung seit 1995 gedeckelt ist. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Patienten stetig verkürzt und sich durch die seit 1. Januar 2003 erfolgende Abrechnung nach Fallpauschalen künftig noch weiter verkürzen wird. Tatsächlich ist die durchschnittliche Verweildauer seit der von der Beklagten 2000/2001 ausgeübten Teilzeittätigkeit bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung um drei Tage auf jetzt noch fünf bis sechs Tage gesunken. Zusätzlich steigt der Betreuungsaufwand je Patient an, weil angesichts der sich immer mehr zersetzenden Familienstrukturen immer mehr bisher von Angehörigen verrichtete Aufgaben vom Sozialdienst erfüllt werden müssen.

cc) Das vom Kläger verfolgte Ziel einer umfassenden Begleitung der Patienten als Werk christlicher Nächstenliebe ist unter diesen Bedingungen nur zu leisten, wenn jede(r) Sozialarbeiter/in im Sozialdienst des M.............. sich so weit als möglich der Betreuung der Patienten widmen kann und der Verwaltungs- und Koordinationsaufwand so klein wie möglich gehalten wird. Das setzt eine möglichst weitgehende Betreuung der Patienten "aus einer Hand" Und damit eine Vollzeittätigkeit voraus. Auch wenn, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, bei einer Teilzeittätigkeit nicht ein Patient von zwei Sozialarbeitern betreut wird, sondern die Stationen nur nicht mehr wie bisher unter zwei, sondern bei Erfüllung des Teilzeitverlangens der Beklagten unter drei Sozialarbeitern aufgeteilt werden, entstehen bereits dadurch Koordinationsprobleme. Der Teilzeitwunsch der Beklagten ist von dem verständlichen Wunsch getragen, ihre Tochter jedenfalls nachmittags selbst zu betreuen. Haben Angehörige der von der dann teilzeitbeschäftigten Beklagten betreuten Patienten, die Patienten selbst oder die kontaktierten Stellen jedoch nachmittags Rückfragen, so steht die Beklagte für derartige Rückfragen nicht zur Verfügung. Ihre Kollegen, die dann angesprochen werden, können zwar auf das von der Beklagten ausgefüllte Formular "Meldung an den Sozialdienst" zurückgreifen. Dieses kann jedoch, worauf der Kläger im Termin hingewiesen hat, stets nur Stichpunkte erfassen, nie aber alle, für Rückfragen etwaig erforderliche Details enthalten. Zudem kommt es bereits dadurch zu Zeitverlusten, dass der/die in Abwesenheit der Beklagten angesprochene Kollege/in überhaupt erst Einblick in die Dokumentation nehmen muss, um möglicherweise die Frage beantworten zu können, während die Beklagte als zuständige Sachbearbeiterin in der Regel ohne derartiges Heraussuchen ad hoc reagieren kann. Schließlich fehlt dem/der Kollege/in die für die Rückfragen (zusätzlich) aufgewandte Zeit für die Betreuung eigener Patienten.

Es kommt bei Erfüllung des Teilzeitwunsches der Beklagten also häufiger als bei einer Vollzeittätigkeit zu Zeiten der Abwesenheit der Beklagten, in denen nicht sie sondern nur ein(e) Kollege/in für Rückfragen zur Verfügunu Koordinationsproblemen und Reibungsverlusten. Genau das will der Kläger angesichts des Zeitdrucks, unter dem der Sozialdienst des M.............. arbeiten muss, vermeiden, um eine bestmögliche Betreuung der Patienten sicherzustellen. Dieses von seinem Selbstverständnis getragene Anliegen haben die staatliche Gerichte zu akzeptieren. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte von Oktober 2000 bis März 2001 eine Teilzeittätigkeit ausgeübt hat. Der Kläger hat von Anfang an deutlich gemacht, dass aus seiner Sicht die Arbeit im Sozialdienst nicht Teilzeit geeignet ist. Seitdem ist die durchschnittliche Verweildauer weiter gesunken, der Zeitdruck und die Notwendigkeit, jeden unnötigen Zeitverlust zu vermeiden also größer geworden.

IV. Der Tenor, der entsprechend den protokollierten Anträgen gefasst worden ist, war nach Anhörung der Parteien mit Schreiben vom 16. April 2003 gemäß den tatsächlich (konkludent) gestellten Anträgen zu berichtigen.

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Dabei waren auch die durch die übereinstimmend für erledigt erklärten Anträge entstandenen Kosten zu berücksichtigen. Die negative Feststellungsklage des Klägers war bis zum Stellen des Leistungsantrages durch die Beklagte im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht zulässig und begründet. Diese hat daher die dadurch verursachten Kosten zu tragen. Ihr Feststellungsantrag hinsichtlich der Folgen des Antrags vom 15. Juni 2001 war jedenfalls - wie der darauf beruhende Leistungsantrag - unbegründet. Ihr waren daher die Kosten auch insoweit aufzuerlegen.

Ende der Entscheidung

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