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Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 27.08.2007
Aktenzeichen: 12 Sa 52/07
Rechtsgebiete: TVöD
Vorschriften:
TVöD § 47 Nr. 9 |
LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 27. August 2007 durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Mestwerdt, den ehrenamtlichen Richter Herrn Janssen, den ehrenamtlichen Richter Herrn Mühlena für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stade - 1 Ca 165/06 - vom 11.12.2006 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger ein Zuschlag nach § 47 Nr. 9 Abs. 6 TVöD zusteht.
Der am 00.00.1962 geborene Kläger ist seit dem 01.12.1998 als Angestellter bei der W. der Beklagten beschäftigt. Im streitgegenständlichen Zeitraum war er als Baggeraufseher auf Laderaumsaugbaggern privater Unternehmen tätig. Im Bundeseigentum ist lediglich noch der Laderaumsaugbagger "Nordsee"; im Übrigen bedient sich die Beklagte privater Unternehmen für Saugbaggerarbeiten.
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass ihm pro Einsatztag ein Zuschlag von € 25,00 nach § 47 Nr. 9 Abs. 6 Satz 1 TVöD zusteht und macht diese für den Zeitraum vom 29.11. 2005 bis zum 30.09.2006 geltend.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 3.350,00 brutto
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf € 50,00 seit dem 01.12.2005,
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf € 250,00 seit dem 01.01.2006,
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf € 400,00 seit dem 01.02.2006,
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf € 200,00 seit dem 01.03.2006,
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf € 400,00 seit dem 01.04.2006,
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf € 200,00 seit dem 01.05.2006,
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf € 200,00 seit dem 01.06.2006,
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf € 400,00 seit dem 01.07.2006,
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf € 375,00 seit dem 01.08.2006,
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf € 625,00 seit dem 01.09.2006,
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf € 250,00 seit dem 01.10.2006
zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
und die Ansicht vertreten, anspruchsberechtigt seien ausschließlich Besatzungsmitglieder auf dem einzig noch im Bundeseigentum stehenden Laderaumsaugbagger "Nordsee".
Das Arbeitsgericht hat nach Einholung einer Auskunft der Tarifvertragsparteien die Klage abgewiesen. Die Vorschrift sei dahingehend auszulegen, dass mit dem Laderaumsaugbagger nur der einzig noch im Eigentum der Beklagten befindliche Laderaumsaugbagger "Nordsee" gemeint sei. Aus einer E-Mail der tarifverhandelnden Frau G. (ver.di Bundesverwaltung) vom 27.03.2006 (Bl. 43 d. A.) ergebe sich, dass auch aus Sicht von ver.di die Zahlung der Zulage für eine Tätigkeit auf privaten Laderaumsaugbaggern noch nicht tariflich geklärt war. Der Kläger sei schließlich nicht als Besatzungsmitglied eines Laderaumsaugbaggers tätig geworden.
Der Kläger hat gegen das ihm am 13.12.2006 zugestellte Urteil am 12.01.2007 Berufung eingelegt und diese am 26.01.2007 begründet.
Er wiederholt und vertieft die erstinstanzliche Begründung und beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 11.12.2006 - 1 Ca 165/06 - abzuändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung vom 25.01.2007 und die Berufungserwiderung vom 02.04.2007.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte und damit zulässige Berufung ist unbegründet.
Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten für den streitgegenständlichen Zeitraum kein Zuschlag nach § 47 Nr. 9 Abs. 6 TVöD für Einsatztage als Aufseher auf einem privaten Laderaumsaugbagger zu. Die tariflichen Anspruchsvoraussetzungen sind nicht erfüllt.
1.
Nach § 47 Nr. 9 Abs. 6 TVöD erhalten Besatzungsmitglieder auf Schadstoffunfallbekämpfungsschiffen und auf dem Laderaumsaugbagger, deren Arbeitszeit sich nach Abs. 3 richtet, pro Einsatztag einen Zuschlag in Höhe von 25,00 €. Überstunden sind bis zu 2 Stunden täglich abgegolten (z. B. für kleinere Reparaturen); dies gilt nicht im Fall von Havarien, Bergungsarbeiten oder angeordneten Reparaturen. Der Zuschlag nach Satz 1 ist von der Durchschnittsberechnung nach § 21 Satz 2 ausgenommen.
2.
Die Auslegung dieser Tarifnorm ergibt, dass lediglich Besatzungsmitglieder auf dem verbliebenen bundeseigenen Laderaumsaugbagger "Nordsee" Anspruch auf Gewährung des streitgegenständlichen Zuschlags haben.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung eines Tarifvertrages den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (ständige Rechtsprechung, zuletzt BAG, Urteil vom 25.04.2007 - 10 AZR 110/06).
Bereits der Wortlaut spricht - wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat - dafür, dass lediglich Besatzungsmitglieder auf dem im Bundeseigentum verbliebenen Laderaumsaugbagger "Nordsee" anspruchsberechtigt sind. § 47 Nr. 9 Abs. 6 TVöD spricht ausdrücklich von "dem Laderaumsaugbagger" und unterscheidet sich damit von der Vorgängerregelung im Tarifvertrag für die Angestellten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes auf Laderaumsaugbaggern vom 22.03.1978, wo ausdrücklich in § 1 im Geltungsbereich noch von Besatzungsmitgliedern auf den Laderaumsaugbaggern die Rede ist. Dies zeigt, dass mit der Reduzierung der Laderaumsaugbagger auf nur noch ein Schiff die Tarifvertragsparteien diese Entwicklung nachvollzogen haben. Dass in § 47 Nr. 9 Abs. 6 TVöD nicht aus Versehen der Laderaumsaugbagger im Singular erwähnt wird, ergibt sich zudem auch aus weiteren Regelungen wie z. B. in § 47 Nr. 6 Abs. 2, wo auch von "dem Laderaumsaugbagger" die Rede ist.
Zwar ist nach § 47 Nr. 1 Abs. 1 Satz 4 TVöD grundsätzlich in Bezug auf den Geltungsbereich bestimmt, dass die Regelungen auch für Beschäftigte der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes gelten, die auf nicht bundeseigenen Schiffen und schwimmenden Geräten eingesetzt sind.
Demgegenüber enthält § 47 Nr. 9 in Absatz 4 TVöD aber eine eigene und spezielle Bestimmung der erfassten Beschäftigten für diese Tarifnorm. Nach den Regelungen zur Arbeitszeit in § 47 Nr. 9 Abs. 1 bis 3 TVöD heißt es dort ausdrücklich: "Die Regelungen der Absätze 1 bis 3 gelten auch für Beschäftigte der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, die auf nicht bundeseigenen Schiffen und schwimmenden Geräten eingesetzt sind." Sodann folgen die Absätze 5 und 6 mit der Regelung u. a. des streitgegenständlichen Zuschlags. Beziehen sich nach § 47 Nr. 9 Abs. 4 die Absätze 1 bis 3 auch auf die auf nicht bundeseigenen Schiffen tätigen Beschäftigten, so ergibt sich daraus im Umkehrschluss, dass dies in Bezug auf die nachfolgenden Absätze 5 und 6 nicht der Fall ist.
Dass die Tarifvertragsparteien eine tarifliche Regelung des Zuschlages im Auslegungssinne des Klägers tatsächlich nicht getroffen haben, ergibt sich schließlich aus der vom Arbeitsgericht zutreffend herangezogenen E-Mail der tarifverhandelnden Rechtssekretärin der ver.di Bundesverwaltung, die noch im März 2006 Klärungs- bzw. Verhandlungsbedarf bei der Zahlung der Zulage für Bauaufseher auf privaten Unternehmensbaggern gesehen hat.
Ob der geltend gemachte Anspruch auch deshalb nicht besteht, weil der Kläger als Aufseher nicht Besatzungsmitglied im Tarifsinne ist, brauchte nicht mehr vertieft zu werden.
Die Berufung war mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Ende der Entscheidung
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