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Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 18.03.2004
Aktenzeichen: 10 Sa 1990/04
Rechtsgebiete: BGB, NachwG
Vorschriften:
BGB § 202 | |
BGB § 305 c Abs. 1 | |
BGB § 307 Abs. 1 | |
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1 | |
NachwG § 2 |
2. Ein Verstoß gegen das Nachweisgesetz macht tatsächlich vereinbarte Vertragsbedingungen nicht (nachträglich) unwirksam.
3. Ein Ausländer, der nach mündlichem Abschluss des Arbeitsvertrages einen in deutscher Sprache geschlossenen, deutschem Recht unterfallenden Formulararbeitsvertrag unterschreibt, ohne auf einer Übersetzung zu bestehen, muss auch nicht zur Kenntnis genommene Ausschlussfrist dieses Formularvertrages gegen sich gelten lassen. Insofern steht er einem Vertragspartner gleich, der einen Vertrag ungelesen unterschreibt.
4. Eine Ausschlussfrist, die in einem Formularvertrag als eigener Untergliederungspunkt unter einer Regelung, die mit "Vergütung/Zahlungsweise" überschreiben ist, enthalten ist, ist keine Überraschungsklausel. Von einem Durchschnittsarbeitnehmer ist zu verlangen, dass er alles, was unter der Überschrift " Vergütung" im Arbeitsvertrag steht, vor Unterschrift zumindest überfliegt.
5. Einzelvertragliche Ausschlussfristen, die nur Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber erfassen, sind gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn nicht ausnahmsweise ein Ausgleich für den Arbeitnehmer durch andere Vorteile erfolgt.
6. Eine einstufige Ausschlussfrist von 3 Monaten, die mit Fälligkeit zu laufen beginnt, benachteiligt den Arbeitnehmer nicht unangemessen i.S. von § 307 Abs. 1 BGB, wenn davon nur Entgeltansprüche erfasst werden, die ausschließlich von der Anzahl der vom Arbeitnehmer geleisteten Stunden abhängen.
7. § 202 BGB steht einer einzelvertraglichen Ausschlussfrist, die nur alle wechselseitgen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erfasst, soweit sie die Vergütung betreffen, nicht entgegen.
LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
In dem Rechtsstreit
wegen sonstiges
hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 18. März 2005 durch
die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Spelge, den ehrenamtlichen Richter Herrn Schwarz, den ehrenamtlichen Richter Herrn Krawczyk für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 11.12.2004 - 2 Ca 574/03 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um restliches Arbeitsentgelt aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.
Der Kläger war vom 21.10.2002 bis zum 23.04.2003 bei der Beklagten, die die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung besaß, in deren Fleischveredelungsbetrieb beschäftigt. Die Parteien schlossen unter dem 21.10.2002 einen Arbeitsvertrag, auf dessen Inhalt (Bl. 66-68 d.A.) Bezug genommen wird. Zwischen ihnen ist streitig, ob der Vertragsschluss tatsächlich erst Mitte Dezember 2002 erfolgt und ob der Vertragsinhalt dem Kläger, der portugiesischer Staatsbürger und - wovon sich die Kammer im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18.03.2005, zu der ein Dolmetscher hinzugezogen wurde, überzeugen konnte - der deutschen Sprache nur unzulänglich mächtig ist, bei Vertragsschluss vollständig übersetzt worden ist. Es handelt sich um einen im Fachhandel erhältlichen Formulararbeitsvertrag für Leiharbeitnehmer (Arbeiter), den die Beklagte auf Empfehlung der Bundesagentur für Arbeit zur Grundlage des Arbeitsverhältnisses mit ihren gewerblichen Leiharbeitnehmern gemacht hatte. Der Vertrag enthält unter anderem folgende Klauseln:
§ 5 Vergütung/Zahlungsweise
a) Der Stundenlohn beträgt 7,85 €
b) Bei zulässiger Nachtarbeit wird ein Zuschlag je Stunde von 25%und bei zulässiger Sonn- und Feiertagsarbeit ein Zuschlag von 50/125% des vereinbarten Bruttolohnes gezahlt.
d) Jeweils freitags wird bar ein Abschlag gezahlt in Höhe von ---- % der wöchentlich zustehenden Vergütung. Bis zum 15. des Folgemonats erfolgt jeweils die Restauszahlung der monatlich zustehenden Gesamtvergütung. Maschinenschriftlich ist dieser Passage angefügt "s. Zusatz".
f) Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind nach Ablauf von drei Monaten nach Fälligkeit ausgeschlossen, es sei denn, sie werden innerhalb der genannten Frist geltend gemacht.
Der Vertrag enthält über den Unterschriften folgenden maschinenschriftlichen Zusatz:
zu § 5 d Jeweils zum 20. des Monats wird bar ein Abschlag in Höhe von 500,-- € gezahlt. Zum 10. des Folgemonats erfolgt jeweils die Restauszahlung der monatlich zustehenden Gesamtvergütung. ...
Die Beklagte rechnete das Arbeitsverhältnis mit Abrechnungen vom 06.02.2003, 07.03.2003, 07.04.2003 und 08.05.2003, auf die Bezug genommen wird (Bl. 10-13 d.A.),für die Monate Januar bis April 2003 ab. Grundlage der Abrechnungen waren die von Mitarbeitern der Entleiherfirma, bei der der Kläger eingesetzt war, erstellten Stundennachweise (Bl. 102-104 d.A.). Dabei rechnete die Beklagte gemäß Betriebsübung über die vertragliche Regelung hinaus für die nach 1.00 Uhr nachts geleistete Arbeit einen Zuschlag von 40%/Stunde ab. Das abgerechnete Nettoentgelt zahlte sie an den Kläger aus.
Der Kläger begehrt mit der am 08.09.2003 vor dem Arbeitsgericht Oldenburg erhobenen und der Beklagten am 19.09.2003 zugestellten Klage die aus der Berechnung in der Klagschrift (Bl. 1/R-2 d.A.) in Verbindung mit seinem Schriftsatz vom 09.02.2005 (Bl. 107-107/R d.A.) ersichtlichen weiteren Zahlungen für seine in den Monaten Januar bis April 2003 geleistete Arbeit sowie Entgeltfortzahlung.
Das Arbeitsgericht Oldenburg hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 01.10.2003 (Bl. 20 d.A.) an das Arbeitsgericht Osnabrück verwiesen. Dieses hat mit Urteil vom 11.11.2004 die Klage abgewiesen, weil der Kläger seine von ihm behaupteten Ansprüche nicht innerhalb der einzelvertraglich wirksam vereinbarten Ausschlussfrist geltend gemacht habe.
Gegen dieses ihm am 19.11.2004 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 09.12.2004 eingelegten und zugleich begründeten Berufung.
Der Kläger ist der Ansicht, die Ausschlussfrist sei eine unzulässige Überraschungsklausel. Er behauptet, der Arbeitsvertrag sei erst Mitte Dezember 2002 unterschrieben worden. Seine Bitte, den Vertrag mit nach Hause nehmen und sich übersetzen lassen zu können, sei abgelehnt worden. Ihm sei nur erklärt worden, wie viel er verdienen werde und wie lang die Arbeitszeit, die Urlaubsdauer und die Kündigungsfristen seien. Die Ausschlussfrist sei nicht angesprochen worden. Er meint, die Ausschlussfrist sei mit drei Monaten zu kurz bemessen. Darüber hinaus sei sie nichtig, weil sie die Haftung wegen Vorsatzes nicht ausnehme. Der Kläger behauptet, die ihm vorgelegten Stundennachweise seien von ihm sofort beanstandet worden.
Der Kläger beantragt zuletzt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.228,97 € brutto abzüglich gezahlter 3.716,28 € netto nebst Zinsen von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 19.09.2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte beruft sich darauf, dass die Ansprüche des Klägers mangels rechtzeitiger Geltendmachung verfallen seien. Die Ausschlussfrist sei wirksam vereinbart. Der Kläger habe durch seine Unterschrift das Angebot zum Abschluss des Arbeitsvertrages angenommen und seinen Bindungswillen gezeigt. Ihm sei der Arbeitsvertrag Schritt für Schritt erklärt worden. Überraschend sei die Ausschlussfrist schon deshalb nicht, weil der Arbeitsvertrag in Anlehnung an die Vorgaben der Bundesagentur für Arbeit konzipiert worden sei. Die Frist sei für leicht feststellbare Ansprüche wie die vorliegend vom Kläger verfolgten auch ausreichend lang bemessen.
Das vor dem Amtsgericht Bersenbrück unter dem Aktenzeichen 9 IN97/03 geführte Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten ist am 05.03.2004 mangels Masse eingestellt worden. Aus dem Gewerbebetrieb sind Forderungen über 168.000,-- € gegen die Beklagte tituliert. Die Beklagte hat die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Sie bestreitet ihren Lebensunterhalt derzeit durch den Bezug von Arbeitslosengeld II.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und somit zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, § 519, § 520 Abs. 3 ZPO). Sie ist jedoch unbegründet. Etwaige noch nicht erfüllte Entgeltansprüche des Klägers aus den Monaten Januar bis April 2003 sind verfallen, weil der Kläger die einzelvertraglich unter § 5 f) des Arbeitsvertrages vom 21.10.2002 vereinbarte, rechtswirksame Ausschlussfrist nicht gewahrt hat.
I. Der Kläger hat die streitbefangenen Forderungen erstmals mit der der Beklagten am 19.09.2003 zugestellten Klage schriftlich geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war die dreimonatige Ausschlussfrist, die mit der gemäß der Zusatzvereinbarung zu § 5 d des Arbeitsvertrages am 10. des Folgemonats eingetretenen Fälligkeit der Lohnansprüche begann und auch für die aus April 2003 herrührenden Lohnansprüche am 10.08.2003 verstrichen war, abgelaufen.
Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, dass er die Forderungen vor Klagerhebung in einer der Ausschlussfrist genügenden Weise geltend gemacht hat. Dazu reicht sein Vortrag, er habe die Stundennachweise der Beklagten sofort beanstandet, nicht aus. Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Dies braucht zwar nicht wörtlich, muss aber doch hinreichend klar geschehen. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung bestehen wird (BAG, 17.05.2001, 8 AZR 366/00, AP Nr. 2 zu § 70 BAT-O <II 3 b d.Gr.>). Eine Erklärung, aus der sich lediglich ergibt, der Arbeitnehmer sei mit seiner Vergütung nicht einverstanden, genügt zur Geltendmachung nicht (BAG, 05.04.1995, 5 AZR 961/93, AP Nr. 130 zu § 4 TVG - Ausschlussfristen <2 b d. Gr.>). Der Kläger hätte daher darlegen müssen, dass er bei Empfang der Lohnabrechnung oder der Stundennachweise zumindest bemängelt hat, ein bestimmter Lohnbestandteil fehle und so diesen Anspruch hinreichend mündlich geltend gemacht hat, was nach der Ausschlussfrist des § 5 f) des Arbeitsvertrages zur Wahrung dieser Frist ausgereicht hätte (vgl. BAG, 20.02.2001, 9 AZR 46/00, AP Nr. 11 zu § 1 TVG Tarifverträge - Gaststätten <II 3 a d.Gr.>). Das ist nicht geschehen. Darüber hinaus ist er für seine Behauptung, er habe die Stundenabrechnungen beanstandet, beweisfällig.
II. Die Ausschlussfrist hält einer Kontrolle am Maßstab der §§ 305 ff BGB stand.
1. Der Arbeitsvertrag ist nach dem 01.01.2002 geschlossen und unterfällt daher gemäß Art. 229 § 5 EGBGB den §§ 305 ff. BGB in der seit dem 01.01.2002 geltenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 29.11.2001 (BGBl. I, S. 3138). § 5 f) des Arbeitsvertrages ist eine Vertragsbedingung, die die Beklagte unter Verwendung eines Formulararbeitsvertrages für eine Vielzahl von Verträgen mit den bei ihr beschäftigten Leiharbeitnehmern vorformuliert hat. Durch Vorlage des Vertrages hat sie die Einbeziehung der Klausel verlangt. § 5 f des Arbeitsvertrages ist damit eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB).
2. Die Ausschlussfrist ist Bestandteil des Arbeitsvertrages der Parteien geworden.
a) Es kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass dieser angesichts seiner unzureichenden Kenntnisse der deutschen Sprache die Vertragsbedingungen einschließlich der Ausschlussfrist nicht verstanden hat. Ungeachtet dessen war die Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger vor Unterzeichnung eine Übersetzung des Vertrages zukommen zu lassen.
aa) Die Bestimmung des § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB, die den Verwender verpflichtet, der anderen Vertragspartei die Möglichkeit zu verschaffen, in zumutbarer Weise vom Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingung Kenntnis zu nehmen, gilt im Arbeitsrecht gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 2. Hs. BGB ausdrücklich nicht. Der Gesetzgeber hat dies damit begründet, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach dem Nachweisgesetz die wesentlichen Vertragsbestimmungen auszuhändigen habe (BTDs 14/6857, S. 54), seiner Auffassung nach also für eine Einbeziehungskontrolle nach § 305 Abs. 2 und Abs. 3 BGB kein Bedürfnis bestand. Diese Annahme ist unzutreffend. § 305 Abs. 2 BGB und das Nachweisgesetz verfolgen unterschiedliche Regelungsziele und haben deshalb auch gänzlich andere Rechtsfolgen.
Das Nachweisgesetz setzt die Nachweisrichtlinie 91/533/EWG in nationales Recht um. Diese Richtlinie gebietet es nicht, tatsächlich getroffene Vertragsbestimmungen bei unzureichender schriftlicher Fixierung (nachträglich) als unwirksam anzusehen (vgl. EuGH, 08.01.2001, Rs C-350/99, AP Nr. 4 zu § 2 NachwG - Lange <Rz. 27, 29>). Das Nachweisgesetz will in Umsetzung dieser Richtlinie durch die Verpflichtung zur schriftlichen Fixierung der bereits getroffenen wesentlichen Vertragsabreden lediglich Rechtssicherheit und -klarheit im Rechtsverkehr schaffen (BTDs. 13/668, S. 8) und dient damit der Beweissicherung. Es enthält lediglich eine nicht konstitutive Formvorschrift für arbeitsvertragliche Abreden (ErfK-Preis, 5. Aufl., 2005, Einf. NachwG, Rz. 7). Über die Nachweisrichtlinie hinausgehende Regelungsziele verfolgt das Nachweisgesetz nicht. Ein Verstoß gegen das Nachweisgesetz macht daher tatsächlich vereinbarte Vertragsbedingungen nicht unwirksam (vgl. BAG, 21.08.1997, 5 AZR 713/96, AP Nr. 1 zu § 4 BBiG <II 2 b d.Gr.>).
Demgegenüber soll die Einbeziehungsregelung des § 305 Abs. 2 BGB die Möglichkeit der Selbstbestimmung des mit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung konfrontierten Vertragspartners bei der Einbeziehung dieser Bestimmung sicherstellen (Däubler-Dorndorf, AGB-Kontrolle, § 305, Rz. 39). Verstöße gegen § 305 Abs. 2 BGB führen deshalb dazu, dass die Vertragsbestimmung, die der Vertragspartner nicht hinreichend zur Kenntnis hat nehmen können, nicht Vertragsbestandteil wird und sich der Vertrag insoweit nach dem Grundsatz des Verbotes der geltungserhaltenden Reduktion nach den gesetzlichen Vorschriften richtet (§ 306 Abs. 2 BGB).
Ungeachtet der von falschen rechtlichen Voraussetzungen ausgehenden Begründung des Gesetzgebers ist die Kammer an den eindeutigen Gesetzeswortlaut und Willen des Gesetzgebers gebunden. Der in Art. 20 Abs. 2 GG enthaltene Grundsatz der Gewaltenteilung schließt es aus, dass die Gerichte Befugnisse beanspruchen, die von der Verfassung dem Gesetzgeber übertragen sind. Den Gerichten ist lediglich die Rolle des Normanwenders zugewiesen, die Normsetzung ist ihnen grundsätzlich untersagt. Die Gerichte haben sich daher bei der Auslegung von Gesetzen darauf zu beschränken, den vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck des Gesetzes zur Geltung zu bringen (BVerfG, 12.11.1997, 1 BvR 479/92, 1 BvR 307/94, BVerfGE 96, 375 <B I 2 a>). Jede Auslegung findet dort ihre Grenzen, wo sie mit dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzes in Widerspruch tritt (BVerfG, 07.04.1997, 1 BvL 11/96, AP Nr. 11 zu Art. 100 GG <II 1 d.Gr.> m.w.N.; BAG, 18.02.2003, 1 ABR 2/02, AP Nr. 12 zu § 611 BGB Arbeitsbereitschaft <B IV3 b dd (1) d.Gr.>). Eine analoge Anwendung des § 305 Abs. 2 BGB für die Frage, ob Allgemeine Geschäftsbedingungen Vertragsinhalt geworden sind, ist daher nicht möglich (ErfK-Preis, a.a.O., § 305-310 BGB, Rz 29; Däubler-Dorndorf, a.a.O., Rz. 40 f.). Die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Arbeitsrecht bestimmt sich deshalb allein nach §§ 145 ff. BGB.
bb) Durch seine Unterschrift unter das Vertragsformular hat der Kläger das Angebot der Beklagten zum Abschluss eines Arbeitsvertrages unter den in diesem Formular geregelten Bedingungen einschließlich der Ausschlussfrist vorbehaltlos angenommen. Diese ist daher Vertragsbestandteil geworden.
Die Parteien haben die deutsche Sprache als Verhandlungs- und Vertragssprache gewählt. Der Kläger hat deshalb mit seiner Unterschrift den gesamten deutschsprachigen Vertragsinhalt einschließlich der Ausschlussfrist akzeptiert. Der Kläger, der sich selbst keine Übersetzung des Vertrages vor Unterzeichnung verschafft hat, muss auch den nicht zur Kenntnis genommenen Text des Vertrages gegen sich gelten lassen (vgl. BGH, 10.03.1983, VII ZR 302/82, BGHZ 87, 112 <I 1 d.Gr.>). Seine Rechtsstellung entspricht der eines Vertragspartners, der bewusst eine Urkunde ungelesen unterschreibt, bei Unterschrift also weiß, dass er die Vertragsbedingungen im einzelnen nicht kennt (vgl. BGH, 27.10.1994, IX ZR 168/93, NJW 1995, S. 190 <II 1 b d.Gr.>). Es kann deshalb dahinstehen, ob - wie der Kläger behauptet - seine Bitte, den Vertrag zur Übersetzung mit nach Hause nehmen zu dürfen, abgelehnt und bei der durch einen Arbeitnehmer der Beklagten vor Ort erfolgten Übersetzung die Ausschlussfrist nicht angesprochen worden ist. Nach dem Vortrag des Klägers ist der Vertrag erst im Dezember 2002 und damit während des bereits seit etwa zwei Monten bestehenden Arbeitsverhältnisses unterzeichnet worden. Bei dieser Sachlage war es ihm zuzumuten, die Unterschrift zunächst zu verweigern und vor Leistung der Unterschrift eine Vertrauensperson, die der deutschen Sprache mächtig ist und ihm den Vertrag übersetzen konnte, hinzuziehen. Da er dies nicht getan hat, muss er die Vertragsbedingungen einschließlich der Ausschlussfrist gegen sich gelten lassen.
cc) Die Beklagte hat auch nicht gegen das Nachweisgesetz verstoßen. Der Arbeitgeber ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG verpflichtet, auf eine allein kraft einzelvertraglicher Vereinbarung geltende Ausschlussfrist als wesentliche Vertragsbedingung ausdrücklich in der Niederschrift hinzuweisen (BAG, 17.04.2002, 5 AZR 89/01, AP Nr. 6 zu § 2 NachwG <III 2 d.Gr.>). Das ist hier durch Übergabe eines in deutscher Sprache verfassten Vertragsexemplars geschehen. Aus dem Zweck des Nachweisgesetzes, die tatsächlich vereinbarten Arbeitsbedingungen mit der für den Rechtsverkehr erforderlichen Sicherheit zu dokumentieren, folgt zugleich, dass bei einem in deutscher Sprache geschlossenen, deutschem Recht unterfallenden Arbeitsvertrag der Nachweispflicht durch Übergabe eines deutschsprachigen Nachweises genügt ist. Bereits dieser Nachweis ermöglicht den ebenfalls deutschsprachigen Teilnehmern des Rechtsverkehrs die Feststellung des Vertragsinhaltes. Dem Sinn und Zweck des Nachweisgesetzes ist damit Genüge getan (vgl. ErfK-Preis, a.a.O., § 2 NachwG, Rz. 4).
Ob der Kläger den Arbeitsvertrag bereits im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Vertragsschluss oder, wie er behauptet, erst Mitte Dezember 2002 unterschrieben und erhalten hat, ist unerheblich. Im Zeitpunkt der Fälligkeit sämtlicher streitbefangener Forderungen hatte die Beklagte jedenfalls ihrer Nachweispflicht genügt. Der Kläger war im Besitz eines Vertragsexemplars.
Darüber hinaus wäre selbst bei einem Verstoß gegen das Nachweisgesetz die Ausschlussfrist wirksam vereinbart. Nach Vorlage des von beiden Seiten unterschriebenen Vertragsexemplars im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht durch die Beklagte (Bl. 50 d.A.) ist unstreitig geworden, dass in diesem Vertrag die Ausschlussfrist des § 5 f) enthalten war. Wie bereits ausgeführt, ist die Einhaltung der Vorschriften des Nachweisgesetzes nicht Wirksamkeitsvoraussetzung der nachzuweisenden Vertragsbestimmung. Daran hat sich durch die von falschen rechtlichen Voraussetzungen ausgehende Begründung des Gesetzgebers zur Nichtgeltung des § 305 Abs. 2 BGB im Arbeitsrecht im Hinblick auf das eindeutige Regelungsziel des Nachweisgesetzes nichts geändert (ErfK-Preis, a.a.O., § 305-310 BGB, Rz. 31; ErfK-Preis, a.a.O., Einf. NachwG, Rz. 8; Däubler-Dorndorf, a.a.O., § 305, Rz. 44).
b) Die Ausschlussfrist des § 5 f) des Arbeitsvertrages ist auch keine überraschende Klausel i.S. § 305 c Abs. 1 BGB.
aa) Eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild, so ungewöhnlich ist, dass der Vertragspartner mit ihr nicht zu rechnen braucht (§ 305 c Abs. 1 BGB), liegt dann vor, wenn ihr ein Überrumpelungseffekt innewohnt. Sie muss eine Regelung enthalten, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und mit der dieser den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Die Erwartungen des Vertragspartners werden von den allgemeinen und individuellen Begleitumständen des Vertragsschlusses bestimmt. Zu ersteren zählen etwa der Grad der Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht und die für den Geschäftskreis übliche Gestaltung, zu letzteren etwa der Gang und der Inhalt der Vertragsverhandlungen und der äußere Zuschnitt des Vertrages. Auch der ungewöhnliche äußere Zuschnitt der Klausel, ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle, kann deshalb die Bestimmung zu einer ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen. Generell kommt es dabei nicht auf den Kenntnisstand des einzelnen Vertragspartners, sondern auf die Erkenntnismöglichkeit des für derartige Verträge zu erwartenden Personenkreises an. Anderes gilt aber, wenn sich die enttäuschte Erwartung des Vertragspartners gerade auf individuelle Umstände bei Vertragsschluss stützt (BGH, 30.10.1987, V ZR 174/86, BGHZ 102, 152 <II 2 b aa (2) d.Gr.>; BGH, 17.05.1982, VII ZR 316/81, BGHZ 84,109 <II 2 a d.Gr.>; BAG, 29.11.1995, 5 AZR 447/94, AP Nr. 1 zu § 3 AGB-Gesetz <II 3 d.Gr.>; BAG, 27.04.2000, 8 AZR 286/99, AP Nr. 1 zu § 765 BGB <I 5 b d.Gr.>).
bb) An diesem Maßstab gemessen, ist die Ausschlussfrist des § 5 f) des Arbeitsvertrages der Parteien keine Überraschungsklausel.
(1) Die Vereinbarung einer Ausschlussfrist in einem Arbeitsvertrag ist im Arbeitsleben weit verbreitet. Deshalb hat jeder Arbeitnehmer grundsätzlich damit zu rechnen, dass ein vom Arbeitgeber vorgefertigtes Regelwerk, welches Bestandteil seines Arbeitsverhältnisses werden soll, eine solche Verfallklausel beinhaltet (BAG, 13.12.2000, 10 AZR 168/00, AP Nr. 2 zu § 241 BGB <II 1 d bb d.Gr.>).
(2) Die Ausschlussfrist steht auch nicht mit dem äußeren Zuschnitt des Vertrages in Widerspruch. Anders als in dem vom BAG am 29.11.1995 entschiedenen Fall (AP Nr. 1 zu § 3 AGB-Gesetz) ist die Ausschlussfrist unmittelbar im Vertrag selbst enthalten. Sie steht zwar nicht, wie vielfach üblich, am Ende des Vertrages in einer gesonderten Klausel mit der Überschrift "Ausschlussfrist" oder "Verfallklausel". Sie ist jedoch als eigener Untergliederungspunkt mit derselben Schriftgröße wie der Rest des Vertrages unter § 5 "Vergütung/Zahlungsweise" aufgeführt. Da die möglichen Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber weit überwiegend aus dem Bereich des Entgelts herrühren, gehört die Ausschlussfrist für den durchschnittlichen Arbeitnehmer in diesen Regelungszusammenhang und ist nicht unter einer falschen oder irreführenden Überschrift "versteckt". Dass die konkrete Ausgestaltung der Ausschlussfrist jedenfalls für Arbeitsverhältnisse mit Leiharbeitnehmern üblich ist, ergibt sich schon daraus, dass die Beklagte die Ausschlussfrist - wie den gesamten Vertrag - nicht selbst formuliert, sondern einen über den Fachhandel vertriebenen, urheberrechtlich geschützten Musterarbeitsvertrag für diesen Personenkreis verwendet hat, der zudem von der Bundesagentur für Arbeit als Vertragsgrundlage empfohlen worden ist.
Die mühelos lesbare Ausschlussfrist ist damit drucktechnisch so angebracht, dass eine Kenntnisnahme durch den durchschnittlich aufmerksamen Leiharbeitnehmer zu verlangen ist, wenn dieser - was von ihm zu erwarten ist -alles, was unter der Überschrift "Vergütung" im Arbeitsvertrag steht, zumindest überfliegt, bevor er ihn unterschreibt. Dann muss ihm dabei auch die Ausschlussfrist auffallen (vgl. BGH, 21.11.1991, IX ZR 60/91, NJW 1992, S. 1234 <II 2 a d.Gr.>).
(3) Für die Annahme, der Kläger habe aus Gang und Inhalt der Vertragsverhandlungen entnehmen können, der Arbeitsvertrag enthalte keine Ausschlussfrist, fehlt jeder Anhaltspunkt.
3. Die Ausschlussfrist unter § 5 f) des Arbeitsvertrages ist auch klar und verständlich formuliert und genügt damit dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Insbesondere macht sie mit der Formulierung "Ansprüche sind ausgeschlossen" auch hinreichend deutlich, welche Folgen bei Versäumung der Frist eintreten (vgl. Däubler-Dorndorf, a.a.O., § 305 c BGB, Rz. 37).
4. Die Ausschlussfrist des § 5 f) des Arbeitsvertrages der Parteien erfasst sowohl Ansprüche des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers und benachteiligt daher den Kläger nicht unangemessen i.S. von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
a)Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Dies ist zu bejahen, wenn rechtlich anerkannte Interessen des Arbeitnehmers beeinträchtigt werden, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sind oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen werden. Die beiden Positionen sind umfassend zu würdigen. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt (BAG, 04.03.2004, 8 AZR 196/03, AP Nr. 3 zu § 309 BGB <B III 2 d.Gr.>; BGH, 03.11. 1999, VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 104 <II 3 d.Gr.>).
Eine einzelvertragliche Ausschlussfrist, die nur Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber erfasst, begünstigt den Arbeitgeber einseitig, ohne dass dafür berechtigte Interessen erkennbar sind. Sie ist daher gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn nicht ausnahmsweise ein Ausgleich für den Arbeitnehmer durch andere Vorteile erfolgt (vgl. Lakies, NZA 2004, S. 569 <574>; ebenso zur Rechtslage vor dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts: BAG, 24.03.1988, 2 AZR 630/87, AP Nr. 1 zu § 241 BGB <II 2 b bb d.Gr.>; BGH, 12.10.1979, I ZR 166/78, BGHZ 75, 218 <II 2 d.Gr.>).
b) Die Auslegung des § 5 f) des Arbeitsvertrages der Parteien ergibt jedoch, dass diese Frist auch Ansprüche der Beklagten als Arbeitgeberin gegen den Kläger erfasst.
aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind Vertragsbedingungen, die nach den für §§ 133, 157 BGB entwickelten Maßstäben von der Verständnismöglichkeit des rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittsarbeitnehmers so auszulegen sind, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (Däubler-Dorndorf, a.a.O., § 305 c, Rz. 29 m.w.N.).
bb) Danach sind von § 5 f) des Arbeitsvertrages alle wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis, soweit sie die Vergütung betreffen, erfasst. Das folgt daraus, dass die im praktischen Arbeitsleben häufigsten Ansprüche des Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer gerade bei den, wie auch der vorliegende Fall zeigt, oft nur sehr kurz bestehenden Arbeitsverhältnissen mit Leiharbeitnehmern solche auf Rückerstattung von Lohnüberzahlungen und Vorschüssen sind. Die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines Abschlages ist unter § 5 d des Vertrages geregelt. Wenn im unmittelbaren Zusammenhang damit eine Ausschlussfrist vereinbart ist, kann dies von typischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern aus der Leiharbeitsbranche, die sich um redliches, auch die berechtigten Interessen des Vertragspartners berücksichtigendes Verhalten bemühen, nur so verstanden werden, dass auch die Ansprüche der Beklagten gegen den Kläger der Ausschlussfrist unterliegen. Wegen dieses eindeutigen Auslegungsergebnisses kommt die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB nicht zur Anwendung.
5. Die Ausschlussfrist benachteiligt auch durch ihre Länge von drei Monaten den Kläger nicht unangemessen i.S. von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
a) Gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Dies knüpft an den Gedanken an, dass den Vorschriften des dispositiven Rechts bei der Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Ordnungs- und Leitbildfunktion zukommt (BGH, 21.12.1983, VIII ZR 195/82, BGHZ 89, 206 <I 3 a d.Gr.>). Ausschlussfristen führen zu einer Verjährungserleichterung (MK-Grothe, 4. Aufl., 2003, § 202, Rz. 5), die sich am Leitbild des gesetzlichen Verjährungsrechts messen lassen muss (Palandt-Heinrichs, BGB, 62. Aufl., 2003, § 202, Rz. 8 und § 307, Rz. 25 f.; ErfK-Preis, a.a.O., §§ 194-218 BGB, Rz. 50).
Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden im Arbeitsverhältnis. Innerhalb einer bestimmten Frist soll Klarheit zwischen den Beteiligten geschaffen werden, ob noch Ansprüche aus ihren Rechtsbeziehungen erhoben werden. Der Gläubiger soll angehalten werden, die Begründetheit und die Erfolgsaussichten seiner Ansprüche zu überprüfen. Er soll daher den Schuldner innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist darauf hinweisen, ob und welche Ansprüche im einzelnen nach seiner Meinung noch bestehen. Der Schuldner soll sich auf die aus Sicht des Gläubigers noch offene Forderung einstellen, Beweise sichern oder - bei hohen Summen - vorsorglich Rücklagen bilden können. Er soll sich darauf verlassen können, nach Ablauf der Frist nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (BAG, 19.03.2003, 10 AZR 597/01, EzA § 717 ZPO 2002 Nr. 1 <II 2 c d.Gr.>, BAG, 20.02.2001, 9 AZR 46/00, AP Nr. 11 zu § 1 TVG - Tarifverträge: Gaststätten <II 3 a d.Gr.>). Dieser Regelungszweck entspricht dem der Verjährungsvorschriften, die ungeachtet ihrer Ausgestaltung als rechtshemmende Einrede de facto zu einem Forderungsverlust führen. Sie tragen dem Umstand Rechnung, dass es um so schwieriger wird, zuverlässige Feststellungen über die für die Rechtsbeziehungen der Parteien maßgebenden Tatsachen zu treffen, je weiter diese zurückliegen. Die Verjährung soll den Schuldner davor schützen, wegen länger zurückliegender Vorgänge beansprucht zu werden, die er nicht mehr aufklären kann, weil ihm die Beweismittel für etwa begründete Einwendungen abhanden gekommen oder Zeugen nicht mehr auffindbar sind. Andererseits soll der Gläubiger noch ausreichend Zeit haben, um Ansprüche wirksam und rechtzeitig geltend machen zu können. Schließlich soll den Parteien auch genügend Zeit für eine gütliche Einigung bleiben (BTDs. 14/6040, S. 100; BGH, 20.04.1993, X ZR 67/92, BGHZ 122, 241 <2 d.Gr.>).
b) Lohnansprüche des Arbeitnehmers verjähren gemäß § 195 BGB in drei Jahren, wobei diese Frist erst mit dem 31.12. des Jahres beginnt, in dem er Kenntnis von diesen Ansprüchen erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen, § 199 Abs. 1 BGB. Die streitbefangenen Forderungen wären demnach erst am 31.12.2006 verjährt. Diese Frist ist durch die Regelung in § 5 f) des Arbeitsvertrages auf drei Monate und damit auf etwa 1/15 reduziert worden. Diese Verkürzung führt jedoch zu keiner unangemessenen Benachteiligung des Klägers i.S. § 307 BGB.
aa) Verjährungserleichternde Vereinbarungen sind auch nach dem neuen Schuldrecht zulässig, das gerade die Vertragsfreiheit im Verjährungsrecht stärken wollte (Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 202, Rz. 8; MK-Grothe, a.a.O., Rz. 2; BTDs. 14/6040, S. 110). Die vom Bundesrat vorgeschlagene Mindestverjährungsfrist von einem Jahr (BTDs. 14/6857, S. 7) ist nicht Gesetz geworden, weil eine angemessene Frist für alle denkbaren Fällen unter Beachtung der Vertragsfreiheit nicht festgelegt werden kann (BTDs 14/6857, S. 7).
Für die Angemessenheit von einzelvertraglich vereinbarten Ausschlussfristen ist in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zur Verkürzung der sechsmonatigen Verjährungsfristen nach §§ 477, 638 Abs. 1 BGB, § 26 AGNB (BGH, 19.05.1988, I ZR 147/86, NJW 1988, S. 2888; BGH, 20.04.1993, X ZR 67/92, BGHZ 122, 241 <3 b d.Gr.>) ausschlaggebend, ob durch sie ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an schneller Klärung von Ansprüchen des Arbeitnehmers gegen ihn verfolgt oder ob der Arbeitnehmer durch die Kürze der Ausschlussfrist dazu gezwungen wird, ohne abschließende Klärung der Sach- und Rechtslage voreilig Klage zu erheben beziehungsweise ob dadurch die Durchsetzung von Ansprüchen des Arbeitnehmers praktisch ausgeschlossen wird (vgl. ErfK-Preis, a.a.O., §§ 194-218 BGB, Rz. 49).
bb) Der Kläger hat einen Stundenlohn erhalten, wobei für Nachtarbeit ein Zuschlag von 25 % beziehungsweise ab 1.00 Uhr nachts von 40% zu zahlen war. Ausschließlich eine solche Vergütung sieht der von der Beklagten für ihre gewerblichen Leiharbeitnehmer verwandte Arbeitsvertrag vor. Eine Akkord- oder Prämienentlohnung ist in diesem Vertrag nicht geregelt. Für ausschließlich vom Zeitfaktor abhängige Entgeltansprüche wie die vom Arbeitsvertrag der Parteien erfassten und vom Kläger vorliegend verfolgten ist eine dreimonatige Ausschlussfrist angemessen. Es ist dem Arbeitnehmer in diesem Zeitraum ohne weiteres möglich, seine Ansprüche anhand seiner eigenen Aufzeichnungen mit den ihm ausgezahlten Lohn zu vergleichen und festgestellte Differenzen geltend zu machen. Der Zeitraum von drei Monaten reicht auch aus, um eine gütliche Einigung zu erreichen, ohne Druck zur Klagerhebung auszuüben. Eine Ausschlussfrist von drei Monaten behindert damit die Rechtsverfolgung durch den Arbeitnehmer bei der Durchsetzung von restlichen Entgeltansprüchen nicht.
Demgegenüber hat die Beklagte als Arbeitgeberin ein erhebliches Interesse daran, dass die von ihr verliehenen Arbeitnehmer ihr gegenüber schnell vermeintliche Entgeltdifferenzen geltend machen. Anders als in einem normalen Arbeitsverhältnis sind hier insgesamt drei Parteien bei der Durchführung des Arbeitsverhältnisses beteiligt, neben dem Kläger und der Beklagten als Verleiherin nämlich noch der Entleiher. Die Beklagte kann die Arbeitsleistung der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer deshalb nicht selbst kontrollieren, sondern ist wie im vorliegenden Fall auf die Aufzeichnungen des Entleihers angewiesen, um die Berechtigung von Forderungen nach Differenzentgelt überprüfen zu können. Sie ist daher darauf angewiesen, in möglichst kurzer Zeit über Entgeltdifferenzen informiert zu werden, um noch Ansprechpartner zu finden, die zur Klärung der Lohnansprüche des Arbeitnehmers bereit und in der Lage sind. Gerade im Fleischveredelungsgewerbe ist im Hinblick auf die aktuelle Situation die Fluktuation der als Zeugen in Frage kommenden, zum größten Teil ausländischen Beschäftigten äußerst hoch.
Insgesamt stellt damit eine Ausschlussfrist von drei Monaten in der vorliegenden Konstellation einen angemessenen Ausgleich der beiderseitigen Interessen der Vertragspartner dar (i.E. wohl ebenso ErfK-Preis, a.a.O., §§ 194-218 BGB, Rz. 49; Däubler-Dorndorf, a.a.O., § 310 BGB, Rz. 102; a.A. Lakies, NZA 2004, S. 569 <574>).
6. Schließlich ist die Ausschlussfrist des § 5 f) des Arbeitsvertrages auch nicht deshalb unwirksam, weil sie auch Ansprüche aus vorsätzlicher Schädigung umfassen würde, über die gemäß § 202 Abs. 1 BGB keine haftungserleichternde Vereinbarung möglich ist.
Nach § 202 Abs. 1 BGB kann die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Damit soll das Aushöhlen der Wertungsaussage des § 276 Abs. 3 BGB, wonach dem Schuldner die Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus erlassen werden kann, verhindert werden (BTDs. 14/6040, S. 110). Das Arbeitsgericht Stralsund (Urteil vom 27.04.2004, 5 Ca 577/03, DB 2004, S. 1368) hat daraus geschlossen, dass in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Ausschlussfristen, die nicht ausdrücklich Schadenersatzansprüche ausnehmen, wegen Verstoßes gegen das in § 202 Abs. 1 BGB verkörperte Leitbild unwirksam nach § 307 Abs. 1 BGB und zudem nichtig gemäß § 134 BGB sind (zustimmend Matthiessen/Shea, DB 2004, S. 1366; ebenso Nägele/Chwalisz, MDR 2002, S. 1341 <1343>).
Zwar sind Ausschlussfristen Verjährungserleichterungen und Verjährungserleichterungen wiederum Haftungsbegrenzungeni.S. des § 202 Abs. 1 BGB. Die Ausschlussfrist des § 5 f) des Arbeitsvertrages der Parteien umfasst jedoch - wie unter II 4 b bb) der Gründe ausgeführt - nur alle wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis, soweit sie die Vergütung betreffen, nicht aber auf vorsätzliche Schädigung gestützte Schadenersatzansprüche. § 202 Abs. 1 BGB ist daher nicht verletzt.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 BGB
IV. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG n.F.) zuzulassen. Auf die anliegende Rechtsmittelbelehrung wird hingewiesen.
Ende der Entscheidung
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