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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 24.08.2004
Aktenzeichen: 13 Sa 1699/03
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 112 Abs. 5 S. 2 Nr. 2
Innendienstmitarbeiter im Versicherungsgewerbe, die das Angebot eines Außendienstarbeitsplatzes ablehnen, verlieren nicht den Abfindungsanspruch nach Sozialplan. Außendiensttätigkeit ist in der Regel nicht als zumutbares Arbeitsplatzangebot zu bewerten.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 Sa 1699/03

Verkündet am: 24.08.2004

In dem Rechtsstreit

hat die 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 24.08.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenkötter und die ehrenamtlichen Richter Wilde und Stolze

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 09.07.2003, 8 Ca 715/02, abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.733,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2003 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 12.733,45 € festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Zahlung einer Sozialplanabfindung in Höhe von 12.733,45 €. Die Beklagte verweigert die Zahlung mit der Begründung, dem Kläger sei eine zumutbare Weiterbeschäftigung im Außendienst angeboten worden.

Die Beklagte befasst sich mit der Vermittlung von Versicherungen. Der 1969 geborene Kläger war vom 01.02.1996 bis zum 31.12.2002 als Kundenbetreuer im Innendienst in der Niederlassung H. der Beklagten beschäftigt. Er war zuständig für Sachversicherungen (Feuerversicherungen mit Nebensparten). Mit Änderungskündigung vom 28.10.2002 (Bl. 9 d.A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.12.2002 und bot dem Kläger eine Weiterbeschäftigung als Kundenbetreuer Außendienst an. Der Kläger nahm diese Änderungskündigung nicht an und erhob keine Kündigungsschutzklage. Er ist seit 2003 bei einem Konkurrenzunternehmen im Innendienst beschäftigt.

Im Zuge einer Restrukturierung wurde u.a. die bisherige Niederlassung H. der Beklagten zum 01.01.2003 in eine Geschäftsstelle umgewandelt.

Die Bereiche Kundenbetreuung Innendienst und Verwaltung wurden in das Regionalzentrum B. integriert. Am 06.08.2002 schlossen die Beklagte und ihr Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan.

Unter 3.1 der Sozialplanregelung ist bestimmt:

Keine Abfindung erhalten Mitarbeiter, die eine ihnen angebotene zumutbare Beschäftigung ablehnen (siehe dazu anliegende Protokollnotiz).

Die Protokollnotiz bestimmt, dass der Umzug an einen anderen Arbeitsplatz, der weiter als 80 km vom bisherigen Wohnort entfernt liegt, grundsätzlich unzumutbar ist.

In einer Mobilitätsabfrage vom 29.07.2002 (Bl. 88 und 89 d.A.) gab der Kläger u.a. an als mögliche Beschäftigung Kundenbetreuer Außendienst für H.. In den Monaten Juli bis September 2002 begleitete er den kommissarischen Niederlassungsleiter H. bei dessen Tätigkeit im Außendienst. Ende September 2002 erklärte er der Beklagten, dass er im Außendienst nicht mehr tätig werden wolle. Eine Beschäftigung in B. hatte er bereits abgelehnt.

Bei der Beklagten bestehen Anforderungsprofile für Sachbearbeiter und Akquisiteur/Kundenbetreuer Außendienst. Auf deren Inhalt, Bl. 68 und 69 d.A. wird Bezug genommen.

Die Beklagte zahlte mit Dezembergehalt 2002 eine Abfindung in Höhe von 4.399,20 € (Beklagtenschreiben vom 11.12.2002, Bl. 90 d.A.). Der Kläger wertet die Zahlung als Sonderleistung für eine Tätigkeit in B. im November 2002. Für den Fall, dass Sozialplanabfindung geschuldet ist, bewertet die Beklagte die Zahlung als Leistung auf die Sozialplanabfindung. Mit E-Mail vom 31.10.2002 (Bl. 136 d.A.) teilte der Kläger der Beklagten die getroffenen Vereinbarungen zum B.-Einsatz mit. Die Beklagte bestätigte mit E-Mail vom 01.11.2002 (Bl. 137 d.A.). Mit E-Mail vom 09.12.2002 (Bl. 102 d.A.) teilte die Beklagte dem Kläger auf dessen Nachfrage mit, dass sie eine Abfindung von 4.399,20 € brutto auszahle, ein Anspruch auf Sozialplanabfindung aber nicht bestehe.

Der Kläger hat vorgetragen, nach seiner Auffassung handele es sich bei der Außendiensttätigkeit nicht um eine zumutbare Beschäftigung im Sinne der Sozialplanregelung. Zwischen einer Innendienst- und Außendienstätigkeit bestünden erhebliche Unterschiede. Für eine Außendiensttätigkeit sei eine bestimmte Persönlichkeitsstruktur erforderlich, über die er nicht verfüge.

Er sei für diese Tätigkeit nicht geeignet. Die Innendiensttätigkeit erfordere spezielle fachliche Kenntnisse einer Versicherungssparte. Hier stehe die fachliche Komponente im Vordergrund. Schwerpunkt der Außendiensttätigkeit sei die Akquisition. Dabei müsse der Außendienstmitarbeiter über ein breit angelegtes Versicherungswissen verfügen, er sei Generalist. Er habe eine Außendiensttätigkeit nicht von vornherein ausgeschlossen, deshalb habe er dies auf der Mobilitätsanfrage auch unverbindlich als Möglichkeit angegeben. Er habe aber dann bei Begleitung des kommissarischen Niederlassungsleiters festgestellt, dass die Außendiensttätigkeit nicht seinen Neigungen entspreche. Außendiensttätigkeit sei gekennzeichnet durch unregelmäßige Arbeitszeit, ständige Reisetätigkeit, Problemkonfrontation ohne Vorbereitungsmöglichkeit, Fragen zu allen Sachgebieten des Versicherungswesens und durch das Erfordernis von Akquisition.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 12.733,45 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 01.01.2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, bei dem Angebot der Außendiensttätigkeit handele es sich um einen zumutbaren Arbeitsplatz, so dass ein Anspruch auf Sozialplanabfindung nicht bestehe. Auch als Sachbearbeiter im Innendienst habe der Kläger teilweise Kundenbetreuung im Außendienst erledigen müssen. Die Anforderungsprofile für Innendiensttätigkeit und Außendiensttätigkeit seien teilweise deckungsgleich. Dass es sich um eine zumutbare Beschäftigung handele, folge auch daraus, dass der Kläger in der Mobilitätsabfrage angegeben habe, er könne sich einen Wechsel in den Außendienst vorstellen.

Der Kläger habe auch in einem größeren Kollegenkreis mehrfach geäußert, er sehe seine Zukunft in der Kundenakquisition. Auch gegenüber dem kommissarischen Niederlassungsleiter habe er geäußert, er könne sich eine Änderung des Arbeitsvertrages und eine Beschäftigung als Kundenbetreuer Außendienst in H. vorstellen. Dem Kläger sei ausdrücklich angeboten worden, dass er keine Akquise betreiben müsse, er habe sich auf die Betreuung von Bestandskunden beschränken können. Schließlich sei dem Kläger eine 14 %ige Gehaltserhöhung angeboten worden Ende Oktober 2002.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf Tenor und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Mit Berufung wiederholt der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag zum Unterschied zwischen Innendienst- und Außendiensttätigkeit. Das Angebot der Beklagten, nur Bestandskunden zu betreuen, sei erst nach Ablehnung der Außendiensttätigkeit durch ihn erfolgt. Im Übrigen gehöre Akquisitionstätigkeit zwangsläufig zur Tätigkeit eines Außendienstmitarbeiters. Für eine Auslastung mit reiner Kundenbetreuung ohne Akquisitionstätigkeit sei im Übrigen der Kundenbestand nicht ausreichend gewesen. Schließlich verweist der Kläger darauf, dass 5 anderen, im Innendienst beschäftigten Mitarbeitern Außendiensttätigkeit nicht angeboten worden ist. Vielmehr hätten diese die Abfindung erhalten. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung und die Schriftsätze des Klägers vom 05.01.2004 und 17.05.2004.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 09.07.2003 (8 Ca 715/02) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 12.733,45 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 01.01.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt nach Maßgabe der Berufungserwiderung das erstinstanzliche Urteil und vertritt die Auffassung, dass die Beschäftigung im Außendienst zumutbar war. Die Ablehnung der Außendiensttätigkeit durch den Kläger stehe im Widerspruch zu seiner Angabe in der Mobilitätsabfrage. Zu den vom Kläger angeführten Mitarbeitern, denen keine Außendiensttätigkeit angeboten worden ist, führt die Beklagte aus, dass diese dafür nicht qualifiziert gewesen seien. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Berufungserwiderung und den Beklagtenschriftsatz vom 15.04.2004.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 64, 66 ArbGG. Die Berufung ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf die begehrte Sozialplanabfindung, die der Höhe nach unstreitig ist. Bei dem angebotenen Arbeitsplatz im Außendienst handelt es sich nicht um eine zumutbare Beschäftigung gemäß Ziffer 3.1 des Sozialplans.

Nach § 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG sollen Arbeitnehmer von Sozialplanleistungen ausgeschlossen werden, wenn sie eine zumutbare Weiterbeschäftigung ablehnen. Welche Beschäftigung zumutbar ist, unterliegt in erster Linie der Regelungsbefugnis der Betriebsparteien. Vorrangig ist deshalb darauf abzustellen, welche Regelungen zur Zumutbarkeit im Sozialplan getroffen sind. Fehlt es an solchen Regelungen, dann sind zumutbare Arbeitsplätze solche, die der Vorbildung des Arbeitnehmers und seiner bisherigen Tätigkeit nach Art und Inhalt entsprechen und eine Arbeitsleistung zum Inhalt haben, deren Verrichtung vom Arbeitnehmer billigerweise erwartet werden kann. Dabei müssen unter Umständen auch geringe Einkommenseinbußen hingenommen werden, andererseits kann nicht jeder beliebige Arbeitsplatz als zumutbar angesehen werden (BAG vom 28.09.1988, 1 ABR 23/87, EzA § 112 BetrVG 1972 Nr. 49; BAG vom 15.12.1998, 1 AZR 332/98, EzA § 112 BetrVG 1972 Nr. 103).

Der Sozialplan enthält abgesehen von der Umzugsklausel in der Protokollnotiz keine Bestimmung darüber, welche Beschäftigung zumutbar ist. Unter Heranziehung der vorstehenden Grundsätze war das Beschäftigungsangebot Außendienst als nicht zumutbar zu bewerten. Innendienst und Außendienst sind gerade im Versicherungsgewerbe Arbeitsbereiche, die ihrer Art nach erhebliche Unterschiede aufweisen. Innendienst und Außendienst stellen an den Mitarbeiter qualitativ unterschiedliche Anforderungen.

Die Außendiensttätigkeit im Versicherungsgewerbe besteht in der Kundenbetreuung und in der Vermittlung typischerweise eines breiten Angebotes von Versicherungsleistungen. Der Außendienstmitarbeiter benötigt einen Überblick über das gesamte Versicherungsangebot und muss insbesondere die Fähigkeit besitzen, auf Kunden einzugehen und Verträge zu vermitteln. Er muss "verkaufen" können. Die Tätigkeit beinhaltet im Wesentlichen Reisetätigkeit und Kundenbetreuung vor Ort. Außendiensttätigkeit wird zu einem nicht unerheblichen Teil erfolgsabhängig vergütet, es werden Zielvorgaben gesetzt, generell besteht die Erwartung der Umsatzsteigerung.

Dieser typischen Außendiensttätigkeit im Versicherungsgewerbe entspricht auch das Anforderungsprofil Akquisiteur/Kundenbetreuer Außendienst, das die Beklagte erstellt hat. Als Schwerpunkte im Aufgabenbereich sind dort aufgeführt:

- Planen und Durchführen von (Neu-/Bestands-) Akquisitionen

- Betreuung eines zugeordneten Kundenkreises (Bestandskunden).

Als fachliche Anforderungen sind u.a. genannt breite Kenntnisse in den Versicherungssparten, akquisitorische Erfolge in der Zielgruppe Firmenkunden, besondere Kenntnisse des speziellen Kundenkreises. Die persönlichen Anforderungen beinhalten z.B. gewandtes Auftreten in Gesprächen, Kontaktfähigkeit und Kommunikationsgeschick, Verhandlungsgeschick, ausgeprägtes Vertriebsgeschick. Aufgabenbereich, fachliche Anforderungen und persönliche Anforderungen sind damit geprägt durch die Akquisitionstätigkeit.

Die Behauptung der Beklagten, dem Kläger sei Betreuung der Bestandskunden ohne Akquisition angeboten worden, steht dieser Bewertung nicht entgegen. Auch die Betreuung von Bestandskunden beinhaltet Akquisition, der Versicherungsbestand ist zu überprüfen und gegebenenfalls durch Neuabschlüsse zu verändern oder zu ergänzen. Im Übrigen mag dem Kläger angeboten worden seien, zu Anfang seiner Tätigkeit im Außendienst nur Bestandskunden zu betreuen. Langfristig gesehen ist aber eine Außendiensttätigkeit ohne umfangreiche Akquise im Bereich der Bestandskunden und im Bereich Neukunden kaum vorstellbar und kaum rentabel zu handhaben. Der Kläger konnte und musste entsprechend eine Tätigkeit zugrunde legen, wie sie im Anforderungsprofil Akquisiteur/Kundenbetreuer Außendienst festgelegt ist.

Für die Innendiensttätigkeit ist maßgebend, das Fachkenntnisse für einzelne Versicherungen, für die Zuständigkeit besteht, vorhanden und angewandt werden. Erforderlich sind vertiefte Kenntnisse und Fachwissen sowie die Fähigkeit zur verwaltunsmäßigen Bearbeitung. Erfolgsdruck durch Zielvorgaben und Erwartung von Umsatzsteigerung besteht nicht, gefragt ist eine korrekte und fachlich fundierte Sachbearbeitung. Die Fähigkeit zur Akquisition muss nicht vorhanden sein.

Dementsprechend ist auch das Anforderungsprofil Sachbearbeiter der Beklagten ausgestaltet. Im Aufgabenbereich ist u.a. aufgeführt:

- Erstellung qualifizierter Ausschreibungsunterlagen und Erarbeitung von Versicherungsvorschlägen entsprechend dem individuellen Spartenschwerpunkt,

- Mitwirken an der Erarbeitung und fachlichen Umsetzung von Versicherungskonzeptionen,

- Schadensbearbeitung.

Als fachliche Anforderung ist im Wesentlichen genannt fundierte Kenntnisse in einer Versicherungssparte, Basiswissen in einer anderen Sparte wünschenswert. Bei persönlichen Anforderungen ist aufgeführt kunden- und serviceorientiertes Denken, Kontaktfreude und Kommunikationsfähigkeit, Konfliktfähigkeit und Belastbarkeit, Fähigkeit zum selbständigen Denken ... . Das Anforderungsprofil Sachbearbeiter beinhaltet damit im Kern die Fähigkeit fundierte Kenntnisse einer Versicherungssparte einzusetzen bei Erstellung von Versicherungsangeboten, Schadensbearbeitung und bei der Vertragsverwaltung.

Entsprechend diesen unterschiedlichen Aufgabenbereichen und Anforderungen ist festzustellen, dass Außendiensttätigkeit und Innendiensttätigkeit keine vergleichbaren Tätigkeiten darstellen, Außendienstmitarbeiter und Innendienstmitarbeiter sind nicht ohne weiteres austauschbar. Der Außendienstmitarbeiter ist ein anderer Typ Arbeitnehmer als der Innendienstmitarbeiter. Wer gut und fachlich qualifiziert Innendiensttätigkeit leisten kann, belegt damit noch nicht, dass er auch erfolgreich Außendiensttätigkeit übernehmen kann. Außendiensttätigkeit muss man wollen, um Erfolg zu haben. Deshalb wird in der Regel von Arbeitnehmern in der Versicherungsbranche die Grundsatzentscheidung getroffen, ob sie Innendiensttätigkeit oder Außendiensttätigkeit übernehmen wollen. Zwar liegt beiden Tätigkeiten die Ausbildung zum Versicherungskaufmann zugrunde. Diese Identität der Ausbildung führt aber nicht dazu, dass von einer Gleichartigkeit der Tätigkeiten auszugehen ist. Die Beklagte hat nicht allen Innendienstmitarbeitern Außendiensttätigkeit angeboten, sie begründet das damit, dass sie die vom Kläger aufgeführten Mitarbeiter nicht als für den Außendienst geeignet angesehen hat. Offenbar geht also auch die Beklagte nicht ohne weiteres davon aus, dass Mitarbeiter im Innendienst und Außendienst austauschbar sind.

Die Beschäftigung im Außendienst war für den Kläger nicht deshalb zumutbar, weil er in der Mobilitätsabfrage eine solche Tätigkeit als möglich angegeben hat und im Übrigen Interesse gezeigt hat, z.B. durch Begleitung des kommissarischen Niederlassungsleiters. Die Mobilitätsabfrage ist als unverbindliche Anfrage zu werten, wie der Mitarbeiter sich eine Weiterbeschäftigung nach Umstrukturierung vorstellen kann. Das Verhalten des Klägers belegt nur, dass er eine Außendiensttätigkeit nicht von vornherein ausgeschlossen hat. Wegen der bestehenden Unterschiede zwischen Innendienst- und Außendiensttätigkeit konnte der Kläger trotzdem noch Außendiensttätigkeit ablehnen, ohne seinen Sozialplanabfindungsanspruch zu verlieren.

Im Ergebnis hat die Kammer den Wunsch des Klägers weiterhin Innendiensttätigkeit auszuüben und sich einen neuen Arbeitsplatz zu suchen, höher bewertet als das Interesse der Beklagten, durch Angebot einer Beschäftigung im Außendienst von der Verpflichtung zur Zahlung der Sozialplanabfindung befreit zu werden. Diese Wertung entspricht aber dem Sinn und Zweck einer Sozialplanabfindung nach § 112 BetrVG. Der Sozialplananspruch beruht auf einer von der Beklagten durchgeführten Betriebsänderung, die den Verlust des Arbeitsplatzes des Klägers zu Folge hatte. Der Kläger musste die unternehmerische Entscheidung der Beklagten zur Umstrukturierung hinnehmen, dann muss ihm aber auch zugebilligt werden, seine eigenen Interessen für die weitere berufliche Tätigkeit durchzusetzen, Innendienst zu wählen und Außendiensttätigkeit abzulehnen.

Die Beklagte hat mit Zahlung von 4.399,20 € den Sozialplanabfindungsanspruch nicht teilweise erfüllt. Aus der E-Mail des Klägers vom 31.10.2002 und der Bestätigung durch die Beklagte vom 01.11.2002 ergibt sich, dass es sich bei diesem Betrag um eine Sonderleistung (Aufstockung des Abfindungsbetrages) für den Einsatz in B. im November 2002 handelt. Bestätigt wird das auch durch die E-Mail der Beklagten vom 09.12.2002, in dem zwar die Abfindungsleistung von 4.399,20 € angekündigt wird, gleichzeitig aber ausgeführt wird, dass ein Anspruch auf Sozialplanabfindung nicht besteht. Entsprechend dem Vortrag des Klägers handelt es sich damit um eine Sonderleistung für den Einsatz in B., nicht um eine Teilerfüllung des hier streitigen Anspruchs.

Der Zinsanspruch ist aus Verzug begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über den Wert des Streitgegenstandes auf § 3 ZPO.

Nach Auffassung der Kammer weicht das vorliegende Urteil ab von der Entscheidung des LAG Berlin vom 04.03.2004, 18 Sa 1760/03. Deshalb war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG die Revision zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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