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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschluss verkündet am 17.05.2002
Aktenzeichen: 10 TaBV 22/02
Rechtsgebiete: Richtlinie 93/104/EG v. 23.11.1993, ArbZG, DRK-TV


Vorschriften:

Richtlinie 93/104/EG v. 23.11.1993 Art. 2 Ziffer 1)
ArbZG § 2 Abs. 1
DRK-TV § 14
1.

Die Richtlinie 93/104/EG des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung vom 23.11.1993 erfasst auch den Rettungsdienst.

2.

Die Auslegung des Arbeitszeitbegriffs in Art. 2 Ziffer 1) der Richtlinie 93/104/EG durch den EuGH in seinem Urteil vom 03.10.2000 (Rs. C-303/98, AP Nr. 2 zu EWG-Richtlinie Nr. 93/104-Simap) ist für die nationalen Gerichte der Mitgliedsstaaten bindend. Art. 2 Ziffer 1) der Richtlinie 93/ 104/EG erlaubt keine Abweichung von der gemeinschaftsweiten Definition der Arbeitszeit in der Auslegung des EuGH durch den nationalen Gesetzgeber.

3.

Der von den Arbeitnehmern in Form persönlicher Anwesenheit in der Rettungswache erbrachte Bereitschaftsdienst unterfällt dem Begriff der Arbeitszeit in Art. 2 Ziffer 1) der Richtlinie 93/104/EG in ihrer Auslegung durch den EuGH, weil die Arbeitnehmer in der Wahl ihres Aufenthaltsortes auf die Rettungswache beschränkt sind und dem Arbeitgeber uneingeschränkt zur Verfügung stehen.

4.

§ 2 Abs. 1 S. 1 1. Halbsatz ArbZG ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass Bereitschaftsdienst, der in Form persönlicher Anwesenheit in der Rettungswache geleistet werden muss, als Arbeitszeit anzusehen ist. Der Wortlaut des § 2 Abs. 1 S. 1 1. Alternative ArbZG ermöglicht diese nach dem Zweck des Arbeitszeitgeseztes gebotene, das Ziel der Richtlinie 93/104/EG allein gewährleistende Auslegung. Der das Ziel der Richtlinie 93/104/EG partiell verkennende gesetzgeberische Wille, den Bereitschaftsdienst der Ruhezeit zuzuordnen, steht einer vom Wortlaut des nationalen Rechts noch gedeckten Auslegung im Lichte des Zwecks der Richtlinie nicht entgegen, weil anzunehmen ist, dass der Gesetzgeber den Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit am Arbeitsplatz der Arbeitszeit zugeordnet hätte, wenn er das Regelungsziel der Richtlinie 93/104/EG erkannt hätte.

5.

Die höchst zulässige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit beträgt 48 Stunden unter Einrechnung des Bereitschaftsdienstes.

6.

Aus der arbeitszeitrechtlichen Einordnung des Bereitschaftsdienstes aufgrund der Regelung in Art. 2 Ziffer 1) Richtlinie 93/104/EG können keine Rückschlüsse auf die vergütungsrechtliche Behandlung des Bereitschaftsdienstes gezogen werden.


Landesarbeitsgericht Niedersachsen

10 TaBV 22/02

Verkündet am: 17. Mai 2002

BESCHLUSS IM NAMEN DES VOLKES

In dem Beschlussverfahren

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen aufgrund der Anhörung am 17. Mai 2002 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Spelge und die ehrenamtlichen Richter Wolter und Niemeier

beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lingen vom 06.12.2001 - 3 BV 8/01 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

A. Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs.

Der Beteiligte zu 1) betreibt eine Rettungswache. Er ist nicht tarifgebunden. Mit den einzelnen bei ihm beschäftigten Arbeitnehmern hat er einzelvertraglich die Geltung des Tarifvertrages über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes (DRK-TV) vereinbart. Dessen § 14 sieht unter anderem vor:

(1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 38,5 Stunden wöchentlich. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von bis zu einem Jahr zu Grunde zu legen.

(2) Die regelmäßige Arbeitszeit kann verlängert werden.

a) bis zu zehn Stunden täglich (durchschnittlich 49 Stunden wöchentlich), wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens zwei Stunden täglich fällt,

b) bis zu elf Stunden täglich (durchschnittlich 54 Stunden wöchentlich), wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens drei Stunden täglich fällt,

c) bis zu zwölf Stunden täglich (durchschnittlich 60 Stunden wöchentlich), wenn der Mitarbeiter lediglich an der Arbeitsstelle anwesend sein muss, um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten.

...

(5) Der Mitarbeiter ist verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst). Der Arbeitgeber darf Bereitschaftsdienst nur anordnen, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt.

Der Beteiligte zu 2) ist der beim Beteiligten zu 1) gebildete Betriebsrat.

Die Beteiligten konnten keine Einigung über ein Dienstplanmodell erzielen. Die deswegen angerufene Einigungsstelle fällte am 14. August 2001 einen Spruch, auf den Bezug genommen wird (Bl. 10-18 d.A.), mit folgendem Inhalt:

Dem Dienstplan sind folgende Rahmenbedingungen zugrunde zu legen:

1. Die wöchentliche, durchschnittliche Höchstarbeitszeit in Form von persönlicher Anwesenheit am Arbeitsplatz wird dienstplanmäßig auf max. 48 Stunden beschränkt.

In der vorgenannten Arbeitszeit können Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst enthalten sein. Bereitschaftsdienst darf nur in den Nachtschichten in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr von Montag bis Samstag 24.00 Uhr angeordnet werden, ausgenommen Wochenfeiertage. Es dürfen nicht mehr als 7 Bereitschaftsdienste pro Monat angeordnet werden.

2. Der Ausgleichszeitraum beträgt 12 Monate. Er beginnt am 01.09. des Kalenderjahres und endet am 31.08. des Folgejahres. Die Arbeitszeitkonten der Mitarbeiter werden jeweils am 01.09. auf 0 gesetzt. Plusstunden werden als Überstunden gewertet und ausbezahlt. Minusstunden verfallen zu diesem Zeitpunkt, ausgenommen die vom Arbeitnehmer verschuldeten Minusstunden.

3. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit werden für Rettungswagen und Notarzteinsatzfahrzeuge in dienstplanmäßigen Schichten festgelegt, die an der Rettungsmittelbedarfsplanung orientiere sind. Es wird auf Fahrzeuge mit einer Besetzungspflicht von mehr als 12 Stunden ein Zweischichtsystem eingeführt, bei dem eine Schichtanwesenheit von 12 Stunden nicht überschritten werden darf.

Tagdienst ist die Zeit von 7.00 Uhr bis 19.00 Uhr, Nachtdienst ist die Zeit von 19.00 Uhr bis 7.00 Uhr.

Nach einer Schicht darf keine weitere Schicht im direkten Anschluss an Vollarbeit oder Bereitschaftsdienst ohne 11 Stunden Ruhepause dazwischen angeordnet werden.

4. Die Mitarbeiter der Notfallrettung erhalten innerhalb einer Dienstschicht von 12 Stunden (Tag- und Nachtdienst) 2 Stunden Pause. In der Tagschicht ist Pausenkorridor in der Zeit von 11.30 Uhr bis 13.30 Uhr und in der Nachtschicht von 0.00 Uhr bis 2.00 Uhr. Die Mitarbeiter der Rettungswagen und des Notarzteinsatzfahrzeuges halten sich während der Pausen in der Rettungswache bzw. am Standort des Rettungsmittels auf und bleiben zum Einsatz bereit, so dass sie bei Alarmierung sofort die Pausen unterbrechen können. Die Pause wird im Falle einer Unterbrechung sofort bei nächster Gelegenheit fortgesetzt. Insofern verlängert sich der Pausenkorridor.

5. Die vorstehenden Regelungen treten mit dem 01.09.01 in Kraft.

Gegen diesen ihm am 21. August 2001 zugegangenen Spruch wendet sich der Beteiligte zu 1) mit seinem am 31. August 2001 beim Arbeitsgericht eingegangen Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit.

Der Beteiligte zu 1) hat vorgetragen, Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 des Spruches sei irreführend und nicht eindeutig. Gewollt sei gewesen, die Möglichkeit des Bereitschaftsdienstes Montags bis Freitags von 22.00 bis 6.00 Uhr und nur am Samstag lediglich von 22.00 bis 24.00 Uhr zu eröffnen. Die Einigungsstelle habe ihre Kompetenz überschritten, da das im Spruch geregelte Ausmaß der Anwesenheitszeit nicht mitbestimmungspflichtig sei.

Er hat ferner die Rechtsauffassung vorgetragen, die Richtlinie 93/104/EG finde auf den Rettungsdienst keine Anwendung. Jedenfalls eröffne diese Richtlinie auf Grundlage des DRK-TV eine durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit von 51,18 Stunden. Freie Tage, Feiertage und der über den Mindesturlaub hinausgehende Urlaub von insgesamt 15 Tagen je Jahr seien nämlich bei der Berechnung der zulässigen Jahresarbeitszeit zu berücksichtigen. Die nach der Richtlinie zulässige Jahresarbeitszeit von 2313,6 Stunden (52,2 Wochen abzüglich 4 Wochen Mindesturlaub X 48 Stunden) sei daher auf nur 45,2 Wochen (48,2 Wochen abzüglich 15 Tagen) zu verteilen, woraus sich eine nach Gemeinschaftsrecht zulässige Wochenarbeitszeit von 51,18 Stunden ergebe.

Er hat geltend gemacht, dass der Spruch einen Personalmehrbedarf von 1,6 hauptamtlichen Stellen und damit zusätzliche Personalkosten von bis zu 56.242,11 € zur Folge habe. Dies gefährde die Existenz des Beteiligten zu 1), weil die Mehrkosten aufgrund des im Niedersächsischen Rettungsdienstgesetz verankerten Wirtschaftlichkeitsgebotes nicht refinanziert wurden.

Schließlich hat er vorgetragen, dass Ziffer 3 des Spruches die Abkürzungsmöglichkeit der Ruhepause auf 10 Stunden in § 5 Abs. 2 ArbZG nicht berücksichtige.

Der Beteiligte zu 1) hat beantragt,

festzustellen, dass der zur Dienstplangestaltung am 14. August 2001 ergangene Spruch der zwischen den Beteiligten eingesetzten Einigungsstelle unwirksam ist.

Der Beteiligte zu 2) hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hat geltend gemacht, Ziffer 1 Abs. 2 Satz 2 des Spruches sei einer Auslegung zuganglich, die Frage der Durchführung des Bereitschaftsdienstes unterliege dem Mitbestimmungsrecht, eine Verlängerung der zulässigen wöchentlichen Höchstarbeitszeit wegen der nach dem DRK-TV gewahrten zusätzlichen Freizeit scheide aus und die höheren Personalkosten seien mittelbare Wirkung der geltenden Rechtslage. Ziffer 3 des Spruches entspreche der Rechtslage.

Durch Beschluss vom 6. Dezember 2001, auf den Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht den Antrag zurückgewiesen und auf Antrag beider Beteiligten die Sprungrechtsbeschwerde zugelassen. Es hat ausgeführt, Ziffer 1) Abs. 2 Satz 2 des Spruches sei dahin auszulegen, dass Bereitschaftsdienst von Montag bis Freitag in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr und am Samstag von 22.00 bis 24.00 angeordnet werden dürfe. Ein Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 2) habe bestanden. Die Einigungsstelle habe auch nicht gegen zwingendes höherrangiges Recht verstoßen. Sie habe bei der Entscheidung in Rechtsfragen keinen Ermessensspielraum. Der Beteiligte zu 1) unterfalle der Richtlinie 93/104/EG. Diese gebe als absolute Höchstgrenze eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden vor. Daran sei auch die Einigungsstelle gebunden gewesen. Auch Ziffer 3 des Spruches sei rechtlich nicht zu beanstanden, weil der Anwendungsbereich des § 5 Abs. 2 ArbZG nicht eröffnet sei. Die Einigungsstelle habe auch nicht die Grenzen ihres Ermessens überschritten. Die aus der europakonformen Arbeitszeitregelung resultierenden Kosten seien hinzunehmen.

Gegen diesen ihm am 2. Januar 2002 zugestellten Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 1) mit seiner am 29. Januar 2002 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen und am 28. Februar 2002 begründeten Beschwerde.

Er macht geltend, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit am Arbeitsplatz als Arbeitszeit anzusehen sei. Es habe die Richtlinie 93/104/EG und das darauf ergangene Urteil des EuGH vom 3. Oktober 2000 unzutreffend ausgelegt. Die Richtlinie sei durch das Arbeitszeitgesetz ordnungsgemäß umgesetzt worden. Jedenfalls stelle die Richtlinie auf den nationalen Arbeitsbegriff ab. Nach den bislang in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Gepflogenheiten sei Bereitschaftsdienst der Ruhezeit zuzuordnen. Der Spruch verstoße daher gegen höherrangiges Recht.

Darüber hinaus habe der Spruch hinsichtlich der zeitlichen Lage des Bereitschaftsdienstes das Ermessen überschritten. Es seien keine schutzwürdigen wirtschaftlichen Interessen der Mitarbeiter betroffen, wenn trotz geringen Arbeitsanfalls am Sonntag nur deshalb kein Bereitschaftsdienst angeordnet werden dürfe, um den Arbeitnehmern Zulagen zu gewähren. Die ohne Notwendigkeit entstandenen Mehrkosten müssten von der Solidargemeinschaft der Versicherten getragen werden.

Der Beteiligte zu 1) beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgericht Lingen vom 6. Dezember 2001 - 3 BV 8/01 - abzuändern und festzustellen, dass der zur Dienstplangestaltung am 14. August 2001 ergangene Spruch der zwischen den Beteiligten eingesetzten Einigungsstelle unwirksam ist.

Der Beteiligte zu 2) beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt die angegriffene Entscheidung nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 1. April 2002, auf den Bezug genommen wird (Bl. 169-176 d.A.).

B. I. Die Beschwerde ist statthaft. Der Beteiligte zu 1) hat nicht auf das Rechtsmittel der Beschwerde verzichtet. Er hat - ebenso wie der Beteiligte zu 2) - im Termin zur Anhörung vor dem Arbeitsgericht lediglich beantragt, die Sprungrechtsbeschwerde zuzulassen. Es fehlte damit noch an der für die Statthaftigkeit der Sprungrechtsbeschwerde erforderlichen Zustimmung (§ 96 a Abs. 1 ArbGG). Erst recht wirkt diese Erklärung nicht gemäß § 96 a Abs. 2, § 76 Abs. 5 ArbGG als Verzicht auf die Beschwerde (vgl. BGH, 4.4.1997, III Z3 8/97, NJW 1997, S. 2387 <li. 1 d.Gr.>).

II. Die Beschwerde ist zulässig, soweit sie sich gegen die Regelung in Ziffer 1) des Spruches der Einigungsstelle vom 14. August 2001 endet. Soweit der Antrag auch die Festlegungen in den Ziffern 2-4, insbesondere die Regelung der Ruhezeit in Ziffer 3, umfasst, ist die Beschwerde unzulässig.

1. Wird ein Urteil unbeschränkt durch ein Rechtsmittel angegriffen, muss dieses grundsätzlich hinsichtlich jedes selbständigen prozessualen Anspruchs, über den zu Lasten des Rechtsmittelführers entschieden worden ist, begründet werden. Andernfalls ist das Rechtsmittel für den nicht begründeten Teil unzulässig (vgl. BGH, 29.11.1990, 1 ZR 45/89, NJW 1991, 5. 1683 <I 1 der Grunde>; BAG 6.12.1994, 9 AZN 337/94, AP Nr. 32 zu § 72a ArbGG 1979 <II 1 d.Gr.>). Dies gilt nur dann nicht, wenn die Vorinstanz sämtliche erhobenen Ansprüche aus einem einheitlichen Rechtsgrund heraus abgewiesen hat (vgl. BGH, 22.01.1998, 1 ZR 177/95, NJW 1998, 5. 1399 <II 1 der Grunde>).

2. Die Beschwerde enthält lediglich Angriffe auf die Billigung der in Ziffer 1 des Spruchs getroffenen Regelungen durch das Arbeitsgericht. Mit seinen Ausführungen zur Wirksamkeit der Regelung in Ziffer 3 des Spruchs setzt sich die Beschwerde dagegen nicht auseinander und ist insoweit unzulässig.

C. Soweit die Beschwerde zulässig ist, ist sie unbegründet. Ziffer 1) des Spruchs der Einigungsstelle vom 14. August 2001 ist wirksam. Dies hat das Arbeitsgericht richtig entschieden.

I. Die Einigungsstelle hat ihre Zuständigkeit nicht überschritten.

1. Ziffer 1 Absatz 2 des Spruches eröffnet dem Beteiligten zu 1) die Möglichkeit, innerhalb festgesetzter Zeiträume Bereitschaftsdienst anzuordnen. Dies ist mitbestimmungspflichtig. Dem Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 2) nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG und § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG unterliegt sowohl die Frage, ob Bereitschaftsdienst eingeführt wird, als auch die Frage seiner Durchführung, also des Beginns und Endes des Bereitschaftsdienstes und seiner Verteilung auf die einzelnen Wochentage (BAG, 29.2.2000, 1 ABR 15/99, AP Nr. 81 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit <B I 1 und 2 b d.Gr.>). Dabei kann das Mitbestimmungsrecht nur in den Grenzen der gesetzlichen Arbeitszeitbestimmungen ausgeübt werden (vgl. FKHES, BetrVG, 21. Aufl., 2002, § 87, Rz. 98). Ziffer 1 Absatz 1 des Spruches legt lediglich die sich aus den gesetzlichen Vorgaben nach Auffassung der Mehrheit der Einigungsstelle ergebende arbeitszeitrechtliche Behandlung des Bereitschaftsdienstes und die daraus folgende zulässige gesetzliche Höchstarbeitszeit zu Grunde. Eine originäre Regelung der Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit, die dem Mitbestimmungsrecht entzogen ist (BAG, stRspr, zuletzt Urteil vom 27.1.1998, 1 ABR 35/97, AP Nr. 14 zu § 87 BetrVG 1972 - Sozialeinrichtung <B II 2 b d.Gr.>), beinhaltet Ziffer 1) des Spruches dagegen nicht.

2. Das Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1) ist nicht durch eine tarifliche Regelung ausgeschlossen.

a) Die Mitbestimmungsrechte werden nicht dadurch ausgeschlossen, dass die entsprechende Angelegenheit üblicherweise durch Tarifvertrag geregelt wird oder auch gegenwärtig geregelt ist, diese tarifliche Regelung aber im Betrieb mangels Tarifbindung des Arbeitgebers keine Anwendung findet. Schließen die Betriebspartner in diesem Fall eine Betriebsvereinbarung, so handeln sie im Rahmen ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Zuständigkeit. Sie machen von ihrer durch § 77 Abs. 3 BetrVG nicht eingeschränkten Normsetzungsbefugnis Gebrauch. Sie unterliegen lediglich der in § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG geregelten Schranke des Tarifvorrangs (BAG, 3.12.1991, GS 2/90, AP Nr. 51 zu § 87 BetrVG 1972 - Lohngestaltung <C I, II d.Gr.>).

b) Der Beteiligte zu 1) ist nicht tarifgebunden. Das Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 2) ist nicht gemäß § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG durch eine tarifliche Regelung ausgeschlossen. § 14 Abs. 5 DRK-TV enthält keine abschließende tarifliche Regelung in diesem Sinne. Er eröffnet nur eine entsprechende Anordnungsbefugnis gegenüber den Arbeitnehmern. Hinsichtlich der Frage, ob und in welchem Umfang der Beteiligte zu 1) hiervon Gebrauch machen will, steht ihm ein Regelungsspielraum zu, bei dessen Ausfüllung der Beteiligte zu 2) zu beteiligen ist (vgl. BAG, AP Nr. 81 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit <B I 2 c d.Gr.>).

II. Die durch den Spruch der Einigungsstelle getroffene Regelung ist auch hinreichend klar und eindeutig. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 543 Abs. 1 ZPO a.F.), ausgeführt, dass die zeitliche Lage des Bereitschaftsdienstes für die Beteiligten klar erkennbar ist.

III. Die der Regelung in Ziffer 1) Abs. 1 zugrundeliegende Frage, wie Bereitschaftsdienst arbeitszeitrechtlich zu behandeln ist, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle.

Die Einigungsstelle hatte die arbeitszeitrechtliche Einordnung des Bereitschaftsdienstes als Vorfrage bei der Regelung der zeitlichen Lage des Bereitschaftsdienstes zu prüfen. Sie hat diesbezüglich keinen Ermessensspielraum für sich in Anspruch genommen, sondern sich im Hinblick auf die gemeinschaftsrechtliche Definition der Arbeitszeit in der Auslegung durch den EuGH (Urteil vom 3.10.2000, Rs. C-303/98, AP Nr. 2 zu EWG-Richtlinie Nr. 93/104 - Simap) für verpflichtet gehalten, § 2 ArbZG im Sinne dieser Rechtsprechung auszulegen (S. 4 des Spruches <Bl. 13 d.A.>). Ihre Entscheidung über diese Rechtsfrage unterliegt daher der unbeschränkten gerichtlichen Kontrolle (vgl. BAG, 6.11,1990, 1 ABR 34/89, AP Nr. 94 zu § 1 TVG - Tarifverträge Metallindustrie <B II 2 d bb d.Gr.>).

IV. § 2 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz ArbZG ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass als Arbeitszeit die Zeit anzusehen ist, in der sich der Arbeitnehmer persönlich am Arbeitsplatz aufhält. Darunter fällt neben tatsächlicher Arbeit und Arbeitsbereitschaft auch die Zeit, in der sich der Arbeitnehmer auf Weisung des Arbeitgebers im Betrieb aufhält, um im Bedarfsfall unverzüglich die Arbeit aufzunehmen, also Bereitschaftsdienst leistet. Die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit betragt damit - einschließlich des Bereitschaftsdienstes - im Hinblick auf die zulässige werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 ArbZG) 48 Stunden. Aus § 14 Abs. 2 lit. c) DRK-TV ergibt sich nichts anderes.

1. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 3. Oktober 2000 (AP Nr. 2 zu EWG-Richtlinie Nr. 93/104 - Simap) entschieden, dass der Bereitschaftsdienst, den spanische Ärzte in Teams zur medizinischen Grundversorgung in Form persönlicher Anwesenheit in der Gesundheitseinrichtung leisten, insgesamt als Arbeitszeit im Sinne der Richtlinie 93/104/EG des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung vom 23. November 1993 (ABlEG Nr. L 307, S. 18) anzusehen ist (Rdnr. 52). Er hat diese Entscheidung durch Beschluss der 6. Kammer vom 3. Juli 2001 (Rs. C-241/99 - CIG) für medizinisches Pflegepersonal bestätigt. Diese Auslegung der Richtlinie 93/104/EG ist für die Kammer als nationales Gericht bindend. Auch der von den Arbeitnehmern in der Rettungswache des Beteiligten zu 1) geleistete Bereitschaftsdienst unterfällt dem Begriff der Arbeitszeit in der Auslegung durch den EuGH.

a) Die Auslegung des Arbeitszeitbegriffs der Richtlinie 93/104/EG ist für die Kammer bindend.

aa) Das Gemeinschaftsecht genießt Vorrang vor jeder Norm des nationalen Rechts (EuGH, 15.7.1964, Rs. 6/64, Slg. 1964, S. 1251 <1269 f.> - Costa/E.N.E.L.). Zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts ist allein der EuGH berufen (Art. 220 <ex-Art. 164> EGV). An die von ihm gefundene Auslegung sind die nationalen Gerichte gebunden. Anders lässt sich die Einheitlichkeit der Anwendung des europäischen Rechts nicht sicherstellen (vgl. Wegener in Callies/Ruffert, EUV/EGV, Art. 220, Rz. 24; Ebener/Schmalz, DB 2001, S. 813 <816>).

bb) Der Formulierung in Art. 2 Ziffer 1) Richtlinie 93/104/EG, wonach Arbeitszeit jede Zeitspanne ist, während der ein Arbeitnehmer "gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten" arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt, lässt sich nicht entnehmen, dass sich entgegen vorstehenden Grundsätzen der Arbeitszeitbegriff nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten richtet und die nationale Begriffsbestimmung der Definition der Arbeitszeit in Art. 2 Ziffer 1) Richtlinie 93/104/EG in der Auslegung des EuGH vorgeht (a.A. LAG Schleswig-Holstein, 18.12.2001, 1 Sa 116 b/01 <II 2.3 d.Gr.>, DB 2002, S. 693, Revision eingelegt unter 6 AZR 114/02; Litschen, NZA 2001, S. 1355 <1356>; ders., ZTR 2002, S. 54 <55>). Das ergibt sich bereits daraus, dass die Richtlinie 93/104/EG auf Art. 118 a (jetzt Art. 137) EGV gestützt erlassen worden ist. Diese Ermächtigungsgrundlage beauftragt den Rat, Mindestvorschriften zu erlassen, um durch Harmonisierung zur Hebung des Niveaus der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer beizutragen (EuGH, 12.11.1996, Rs. C-84/94, AP Nr. 1 zu EWG Richtlinie Nr. 93/104 <Rdnr. 47>). Art. 118 a EGV ist auch die zutreffende Rechtsgrundlage für die Richtlinie 93/104/EG (EuGH, a.a.O. <Rdnr. 49>). Die durch die Richtlinie 93/104/EG bezweckte Harmonisierung wäre jedoch im Bereich des Arbeitszeitrechts unmöglich, wenn Art. 2 Ziffer 1) Richtlinie 93/104/EG jedem Staat die Definition der Arbeitszeit überließe. Diese Norm erlaubt daher keine Abweichung von der gemeinschaftsweiten Definition der Arbeitszeit in Art. 2 Ziffer 1) der Richtlinie 93/104/EG in der Auslegung des EuGH durch den nationalen Gesetzgeber (Schmitt, AuA 2001, S. 161 <169>).

Die Formulierung "gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten" bezieht sich vielmehr nur auf das erste der drei Begriffsmerkmale der Definition der Arbeitszeit in Art. 2 Ziffer 1) Richtlinie 93/104/EG, also auf die Zeitspanne, während der der Arbeitnehmer "arbeitet". Dieses Kriterium der gemeinschaftsrechtlichen Definition der Arbeitszeit bezeichnet allein die Zeitspanne, während der der Arbeitnehmer sich am Arbeitsplatz aufhält, also bei der Arbeit ist (Ebener/Schmalz, DB 2001, S. 813 <815>). Das ergibt sich aus der französischen Fassung der Richtlinie, in der es heißt: "toute période durant laquelle le travailleur est au travail" (zitiert nach Ebener/Schmalz, a.a.O. <FN 30>). Dementsprechend hat Generalanwalt S in seinem Schlussantrag vom 16.12.1999 unter dem ersten Kriterium der Arbeitszeit die Zeit verstanden, in der der Arbeitnehmer bei der Arbeit ist (Slg. 2000, S. 7963 <Rdnr. 34>). Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 3. Oktober 2000 auf diese Definition zurück gegriffen, sonst hätte er nicht annehmen können, bei dem in Form persönlicher Anwesenheit in der Gesundheitseinrichtung geleisteten Bereitschaftsdienst seien "unstreitig" die beiden ersten Voraussetzungen der Definition der Arbeitszeit in Art. 2 Ziffer 1) Richtlinie 93/104/EG erfüllt (a.a.O. <Rdnr. 48>).

b) Die Richtlinie 93/104/EG erfasst auch den Rettungsdienst. Sie gilt grundsätzlich für alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche (Art. 1 Abs. 3 Ua. 1 Richtlinie 93/104/EG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 89/131/EG über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit vom 12. Juni 1989, ABlEG Nr. L 183, S. 1 <Grundrichtlinie>). Der Rettungsdienst unterfällt nicht den Ausnahmen vom Anwendungsbereich der Richtlinie.

aa) Der von Ziffer 1) des Spruches der Einigungsstelle geregelte Rettungsdienst in der Rettungswache des Beteiligten zu 1) ist keine spezifische Tätigkeit im öffentlichen oder im Katastrophenschutzdienst, deren Besonderheiten einer Anwendung der Richtlinie entgegenstünden (Art. 2 Abs. 2 Grundrichtlinie). Dabei ist maßgeblich, dass der Anwendungsbereich der Grundrichtlinie weit zu verstehen ist, weil sonst ihr Ziel, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeit zu verbessern, nicht erreicht werden könnte (EuGH, AP Nr. 2 zu EWG-Richtlinie Nr. 93/104 <Rdnr. 34, 35). Ausgenommen sind daher die Tätigkeiten im Rettungsdienst nur dann, wenn sie im Katastrophenfall erbracht werden. Werden sie dagegen unter normalen Umständen ausgeübt, unterfallen sie dem Anwendungsbereich der Grundrichtlinie (vgl. Schlussantrag a.a.O. <Rdnr. 27).

Ziffer 1) des Spruches der Einigungsstelle legt lediglich die Rahmenbedingungen für die Gestaltung des Dienstplans und damit die Ausübung der Tätigkeit der Arbeitnehmer im Normalfall fest. Diese Ausübung der Tätigkeit unterfällt dem Anwendungsbereich der Grundrichtlinie.

bb) Diese Tätigkeit unterfallt auch nicht den besonderen Ausnahmen des Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 93/104/EG. Dabei kann dahinstehen, ob der Rettungsdienst dem Straßenverkehr zuzuordnen ist (vgl. dazu Vorlagebeschluss des ArbG Lörrach vom 26.9.2001, 5 Ca 147/01). Art. 1 Abs. 3 Richtlinie 93/104/EG ist mit Wirkung zum 1. August 2000 durch die Richtlinie 93/104/EG 200/34/EG vom 22. Juni 2000 (Abi Nr. L 195, S. 41) geändert worden. Seitdem sind aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie 93/104/EG nur noch die Seeleute ausgenommen.

c) Der von den in der Rettungswache des Beteiligten zu 1) beschäftigten Arbeitnehmern in Form von persönlicher Anwesenheit in der Rettungswache geleistete Bereitschaftsdienst unterfällt dem Begriff der Arbeitszeit in der Auslegung durch den EuGH.

aa) Der EuGH hat seiner Einordnung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit maßgeblich die Verpflichtung zur persönlichen Anwesenheit in der Einrichtung zugrunde gelegt. Zur Begründung hat er darauf abgestellt, dass die Verpflichtung der Ärzte, sich zur Erbringung ihrer beruflichen Leistungen am Arbeitsplatz aufzuhalten und verfügbar zu sein, alle drei in Art. 2 Ziffer 1) Richtlinie 93/104/EG genannten Voraussetzungen erfülle, auch wenn die tatsächlich geleistete Arbeit von den Umständen abhänge (EuGH, a.a.O. <Rdnr. 48>). Er hat weiter auf das Ziel der Richtlinie, die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten, verwiesen, das ernsthaft gefährdet wurde, wenn der Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit nicht als Arbeitszeit anzusehen wäre (a.a.O. <Rdnr. 49>). Insoweit hat er sich auf die Ausführungen des Generalanwalts S in seinem Schlussantrag vom 16.12.1999 bezogen. Dieser wiederum hat ausgeführt, dass die nach der Richtlinie zu sichernden Ruhezeiten und die wöchentliche Höchstarbeitszeit nicht garantiert werden konnten, wenn bei der Berechnung der Arbeitszeit nur Zeiträume, in denen der Arbeitnehmer effektiv arbeite, nicht aber Zeiträume, in denen er keiner Tätigkeit nachgehe, aber auch zur Verfügung stehe, berücksichtigt wurden (Schlussantrag, a.a.O. <Rdnr. 35>).

Demgegenüber hat der EuGH die Rufbereitschaft in Form ständiger Erreichbarkeit ohne Anwesenheitspflicht in der Einrichtung nicht als Arbeitszeit angesehen, weil die Arbeitnehmer freier über ihre Zeit verfügen und eigenen Interessen nachgehen konnten (EuGH, a.a.O. <Rdnr. 50>).

Allein entscheidendes Kriterium für die Wertung des dem Vorabentscheidungsverfahren zugrunde liegenden Bereitschaftsdienstes der spanischen Ärzte in Teams zur medizinischen Grundversorgung als Arbeitszeit ist für den EuGH damit die Verpflichtung des Arbeitnehmers, sich für den Arbeitgeber unter Beschränkung der Wahl des Aufenthaltsortes am Arbeitsplatz zur Erbringung der Arbeitsleistung zur Verfügung zu halten. Er hat letztlich auf die Definition der Arbeitszeit in Art. 2 der ILO-Konvention vom 28. August 1930 zurückgegriffen, wonach der Arbeitnehmer, der seinem Arbeitgeber vollständig zur Verfügung steht, sich nicht in einer Ruhezeit befindet, mithin die so verbrachte Zeit zur Arbeitszeit gerechnet werden muss (vgl. Schlussantrag, a.a.O. <Rdnr. 34>). Auf den Umfang der Arbeitsbelastung und die Frage, ob wahrend des Dienstes vom Arbeitnehmer wache Aufmerksamkeit im Sinne einer Arbeitsbereitschaft nach deutschem Verständnis verlangt wird, kommt es dagegen für die Einordnung als Arbeitszeit nicht an (vgl. EuGH, a.a.O. <Rdnr. 48 a.E.>; a.A. Litschen, NZA 2001, S. 1355 <1357>).

bb) Im deutschen Arbeitsrecht wird als Bereitschaftsdienst die Zeit angesehen, in der sich der Arbeitnehmer für Zwecke des Betriebs an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebes aufzuhalten hat, um erforderlichenfalls seine volle Arbeitsleistung unverzüglich aufnehmen zu können (BAG, stRspr seit 10.6.1959, 4 AZR 567/56, AP Nr. 5 zu § 7 AZO; zuletzt BAG, 29.2.2000, AP Nr. 81 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit <B I 2 a d.Gr.> m.w.N.). § 14 Abs. 5 Satz 1 DRK-TV greift auf diese Definition zurück.

Rufbereitschaft unterscheidet sich vom Bereitschaftsdienst dadurch, dass die Stelle, an der sich der Arbeitnehmer zur Verfügung zu halten hat, nicht vom Arbeitgeber bestimmt wird, der Arbeitnehmer sich vielmehr an einer Stelle seiner Wahl aufhalten kann, die er dem Arbeitgeber nur anzuzeigen hat oder von der aus er über "Piepser" oder "Handy" jederzeit erreichbar ist (BAG, 4.10.2000, 9 AZR 634/99, AP Nr. 50 zu § 11 BUrlG <II 2 b d.Gr.>; 31.5.2001, 6 AZR 171/00, n.v. <II 1 a d.Gr.>).

Der Bereitschaftsdienst ist damit nach dem Verständnis des deutschen Arbeitsrechts seinem Wesen nach eine Aufenthaltsbeschränkung, verbunden mit der Verpflichtung, bei Bedarf sofort tätig zu werden (BAG, 27.2.1985, 7 AZR 552/82, AP Nr. 12 zu § 17 BAT <II 2 a d.Gr.>). Wesentliches Unterscheidungskriterium zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst ist, ob der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort selbst bestimmen kann oder nicht <BAG, 4.8.1988, 6 AZR 48/86, EzBAT SR 2a BAT - Rufbereitschaft Nr. 4 <II 3 b d.Gr.>). Insoweit entspricht das nationale Verständnis des Bereitschaftsdienstes dem des EuGH, das seiner Entscheidung vom 3. Oktober 2000 zugrunde liegt, jedenfalls in den Fällen, in denen der Bereitschaftsdienst innerhalb des Betriebes geleistet wird.

cc) Der der Regelung in Ziffer 1) des Spruches zugrunde liegende Bereitschaftsdienst, der in Form persönlicher Anwesenheit innerhalb der Rettungswache geleistet werden muss, ist danach als Arbeitszeit im Sinne von Art. 2 Ziffer 1) Richtlinie 93/104/EG in der Auslegung durch den EuGH anzusehen. Die Arbeitnehmer sind in der Wahl ihres Aufenthaltsortes auf die Rettungswache beschränkt und stehen dem Beteiligten zu 1) uneingeschränkt zur Verfügung (vgl. Ebener/Schmalz, DB 2001, S. 813 <815>).

2. Die Richtlinie 93/104/EG ist allerdings grundsätzlich nur für den Mitgliedsstaat, an den sie gerichtet ist, verbindlich (§ 249 Abs. 3 <ex-Art. 189> EGV). Eine horizontale unmittelbare Richtlinienwirkung auf den Bereich der Beziehungen zwischen Privaten ist ausgeschlossen, weil die Gemeinschaft nur dort Verpflichtungen mit unmittelbarer Wirkung zu Lasten der Bürger anordnen kann, wo ihr die Befugnis zum Erlass von Verordnungen zugewiesen ist (EuGH, 14.7.1994, Rs. C-91/92, NJW 1994, S. 2473 <Rdnr. 22, 24> - Faccini Dori). Ein Privater kann sich erst nach Ablauf der Umsetzungsfrist gegenüber staatlichen Stellen unmittelbar auf eine ihn begünstigende, unbedingte und genaue Richtlinienvorschrift berufen, wenn die Richtlinie nicht oder ungenügend umgesetzt worden ist (EuGH, stRspr seit Urteil vom 5.4.1979, Rs. 148/78, Slg. 1979, S. 1629 <Rdnr. 21-23> - Ratti; 19.1.1982, Rs. 8/81, Slg. 1982, S. 53 <Rdnr. 23-25> - Becker).

Im Regelfall erlangen Richtlinien jedoch dadurch nationalstaatliche Wirkung, dass die sich aus einer Richtlinie ergebende Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, das in dieser vorgesehene Ziel zu erreichen (Art. 249 Abs. 3 EGV), und die Obliegenheit der Mitgliedsstaaten, alle zur Erfüllung dieser Verpflichtung geeigneten Maßnahmen zu treffen (Art. 10 <ex-Art. 5> EGV), allen Trägern öffentlicher Gewalt und damit auch den nationalen Gerichten obliegt. Diese sind daher bei der Anwendung nationalen Rechts, insbesondere der Vorschriften eines speziell zur Durchführung der Richtlinie erlassenen Gesetzes, im Rahmen ihrer Zuständigkeit verpflichtet, dieses nationale Recht im Lichte des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen. Bei dieser richtlinienkonformen Auslegung haben sie das zur Durchführung der Richtlinie erlassene Gesetz unter Ausschöpfung des vollen Beurteilungsspielraums, den ihnen das nationale Recht einräumt, in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts auszulegen und anzuwenden (EuGH, stRspr seit Urteil vom 10.4.1984, Rs. 14/83, AP Nr. 1 zu § 611 a BGB <Rdnr. 26, 28> - von Colson und Kamann). Diese Verpflichtung findet ihre Grenze dort, wo keine Gesetzesauslegung mehr möglich ist, sondern die Rechtsschöpfung oder Rechtsfortbildung einsetzt. Dies folgt aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, den der EuGH mit dem Verweis auf die Beschränkung der Gerichte bei der richtlinienkonformen Auslegung auf ihre Zuständigkeit anerkennt (vgl. Schlussantrag Generalanwalt Lenz vom 9.2.1994, Rs. C-91/92 - Faccini Dori, Slg. 1994, S. 3325 <Rdnr. 37>). Das Gericht ist durch Art. 249 Abs. 3 EGV nur berechtigt und verpflichtet, sich innerhalb des Rahmens, den ihm die nationale Rechtsordnung lässt, bei der Rechtsanwendung an den Vorgaben der Richtlinie zu orientieren und ihren inhaltlichen Anforderungen zu entsprechen (vgl. Brechmann, Die richtlinienkonforme Auslegung, München, 1994, S. 251, 256).

Sie findet ferner ihre Grenze in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die Teil des Gemeinschaftsrechts sind, insbesondere im Grundsatz der Rechtssicherheit und im Rückwirkungsverbot. Eine Richtlinie kann daher nicht ohne eine zu ihrer Durchführung erlassene innerstaatliche Rechtsvorschrift die strafrechtliche Verantwortlichkeit derjenigen, die gegen die Vorschriften der Richtlinie verstoßen, festlegen oder verschärfen (EuGH, 8.10.1987, Rs. 80/86, Slg. 1987, S. 3969 <Rdnr. 13> - Kolpinghuis Nijmegen). In diesen Grenzen hat die richtlinienkonforme Auslegung Vorrang vor nationalen Auslegungsmethoden (Ruffert in: Callies/Ruffert, EUV/EGV, Art. 249, Rdnr. 108 f. m.w.N.).

Kann das von der Richtlinie vorgeschriebene Ziel nicht durch richtlinienkonforme Auslegung erreicht werden, sind die Mitgliedsstaaten unter Umständen zum Ersatz der durch die Nichtumsetzung entstandenen Schäden verpflichtet (EuGH, 19.11.1991, verb. Rs. C-6/90 u. C-9/90, NJW 1992, S. 165 <Rdnr. 39> - Francovich).

3. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist eine richtlinienkonforme Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz ArbZG dahin, dass Bereitschaftsdienst, der in Form persönlicher Anwesenheit in der Rettungswache geleistet werden muss, als Arbeitszeit anzusehen ist, möglich. Auf die vom Beteiligten zu 2) in der Anhörung vom 17. Mai 2002 aufgeworfene Frage, ob der Beteiligte zu 1) staatliche Stelle im Sinne der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil vom 12.7.1990, Rs C-188/89, Slg. 1990, S. 3313 <Rdnr. 20> - Foster) ist, der gegenüber die unmittelbare Wirkung der Richtlinie geltend gemacht werden kann, kommt es damit nicht an (vgl. Brechmann, a.a.O., S. 45, 52).

a) Die Gesetzesauslegung beschränkt sich nicht auf den Wortlaut eines Gesetzes. Heranzuziehen sind ferner Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang und Zweck. Lassen Sinn und Zweck des Gesetzes erkennen, dass der Gesetzgeber nicht alle Konsequenzen der gewählten Gesetzesfassung bedacht hat, muss eine auslegungsfähige Regelung einschränkend oder ergänzend in dem Sinne verstanden werden, den der Gesetzgeber bei voller Kenntnis der Probleme normiert hätte. Nach nationalen Auslegungsregeln kann dabei ein Normverständnis, das mit dem Wortlaut nicht mehr in Einklang zu bringen ist, ebenso wenig gewonnen werden wie ein solches, das in Widerspruch zu dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers treten würde (BVerfG, 15.10.1996, 1 BvL 44/92, 48/92, BVerfGE 95, 64 <93>; BAG, 5.3.1996, 1 AZR 590/92 (A), AP Nr. 226 zu Art. 3 GG <B II 2 b bb (1) d.Gr.>). Demgegenüber gibt nach Auffassung des EuGH bei der Auslegung des nationalen Rechts der Wille des Gesetzgebers nur einen Anhaltspunkt für das Ziel des Gesetzes, ohne jedoch dafür ausschlaggebend zu sein. Maßgebend ist vielmehr, ob die nationale Regelung so ausgelegt werden kann, dass sie bei objektiver Betrachtung das Ziel des Gemeinschaftsrechts gewährleistet (vgl. EuGH, 25.10.2001, Rs. C-49/98 u.a., NZA 2001, S. 1377 <Rdnr. 40, 41> - Finalarte; 24.1.2002, Rs. C-164/99, NZA 2002, S. 207 <Rdnr. 27, 28, 30> - Portugaia).

b) § 2 Abs. 1 Satz 1 ArbZG definiert als Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen. Darunter lässt sich auch der in Form persönlicher Anwesenheit im Betrieb geleistete Bereitschaftsdienst subsumieren.

c) Der Zweck des Arbeitszeitgesetzes - soweit vorliegend von Interesse - ist die Gewährleistung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeitszeitgestaltung (§ 1 Ziffer 1) 1. Alt. ArbZG). Dieser Zweck ist identisch mit dem in Art. 1 Abs. 1 Richtlinie 93/104/EG niedergelegten Ziel, Mindestvorschriften für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung zu erlassen. Der nationale Gesetzgeber hat damit bei der Definition des Regelungszweckes auf die Richtlinie zurückgegriffen. Was unter "Sicherheit" und "Gesundheitsschutz" zu verstehen ist, ergibt sich daher aus der Richtlinie 93/104/EG. Diese wiederum stützt sich auf Art. 118 a (jetzt Art. 137) EGV, der zum Erlass von Richtlinien zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer ermächtigt. Sicherheit und Gesundheit im Sinne dieser Bestimmung und damit im Sinn der Richtlinie 93/104/EG erfassen sämtliche körperlichen und sonstigen Faktoren, die die Gesundheit und die Sicherheit der Arbeitnehmer in ihrem Arbeitsumfeld unmittelbar berühren. Unter Rückgriff auf die Präambel der Satzung der Weltgesundheitsorganisation ist Gesundheit als Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens zu verstehen (EuGH, 12.11.1996, AP Nr. 1 zu EWG-Richtlinie Nr. 93/104 <Rdnr. 15>, zur Kritik s. Krebber in: Callies/Ruffert, EUV/EGV, Art. 137, Rdnr. 18). Diesem weiten Verständnis entsprechend, hat der Rat bei Erlass der Richtlinie 93/104/EG darauf abgestellt, dass die Arbeitsgestaltung dem Menschen angepasst sein müsse (15. Begründungserwägung). Deswegen müsse neben Mindestruhezeiten und angemessenen Ruhepausen auch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit festgelegt werden (8. Begründungserwägung). Dabei dürften die Ziele der Richtlinie keinen rein wirtschaftlichen Erwägungen untergeordnet werden (5. Begründungserwägung).

Der so verstandene Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer gebietet die Einordnung des in Form persönlicher Anwesenheit im Betrieb geleisteten Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit (EuGH, AP Nr. 2 zu EWG-Richtlinie Nr. 93/104 <Rdnr. 49>). Auf die Öffnungsklauseln der Art. 17 und 18 Richtlinie 93/104/EG kommt es dabei nicht an, weil diese keine Abweichung von der Begriffsbestimmung des Art. 2 Nr. 1 Richtlinie 93/104/EG ermöglichen (Schmitt, AuA 2001, S. 167 <168>).

d) Den nationalen Gesetzgeber trifft die Verpflichtung, innerhalb der dem Mitgliedsstaat nach Art. 249 Abs. 3 EGV belassenen Entscheidungsfreiheit die Formen und Mittel zu wählen, die sich zur Gewährleistung der praktischen Wirksamkeit (effet utile) der Richtlinien unter Berücksichtigung des mit ihnen verfolgten Zwecks am besten eignen (EuGH, 8.4.1976, Rs. 48/75, Slg. 1976, S. 497 <Rdnr. 69, 73> - Royer). Insoweit gilt das Gebot der effizienten Richtlinienumsetzung.

aa) Das Arbeitszeitgesetz, dessen zweite und dritte Lesung am 10. März 1994 und damit nach Inkrafttreten der Richtlinie 93/104/EG am 2. Januar 1994 erfolgte, dient der Umsetzung dieser Richtlinie in nationales Recht (BTDs 12/5888, S. 19). Dabei ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die in der Richtlinie 93/104/EG enthaltenen Vorgaben hinsichtlich der Ruhezeit und der wöchentlichen Höchstarbeitszeit durch das Arbeitszeitgesetz vollständig in deutsches Recht umgesetzt worden sind (Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage zum Stand der Arbeitszeitflexibilisierung in Deutschland, BTDs 13/2581 <Ziffer 7>). Er ist damit davon ausgegangen, dem Gebot der effizienten Richtlinienumsetzung genügt zu haben.

Allerdings hat der Gesetzgeber den Bereitschaftsdienst ebenso wie die Rufbereitschaft arbeitszeitrechtlich der Ruhezeit zugeordnet (BTDs 12/5888, S. 27 <zu § 7 Abs. 2>). Diese Zuordnung hat in den Regelungen des § 5 Abs. 3 und § 7 Abs. 2 Nr. 1 ArbZG Niederschlag gefunden, die den Ausgleich der Kürzung der Ruhezeit durch Inanspruchnahme wahrend des Bereitschaftsdienstes regeln. Insoweit hat der Gesetzgeber das mit der Richtlinie verfolgte Ziel partiell verkannt.

bb) In diesem Fall eines Irrtums des Gesetzgebers bei der Umsetzung einer Richtlinie in nationales Recht müssen die nationalen Gerichte angesichts des erklärten Umsetzungswillens des Gesetzgebers und des Gebots der effizienten Richtlinienumsetzung alles tun, um zu einem richtlinienkonformen Ergebnis zu gelangen (Brechmann, a.a.O., S. 269). Sie müssen der Auslegungsmethode Vorrang einräumen, die der nationalen Rechtsvorschrift eine Bedeutung gibt, die mit der Richtlinie in Einklang steht (vgl. Schlussantrag des Generalanwalts van G vom 12.7.1990, Rs. C-106/89, Slg. 1990, S. 4135 <Rdnr. 8> - Marleasing; Brechmann, a.a.O., S. 269). Innerhalb des möglichen Wortsinns ist daher die historische Regelungsabsicht des Gesetzgebers vorrangig zu berücksichtigen, weil anzunehmen ist, dass er den Umsetzungsmangel vermieden hatte, wenn er Kenntnis hiervon gehabt hatte (Brechmann, a.a.O., S. 271). Der die Umsetzungsverpflichtung teilweise verkennende Wille des Gesetzgebers tritt demnach zurück, sofern die nationale Regelung nach ihrem Wortlaut noch eine Auslegung ermöglicht, die das Ziel der Richtlinie objektiv gewährleistet (vgl. EuGH, 25.10.2001, NZA 2001, S. 1377 <Rdnr. 40, 41> - Finalarte; 24.1.2002, NZA 2002, S. 207 <Rdnr. 27, 28, 30> - Portagaia).

e) Der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. ArbZG ermöglicht die nach dem Zweck des Arbeitszeitgesetzes, das dem Gebot einer effizienten Richtlinienumsetzung Genüge tun wollte, gebotene, das Ziel der Richtlinie 93/104/EG allein gewährleistende Auslegung, den in Form persönlicher Anwesenheit im Betrieb geleisteten Bereitschaftsdienst der Arbeitszeit zuzuordnen. Der das Ziel der Richtlinie 93/104/EG partiell verkennende gesetzgeberische Wille steht einer vom Wortlaut des nationalen Rechts noch gedeckten Auslegung im Lichte des Zwecks der Richtlinie nicht entgegen, weil anzunehmen ist, dass der Gesetzgeber den Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit am Arbeitsplatz der Arbeitszeit zugeordnet hatte, wenn er das Regelungsziel der Richtlinie 93/104/EG erkannt hatte.

4. Damit beschränkt sich die zulässige durchschnittliche werktägliche Arbeitszeit unter Einrechnung des Bereitschaftsdienstes auf acht Stunden (§ 3 Satz 1 ArbZG), woraus sich eine zulässige durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit von 43 Stunden ergibt. Aus dem DRK-TV ergibt sich nichts anderes.

a) Unerheblich ist, dass § 14 Abs. 2 lit. c) DRK-TV eine wöchentliche durchschnittliche Höchstarbeitszeit von 60 Stunden bei Ableistung von Bereitschaftsdienst zulässt. Diese Regelung beruht auf der nicht mit dem gemeinschaftsrechtskonform ausgelegten § 2 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz ArbZG zu vereinbarenden Annahme, dass Bereitschaftsdienst nach der gesetzlichen Regelung an sich zur Ruhezeit rechnet. Die tarifliche Regelung ist damit wegen eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam. Die Tarifvertragsparteien sind an zwingende Gesetze gebunden (BAG, 7.11.2001, 4 AZR 724/00, DB 2002, S. 746 <I 2 d.Gr.>). Der Gesetzgeber hat den Tarifvertragsparteien keine Möglichkeit eröffnet, die zulässige Höchstarbeitszeit wegen der Erbringung von Bereitschaftsdienst zu verlängern. Weil Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 Ziffer 2.4 Richtlinie 93/104/EG Verlängerungen von der nach Gemeinschaftsrecht zulässigen Höchstarbeitszeit von durchschnittlich 48 Stunden wöchentlich (Art. 6 Richtlinie 93/104/EG) für den vom Beteiligten zu 1) in der Rettungswache beschäftigten Personenkreis nicht zulassen, wird der Gesetzgeber solche abweichenden Regelungen auch nicht ermöglichen können.

b) Entgegen der Rechtsauffassung des Beteiligten zu 1) eröffnet die Richtlinie 93/104/EG in Verbindung mit dem DRK-TV auch keine durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit von 51,18 Stunden. Zwar bestimmt die Richtlinie 93/104/EG, dass Zeiten bezahlten Jahresurlaubs und Krankheitszeiten bei der Berechnung des Durchschnitts der wöchentlichen Höchstarbeitszeit unberücksichtigt bleiben oder neutral zu stellen sind (§ 16 Ziffer 2 Ua. 2). Diese Regelung soll jedoch lediglich sicherstellen, dass die Gewährung bezahlten Urlaubs und von Entgeltfortzahlung nicht dazu benutzt wird, in Zeiten tatsächlicher Arbeit durch Einbeziehen der Zeiten bezahlter Freistellung in die Ermittlung des Durchschnitts die zulässige Höchstarbeitszeit zu überschreiten. Der Durchschnitt der Höchstarbeitszeit soll aus den Zeiten tatsächlicher Arbeitsleistung errechnet werden. Dies gilt auch dann, wenn eine tarifliche Regelung bezahlte Freizeit vorsieht, die über die durch die Richtlinie 93/104/EG vorgeschriebenen Mindestgrenzen hinausgehen. Diese Auslegung der Richtlinie ist so offenkundig, dass es keiner Vorlage an den EuGH bedarf (vgl. EuGH, 6.10.1982, Rs. 283/81, AP Nr. 11 zu Art. 177 EWG-Vertrag).

5. a) Ob die Regelungen in § 5 Abs. 3 und § 7 Abs. 2 Ziffer 1) ArbZG einer richtlinienkonformen Auslegung zugänglich sind oder von den Trägern öffentlicher Gewalt nicht: mehr angewendet werden dürfen (vgl. ArbG Kiel, 8.11.2001, 1 Ca 2113 d/01, NZA 2002, S. 150 <B III 6 d.Gc.>), hatte die Kammer nicht zu entscheiden.

b) Ebenso kann in der von der Kammer zu entscheidenden Konstellation dahinstehen, inwieweit wegen des auch für Bußgeldtatbestände geltenden strafrechtlichen Analogieverbotes des Art. 103 Abs. 2 GG (BVerfG, 23.10.1985, 1 BvR 1053/92, BVerfGE 71, 108 <B II d.Gr.>) und/oder wegen des auch bei der Auslegung von Gemeinschaftsrecht geltenden Rückwirkungsverbots (EuGH, 8.10.1987, Slg. 1987, S. 3969 <Rdnr. 13> - Kolpinghuis Nijmegen) die Bußgeldvorschrift des § 22 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG noch anwendbar ist (dazu Rixen, EuZW 2001, S. 421).

V. Die Einigungsstelle hat durch die Regelung in Ziffer 1) des Spruches auch die Grenzen des ihr zustehenden Ermessens nicht überschritten.

1. Die Einigungsstelle überschreitet ihr Ermessen, wenn die von ihr getroffene Regelung nicht mehr als billiger Ausgleich der Belange des Betriebes und der Arbeitnehmer unter Würdigung des Gewichts dieser Belange gelten kann. Das ist zum Beispiel dann anzunehmen, wenn die Entscheidung deutlich erkennbar keine sachgerechte Interessenabwägung mehr enthält, weil z.B. die Einigungsstelle die Interessen der einen oder der anderen Seite überhaupt nicht berücksichtigt hat oder weil die Regelung nicht nur unzweckmäßig, sondern objektiv ungeeignet ist (BAG, stRspr, zuletzt 29.2.2000, AP Nr. 81 zu § 87 BetrVG 1972 - Arbeitszeit <B II d.Gr.>).

2. An diesem Maßstab gemessen, liegt keine Ermessensüberschreitung der Einigungsstelle vor.

a) Soweit der Beteiligte zu 1) darauf verweist, dass die Regelung in Ziffer 1) des Spruches zusätzliche Personalkosten verursacht, sind diese notwendige Folge der gesetzlichen, gemeinschaftsrechtskonform ausgelegten Regelung der Arbeitszeit. Ein Ermessen kam der Einigungsstelle insoweit nicht zu.

b) Die Einschränkung der Möglichkeit des Beteiligten zu 1) zur Anordnung von Bereitschaftsdienst in der Nacht von Samstag auf Sonntag von 22.00 bis 24.00 Uhr überschreitet die Grenzen des Ermessens der Einigungsstelle ebenfalls nicht. Diese hat insoweit das Interesse der Arbeitnehmer an möglichst hohen Zuschlägen und die wirtschaftlichen Zwänge des Beteiligten zu 1) gegeneinander abgewogen. Sie hat einen wirtschaftlichen Kompromiss dahin, dass ab Samstag, 24.00 Uhr, Zuschläge zu leisten sind, als angemessen angesehen (S. 7 des Spruches <Bl. 16 d.A.>). Diese Regelung berücksichtige die Interessen beider Seiten und ist zum Ausgleich der widerstreitenden Interessen objektiv geeignet. Der Beteiligte zu 1) versucht lediglich, sein Ermessen an die Stelle des Ermessens der Einigungsstelle zu setzen. Damit kann er jedoch keine Ermessensüberschreitung der Einigungsstelle begründen (vgl. FKHES, 21. Aufl., 2002, § 76, Rdnr. 105).

VI. Abschließend wird darauf hingewiesen, dass aus der arbeitszeitrechtlichen Einordnung des Bereitschaftsdienstes aufgrund der Regelung in Art. 2 Ziffer 1) Richtlinie 93/104/EG keine Rückschlüsse auf die vergütungsrechtliche Behandlung des Bereitschaftsdienstes gezogen werden können (vgl. Schlussantrag Generalanwalt Saggio, a.a.O. <Rdnr. 37 i.V.m. FN 19>).

D. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache war die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 92 Abs. 1 Satz 2, § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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