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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 04.04.2003
Aktenzeichen: 10 Sa 1845/01
Rechtsgebiete: FlRG, TVG, MTV-See, BGB


Vorschriften:

FlRG § 13 a
FlRG § 21 Abs. 4
FlRG § 21 Abs. 4 Satz 3
TVG § 1
TVG § 2
TVG § 2 Abs. 2
TVG § 2 Abs. 3
TVG § 4 Abs. 1 Satz 1
MTV-See § 59
MTV-See § 65
MTV-See § 65 Abs. 1 Satz 1
MTV-See § 80 Abs. 1
MTV-See § 80 Abs. 1 Satz 1
MTV-See § 80 Abs. 1 Satz 2
BGB § 614 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 Sa 1845/01

Verkündet am: 4. April 2003

In dem Rechtsstreit

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündche Verhandlung vom 4. April 2003 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Spelge und die ehrenamtlichen Richter Nagel und Bachmann

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lingen vom 17. Oktober 2001 - 2 Ca 633/00 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:

1. Die Klage gegen die Beklagte zu 1) wird als unzulässig abgewiesen.

2. Es wird festgestellt, dass dem Kläger zum Stichtag 10. Oktober 1999 aus dem Heuerverhältnis mit der Beklagten zu 3) 138 Urlaubstage zustanden.

3. Die Beklagte zu 3) wird verurteilt, an den Kläger 9.568,13 € brutto zuzüglich von 4 % Zinsen seit dem 11. Februar 2000 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden nach einem Wert von 20.514,38 € zu 19 % dem Kläger und zu 81 % der Beklagten zu 3), die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens nach einem Wert von 19.373,44 € zu 15 % dem Kläger und zu 85 % der Beklagten zu 3) auferlegt.

Der Kläger trägt die im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und zu 2) in vollem Umfang, seine eigenen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens und die der Beklagten zu 3) zu je 15 % nach einem Wert von 19.373,44 €.

Die Beklagte zu 3) trägt ihre im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten sowie die des Klägers zu je 85 % nach einem Wert von 19.373,44 €.

Die durch die Anrufung des Arbeitsgerichts Hamburg entstandenen Mehrkosten werden dem Kläger auferlegt.

5.Die Revision wird für die Beklagte zu 3) zugelassen.

Für den Kläger und die, Beklagten zu 1) und 2) wird sie nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob die Beklagten dem Kläger Heuer nach deutschen tariflichen Bestimmungen, hilfsweise Schadenersatz, zahlen müssen.

Der in D wohnende Kläger ist philippinischer Staatsangehöriger. Er war seit September 1989 ununterbrochen bei der Beklagten zu 3), die ihren Geschäftssitz in H hat, beschäftigt. Er war stets auf dem von dieser bereederten Küstenmotorschiff MS M D als Decksmann/Koch eingesetzt (B1. 10 d.A.). Bereits bei Begründung des Arbeitsverhältnisses hatte der Kläger einen Wohnsitz in Deutschland. Die Beklagte zu 3) hat die Beklagte zu 2) damit beauftragt, wesentliche Teile der Bereederung für sie durchzuführen, insbesondere die notwendigen Arbeitsverträge abzuschließen. Die Beklagte zu 3) gehört keinem Arbeitgeberverband an, der Kläger ist Mitglied der deutschen Gewerkschaft ver.di.

Der mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 3) geschlossene für vier Monate befristete Heuervertrag vom 26. November 1991 (Bl. 8 d.A.) bestimmt:

1. Die Reederei ist nicht tarifgebunden, es gelten somit weder Heuertarifvertrag noch MTV-See.

...

3. Nur für die Höhe der Heuer wird auf den HTV-See Bezug genommen, Einstufung 1989.

....

4. Alle Ansprüche hinsichtlich Heuer- und Urlaubsabrechnung sind vom Arbeitnehmer binnen einer Frist von einem Monat, seit Aushändigung der Heuerabrechnung an, schriftlich geltend zu machen und im Fall der Ablehnung binnen einer Frist von einem weiteren Monat einzuklagen.

Weitere schriftliche Verträge wurden im Prozess nicht vorgelegt. Der Kläger wurde über das Befristungsende hinaus weiter beschäftigt.

Der Kläger erhielt von Beginn des Arbeitsverhältnisses an eine untertarifliche Vergütung, die mit Ausnahme einer Erhöhung um 103,79 € 1992 und der Erhöhung der Einzelüberstundenvergütung um 0,03 € 1991 unverändert blieb. Sie betrug im Jahr 1999 786,36 € brutto zuzüglich einer Einzelüberstundenvergütung von 4,24 €. Die tarifliche Grundheuer zuzüglich Seefahrerzulage belief sich im September 1999 für Decksmänner ab dem 5. Jahr auf 1.170,86 € brutto zuzüglich einer Einzelüberstundenvergütung von 5,39 €.

Mit Wirkung zum 5. April 1989 wurde gemäß § 13 a FlRG (jetzt: § 12 FlRG) ein zusätzliches Schiffsregister, das Internationale Seeschifffahrtsregister (ISR), eingerichtet. In dieses werden auf Antrag des Eigentümers zur Führung der Bundesflagge berechtigte, im internationalen Verkehr betriebene Kauffahrteischiffe eingetragen. Für Arbeitsverhältnisse von ausländischen Besatzungsmitgliedern der im ISR eingetragenen Schiffe ohne Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet findet gemäß § 21 Abs. 4 F1RG deutsches Recht nicht schon deshalb Anwendung, weil das Schiff die Bundesflagge führt. Gemäß § 21 Abs. 4 Satz 3 FlRG galten nach April 1989 abgeschlossene Tarifverträge für diese Arbeitsverhältnisse nur, wenn dies ausdrücklich vorgesehen war. Daraufhin wurde im zwischen der ÖTV und dem Verband deutscher Reeder e.V. (VDR) geschlossenen Heuertarifvertrag für die deutsche Seeschifffahrt (HTV-See) vom 20.12.1990 folgende Protokollnotiz eingefügt:

4. Dieser Tarifvertrag gilt auch für Heuerverhältnisse von Besatzungsmitgliedern eines im ISR eingetragenen Schiffes, die im Inland keinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt haben, sofern diese Besatzungsmitglieder Mitglied der ÖTV sind.

Diese Regelung findet sich auch in den Heuertarifverträgen der folgenden Jahre bis einschließlich 1999. Die ÖTV verpflichtete sich, nicht unter Hinweis auf diese Klausel Mitglieder zu werben.

Die M D fuhr unter der Bundesflagge und war im ISR registriert. Sie wurde im August 1999 ausgeflaggt und fährt seitdem unter der Flagge Antiguas. Nach Beendigung der letzten Fahrt unter Bundesflagge am 1. September 1999 wurde der Kläger von der Beklagten zu 3) nicht mehr beschäftigt. Die Beklagte zu 2) übersandte ihm mit Anschreiben vom 13. Oktober 1999 (Bl. 12 d.A.) eine Arbeitsbescheinigung sowie die Heuerabrechnungen für August und September 1999. Mit Schreiben vom 11. November 1999 (Bl. 11 d.A.) sandte sie dem Kläger neben der Endabrechnung für Oktober 1999, die als Beendigungsdatum des Arbeitsverhältnisses den 10. Oktober 1999 auswies (Bl. 236 d.A.), die auf die Beklagte zu 3) ausgestellten sozialversicherungsrechtlichen Unterlagen zu.

Der Kläger begehrt die Feststellung seines Urlaubsanspruchs zum Stichtag 10. Oktober 1999 sowie die Differenzheuer für die Zeit von Februar 1999 bis Januar 2000 auf Grundlage des Manteltarifvertrages für die deutsche Seeschifffahrt (MTV-See) und des HTV-See. Die Höhe dieser der Berechnung nach unstreitigen Ansprüche ergibt sich bis einschließlich Dezember 1999 aus dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 1. Dezember 1999 an die B KG, auf das Bezug genommen wird (Bl. 19-24). Mit Schreiben vom 8. Dezember 1999 (B1. 25 d.A.) meldeten sich die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten für die Beklagte zu 3) und lehnten die geltend gemachten Ansprüche ab. Der Kläger hat am 8. Februar 2000 Klage vor dem Arbeitsgericht Hamburg auf Erfüllung der mit schreiben vom 1. Dezember 1999 geltend gemachten Ansprüche zuzüglich 2.243,60 € brutto Differenzheuer für Januar 2000 gegen die Beklagten zu 2) und 3) sowie die "MS B, B KG" als Beklagte zu 1) erhoben. Im Verlauf des Verfahrens ist unstreitig geworden, dass die Beklagte zu 1) ebensowenig wie ein Schiff "MS B" existiert.

Der Kläger vertritt die Ansicht, die zwischen dem VDR und der ÖTV vereinbarten MTV- und HTV-See fänden aufgrund von Verträgen, die die Beklagte zu 3) mit der International Transport Workers' Federation (ITF) geschlossen hat, Anwendung. Die ITF wurde 1896 gegründet. Sie hat ihren Sitz in London. Sie ist eine freie und unabhängige gewerkschaftliche Organisation zur Verteidigung und Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Transportarbeiter und ihrer Gewerkschaften auf internationaler Ebene mit dem Ziel, Gewerkschaften der Transportarbeiter aller Länder zusammenzufassen (Einleitung der Satzung der ITF i.d.F. von August 1986, Bl. 173 d.A.). In ihr sind über 300 Gewerkschaften aus 131 Ländern zusammengeschlossen, darunter als einzige deutsche Gewerkschaft ver.di. Für Seeleute ist seit 1950 eine Sonderabteilung gebildet. Diese bietet Seeleuten, die von nationalen, der ITF angeschlossenen Gewerkschaften nicht ordnungsgemäß vertreten werden können und die auf Schiffen unter Schattenflaggen, d.h. auf ausgeflaggten, unter Billigflagge fahrenden Schiffen, beschäftigt sind, eine Dienstleistung gewerkschaftlichen Charakters und versucht für sie die Unterstützung der Mitgliedsverbände der ITF oder anderer Organisationen zu erlangen. Diese Seeleute können Mitglieder der Sonderabteilung für Seeleute und damit der ITF werden (Protokoll des ITF-Vorstands vom 25.7.1980, Anhang 1, Bl. 168 d.A.). Ihr gehören derzeit etwa 20.000 Seeleute an, die aus Ländern kommen, in denen keine gewerkschaftliche Vertretung möglich oder vorhanden ist.

Die ITF führt seit 1948 eine Kampagne gegen Billigflaggenschiffe. Sie verfolgt das Ziel, mit den jeweiligen Reedern Musterverträge abzuschließen. Diese gliedern sich in zwei Teile. Das "Fleet-Agreement" enthält Mindeststandards über Heuer, Arbeitszeit und sonstige Arbeitsbedingungen. Die "Special Agreements" sehen vor, dass die Bedingungen des "Fleet-Agreement" zum Inhalt der einzelnen Arbeitsverträge der Seeleute gemacht werden müssen. Diese mit der ITF geschlossenen Verträge werden von den Reedern als verbindlich angesehen und unmittelbar umgesetzt. Schiffe, die das Vertragswerk der ITF anerkennen, erhalten vom International Campaign committee für the Promotion of Fair Practices (FPA) der ITF das "blue certificate" und bleiben von Boykottmaßnahmen der ITF verschont. Reeder, die den Abschluss verweigern, kommen auf eine schwarze Liste und werden boykottiert. Die Zahl der Schiffe, deren Reeder das ITFVertragswerk weltweit akzeptiert haben, lag 1998 bei 4.500. Zwischenzeitlich werden 5000 Schiffe und 29% aller Seeleute erfasst, die unter Billigflagge fahren.

Ausweislich Art. I Abs. 2 lit. c), d) und e) der Satzung der ITF sind die Ziele der ITF unter anderem:

- die Unterstützung angeschlossener Organisationen bei der internationalen Verteidigung und Förderung der Interessen ihrer Mitglieder auf wirtschaftlicher, sozialer und beruflicher Ebene

- die Unterstützung angeschlossener Organisationen durch Forschung und Information, insbesondere hinsichtlich von Arbeitsbedingungen und Kollektivverhandlungen und anderer Fragen, die mit der Verwirklichung der Ziele der ITF in Zusammenhang stehen und

- die Unterstützung der im Transport beschäftigten Arbeitnehmer bei der Verteidigung unter anderem ihrer wirtschaftlichen und sozialen Interessen.

Sie versucht diese Ziele gemäß Art. I Abs. 3 lit. b), c) und g) der Satzung zu erreichen durch:

- durch die Unterstützung der angeschlossenen Organisationen bei gewerkschaftlicher Erfassung noch nicht organisierter Beschäftigter und in deren Bemühung auf der Ebene der Gesetzgebung

- durch die Unterstützung angeschlossener Organisationen im Fall ihrer Verwicklung in Konflikte und

- durch die Unterstützung der im Transport beschäftigten Arbeitnehmer, indem sie finanzielle und materielle Hilfe für diese Arbeitnehmer bereitstellt oder bereitzustellen hilft.

Art. XIV der Satzung (Beistand bei Konflikten) bestimmt:

(1) Angeschlossene Organisationen können die ITF bei größeren Konflikten um Beistand ersuchen.

(2) Solcher Beistand kann in organisierter moralischer Unterstützung der Mitgliedsorganisation ... bestehen, er kann Schritte bei nationalen Regierungen und zwischenstaatlichen Organisationen, finanzielle Unterstützung oder andere geeignete Maßnahmen einschließen, die je nach den gegebenen Umständen als geeignet erscheinen.

Nach § 2 Abs. 3 TVG können Spitzenorganisationen nur dann selbst Parteien von Tarifverträgen sein, wenn der Abschluss von Tarifverträgen zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehört. Ob diese Voraussetzung bei der ITF erfüllt ist, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Frage in seiner Entscheidung vom 16. Februar 2000 (4 AZR 14/99, AP Nr. 54 zu § 2 TVG) ausdrücklich offengelassen. Im Hinblick auf diese ungeklärte Rechtslage beabsichtigte ver.di, auf dem 40. Kongress der ITF vom 14.-21. August 2002 Art. I Abs. 3 lit. g) der Satzung der ITF um folgenden Satz ergänzen zu lassen (Bl. 238 d.A.):

Dies schließt den Abschluss von Tarifverträgen für die Arbeitsbedingungen zu Gunsten der Mitglieder der Sondersektion für Seeleute ... ein.

Nach Rücksprache mit dem ITF-Generalsekretär änderte sie den Antrag und beantragte, nach Art. I Abs. 3 lit. g) einen neuen Unterpunkt h) mit folgendem Wortlaut einzufügen (Bl. 239 d.A.):

den Abschluss von Kollektivverträgen, soweit sie von den ihr angeschlossenen Gewerkschaften dazu ermächtigt wurde.

Dieser Antrag wurde damit begründet, dass eine solche Änderung der Satzung erforderlich sei, damit im Rahmen der ITF-Billigflaggenkampagne abgeschlossene Verträge auch unter deutschem Recht Gültigkeit hätten. Der Antrag beabsichtige nur eine Klarstellung, keine Änderung der ITF-Politik (Bl. 239 d.A.). Auf dem Kongress wurde der deutschen Delegation signalisiert, dass die für die Satzungsänderung erforderliche Mehrheit nicht erreicht werde. Zum einen könne eine solche Satzungsänderung zu Problemen in anderen Ländern mit anderer rechtlicher Situation führen. Zum anderen könnten sich in Ländern mit konkurrierenden Gewerkschaften Schwierigkeiten ergeben. Ver.di zog daraufhin den Änderungsantrag zurück.

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Januar 1995 (1 BvF 1/90, 1 BvR 342/90 und 1. BvR 348/90, BVerfGE 92, 26), mit der das ISR bis auf § 21 Abs. 4 Satz 3 FlRG für verfassungsgemäß befunden wurde, wurde dieses mit Wirkung zum 1. April 1995 zur Billigflagge erklärt, so dass der ITF die Möglichkeit zu Boykottmaßnahmen gegen die Reeder dieser Schiffe eröffnet wurde. Die ÖTV wurde von der ITF beauftragt, mit dem VDR Verhandlungen über vertragliche Regelungen für ausländische Seeleute auf den im ISR eingetragenen Schiffen aufzunehmen. Diese Regelungen sollten sich einerseits an dem "Fleet Agreement" und den "Special Agreements" der ITF orientieren. Andererseits sollte so weit als möglich das Niveau des MTV- und des HTV-See für solche Seeleute gewahrt werden, die bisher Ansprüche aus diesen Tarifverträgen erworben hatten oder ihnen bei Tarifbindung unterfallen wären. Am 5. Mai 1995 wurden der Text des "GIS-Fleet-Agreement" (ISR-Flottenvertrag) und des "Special Agreement to the GIS-Fleet-Agreement" (Sondervertrag zum ISR-Flottenvertrag) zwischen der ÖTV und dem VDR vereinbart. Anschließend wurden die ausgehandelten Musterverträge von der ÖTV dem zuständigen Unterausschuss des FPA der ITF zur Genehmigung vorgelegt. Dieses Verfahren dient der Sicherstellung der von der ITF entwickelten Mindestbedingungen. Der ausgehandelte Vertrag wurde von der ITF genehmigt.

Der ISR-Flottenvertrag enthält unter anderem folgende Regelungen:

Geltungsbereich

§ 1

Dieser Vertrag legt die üblichen Bedingungen fest,

die für alle Seeleute auf deutschen ISR-Schiffen gelten, für die ein zwischen der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (im folgenden die ITF genannt) und den Managern/Reedern dieses Schiffes (im folgenden die Manager/Reeder genannt) abgeschlossener Sondervertrag (im folgenden der Sondervertrag genannt) besteht. Dieser Vertrag ist gültig und in vollem Umfang rechtskräftig und wirksam, unabhängig davon, ob die Manager/Reeder mit irgendeinem Seemann einen persönlichen Arbeitsvertrag abgeschlossen haben oder nicht.

Der Sondervertrag verpflichtet die Manager/Reeder (unter anderem) dazu, die Seeleute entsprechend den im vorliegenden Vertrag festgelegten Bedingungen zu beschäftigten und mit jedem einzelnen Seemann einen persönlichen Arbeitsvertrag zu unterzeichnen, in dem die Bedingungen des vorliegenden Vertrages festgehalten sind (im folgenden ITF-Arbeitsvertrag genannt). Die Manager/Reeder kommen ferner mit der ITF überein, allen im vorliegenden Vertrag aufgeführten Bedingungen zu entsprechen.

§ 2

Ein Seemann, für den der vorliegende Vertrag gemäß § 1 gilt, unterliegt dem Vertrag vom Zeitpunkt seiner Beschäftigung an (unabhängig davon, ob er angemustert worden ist oder nicht) bis zu seiner Abmusterung und/oder dem Zeitpunkt, bis zu dem die Manager/Reeder gemäß dem vorliegenden Vertrag zur Zahlung von Heuern verpflichtet sind, unabhängig davon, ob ein ITF-Arbeitsvertrag zwischen ihm und den Managern/Reedern unterschrieben wurde oder nicht.

Der ISR-Sondervertrag bestimmt unter anderem:

In Erwägung nachstehender Gründe

...

3) Ein "ITF Approved Agreement" ist einem vom entsprechenden Gremium des ITF genehmigte Vereinbarung, die die Mindestbeschäftigungsstandards der ITF-Politik einschließlich des ITF-Standardtarifvertrages (im engl. Original: ITF Standard Collective Agreement-) erfüllt.

4) Der ITF und die Reederei sind bestrebt, die Arbeitsbedingungen für alle Seeleute ... zu regeln, die von Zeit zu Zeit an Bord des Schiffes ihren Dienst verrichten.

kommen die Parteien wie folgt überein:

Artikel 1:

Die Reederei verpflichtet sich (im eng. Original: untertakes):

a)

(i) alle Seeleute, die ein deutsches oder ein EUZertifikat besitzen oder sich in der Ausbildung für ein solches Zertifikat befinden sowie alle berechtigten Seeleute (im engl. Original: eligible seafarers) in Übereinstimmung mit dem Heuertarifvertrag (HTV) und dem Manteltarifvertrag (MTV) zu beschäftigen, der jeweils zwischen der Gewerkschaft ÖTV und dem Verband Deutscher Reeder VDR/VDK ausgehandelt wird und

(ii) alle anderen Besatzungsmitglieder in Übereinstimmung mit dem gültigen ISR-Flottenvertrag für weltweite Fahrt ... zu beschäftigen, welcher von Zeit zu Zeit gemäß nachfolgendem Artikel 6 geändert wird;

b) die Bedingungen des entsprechenden, von der ITF genehmigten Vertrages in den individuellen Arbeitsvertrag jedes Seemannes und in die Musterrolle des Schiffes zu übernehmen;

...

d) der ITF unverzüglich Kopien des Sondervertrages, der von der ITF genehmigten Verträge, der Arbeitsverträge (nach Bedarf registriert), der Musterrolle (ordnungsgemäß ergänzt), der Besetzungsliste, der Bemannungsskala und des Nachweises über abgeschlossene Versicherungen zukommen zu lassen;

i) keinen Seemann aufzufordern bzw. von diesem zu verlangen, Dokumente jeglicher Art zu unterschreiben, wonach er Rechte aufgibt, die ihm auf Grund dieses Vertrages zustehen. Die Reederei erklärt sich bereit, jegliche bereits existierenden Dokumente dieser Art als null und nichtig und ohne rechtliche Konsequenz zu behandeln;

Artikel 2:

Nach Erhalt und Billigung der Kopien der unter obigem Artikel 1 (d) aufgeführten Dokumente sowie Zahlungseingang der unter obigem Artikel 1 (e) aufgeführten Gebühren und Beiträge bei der ITF und/oder bei der zuständigen Gewerkschaft, und unter der Voraussetzung, dass keine ausstehenden Forderungen der Seeleute existieren, wird die ITF eine Blaue ITF-Karte (im folgenden "Blaue Karte der ITF genannt) ausstellen. Diese Karte gilt als Bescheinigung dafür, dass das Schiff einem von der ITF genehmigten Vertrag unterliegt, wobei die Blaue Karte der ITF stets Besitz der ITF bleibt.

...

Artikel 4:

Dieser Sondervertrag kann wie folgt gekündigt werden:

a) durch die ITF sofort nach Benachrichtigung der Reederei, falls die Reederei ihre Verpflichtungen nach diesem Vertrag nicht einhält. Bei der Kündigung muss die Reederei sogleich die Blaue Karte der ITF an die ITF oder zu Händen der ITF zurückgeben.

...

Artikel 9:

Im Falle eines Rechtsstreites ist die deutsche Sozial- und Arbeitsgesetzgebung anzuwenden...."

Der Begriff des "eligible seafarer" in Art. 1 a (i) des ISR- Sondervertrages erfasst solche Seeleute, die noch nach deutschem Recht angemustert worden sind und deren Verbleib an Bord - über die erforderliche Mindestbesatzung hinaus - von den Reedern gewünscht wurde, weil sie, ohne ein Patent zu besitzen, besondere Qualifikationen aufweisen. Zu diesem Personenkreis gehören unter anderem Elektriker, Köche oder Stewards.

Seit Einführung des ISR wurden zwischen deutschen Reedern und der ITF mehrere hundert ISR-Flottenverträge und ISRSonderverträge abgeschlossen. Am 19. Oktober 1995 schlossen die ITF, vertreten durch den ITF-Koordinator der ÖTV, und die Beklagte zu 3), die durch die Beklagte zu 2) vertreten wurde, den ISR-Flottenvertrag und den ISR-Sondervertrag ab. Beide Verträge traten rückwirkend zum 1. Oktober 1995 in Kraft. Anschließend erhielt die Beklagte zu 3) das "blue certificate" von der ITF. Der Sondervertrag galt für die im Anhang 1 aufgeführten Schiffe, darunter die Maria D (B1. 199 d.A.). Auf ihr wurden ausweislich dieses Anhangs sechs Besatzungsmitglieder einschließlich des Kapitäns eingesetzt, davon zwei Offiziere mit deutschem oder europäischem Patent und vier Seeleute, die unter den ISRFlottenvertrag fielen. Zu letzteren wurde der Kläger gerechnet. Eine eigene Rubrik für "eligible seafarer" gibt es weder im Anhang 1 zum ISR-Sondervertrag zwischen der ITF und der Beklagten zu 3) noch in von anderen Reedern geschlossenen ISR-Sonderverträgen. Nach dem Regelungszweck des ISR-Sondervertrages müssten die "eligible seafarer" vielmehr unter der Rubrik der Patentinhaber aufgeführt werden. Es ist jedoch kein Fall bekannt, in dem dies geschehen wäre. Dies liegt daran, dass der als "eligible seafarer" einzuordnende Seemann entweder die nationale Gewerkschaft oder die ITF auf seinen Status aufmerksam machen müsste und dies nicht tut, um nicht in Konflikt mit seinem Reeder zu geraten. Konstitutive Bedeutung für die Eigenschaft als "eligible seafarer" kommt dem Anhang 1 zum ISR-Sondervertrag nicht zu.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, allein aufgrund der Protokollnotiz Nr. 4 habe er Anspruch auf eine Vergütung nach dem MTV- und HTV-See. Jedenfalls sei die ITF als Spitzenorganisation tariffähig. Dass die ITF zum Abschluss von Tarifverträgen befugt sei, ergebe sich aus dem objektiven Gehalt ihrer Satzung. Vor dem Hintergrund der IAOÜbereinkommen Nr. 87 und Nr. 98 verbiete sich eine zu enge Auslegung des § 2 Abs. 3 TVG. Der in Art. 1 des ISR-Sondervertrages verwendete englische Begriff "undertakes" könne auch im Sinne von "übernehmen" übersetzt werden, so dass dem ISR-Sondervertrag unmittelbare und zwingende Wirkung zukomme. Jedenfalls sei der ISR-Sondervertrag zumindest ein Kollektivvertrag nach englischem Recht. Ihm stehe daher Schadenersatz zu, weil die Beklagten den Sondervertrag ihm gegenüber nicht umgesetzt hätten.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass dem Kläger zum Stichtag 10. Oktober 1999 138 Urlaubstage zustanden;

2. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger 12.341,89 € brutto zuzüglich 4 % Zinsen ab 11. Februar 2000 zu zahlen;

3. festzustellen, dass die Beklagten dem seit 1989 beschäftigten Kläger zum Stichtag 10. Oktober 1999 138 Urlaubstage weniger zugestanden und 12.341,89 € brutto weniger gezahlt haben, als sich auf der Grundlage des zwischen der Beklagten zu 2) und der ITF geschlossenen ISR-Sondervertrages vom 19. Oktober 1995 ergeben würde;

4. für den Fall des Unterliegens zu 1. die Beklagten gesamtschuldnerisch im Wege des Schadenersatzes zu verurteilen, dem Kläger per Stichtag 10. Oktober 1999 138 Urlaubstage zu gewähren und an ihn 12.341,89 € brutto zuzüglich 4 % Zinsen ab 11. Februar 2000 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch das dem Kläger am 16. November 2001 zugestellte Urteil vom 17. Oktober 2001 hat das Arbeitsgericht den Feststellungsantrag zu Ziffer 3. als unzulässig abgewiesen. Die Frage, welcher der drei Beklagten der Arbeitgeber des Klägers war, hat es dahinstehen lassen, weil die eingeklagten Forderungen nicht beständen. Der MTV- und der HTV-See fänden keine Anwendung auf das Arbeitsverhältnis. Dies ergebe sich auch nicht aus dem ISR-Flottenvertrag und dem ISR-Sondervertrag vom 19. Oktober 1995. Die ITF sei nicht zum Abschluss von Tarifverträgen für die ihr angeschlossenen Gewerkschaften berechtigt, weil ihre Satzung keine entsprechend eindeutige Bestimmung enthalte. Außerdem entfalteten die von der ITF entwickelten Verträge nur schuldrechtliche Wirkungen. Es hat insoweit auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Februar 2000 (AP Nr. 54 zu § 2 TVG) verwiesen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 13. Dezember 2001 eingelegten und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14. März 2002 am 14. März 2002 begründeten Berufung, soweit seine zu Ziffer 1., 2. und 4. gestellten Anträge abgewiesen worden sind.

Er macht geltend, der angegriffenen Entscheidung liege ebenso wie der des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Februar 2000 (AP Nr. 54 zu § 2 TVG) eine streng nationale Auslegung zugrunde, die den Besonderheiten der Seeschifffahrt nicht gerecht werde. Die ITF könne nur sicherstellen, dass die aus internationalen Mindeststandards erwachsenden Verpflichtungen erfüllt werden. Dies habe sie durch ihre satzungsmäßige Verpflichtung auf die IAO-Abkommen Nr. 87 und 98 getan. Für ihre Tariffähigkeit reiche es daher aus, dass sich ihre Befugnis zum Abschluss von Tarifverträgen aus dem Verweis der Satzung auf diese internationalen Abkommen ergebe. Es müsse berücksichtigt werden, dass die Reeder jederzeit für jedes einzelne Schiff den Flaggenstaat wechseln könnten, so dass sich jedesmal die Frage stelle, welches nationale Recht für jedes Schiff gelte. Ein wirksamer Schutz durch Kollektivvereinbarungen sei nicht möglich, wenn jeder von der ITF geschlossene Kollektivvertrag die jeweiligen Vorgaben des nationalen Rechts berücksichtigen müsse. Die nationalstaatlichen Gerichte müssten daher die Kollektivverträge der ITF nach nationalem Recht bestätigen. Im Bereich der Seeschifffahrt seien Rechtmäßigkeit und Anwendbarkeit der Kollektivverträge auch unter Berücksichtigung der genannten internationaler Übereinkommen zu bewerten. Danach seien die von der ITF geschlossenen Verträge unmittelbar anwendbar.

Die Beklagten hätten sich dem Kläger gegenüber zumindest nach englischem Recht schadenersatzpflichtig gemacht, weil sie den Inhalt der ITF-Verträge nicht in sein Arbeitsverhältnis inkorporiert hätten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Lingen vom 17. Oktober 2001 - 2 Ca 633/00 - teilweise abzuändern

und

1. festzustellen, dass dem Kläger zum Stichtag 10. Oktober 1999 138 Urlaubstage zustanden;

2. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger 12.341,89 € brutto zuzüglich 4 % Zinsen ab 11. Februar 2000 zu zahlen;

3. für den Fall des Unterliegens zu 1. und 2. die Beklagten gesamtschuldnerisch im Wege des Schadenersatzes zu verurteilen, dem Kläger per Stichtag 10. Oktober 1999 138 Urlaubstage zu gewähren und an ihn 12.341,89 € brutto zuzüglich 4 % Zinsen ab 2. März 2000 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweisen auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Februar 2000 (AP Nr. 54 zu § 2 TVG) und darauf, dass der Kläger nicht dargelegt habe, dass er im Besitz eines EU-Patents sei.

In den Terminen zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen vom 13. Dezember 2002 und 4. April 2003 hat der Unterbevollmächtigte der Beklagten die Tatsachenerklärungen des Klägers in diesen Terminen mit Nichtwissen bestritten.

Das Arbeitsgericht Hamburg hat mit Beschluss vom 18. Dezember 2000 (Bl. 78-81 d.A.) den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Lingen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

A. Die Berufung ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist auch ausreichend begründet worden und somit zulässig (§§ 64, 66 ArbGG a.F., §§ 518, 519 ZPO a.F.).

I. Die Berufungsbegründung soll für das Berufungsgericht erkennbar werden lassen, auf welche Gründe der Berufungsführer sein Änderungsbegehren stützen will. Für die Zulässigkeit der Berufung ist daher erforderlich, dass die Berufungsbegründung auf den Streitfall zugeschnitten ist und erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art sowie aus welchen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Zweck der gesetzlichen Regelung ist es, formale und nicht auf den konkreten Streitfall bezogene Berufungsbegründungen auszuschließen, um dadurch auf die Zusammenfassung und Beschleunigung des Verfahrens im zweiten Rechtszug hinzuwirken. Allein schon aus der Berufungsbegründung sollen Gericht und Gegner erkennen können, welche Gesichtspunkte der Berufungskläger seiner Rechtsverfolgung oder -verteidigung zugrunde legen, insbesondere welche tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen des erstinstanzlichen Urteils er bekämpfen und auf welche Gründe er sich hierfür stützen will (BAG, 15.8.2002, 2 AZR 473/01, AP Nr. 55 zu § 519 ZPO <2 d.Gr.> m.w.N.) . Das der Konzentration des Streitstoffs in der Berufungsinstanz dienende Erfordernis einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung entfällt jedoch, soweit die Berufung auf neue Tatsachen oder Erkenntnisse gestützt wird oder eine neue Klagbegründung bei identischem Streitgegenstand in den Prozess eingeführt und dadurch das erstinstanzliche Urteil in Zweifel gestellt wird. Dabei ist nicht erforderlich, dass die angeführten Berufungsgründe oder Erwägungen rechtlich haltbar oder schlüssig sind (vgl. BGH, 06.05.1999, 111 ZR 265/98, NJW 1999, S. 3126 <II 2 b der Gründe>; BGH, 04.10.1999, II ZR 361/98, NJW 1999, S. 3784).

Die Rechtsmittelbegründung muss dabei geeignet sein, das gesamte Urteil in Frage zu stellen. Bei einheitlichem Streitgegenstand muss der Berufungskläger dann, wenn das Gericht seine Entscheidung auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen stützt, in der Berufungsbegründung für jede dieser Erwägungen darlegen, warum sie nach seiner Auffassung die angegriffene Entscheidung nicht trägt; anderenfalls ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig (BAG, 11.3.1998, 2 AZR 497/97, AP Nr. 49 zu § 519 ZPO <I d.Gr.>).

II. Die Berufungsbegründung genügt diesen Anforderungen.

1. Der Kläger setzt sich mit jeder der beiden die Entscheidung des Arbeitsgerichts selbständig tragenden Erwägungen auseinander. Soweit das Arbeitsgericht die Tariffähigkeit der ITF verneint hat, macht er geltend, aus dem Verweis in der Satzung der ITF auf internationale Abkommen, die das Streikrecht garantierten, ergebe sich die Tariffähigkeit, weil legitimes Ziel eines Streikes der Abschluss von Tarifverträgen sei. Soweit das Arbeitsgericht im Anschluss an die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Februar 2000 (AP Nr. 54 zu § 2 TVG) nur eine schuldrechtliche Wirkung des ISR-Flottenvertrages und des ISR-Sondervertrages angenommen hat, verweist er darauf, dass die Anwendbarkeit der von der ITF geschlossenen Kollektivverträge auch unter Berücksichtigung internationaler Abkommen, insbesondere der IAO-Abkommen Nr. 87 und 98 sowie der Vorgaben aus Art. 5 und 6 der Europäischen Sozialcharta und Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention, zu beurteilen sei. Deshalb erfüllten der ISRFlottenvertrag und der ISR-Sondervertrag die Voraussetzungen des Tarifvertragsgesetzes, seien Tarifverträge nach deutschem Recht und damit unmittelbar anwendbar.

Der Kläger hat sich also mit beiden rechtlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befasst und damit gezeigt, das, warum und in welchen Punkten er das Urteil des Arbeitsgerichts für unzutreffend hält. Mehr ist - zumal bei einer reinen Rechtsfrage - für eine ordnungsgemäße Berufung nicht erforderlich.

2. Darüber hinaus hat der Kläger in zweiter Instanz eine neue Klagebegründung (bei identischem Streitgegenstand) eingeführt, indem er erstmals in der Berufungsbegründung geltend gemacht hat, die mit der internationalen Ausrichtung der Seeschifffahrt verbundenen Schwierigkeiten eines effektiven Arbeitnehmerschutzes verböten eine streng am nationalen Recht orientierte Auslegung der an einen wirksamen Tarifvertrag zu stellenden Anforderungen. Vielmehr müssten die deutschen Gerichte Verträge, die sicherstellen sollten, dass die aus internationalen Mindeststandards erwachsenden Verpflichtungen tatsächlich erfüllt würden, als Tarifverträge nach deutschem Recht behandeln. Mit diesen Berufungsangriffen wird jedenfalls die Entscheidung des Arbeitsgerichts insgesamt in Frage gestellt. Das reicht für die Zulässigkeit der Berufung aus (vgl. BGH, NJW 1999, S. 3126 <II 2 b d.Gr.>).

B. Die Berufung ist zum Teil begründet. Allerdings ist die Klage unzulässig, soweit die nicht existente Beklagte zu 1) verklagt ist. Hinsichtlich der Beklagten zu 2) ist sie unbegründet. Arbeitgeberin des Klägers ist allein die Beklagte zu 3). Ihr gegenüber stehen dem Kläger gemäß Art. 1 lit. a) (i) des am 19. Oktober 1995 zwischen der ITF und der Beklagten zu 3) geschlossenen ISR-Sondervertrages die geltend gemachten Heueransprüche nach dem MTV- beziehungsweise HTV-See dem Grunde nach zu. Die ITF ist als Spitzenorganisation gemäß § 2 Abs. 3 TVG tariffähig. Der ISR-Sondervertrag entfaltet als (Haus)Tarifvertrag unmittelbare, normative Wirkung. Der Kläger ist "eligible seafarer" im Sinne dieser Bestimmung. Allerdings sind die geltend gemachten Differenzheueransprüche für die Zeit von 1. Februar 1999 bis einschließlich 31. Juli 1999 gemäß § 80 Abs. 1 MTV-See verfallen.

I. Die Klage ist nur hinsichtlich der Beklagten zu 2) und 3) zulässig.

1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit als Voraussetzung für ein Sachurteil ist gegeben. Mangels vorrangiger internationaler Verträge oder Übereinkommen wird sie durch die örtliche Zuständigkeit indiziert. (BAG, stRspr, zuletzt 9.10.2002, 5 AZR 307/01, AP Nr. 18 zu § 38 ZPO - internationale Zuständigkeit <I 2 d.Gr.>). Für den vorliegenden Rechtsstreit ist jedenfalls ein deutsches Arbeitsgericht zuständig, wobei dahinstehen kann, ob dies das Arbeitsgericht Hamburg oder das Arbeitsgericht Lingen ist (vgl. BAG, AP Nr. 54 zu § 2 TVG <I d.Gr.>) .

2. Die Klage gegen die nicht existente Beklagte zu 1) ist unzulässig. Eine Parteiberichtigung auf die Beklagte zu 3), wie vom Kläger beantragt, scheidet aus, weil dann die Identität zwischen der ursprünglich bezeichneten und der tatsächlich gemeinten Partei nicht mehr gewahrt wäre (vgl. BAG, 15.03.2001, 2 AZR 141/00, AP Nr. 46 zu § 4 KSchG 1969 <III 1 a der Gründe>). Die Klage war daher insoweit als unzulässig abzuweisen (Zöller-Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., 2002, Vor § 50, Rz. 11).

3. Das erforderliche Feststellungsinteresse für die Klage auf Feststellung der Urlaubsansprüche zum Stichtag 10. Oktober 1999 besteht, weil sich das Arbeitsverhältnis um die Dauer des Urlaubs verlängert (§ 60 SeemG).

II. Arbeitgeberin des Klägers war allein die Beklagte zu 3). Nur auf sie waren die Arbeitspapiere des Klägers ausgestellt. Zwar hat die Beklagte zu 2) den gesamten Schriftverkehr mit dem Kläger geführt und insbesondere die Abrechnungen erstellt sowie die Verträge mit der ITF geschlossen. Sie hat die Beklagte zu 3) bei den Vertragsabschlüssen mit dem Kläger und der ITF jedoch lediglich vertreten. Für den Kläger erkennbar sollte lediglich der Reeder des Schiffes, auf dem der Kläger eingesetzt war, Arbeitgeber sein. Das ist die Beklagte zu 3) . Unabhängig davon, ob die Beklagte zu 2) offen gelegt hat, dass sie nicht im eigenen, sondern im Namen der Beklagten zu 3) handelte, ist daher wegen des Unternehmensbezugs der von der Beklagten zu 2) getätigten Rechtsgeschäfte nur die Beklagte zu 3) aus den von der Beklagten zu 2) vorgenommenen Rechtshandlungen berechtigt und verpflichtet worden (vgl. BGH, 13.10.1994, IX ZR 25/94, NJW 1995, 43 <II 2 d.Gr.>).

III. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 3) unterfällt deutschem Recht. Nach Art. 27 Abs. 1 EGBG unterliegt der Vertrag dem von den Parteien gewähltem Recht. Hier haben die Parteien eine stillschweigende Rechtswahl hinsichtlich der Geltung des deutschen Rechts getroffen. Ein gewichtiges Indiz dafür ist die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Tarifverträge und sonstige am Sitz des Arbeitgebers geltende Bestimmungen (BAG, 12.12.2001, 5 AZR 255/00, AP Nr. 10 zu Art. 30 EGBGB n.F. <B 1 1 d.Gr.>). Die Parteien haben in dem offenkundig einzigen zwischen ihnen geschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrag vom 26. November 1991 hinsichtlich der Höhe der Heuer auf den HTV-See, Stand 1989, Bezug genommen und ihr Arbeitsverhältnis über die in diesem Vertrag vereinbarte Befristung hinaus zu unveränderten Bedingungen fortgesetzt.

Diese Rechtswahl ist mit Art. 30 Abs. 1 EGBGB vereinbar. Auch nach Art. 30 Abs. 2 Nr. 2 EBGBG wäre jedenfalls wegen des Sitzes der Beklagten zu 3) in H deutsches Recht anwendbar gewesen, zumal auch alle anderen maßgeblichen Anknüpfungskriterien wie Wohnsitz des Klägers, Vertragssprache sowie die Währung, in der die Heuer zu zahlen war, sich auf Deutschland bezogen.

IV. Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung nach dem HTV-See in Verbindung mit dem MTV-See in den bei Ausflaggen der Maria D im Jahr 1999 gültigen Fassungen.

1. Allerdings ist nur der Kläger, nicht aber die Beklagte zu 3) Mitglied einer der Tarifvertragsparteien. Die Tarifverträge der deutschen Seeschifffahrt gelten daher nicht bereits aufgrund beiderseitiger Tarifbindung (§ 3 TVG).

Sie sind auch nicht für allgemeinverbindlich erklärt (§ 5 TVG)

2. Auch aus der Protokollnotiz Nr. 4 zum HTV-See folgt nicht die Anwendbarkeit dieses Tarifvertrages auf den Kläger. Dabei handelt es sich lediglich um die nach § 21 Abs. 4 Satz 3 FlRG in der bis 10. Januar 1995 gültigen Fassung erforderliche ausdrückliche Vereinbarung der Geltung deutscher Tarifverträge auf Arbeitnehmer ohne inländischen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt. Diese Klausel, von der der Kläger angesichts seines inländischen Wohnsitzes ohnehin nicht erfasst wird, begründet nicht die Anwendbarkeit des HTV-See auf Arbeitsverhältnisse zwischen ausländischen Arbeitnehmern und nicht tarifgebundenen Arbeitgebern, sondern verlangt als deutschem Tarifrecht unterliegender Tarifvertrag- auch ohne dass dies ausdrücklich erwähnt wird - die Tarifbindung des Arbeitgebers.

3. Auch haben die Arbeitsvertragsparteien nicht einzelvertraglich die Geltung des MTV-See und die des HTV-See, Stand 1999, vereinbart. Sie haben allerdings in dem befristeten Vertrag vom 26. November 1991 (Bl. 8 d.A.), zu dessen Bedingungen sie ihr Arbeitsverhältnis über die Befristung hinaus fortgesetzt haben, in Ziffer 3 hinsichtlich der Höhe der Heuer auf den HTV-See, Stand 1989, Bezug genommen. Daraus folgen jedenfalls die vom Kläger nach dem bis zum 31. Oktober 1999 gültigen HTV-See 1998 berechneten Heueransprüche nicht. Daraus ergibt sich auch kein Anspruch auf die vom Kläger eingeklagten, auf dem MTV-See beruhenden Urlaubsansprüche und auf eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum Verbrauch der Urlaubsansprüche nach Ablauf der Kündigungsfrist.

4. Der zwischen der Beklagten zu 3) und der ITF geschlossene ISR-Sondervertrag entfaltet als (Haus)Tarifvertrag unmittelbare, normative Wirkung. Der Kläger ist "eligible seafarer" im Sinne von Art. 1 lit. a (i) des ISR-Sondervertrages und ist daher nach den Bedingungen des HTV- und des MTV-See, auf die diese Vorschrift verweist, zu vergüten.

a) Die rechtliche Einstufung des ISR-Sondervertrages richtet sich nach deutschem Recht. Dabei kann dahinstehen, ob die zwischen den Vertragsparteien unter Art. 9 getroffene Regelung eine Rechtswahlvereinbarung darstellt und inwieweit diese zulässig wäre (dazu Franzen, Anm. zu BAG vom 16.2.2000, 4 AZR 14/99, EzA Nr. 1 zu § 4 TVG - Seeschifffahrt <I 1>). Deutsches Recht ist jedenfalls gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EGBGB deshalb anwendbar, weil die von diesem Vertrag erfassten Arbeitsverhältnisse ihren Schwerpunkt in Deutschland hatten (vgl. BAG, AP Nr. 54 zu § 2 TVG <II 2 d d.Gr.>; Franzen, a.a.O.). Die M D fuhr unter deutscher Flagge. Durch den ISR-Sondervertrag fanden jedenfalls für einen Teil der Besatzung deutsche Tarifverträge Anwendung. Ziel des ISR-Sondervertrag ist es gerade, für die auf den im ISR eingetragenen Schiffen tätigen Besatzungsmitglieder soweit als möglich das deutsche Tarifniveau zu wahren.

b) Der ISR-Sondervertrag ist von tariffähigen Parteien geschlossen worden. Die Tariffähigkeit folgt dem Vertragsstatut (Franzen, a.a.0. <I 2>) und bestimmt sich daher nach § 2 TVG. Die ITF ist als Spitzenorganisation tariffähig, § 2 Abs. 3 TVG.

aa) In der ITF sind nicht nur mehrere hundert Gewerkschaften zusammengeschlossen, sondern in der Sonderabteilung für Seeleute auch etwa 20.000 Seeleute gewerkschaftlich organisiert. Die ITF ist daher einerseits Spitzenorganisation, zugleich aber auch selbst Gewerkschaft. Diese Mischform ist in § 2 TVG nicht geregelt.

Dies führt jedoch nicht dazu, die Organisation der ITF bereits deshalb, weil eine solche Mischform unter deutschen Verhältnissen nicht erforderlich ist, als "systemwidrig" anzusehen und ihr unter diesem Gesichtspunkt die Tariffähigkeit zu versagen (so aber Thüsing/Goertz, Anm. zu BAG, 16.2.2000, AP Nr. 54 zu § 2 TVG <I>). Die ITF organisiert nur solche Arbeitnehmer selbst als Gewerkschaft, die von nationalen, der ITF angeschlossenen Gewerkschaften nicht ordnungsgemäß vertreten werden können, die also mangels demokratischer, freier Gewerkschaften in ihren Heimatländern sonst keiner Koalition beitreten könnten. Die ITF will nach ihrer Satzung unter anderem die wirtschaftlichen Interessen der Transportarbeiter umfassend wahrnehmen. Für sie ist es daher von entscheidender Bedeutung und unerlässlich, solche Arbeitnehmer, die anders nicht gewerkschaftlich vertreten werden könnten, selbst zu organisieren. Unter den besonderen Bedingungen, unter denen die ITF agieren muss, ist ihre Doppelstellung daher nicht systemwidrig, sondern notwendig.

Ob die ITF in den jeweiligen Ländern, in denen sie tätig wird, Spitzenorganisation oder Gewerkschaft ist, hängt deshalb davon ab, ob eine gewerkschaftliche Vertretung der Transportarbeiter auf nationaler Ebene möglich ist. Dies ist in Deutschland der Fall. Für die Frage, ob die ITF nach deutschem Recht tariffähig ist, ist darum allein maßgebend, dass Seeleute auf deutschen Schiffen nicht unmittelbar bei ihr Mitglied sind, sondern von der deutschen Gewerkschaft ver.di, die ihrerseits Mitglied der ITF ist, organisiert werden. Sie ist daher in Deutschland ausschließlich Spitzenorganisation. Ihre Tariffähiqkeit richtet sich allein nach § 2 Abs. 2 und Abs. 3 TVG (Franzen, a.a.O. <I 2>; Zachert, NZA 2000, S. 121 <II 2>).

bb) Die ITF hat die ISR-Verträge nicht namens und in Vollmacht der ihr angeschlossenen ÖTV geschlossen. Sie hat vielmehr umgekehrt die ÖTV beauftragt, für die ITF tätig zu werden. § 2 Abs. 2 TVG greift daher nicht.

cc) Die ITF ist jedoch als Spitzenorganisation tariffähig, § 2 Abs. 3 TVG. Der Abschluss von Tarifverträgen gehört zu ihren satzungsmäßigen Aufgaben.

(1) Allerdings ist dem Arbeitsgericht darin zuzustimmen, dass sich der Satzung der ITF nicht die ausdrückliche Befugnis zum Abschluss von Tarifverträgen entnehmen lässt. Art. XIV der Satzung sieht nur "Beistand" für angeschlossene Gewerkschaften vor. Dementsprechend sind in Art. 14 Abs. 2 der Satzung nur Beispielsfälle aufgezählt, in denen die ITF nicht selbst Konfliktspartei ist, sondern nur unterstützend für die angeschlossenen Gewerkschaften tätig wird (vgl. Thüsing/Goertz, a.a.0. <II>). Auch aus Art. I Abs. 2 und 3 der Satzung ergeben sich als Ziele und Mittel der Durchsetzung dieser Ziele nur die Unterstützung der angeschlossenen Gewerkschaften bei der Verteidigung und Förderung der Interessen ihrer Mitglieder, etwa im Fall der Verwicklung angeschlossener Gewerkschaften in Konflikte (Art. I Abs. 3 lit. c).

(2) Es reicht jedoch aus, wenn sich der Satzung im Wege der Auslegung die Berechtigung zum Abschluss von Tarifverträgen entnehmen lässt (Zachert, a.a.0. <II 2>, m.w.N. zu FN 29). Das ist hier der Fall.

(a) Bei der Auslegung der Satzung der ITF ist zu berücksichtigen, dass diese ihr Regelwerk aus Sicht des englischen Rechts konzipiert hat und für eine Vielzahl von Rechtssubjekten, die aus völlig unterschiedlichen Rechtsordnungen stammen, tätig wird. Hinzu kommt, dass sie im internationalen Rechtsraum agiert. Die nationalen Rechtsfiguren, insbesondere das strikt auf die deutschen Verhältnisse zugeschnittene Tarifvertragsgesetz, werden dem nicht gerecht. Soweit möglich, sind sie daher im Lichte dieses internationalen Bezugs des Sachverhalts anzuwenden (vgl. Franzen, a.a.0. <III>).

Für die Auslegung maßgebend ist dabei der objektive Satzungsinhalt. Dieser wird maßgeblich von den Zwecken, dem Normverständnis und den Interessen der ITF und ihrer Mitglieder sowie ihrer Verhandlungspartner bestimmt. Diese Gesichtspunkte gewinnen rechtsgestaltende Kraft (vgl. BGH, 6.3.1967, II ZR 231/64, BGHZ 47, 172 <18.0>). Ausschlaggebend ist damit die langjährige tatsächliche Übung und nicht der ausdrückliche Wortlaut der Satzung (vgl. Wiedemann, DNotZ 1977, Sonderheft, S. 99 <109>).

(b) An diesem Maßstab gemessen, ist die nach § 2 Abs. 3 TVG erforderliche Tariffähigkeit der ITF bereits deshalb zu bejahen, weil sie sich mit Wissen und Billigung der in ihr zusammengeschlossenen Gewerkschaften seit Jahrzehnten im Bereich der Seeschifffahrt auf dem Gebiet der Lohn- und Arbeitsbedingungen betätigt, Mindestarbeitsbedingungen auf Billigflaggenschiffen durchsetzen will und zu diesem Zweck Verträge mit Reedern abschließt, die alle Beteiligten, also auch die Reeder als Normunterworfene, als verbindliche Tarifverträge werten und beachten (vgl. RG, 9.10.1925, III 237/25, RGZ 111, 354 <356 f.>). Nur ein dieser langjährigen Übung zu entnehmender objektiver Satzungsinhalt, wonach der ITF die Befugnis zum Abschluss von Tarifverträgen zusteht, wird den Interessen und Zielen der ITF, ihrer Mitglieder und Verhandlungspartner gerecht.

Die ITF wird dort für die ihr angeschlossenen Gewerkschaften tätig, wo diese nicht selbst die Interessen ihrer Mitglieder effektiv durchsetzen können. Dies ist insbesondere bei der Seeschifffahrt der Fall. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie notwendig außerhalb der nationalen Hoheitsgebiete in internationalen Gewässern stattfindet und sich auf einem Markt betätigt, der sowohl hinsichtlich der angebotenen Dienstleistung, als auch hinsichtlich der dazu benötigten Arbeitnehmer wie kein anderer in vollem Umfang internationalisiert ist (vgl. BVerfG, BVerfGE 92, 26 <B II 1 b bb d.Gr.>). Die Reeder können jederzeit die Flagge ihres Schiffes wechseln, die Schiffe auf andere Eigner mit ausländischem Sitz umschreiben oder die Besatzung gegen eine andere aus einem Billiglohnland austauschen. Zudem können sie sich jeder Arbeitskampfmaßnahme dadurch entziehen, dass sie die Ladung in einem Hafen außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der nationalen Gewerkschaft löschen. Den zum Abschluss von Verträgen, die jedenfalls einen Mindeststandard an Arbeitnehmerschutz gewährleisten, erforderlichen Verhandlungsdruck aufbauen kann daher nur eine international agierende Organisation wie die ITF, die in jedem Hafen dieser Welt, vertreten durch ihr angeschlossene Organisationen, einen Boykott gegen Reeder verhängen kann, die sich Verhandlungen entziehen oder gegen geschlossene Verträge verstoßen, und dies auch tut.

Die ITF sieht vor diesem Hintergrund ihre Befugnis zum Abschluss von Tarifverträgen als selbstverständlich an. Eine satzungsmäßige Klarstellung dieser Befugnis, die aus deutscher Sicht verlangt wird (vgl. Franzen, a.a.O. <I 2>), und deshalb von der deutschen Delegation auf dem 40. Kongress der ITF vom 14. bis 21. August 2002 als höchstem und satzungsgebendem Organ der ITF beantragt worden ist (Bl. 238, 239 d.A.), ist nicht erfolgt. Dies war allein auf die bereits erwähnte besondere Organisation der ITF zurückzuführen, die mit ihrer Satzung eine Vielzahl von Rechtsordnungen berührt und bei der beantragten Satzungsänderung Probleme in anderen Rechtsordnungen befürchtete.

Die ITF wird auch von den Reedern als Tarifvertragspartei behandelt. Aus Wettbewerbsgründen liegt es auch im Interesse der Reeder, dass den von der ITF geschlossenen Kollektivverträgen Verbindlichkeit zukommt. Dies ergibt sich mit besonderer Deutlichkeit daraus, dass der Wortlaut der ISR-Verträge zwischen der ITF, vertreten durch die ÖTV, und dem VDR ausgehandelt und von der ITF abschließend gebilligt worden ist. Soweit der Unterbevollmächtigte des Prozessbevollmächtigten der Beklagten diesen mit Schriftsatz vom 6. Februar 2003 in den Prozess eingeführten (Bl. 228 d.A.), im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 4. April 2003 nur konkretisierten Sachvortrag bestritten hat, ist dieses Bestreiten unbeachtlich. Die Beklagten haben in ihrer Erwiderung auf den Schriftsatz vom 6. Februar 2003 mit Schriftsatz vom 28. März 2003 (Bl. 243 d.A.) den Vortrag des Klägers nicht bestritten. Der Unterbevollmächtigte hat nicht vorgetragen, dass er in der Zwischenzeit andere Informationen erhalten habe. Er hat vielmehr offenkundig nur aus aus seiner Sicht gebotener anwaltlicher Vorsorge den Vortrag des Klägers "ins Blaue hinein" bestritten. Dieses pauschale Bestreiten seitens des von der Partei nicht informierten Prozessbevollmächtigten ins Blaue hinein ist unbeachtlich (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 23. Aufl., 2002, § 138, Rn. 10 a m.w. N.>.

(c) Dem steht die vom Arbeitsgericht zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24. Juli 1990 (1 ABR 46/89, AP Nr. 7 zu § 2 TVG <II 2 d>) nicht entgegen. Sie betrifft nur die Frage, ob die Tarifzuständigkeit durch Handeln außerhalb der satzungsmäßigen Aufgaben erweitert werden kann. Hier ist jedoch aus der langjährigen Übung hinsichtlich des Abschlusses von Tarifverträgen auf einen objektiven Satzungsinhalt zu schließen, der eine Befugnis zu derartigem Handeln gerade gewährt.

(3) Der Regelungszweck des § 2 Abs. 3 TVG steht einer Annahme der satzungsmäßigen Befugnis der ITF zum Abschluss von Tarifverträge aufgrund langjähriger Übung nicht entgegen.

In der Tarifvertragsordnung vom 23. Dezember 1918 war die Möglichkeit von Spitzenorganisationen, in die Satzung das Recht zum Abschluss von Tarifverträgen aufzunehmen, noch nicht enthalten. § 2 Abs. 3 TVG soll, worauf das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat, verhindern, dass die Spitzenorganisationen ihre Mitgliedsverbände majorisieren und gegen deren Willen Tarifverträge abschließen, die die Mitgliedsverbände verpflichten und belasten, die sie selbst aber weder ändern noch kündigen können. Deshalb verlangt § 2 Abs. 3 TVG eine zumindest in der Satzung verankerte Zustimmung der Mitgliedsverbände zum Abschluss von Tarifverträgen (vgl. Zachert, a.a.O. <II 4>).

Diese Interessenkollision besteht im Verhältnis zwischen der ITF und ihren Mitgliedsgewerkschaften im Bereich der Seefahrt gerade nicht. Im Gegenteil sind die Mitgliedsgewerkschaften zu einer effektiven Interessenvertretung der in ihnen organisierten Seeleute wie ausgeführt nicht in der Lage und daher mit dem Abschluss von Kollektivverträgen, die auch für ihre Mitglieder wirken, durch die ITF einverstanden. Dass die ISR-Verträge den Interessen der ÖTV, jetzt ver.di, entsprechen, wird dadurch belegt, dass der Inhalt dieser Verträge von der ÖTV für die ITF ausgehandelt und von der ITF anschließend genehmigt worden ist.

c) Der ISR-Sondervertrag ist ein Verweisungstarifvertrag. Bezüglich der in Art. 1 lit. a (i) aufgeführten Seeleute wird auf die jeweils geltenden deutschen Tarifverträge für die Seeschifffahrt, bezüglich der übrigen Seeleute auf den jeweils gültigen ISR-Flottenvertrag verwiesen. Die Rechtssetzungsbefugnis der Tarifvertragsparteien umfasst grundsätzlich auch das Recht, auf jeweils geltende andere tarifliche Vorschriften zu verweisen, sofern deren Geltungsbereich mit dem Geltungsbereich der verweisenden Tarifnorm in einem engen sachlichen Zusammenhang steht (BAG, stRspr, zuletzt Urteil vom 29.8.2001, 4 AZR 332/00, AP Nr. 17 zu § 1 TVG - Bezugnahme auf Tarifvertrag <I 2 b d.Gr.>). Dass der HTV- und der MTV-See Tarifverträge sind, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Auch der ISR-Flottenvertrag ist ein Tarifvertrag. Er enthält alle Elemente typischer tariflicher Regelungen: § 4 in Verbindung mit der Anlage 1 regelt die Heuern, § 6-7 c die Arbeitszeit einschließlich Überstunden und Arbeitszeit an Feiertagen, § 10 die Ruhezeit, § 14 das Krankengeld, § 15 den Urlaub, § 23 die Beendigung des Heuerverhältnisses.

d) Als Tarifvertrag deutschen Rechts entfaltet der ISRSondervertrag unmittelbare, normative Wirkung, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG. Er enthält nicht nur schuldrechtlich wirkende Verpflichtungen zwischen der ITF und der Beklagten zu 3).

Dabei kann dahinstehen, welcher Bedeutungsinhalt dem in Art. 1 des englischen Originals des ISR-Sondervertrages verwendeten Begriff "undertakes" zukommt. Aus dieser Formulierung folgt ebensowenig wie aus der durch Art. 1 lit. b) des ISR-Sondervertrages begründeten "Verpflichtung", die Bedingungen des Vertragswerks in den individuellen Arbeitsvertrag jedes Seemanns zu übernehmen, der Wille der Vertragsparteien, die ISR-Verträge nicht als Tarifverträge zu behandeln. Diese Formulierungen sind vielmehr allein darauf zurückzuführen, dass der ISR-Sondervertrag sich an den nach der englischen Rechtsordnung konzipierten "special agreements" orientiert. Nach englischem Recht abgeschlossene Collective agreements gewinnen rechtliche Verbindlichkeit jedoch erst dadurch, dass ihre Regelungen in die Individualverträge inkorporiert werden (Franzen, a.a.O. <I 3>). Vor diesem Hintergrund soll Art. 1 des ISRSondervertrages nur dort die Inkorporierung der Regelungen des ISR-Sondervertrages auf individualvertraglicher Ebene sicherstellen, wo nicht ohnehin schon aufgrund des nationalen Rechts eine normative Wirkung der Vereinbarung vorliegt. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG haben Tarifverträge nach deutschem Recht normative Wirkung. Insoweit hat Art. 1 des ISR-Sondervertrages, der deutschem Recht unterfällt, nur deklaratorische Bedeutung (Zachert, a.a.O. <III 1>; Thüsing/Goertz, a.a.O. <III>).

e) Der Kläger ist "eligible seafarer" im Sinne von Art. 1 lit. a (i) des ISR-Sondervertrages. Dieser Begriff erfasst solche Seeleute, die noch nach deutschem Recht angemustert worden sind und deren Verbleib an Bord - über die erforderliche Mindestbesatzung hinaus - für die Reeder von besonderem Interesse ist, weil sie zwar kein Patent, aber besondere Qualifikationen besitzen. Darunter fallen zum Beispiel Elektriker, Köche oder Stewards. Soweit der Unterbevollmächtigte der Beklagten im Termin vom 13. Dezember 2002 den diesbezüglichen, später im Schriftsatz vom 14. Februar 2003 vertieften Vortrag des Klägers bestritten hat, ist dieses aus den unter B IV 4 b cc (2) (b) genannten Gründen unbeachtlich.

Der Kläger gehört zu diesem Personenkreis. Er war noch nach deutschem Recht angemustert worden. Bereits im Jahr 1989 hatte er seinen Wohnsitz in Deutschland. Die M, D fuhr unter deutscher Flagge. Daher fand seit Beginn des Arbeitsverhältnisses deutsches Recht Anwendung. Als Koch besitzt er eine der Qualifikationen, die für einen "eligible seafarer" erforderlich sind. Der Umstand, dass der Kläger im Anhang 1 zum ISR-Sondervertrag vom 19. Oktober 1995 nicht unter der Rubrik der Patent-Inhaber aufgeführt ist, steht dem nicht entgegen. Der Anhang 1 hat für die Eigenschaft eines "eligible seafarer" keine Bedeutung.

V. Die vom Kläger mit Schreiben vom 1. Dezember 1999 (Bl. 19-24 d.A.) geltend gemachten, rechnerisch unstreitigen Ansprüche sind damit entstanden. Die Entgeltansprüche für Februar bis einschließlich Juli 1999 sind jedoch verfallen, § 80 Abs. 1 MTV-See

1. Der ISR-Sondervertrag gilt nur für Schiffe, die im 2. Schiffsregister registriert sind. Die M D wurde im August 1999 ausgeflaggt. Es kann dahinstehen, ob damit der ISR-Sondervertrag mit sofortiger Wirkung keine Geltung mehr entfaltete oder - eine rechtzeitige Kündigung durch die Beklagte vorausgesetzt - gemäß Art. 4 lit. b) des Vertrages bis zum 30. September 1999 weiter galt. Der Kläger klagt nur Ansprüche ein, die sich aus seiner Tätigkeit bis zum Ausflaggen der M D ergeben.

2. Dem Kläger standen pro Monat an Bord 12 Urlaubstage zu (§ 57 Abs. 2 MTV-See i.d.F. vom 22.3.1996). Unter Berücksichtigung gewährten Urlaubs ergab sich daraus seit 1998 bis zum 1. September 1999 gemäß der Anlage 1 zum Schreiben vom 1. Dezember 1999 (B1. 21 d.A.) zum Stichtag 10. Oktober 1999 ein Urlaubsanspruch von 138 Tagen. Im Urlaubsjahr 1998 nicht erfüllte Urlaubsansprüche sind nicht verfallen, § 59 MTV-See.

Der Urlaubsanspruch hat. sich mit Beendigung des Heuerverhältnisses am 20. April 2000 nicht in einen Urlaubsabgeltungsanspruch umgewandelt. Eine Urlaubsabgeltung im Heuerverhältnis ist grundsätzlich unzulässig, § 65 Abs. 1 Satz 1 MTV-See. Die abschließend in § 65 MTV-See aufgezählten Ausnahmen von diesem Grundsatz, im Besonderen Arbeitsunfähigkeit des Besatzungsmitgliedes oder Beginn eines neuen Heuer- oder Arbeitsverhältnisses während des durch den noch zu gewährenden Urlaubs verlängerten Heuerverhältnisses (§ 65 Abs. 3 MTV-See), liegen nicht vor.

3. Die vom Kläger eingeklagten Heuersätze ergeben sich für die Zeit vom 1. Februar bis zum 1. September 1999 aus A II (Dienstgrad: Decksmann ab 5. Beschäftigungsjahr) des vom 1. November 1998 bis 31. Oktober 1999 geltenden HTV-See.

Der Kläger hat auch für die Zeit ab dem 2. September 1999 Anspruch auf (Urlaubs)Heuer, weil das Arbeitsverhältnis durch den noch zu gewährenden Urlaub bis zum 19. April 2000 verlängert worden ist (§ 60 SeemG). Ihm ist in diesem Zeitraum Urlaubsheuer von 1/180 der vom 1. März bis 31. August 1999 verdienten Bruttobezüge = 63,69 € pro Urlaubstag zu zahlen (§ 62 Abs. 1 Satz 1 MTV-See) . Ferner steht ihm Verpflegungsgeld zu (§ 62 Abs. 3 MTV-See i.V.m. C 1 HTV-See). Unter Berücksichtigung der von der Beklagten zu 3) geleisteten Zahlungen ergibt sich danach zum Stichtag 31. Dezember 1999 die aus der Anlage 2 zum Schreiben des Klägers vom 1. Dezember 1999 (Bl. 22-24 d.A.) ersichtliche Differenzheuer von 10.098,29 € brutto. Dem Kläger steht auch für Januar 2000 die Urlaubsheuer von 2.243,60 € brutto zu, so dass sich bis einschließlich 31. Januar 2000 ein restlicher Heueranspruch von 12.341,89 € ergab.

4. Die Differenzheueransprüche aus den Monaten Februar bis einschließlich Juli 1999 sind jedoch verfallen. Die Urlaubsansprüche des Klägers sind dagegen nicht verfallen.

a) Die einzelvertragliche Ausschlussfrist unter Ziffer 5 des Heuervertrages vom 26.11.1991 (Bl. 8 d.A.) ist unwirksam, weil sie zuungunsten des Klägers von der tariflichen Regelung abweicht (§ 4 Abs. 3 TVG).

b) Nach der tariflichen Ausschlussfrist des § 80 Abs. 1 MTV-See verfallen Ansprüche aus dem Heuerverhältnis, wenn sie nicht binnen drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Dabei tritt die Verwirkung frühestens mit Ablauf des zweiten Monats ein, der auf den ersten zusammenhängenden sechstägigen Aufenthalt des Besatzungsmitgliedes in Deutschland nach Eintritt der Fälligkeit folgt.

aa) Danach sind alle Heueransprüche bis, einschließlich Juli 1999 verfallen. Mangels besonderer tariflicher Fälligkeitsregelung waren die Heueransprüche jeweils zum Monatsende fällig, § 614 Satz 2 BGB. Die Heuer ist jedoch immer frühestens Anfang des Folgemonats abgerechnet und ausgezahlt worden, in den Monaten von Februar bis Juli 1999 frühestens am 2. und spätestens am 6. des Folgemonats (s. S. 10 des Schriftsatzes des Klägers vom 14.2.2003, Bl. 235 d.A.). Die Abrechnungen für August und September 1999 sind dem Kläger erst mit Schreiben vom 13. Oktober 1999 (Bl. 12 d.A.) übersandt worden. Durch diese Praxis, mit der der Kläger einverstanden war, ist der gesetzliche Fälligkeitstermin durch Stundung aufgeschoben worden (vgl. BAG, 18.5.1999, 9 AZR 515/98, AP Nr. 223 zu § 1 TVG - Tarifverträge: Bau <I 2 d d.Gr.>). Die Geltendmachung mit Schreiben vom 1. Dezember 1999 hat daher die Ausschlussfrist des § 80 Abs. 1 Satz 1 MTV-See hinsichtlich der Heueransprüche ab August 1999 gewahrt.

Nichts anderes ergibt sich aus der alternativ geltenden Ausschlussfrist des § 80 Abs. 1 Satz 2 MTV-See. Der Kläger hat vom 25. Februar 1999 bis 1. September 1999 ununterbrochen Borddienst geleistet (vgl. die Aufstellung gem. Anlage 1 zum Schreiben vom 1. Dezember 1999, Bl. 21 d.A.). Die Ausschlussfrist des § 80 Abs. 1 Satz 2 MTV-See ist damit am 7. September 1999 an- und am 30. November 1999 abgelaufen. Sie führt somit zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis als die Grund-Ausschlussfrist des § 80 Abs. 1 Satz 1 MTV-See, bei der es daher verbleibt.

Dem Kläger steht somit nur die Differenzheuer beziehungsweise Urlaubsheuer für die Zeit vom 1. August 1999 bis zum 31. Januar 2000 zu. Gemäß der Anlage 2 zum Schreiben vom 1. Dezember 1999 (Bl. 23 d.A.) sind das folgende Beträge:

 August 1999:1.089,10 DM
September 1999:1.156,14 DM
Oktober 1999:3.325,10 DM
November 1999:4.367,10 DM
Dezember 1999:4.388,10 DM
Hinzu kommen für - Januar 2000:4.388,10 DM
 8.713,64 DM = 9.568 € brutto

bb) Dagegen wird der Anspruch auf Feststellung des Urlaubs von der Ausschlussfrist des § 80 Abs. 1 MTV-See nicht erfasst. Im Heuerverhältnis verfallen Urlaubsansprüche nicht (§ 59 MTV-See). Ihre Erfüllung kann daher während des Bestands des - gegebenenfalls durch den Urlaub verlängerten - Heuerverhältnisses jederzeit verlangt werden. Bei dieser Sachlage findet vor Beendigung des Heuerverhältnisses die Ausschlussfrist keine Anwendung, weil ansonsten die Seeleute den Urlaub stets am Anfang eines Monats geltend machen müssten, um den Verfall zu verhindern. Dies entspricht nicht der Intention der Tarifvertragsparteien, die den Seeleuten abweichend von der gesetzlichen Regelung gerade einen eventuell auch über mehrere Jahre hinweg anzusammelnden, grundsätzlich nur in Freizeit zu erfüllenden Urlaubsanspruch einräumen wollen (vgl. BAG, 24.11.1992, 9 AZR 549/91, AP Nr. 23 zu § 1 BUrlG <3 d.Gr.>). Der Kläger hat mit Schreiben vom 1. Dezember 1999 und damit vor Beendigung des bis zum 19. April 2000 verlängerten Heuerverhältnisses den Urlaubsanspruch geltend gemacht, so dass dieser nicht verfallen ist.

5. Dem Kläger stehen Prozesszinsen in der geltend gemachten Höhe zu (§ 291, § 288 BGB).

C. Der Hilfsantrag ist nicht zur Entscheidung angefallen.

D. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 100 ZPO, § 17 b Abs. 2 Satz 2 GVG.

E. Der Wert des Berufungsverfahrens wurde für den Antrag auf Feststellung des Urlaubs auf 7.031,55 € (138 X 63,69 € abzügl. 20%), der für den Leistungsantrag in Höhe des bezifferten Antrages festgesetzt. Der erstinstanzliche Wert war wegen des Feststellungsantrags zu Ziffer 3), der in der Berufung nicht angefallen ist, höher zu bemessen.

F. Die Revision war für die Beklagte zu 3) zuzulassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG). Soweit die Klage abgewiesen worden ist, bestanden dagegen keine Gründe, die Revision zuzulassen (§ 72 Abs. 2 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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