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Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 27.02.2006
Aktenzeichen: 11 Sa 842/05
Rechtsgebiete: KSchG
Vorschriften:
KSchG § 2 |
Für die Beurteilung der Frage, ob sich im tatsächlichen Beschäftigungsbedarf erhebliche Änderungen ergeben, ist bei einer Organisationsentscheidung, die alle Grundschulen des Landes betrifft, eine generalisierende Betrachtungsweise geboten.
LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2006 durch
den Richter am Arbeitsgericht Dr. Voigt den ehrenamtlichen Richter Herrn Starnitzke, die ehrenamtliche Richterin Frau Grabowski für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 18.04.2005 - 3 Ca 486/04 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung.
Die 1956 geborene Klägerin ist ausgebildete Lehrerin und war bei dem beklagten Land seit dem 01.08.2000 aufgrund mehrerer befristeter Verträge beschäftigt. In dem Vertrag für das Schuljahr 2003/2004 für die Zeit vom 01.08.2003 bis 31.07.2004 (Bl. 70 - 71 d. A.) heißt es, dass die Klägerin an der Grundschule B... mit durchschnittlich regelmäßig 5 Unterrichtsstunden (von 32 Unterrichtsstunden wöchentlich), das entspricht einer Gesamtstundenzahl von 230 Unterrichtsstunden im Schuljahr als Aushilfsangestellte zur stundenweise Erteilung von Vertretung auf Abruf (Stundenrahmenvertrag) beschäftigt ist. Sie leistete im Rahmen dieses Vertrages eigenständigen Vertretungsunterricht bei Ausfall von planmäßigen Lehrkräften. Sie hat dafür nach Vergütungsgruppe V b BAT eine Vergütung von 445,94 € brutto erhalten. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft vertraglicher Vereinbarung der Bundesangestellten-Tarifvertrag BAT Anwendung.
In einem Rechtsstreit um die Wirksamkeit der Befristung haben die Parteien vor dem Arbeitsgericht Lüneburg 3 Ca 283/04 am 04.08.2004 einen Vergleich geschlossen, wonach die Parteien sich darüber einig sind, dass ihr Beschäftigungsverhältnis unbefristet fortbesteht (Bl. 205 d. A.). Dem Vergleichsschluss war eine Erklärung des beklagten Landes vorangegangen, es sei ein neues Konzept entwickelt worden, welches die Beschäftigung der Vertretungskräfte im Rahmen der Verlässlichen Grundschule neu regele. Die Aufgabenbeschreibung und andere Details der Beschäftigung würden sich zukünftig ändern, so dass auch die vertraglichen Grundlagen zu ändern sein würden.
Das Konzept der Verlässlichen Grundschule, wonach Schulkinder in den Grundschulklassen täglich in der Zeit von 8.00 bis 13.00 Uhr durchgängig in der Schule betreut werden sollen, ist im Jahr 2004 durch zwei Runderlasse des Kultusministers, nämlich vom 03.02.2004 (Bl. 34 - 41 d. A.) und vom 18.05.2004 (Bl. 42 - 61 d. A.), neu geregelt worden. Nach dem Erlass vom 18.05.2004, der zum 01.08.2004 in Kraft trat, erhalten die Grundschulen ein Budget zur Beschäftigung von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Schulen entscheiden danach selbst, wie sie diese Personen einsetzen und sollen ein Konzept für die unterrichtsergänzenden Angebote sowie für Vertretung bei kurzfristigen Ausfällen erstellen. Bezüglich der fachlichen Qualifikation der pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist vorgesehen, dass Sozialpädagoginnen und -pädagogen sowie Erzieherinnen und Erzieher eingestellt werden können, aber ebenfalls ausgebildete Lehrkräfte diese Tätigkeit übernehmen können, soweit sie dazu bereit seien entsprechende Tätigkeiten auszuüben. Hinsichtlich der Bemessung der Vergütung ist vorgesehen, dass zum Ausgleich der den Tarifurlaub übersteigenden Arbeitsbefreiung in der Schulferienzeit einerseits und andererseits Berücksichtigung der Zeit für die Teilnahme an Dienstbesprechungen und Konferenzen sowie für Vor- und Nacharbeit 94/100 der Vergütung fortlaufend gewährt werden. Der Erlass sieht, je nach Qualifikation, eine Bemessung der Vergütung nach BAT VII, VI b oder V b vor.
Nachdem die personalvertretungsrechtliche Zustimmung am 18.11.2004 von der Einigungsstelle erteilt worden war (Bl. 19 - 22 d.A.), sprach das beklagte Land mit Schreiben vom 18.11.2004 (Bl. 4 d. A.) gegenüber der Klägerin eine Änderungskündigung aus und hat die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf Grundlage eines Vertrages über den Einsatz auf Abruf von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an Grundschulen im Umfang von regelmäßig 5 Stunden wöchentlich, entsprechend einer Gesamtstundenzahl von 200 Stunden im Schuljahr angeboten (Bl. 5 - 7 d. A.). In der Gesamtarbeitszeit ist gemäß § 6 des Vertrages die erforderliche Teilnahme an Konferenzen etc. enthalten. In § 2 des Vertrages ist vorgesehen, dass die zum 30.04.2004 gekündigten §§ 15 bis 17 BAT bis zum Zeitpunkt einer neuen Vereinbarung mit der Maßgabe gelten, dass als durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit zur Zeit 40 Stunden gelten. Schließlich wird in § 7 des Vertrages für die den tariflichen Erholungsurlaub übersteigende Schulferienzeit ein Ausgleich derart vorgesehen, dass Vergütung für die geleisteten Arbeitsstunden mit dem Faktor 0,94 gezahlt wird.
Die Klägerin hat die Änderungskündigung unter Vorbehalt angenommen und am 03.12.2004 Klage beim Arbeitsgericht erhoben. Im Land Niedersachsen ist eine größere Zahl gleichgelagerter Rechtsstreite anhängig.
Infolge der vertraglichen Neuregelung ergibt sich für die Klägerin eine Monatsvergütung von nur noch 343,77 € brutto. Allerdings hat sie für die Monate Januar bis April 2005 die ursprüngliche Vergütung weitergezahlt erhalten. Das beklagte Land hat mit Schreiben vom 19.04.2005 (Bl. 130 d. A.) eine Überzahlung in Höhe von 394,76 € zurückverlangt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Eine reine Änderung der Bezeichnung für eine Gruppe von Beschäftigten, ohne dass sich die Aufgabe wesentlich ändere, rechtfertige diese nicht. Tatsächlich arbeite sie auch weiterhin als Vertretung, wenn eine Lehrkraft ausfalle. Das Vertretungskonzept der Grundschule B..., verabschiedet auf der Gesamtkonferenz vom 06.10.2004 (Bl. 24 d.A.), sehe vor, dass pädagogische Mitarbeiter nicht bloße Beaufsichtigung und Betreuung, sondern vielmehr nach wie vor Vertretungsunterricht zu leisten hätten. Die Änderungskündigung laufe daher auf eine reine Lohnreduzierung hinaus. Diese Kostenersparnis stelle auf Seiten des beklagten Landes den eigentlichen Grund für die vertragliche Änderung dar.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß Änderungskündigung vom 18.11.2004 sozial ungerechtfertigt ist und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den Ablauf der Kündigungsfrist am 31.12.2004 hinaus unverändert fortbesteht.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat vorgetragen, laut Ziffer 3 des Erlasses leisteten bei kurzfristigen Ausfällen von Lehrkräften die pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keinen eigenständigen Vertretungsunterricht (mehr), sondern lediglich die Beaufsichtigung und Betreuung im Rahmen des Vertretungskonzeptes der Schule. Schon bei der Bemessung der Vergütung der Vertretungslehrkräfte sei der Umfang der Unterrichtsverpflichtung gegenüber den 28 Unterrichtsstunden für eine reguläre Lehrkraft auf 32 Unterrichtsstunden erhöht worden, da wesentliche Tätigkeiten im Aufgabenbereich von Lehrkräften nicht angefallen seien, z. B. Klassenleitung, Elternarbeit, mittel- und langfristige Unterrichtsplanung. Nach dem neuen Konzept sei vorgesehen, dass die vertretene Lehrkraft oder die Lehrkraft einer Parallelklasse die notwendigen Informationen und ggf. Arbeitsmaterial bereitstelle. Ein Bericht der Rektorin (Bl. 82 ff. d.A.) belege, dass dies auch so umgesetzt werde. Das Vertretungskonzept der Grundschule B... sei auf der Gesamtkonferenz am 16.3.2005 entsprechend überarbeitet worden (Bl. 90 d.A.). Da die pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überhaupt nicht mehr als Lehrkräfte beschäftigt würden, sondern ihre Tätigkeiten ausschließlich der Beaufsichtigung und Betreuung der Schülerinnen und Schüler dienten, sei die für Angestellte bei Neueinstellungen geltende 40-Stunden-Woche zugrunde gelegt worden.
Die Klägerin behauptet, das vom beklagten Land vorgelegte Konzept, welches nicht mehr eine Unterrichtstätigkeit, sondern lediglich eine Betreuung in den vertretenen Klassen vorsehe, sei unrealistisch, werde nicht praktiziert und könne nicht funktionieren. Sie verweist dazu auch auf eine Stellungnahme des Kultusministeriums zur Beantwortung einer Landtagseingabe betroffener Eltern (Bl. 146 f. d.A.).
Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Entscheidung, in der Grundschule keine sogenannten Vertretungslehrkräfte mehr einzusetzen, die eigenständigen Vertretungsunterricht erteilten, sondern die Beaufsichtigung und Betreuung in Ausfallzeiten durch pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorzusehen, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Diese Änderung der Organisation führe dazu, dass für eine weitere Beschäftigung der Klägerin in ihrer Funktion als Vertretungslehrkraft kein Bedürfnis mehr bestehe. Die daraus in dem Änderungsangebot resultierenden Änderungen in der Bemessung der Vergütung seien sachlich gerechtfertigt und auch als verhältnismäßig und zumutbar zu bewerten.
Das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg ist der Klägerin am 13.05.2005 zugestellt worden. Sie hat Berufung eingelegt am 19.05.2005 und die Berufung begründet am 11.07.2005.
Sie verfolgt ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiter und führt in der Berufung ergänzend aus:
Die Beschreibung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit sei in beiden Verträgen sprachlich annähernd gleich. Ebenso habe sich faktisch in der Art und Weise der Erbringung ihrer Vertretungstätigkeit an der Grundschule B... nichts Erhebliches verändert. Sie hat zum Vergleich Hinweise des Niedersächsischen Kultusministeriums zur Verläßlichen Grundschule - Konzept 2002 - vorgelegt (Bl. 139 - 142 d.A.). Unterrichtsvorgaben erhalte sie nur bei knapp 1/4 der Stunden (Arbeitsberichte Bl. 167 ff. d.A.). Dies alles könne nicht als "Ausrutscher" der einzelnen Schule angesehen werden, sondern sei im ganzen Land gängige Verfahrensweise. Allerdings sei ihr nach Klageerhebung eine Stunde eigenverantwortlichen Unterrichts in der Klasse 3a entzogen worden. Die Klägerin meint, da zugleich auch die alte Vergütung weiter gezahlt worden sei, sei § 625 BGB zumindest entsprechend anzuwenden.
Ferner verweist sie darauf hin, dass als Vergleichsmaßstab nicht die Tätigkeit eines angestellten Lehrers heranzuziehen sei, sondern ein Vergleich zwischen ihrer bisherigen Tätigkeit als Vertretungslehrkraft und der Tätigkeit als pädagogische Mitarbeiterin durchzuführen sei. Dabei stamme das Berufsbild der pädagogischen Mitarbeiter aus dem Bereich der Sonderschule. Dort seien aber tatsächlich während des Unterrichts immer 2 Kräfte anwesend. Schließlich sei auch unter Anwendung der maßgeblichen Eingruppierungsvorschriften des BAT eine Bewertung der Tätigkeit der Klägerin nach VergGr. V b BAT nicht möglich. Insgesamt verletze die Verschlechterung der Vertragsbedingungen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg - Az. 3 Ca 486/04 - vom 18.04.2005 abzuändern und festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gem. Änderungskündigung vom 18.11.2004 sozial ungerechtfertigt ist und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den Ablauf der Kündigungsfrist am 31.12.2004 hinaus unverändert fortbesteht.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Arbeitsgericht habe die tatsächlichen und rechtlichen Umstände in jeder Hinsicht zutreffend gewürdigt. Entgegen der Darstellung der Klägerin habe sich auch die tatsächliche Handhabung der Vertretungstätigkeit sehr wohl geändert.
Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit zulässig (§§ 519, 520 ZPO, §§ 64, 66 ArbGG).
II.
Die Berufung ist unbegründet.
1.
Die Klage ist als Änderungsschutzklage (§§ 2, 4 KSchG) zulässig.
2.
Die Klage ist aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat sie mit zutreffender Begründung abgewiesen.
Eine Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn betriebsbedingte Gründe einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu den bisherigen Bedingungen entgegenstehen und der Arbeitgeber solche Änderungen der Arbeitsbedingungen vorgeschlagen hat, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss (st. Rspr. des BAG, vgl. zuletzt Urteil vom 23.06.2005 - 2 AZR 642/04 - NZA 2006, 92; vom 15.03.1991 - AP § 2 KSchG 1969 Nr. 28).
a)
Beruht der Wegfall des Beschäftigungsbedarfes auf einer Organisationsentscheidung des Arbeitsgebers, so ist diese lediglich dahin gehend zu überprüfen, ob sie offenkundig unsachlich oder willkürlich ist - wofür der Kläger darlegungs- und beweispflichtig ist - und ob sie ursächlich für den vom Arbeitgeber geltend gemachten Änderungsbedarf ist (vgl nur BAG vom 27.09.2001 - 2 AZR 246/00 - EzA § 2 KSchG Nr. 41; vom 23.06.2005 - 2 AZR 642/04 aaO.).
Das beklagte Land hat die Entscheidung getroffen, in den Grundschulen keine so genannten Vertretungslehrkräft mehr einzusetzen, die eigenständigen Vertretungsunterricht erteilen, sondern kurzfristig ausfallende Lehrkräfte von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vertreten zu lassen. Diese Organisationsentscheidung ist in den Erlassen des Kultusministers vom 03.02. und 18.05.2004 dokumentiert. Beide Erlasse sind zum 01.08.2004 in Kraft getreten.
Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist diese Organisationsentscheidung als solche rechtlich nicht angreifbar. In den maßgeblichen Erlassen kommt zum Ausdruck, dass das Land Niedersachsen sich entschlossen hat, die fachlichen Anforderungen an die Unterrichtsinhalte bei der Vertretung des kurzfristigen Ausfalles von Lehrkräften abzusenken. Dies manifestiert sich deutlich daran, dass für Neueinstellungen die fachliche Qualifikation von Erzieherinnen/Erziehern bzw. Sozialpädagogen/ Sozialpädagoginnen als ausreichend angesehen wird. Ob eine derartige Entscheidung in pädagogischer Hinsicht als sinnvoll anzusehen ist, entzieht sich arbeitsgerichtlicher Kontrolle.
b)
Das beklagte Land hat das geänderte Organisationskonzept mit Inkrafttreten der Erlasse am 01.08.2004 auch tatsächlich vollzogen. Insoweit ist maßgeblich darauf abzustellen, welche Anweisungen das Kultusministerium bzw. die Landesschulbehörde den betroffenen Grundschulen für das am 01.08.2004 beginnende neue Schuljahr erteilt haben. Insofern ist festzustellen, dass auch die Grundschule B..., an der die Klägerin eingesetzt ist, in ihrer Gesamtkonferenz ein auf die neue Erlasslage abgestelltes Vertretungskonzept verabschiedet hat. Wenn dieses von der Grundschule B... erstellte neue Vertretungskonzept keine ganz signifikanten Veränderungen gegenüber dem vorangegangen Konzept der Beschäftigung von Vertretungslehrkräften zum Ausdruck bringt, stellt dies eine ausreichende Umsetzung des Konzeptes durch das beklagte Land insgesamt nicht in Frage. Denn zum einen sieht insbesondere der Erlass vom 18.05.2004 selbst vor, dass die jeweilige Schule ein eigenes Vertretungskonzept erarbeiten muss, also insoweit nicht alle Einzelheiten des Einsatzes der pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Landesschulbehörde oder dem Kultusministerium zentral vorgegeben werden. Angesichts der im Schulgesetz verankerten Kompetenzen der Gesamtkonferenz ist es dem beklagten Land auch nur begrenzt möglich, in die Einzelheiten der Umsetzung in der einzelnen Schule einzugreifen. An dem Willen des beklagten Landes, die in den beiden Erlassen vorgesehenen Regelungen mit Wirkung zum neuen Schuljahr 2004/2005 auch tatsächlich umzusetzen, ist jedoch angesichts der tatsächlichen Umstände nicht ernstlich zu zweifeln.
Der Vollzug dieser Organisationsänderung bedingt, dass auf Dauer ein Bedarf zur Weiterbeschäftigung der Klägerin zu den bisherigen Bedingungen als Vertretungslehrkraft auf Abruf nicht mehr fortbesteht, wie das Arbeitsgericht in eingehender Würdigung zutreffend festgestellt hat. Dabei ist nicht vordergründig darauf abzustellen, dass die Klägerin nach wie vor unverändert im Umfang von 5 Unterrichtsstunden Vertretung für ausfallende Lehrkräfte übernimmt. Ebenso wenig ist darauf abzustellen, dass sich in der Art und Weise der Vertretungstätigkeit, die die Klägerin konkret erbringt, angesichts der bei ihr vorhandenen fachlichen Qualifikation möglicherweise kaum eine Änderung ergeben wird. Maßgeblich ist vielmehr, dass das beklagte Land landesweit und auch konkret gegenüber der Klägerin nicht mehr die Arbeitsleistung einer eigenständigen Vertretungslehrkraft abfordert. Zwar war bereits nach dem vorangegangenen Konzept der Erteilung von Vertretung auf Abruf das Stundensoll einer Vollzeitstelle gegenüber angestellten Lehrkräften um 4 Wochenstunden erhöht worden, weil die Vertretungskräfte auf Abruf nicht in vollem Umfang in das pädagogische Gesamtkonzept, etwa Klassenleitung, mittel- bis langfristige Unterrichtsplanung usw. eingebunden waren. Von der Vertretungskraft wurde jedoch bisher inhaltlich - wenn auch nur stundenweise - das Erbringen einer eigenständigen Unterrichtsleistung abgefordert. Nur das konnte es auch rechtfertigen, den für Lehrer pauschalisierend berücksichtigten Zeitaufwand für Vor- und Nacharbeiten, persönliche Fortbildung, Erstellung neuer Unterrichtskonzepte usw. in der Weise zu berücksichtigen, dass die zu erbringende Unterrichtszeit auf 32 Unterrichtsstunden in der Woche während des Schuljahres bemessen wurde. Nach der neuen Erlasslage wird zwar nach wie vor eine pädagogische Tätigkeit abgefordert, die jedoch qualitativ nicht mehr das Maß einer eigenständigen Unterrichtserteilung erreicht. Der Schwerpunkt liegt vielmehr auf der Betreuung und Beaufsichtigung der Kinder. Damit fällt ein erheblicher Anteil des zeitlichen Aufwandes, den eine Lehrkraft für die dauerhafte Gestaltung eigenständigen Unterrichtes sowohl während der Unterrichtszeit als auch in den Schulferien erbringen muss, weg. Aus dem Umstand, dass die (Neu)Regelung für alle Grundschulen eines gesamten Bundeslandes gilt, folgt notwendig, dass dabei eine pauschalisierende und generalisierende Betrachtungsweise geboten ist und nicht auf die Qualität der individuellen Arbeitsleistung abgestellt werden kann.
Zwar mag im Bereich der Sonderschulen der qualitative Unterschied in den Anforderungen und auch dem Maß der Verantwortung zwischen der Lehrkraft und der pädagogischen Mitarbeiterin deutlicher sein. Dies ändert nichts daran, dass nun auch im Bereich der Verlässlichen Grundschule für die Gewährleistung von Vertretungsstunden das Berufsbild der Vertretungslehrkraft ersetzt wurde durch das einer erzieherischen oder pädagogischen Betreuungskraft. Dem steht auch das Urteil des Bundesarbeitsgericht vom 27.1.1999 - 4 AZR 88/98 (AP §§ 22, 23 BAT 1975) nicht entgegen. Ihm ist nicht die Regel zu entnehmen, dass pädagogische Mitarbeiter stets nur als unselbständige Hilfskräfte tätig werden können.
Mit diesem Wechsel im fachlichen Anforderungsprofil ist im Rechtssinne der Bedarf zur Weiterbeschäftigung von Vertretungslehrkräften in der bisherigen Art und Weise entfallen.
c)
Das vom beklagten Land gemachte Änderungsangebot war sachlich gerechtfertigt und der Klägerin zumutbar. Soll das Änderungsangebot zur Änderung der Arbeitsbedingungen an verschiedenen Punkten führen, so muss allerdings an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jede einzelne Änderung den Anforderungen der Erforderlichkeit und Geeignetheit entsprechen (zuletzt Urteil vom 23.06.2005 - 2 AZR 642/04). Auch dies ist vorliegend der Fall.
(a)
Es mag dahinstehen, ob unter strikter Anwendung der Eingruppierungsmerkmale des BAT im Sozial- und Erziehungsdienst eine Eingruppierung der Klägerin nach VergGr. V b BAT zutreffend wäre. Jedenfalls hat das beklagte Land eine Veränderung der Grundeingruppierung zu Lasten der Klägerin nicht vorgenommen.
(b)
Hinsichtlich des Zeitfaktors bei der Bemessung der Vergütung wirkt sich kumulativ aus, dass nicht mehr wie in der Vergangenheit 5 Unterrichtsstunden à 45 Minuten sowie rd. 12 Wochen unterrichtsfreie Zeit im Schuljahr zugrunde gelegt werden, sondern die vertragliche Regelarbeitszeit eines Angestellten mit tarflichem Jahresurlaub. Dies bildet den Schwerpunkt der vom beklagten Land beabsichtigten Änderung der Arbeitsbedingungen. In der Konsequenz der oben dargestellten Änderungen der abgeforderten vertraglichen Leistungen ergibt sich aber gerade, dass eine entsprechende anteilige Reduzierung der zeitlichen Bemessungsgrundlage bei der Vergütung als sachlich gerechtfertigt zu bezeichnen ist.
Zwar ist ein Vergleich der Bemessung der vergüteten Arbeitszeit nach dem alten Vertrag und der Neuregelung rechnerisch nicht unmittelbar möglich. Das beklagte Land hat insoweit nämlich wiederum gewisse Pauschalierungen vorgenommen, indem es einerseits 5 Unterrichtsstunden 5 Zeitstunden gleichgesetzt hat, womit aber auch die Teilnahme an Konferenzen etc. abgedeckt sein soll. Umgekehrt ist unverändert eine Vergütungszahlung in der gesamten unterrichtsfreien Zeit vorgesehen.
Allein das Umstellen der Wochenarbeitszeit von einem Berechnungsfaktor von 32 Wochenstunden auf (38,5 oder) 40 Wochenstunden ergibt einen rechnerischen Unterschied von mehr als 20 %. Die Vergütungsfortzahlung für zusätzliche rd. 6 Wochen unterrichtsfreie Zeit würde, auf das Jahr bezogen, einen rechnerischen Unterschied von noch einmal deutlich über 10 % ausmachen. Das beklagte Land hat seinerseits bei der pauschalierenden Neuberechnung im gewissen Umfang Zeiten für Vor- und Nacharbeiten, die auch für die notwendige pädagogisch betreuende Tätigkeit anfallen sollen, sowie die Teilnahme an Konferenzen eingerechnet. Es kann insoweit jedenfalls nicht festgestellt werden, dass - wie die Klägerin geltend macht - eine sachlich unbegründete doppelte Kürzung der Berechnungsfaktoren der Vergütung vorgenommen wurde. Vielmehr erweist sich die neue Berechnungsformel sowohl unter Bezugnahme auf die geänderte Wochenarbeitszeit als auch unter Berücksichtigung der unterrichtsfreien Zeit als plausibel. Insbesondere hinsichtlich des Kürzungsfaktors für die unterrichtsfreie Zeit hat das beklagte Land unter Berücksichtigung von Nebenarbeiten einen maßvollen Ausgleich von 6 % je rechnerischer Stunde gewählt.
(c)
Schließlich ist auch nicht zu beanstanden, dass das beklagte Land für die Bemessung der Vergütung eine 40-Stunden-Woche zugrunde legt. Zwar könnte dies auf Bedenken stoßen im Hinblick auf den Grundsatz der tarifrechtlichen Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG. § 15 BAT über die regelmäßige Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden ist mit Wirkung zum 30.04.2004 von Arbeitgeberseite gekündigt worden. Da für das Arbeitsverhältnis der Parteien die Geltung des BAT vereinbart ist und das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Kündigung der §§ 15 - 17 BAT bereits bestand, lägen grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Nachwirkung der gekündigten Tarifnorm vor. Es bestünden insoweit Bedenken, ob der Arbeitgeber diese tarifliche Nachwirkung durch Ausspruch einer Änderungskündigung beenden könnte. Für die Klägerin hat aber nach bisheriger Rechtslage eine tarifliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden nie gegolten. Die besonderen Arbeitszeitregelungen für Lehrkräfte sind gem. § 2 BAT aus den § 15 ff. BAT ausgenommen und in der Sonderregelung 2 l zum BAT enthalten. Es ist daher im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass als Berechnungsfaktor, wie in dem Erlass für Neuverträge vorgesehen, auch für die "Altarbeitsverhältnisse" die 40-Stunden-Woche als Maßstab genommen wird.
(d)
Es ist also im Ergebnis festzustellen, dass die von dem beklagten Land vorgesehenen Änderungen der Arbeitsbedingungen in ihrer Gesamtheit sachlichem inneren Zusammenhang mit der vorgesehenen Änderung des Vertretungskonzeptes im Rahmen der Verläßlichen Grundschule stehen. Zwar wiegt die Reduzierung der Vergütung um etwa 20% für die Klägerin schwer. Andererseits steht aber fest, dass in dem auf viele Jahre in die Zukunft ausgerichteten Dauerarbeitsverhältnis die Arbeitgeberin die fachlichen Anforderungen an die zu erbringende Arbeitsleistung deutlich gesenkt hat. Art und Weise der zu erbringenden Stundenvertretung werden sich zukünftig dem Ziel Betreuung und Beaufsichtigung orientieren. Insbesondere der von einer Lehrkraft erwartete Zeitaufwand für die Vor- und Nachbereitung eigenverantwortlichen, selbständigen Unterrichts, Erstellung von Unterrichtskonzeptionen sowie fachlicher Weiterbildung sowohl in der Unterrichtszeit als auch in der Zeit der Schulferien, entfällt dadurch weitgehend. Es kann von einem Arbeitgeber aber nicht erwartet werden, dass er langfristig Vergütung für eine Arbeitsleistung zahlt, die er so nicht mehr in Anspruch nehmen will. Zwar wird das beklagte Land auch in Zukunft faktisch von der Fachausbildung der Klägerin profitieren. Dennoch überwiegt in der Gesamtschau das berechtigte Interesse der Arbeitgeberin, das vertragliche Gegenseitigkeitsverhältnis von Arbeitsverpflichtung und Vergütung neu auszutarieren. Die angebotenen neuen Vertragsbedingungen erweisen sich daher als billigenswert und der Klägerin zumutbar.
d)
Der Wirksamkeit der Änderungskündigung steht auch nicht der Vergleichsabschluss zwischen den Parteien vom 04.08.2004 entgegen. Zwar könnte insoweit zu erwägen sein, dass eine Änderung der Arbeitsbedingungen der Klägerin nur 3 Monate nach Abschluss des Vergleiches im Rechtssinne unzumutbar wäre, weil insbesondere das beklagte Land in Kenntnis der neu regelnden Erlasse und nach deren Inkrafttreten einen Vergleich dahin gehend geschlossen hat, dass das Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen fortbesteht. Der Annahme einer derart weitreichenden "Sperrwirkung" des Vergleiches steht aber entgegen, dass das beklagte Land vor Abschluss des Vergleiches ausdrücklich auf noch notwendig erfolgende Änderungen der Vertragslage hingewiesen hat. Zwar ist in dem Vorbehalt nur die Rede von der Aufgabenbeschreibung und "anderen Details der Beschäftigung". Es kann durchaus zweifelhaft erscheinen, ob damit wirksam eine Reduzierung der Vergütung der Klägerin um über 20 % vorbehalten wurde. Bei der Auslegung sowohl der Protokollerklärung als auch des Vergleichstextes selbst ist jedoch nicht am bloßen Wortsinn zu haften, sondern Sinn und Zweck der Regelung zu ermitteln (§§ 133, 157 BGB). Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass mit diesem Vergleich im Fall der Klägerin eine echte, von sämtlichen anderen beschäftigten Lehrkräften losgelöste Individualregelung mit der Klägerin getroffen werden sollte. Der Vergleich muss vielmehr so verstanden werden, dass lediglich die Streitfrage der Befristung gelöst werden sollte und die Klägerin ein unbefristetes Arbeitsverhältnis erhielt. Hinsichtlich der noch bevorstehenden und angekündigten organisatorischen Änderungen im Bereich der Verlässlichen Grundschule ist daher nach Sinn und Zweck des Vergleiches die Klägerin so zu stellen, wie alle anderen ebenfalls betroffenen unbefristeten Vertretungskräfte auch. Datum und Umstände des Vergleichsschlusses stehen daher der ausgesprochenen Änderungskündigung nicht entgegen.
e)
Auch die Argumentation der Klägerin, die Änderungskündigung sei jedenfalls deswegen gegenstandslos geworden, weil sie über den 01.01.2005 zu unveränderten Bedingungen weitergearbeitet habe, greift im Ergebnis nicht durch. Gegen die unmittelbare oder auch entsprechende Anwendung des § 625 BGB sprechen zwei Erwägungen.
§ 625 BGB regelt den Tatbestand, dass ein Arbeitsverhältnis rechtlich vollständig beendet gewesen ist und dann die Arbeitsleistung tatsächlich weitererbracht wird. Im vorliegenden Fall war aber die unbefristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zwischen beiden Parteien unstreitig. Vielmehr kommt die gesetzliche Spezialregelung des § 2 KSchG zur Anwendung, wonach die Klägerin ausdrücklich die Erklärung abgegeben hat, die Änderungskündigung unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung der Wirksamkeit der Änderung anzunehmen. Diese ausdrückliche Erklärung der Klägerin nach § 2 KSchG steht einer Anwendung des § 625 BGB grundsätzlich entgegen (vgl. ErfK/Müller-Glöge 6. Aufl. § 625 BGB Rn. 4).
Im übrigen wären aber auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 625 BGB nicht erfüllt. Denn die schlichte Weiterzahlung der bisherigen Vergütung würde insoweit nicht genügen. Zwingendes Erfordernis, um die Rechtsfolgen des § 625 BGB auszulösen ist, dass ein Vertreter des Arbeitgebers, der den Arbeitgeber durch vertragliche Abrede binden könnte, positive Kenntnis von der Weiterarbeit des Arbeitnehmers (hier ggf. zu unveränderten Bedingungen) hat (ErfK/Müller-Glöge § 612 BGB Rn. 12). Weder die positive Kenntnis der Schulleiterin noch ein Fehler in der Bezügestelle vermögen aber eine positive Kenntnis der entscheidungsbefugten Personen in der Landesschulbehörde zu indizieren oder zu ersetzen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.
Ende der Entscheidung
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