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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 13.11.2007
Aktenzeichen: 13 Sa 549/07
Rechtsgebiete: BAT, TVöD


Vorschriften:

BAT § 15 Abs. 8
BAT § 33 Abs. 1
TVöD § 7 Abs. 1
TVöD § 8 Abs. 5
Bereitschaftszeiten, die innerhalb einer Schicht anfallen, führen nicht zu einer Unterbrechung im Sinne des § 7 Abs. 1 TVöD und stehen dem Anspruch auf Wechselschichtzulage nicht entgegen.
LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 Sa 549/07

In dem Rechtsstreit

hat die 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenkötter, den ehrenamtlichen Richter Herrn Bertsche, die ehrenamtliche Richterin Frau Hune für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 15.03.2007, 1 Ca 717/06, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 1.616,30 € festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Zahlung der Wechselschichtzulage für die Monate Mai 2005 bis September 2005 nach § 33 a Abs. 1 BAT, für die Monate Oktober 2005 bis Februar 2007 nach § 8 Abs. 5 TVöD abzüglich der gezahlten Schichtzulage von 40,-- € monatlich. Die Beklagte verweigert die Zahlung der Wechselschichtzulage, weil Arbeitsbereitschaft bzw. Bereitschaftszeiten anfielen und keine ununterbrochene Arbeitsleistung vorliege.

Der Kläger ist seit 2001 als Rettungsassistent bei der Beklagten beschäftigt mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden. Er ist eingesetzt in der Rettungswache Leeste. Gemäß Arbeitsvertrag finden auf das Arbeitsverhältnis der BAT und diesen ergänzende, ändernde oder ersetzende Tarifverträge Anwendung.

In der Rettungswache wird im Schichtdienst gearbeitet. Die Frühschicht dauert von 7:00 Uhr bis 19:00 Uhr und beinhaltet den Einsatz von Rettungstransportwagen und einem Notarzteinsatzfahrzeug. In der Spätschicht von 19:00 Uhr bis 7:00 Uhr sind ebenso Rettungstransportwagen und Notarzteinsatzfahrzeug eingesetzt. In der Tagesschicht von 8:30 Uhr bis 17:00 Uhr werden Krankentransporte abgewickelt. Der Kläger und die übrigen Mitarbeiter der Rettungswache wurden nach Schichtplan in diesen Schichten eingesetzt und regelmäßig auch zur Nachtarbeit herangezogen. Daneben waren bis zum 31.12.2005 Bereitschaftsdienste zu leisten. Die Beklagte, die ursprünglich eine Wechselschichtzulage gezahlt hatte, stellte diese Zahlung ab Januar 2005 ein, seit Oktober 2005 gewährt sie eine Schichtzulage in Höhe von 40,-- €.

Der Kläger hat schriftlich im November 2005 und unter dem 20.03.2006 Ansprüche auf Zahlung der Wechselschichtzulage geltend gemacht. Die Beklagte lehnte die Forderung ab.

Der Kläger hat vorgetragen, die Voraussetzungen für den Anspruch auf Wechselschichtzulage seien gegeben. Der Ausnahmetatbestand nach § 33 a Abs. 3 b BAT sei nicht erfüllt, er bestreite, dass durchschnittlich mindestens 3 Stunden Arbeitsbereitschaft angefallen sei. Für den Zeitraum ab Geltung des TVöD sei das Vorliegen von Bereitschaftszeiten ohnehin unschädlich für den Anspruch auf Wechselschichtzulage.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.421,30 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.01.2007 und weitere 195,-- € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.02.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, im Durchschnitt falle in der Rettungswache Arbeitsbereitschaft im Umfang von 307 Minuten pro Schicht an. Dies habe ein Gutachten der O. GmbH aus September 2003 ergeben. Weil sich die Einsatzlage nicht geändert habe, seien die Feststellungen dieses Gutachtens noch maßgebend. Im Übrigen hat sich die Beklagte auf Sachverständigengutachten nach der REFA-Methode berufen. Wechselschichten hätten damit nicht vorgelegen. Bis zum 30.09.2005 seien Bereitschaftdienste geleistet worden und Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mehr als 3 Stunden täglich. Vom 01.10. bis 31.12.2005 seien Bereitschaftsdienste geleistet worden und Bereitschaftszeiten in erheblichem Umfange, durchschnittlich mehr als 3 Stunden täglich. Ab 01.01.2006 seien Bereitschaftszeiten in erheblichem Umfang von durchschnittlich mehr als 3 Stunden täglich angefallen. Damit liege die nach § 15 Abs. 8 BAT und § 7 Abs. 1 TVöD für Wechselschichten maßgebende Voraussetzung eines ununterbrochenen Arbeitens nicht vor.

Das Arbeitsgericht hat nach Klageantrag erkannt. Auf Tenor und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Mit Berufung trägt die Beklagte vor, Arbeitsbereitschaft bzw. Bereitschaftszeiten führten zur Unterbrechung der Arbeitsleistung und stünden damit dem Anspruch auf Wechselschichtzulage entgegen. Die Behauptung zum Umfang von Arbeitsbereitschaft bzw. Bereitschaftszeiten sei ordnungsgemäß durch REFA-Gutachten unter Beweis gestellt worden. Dieser Beweis sei durch das Arbeitsgericht zu erheben gewesen. Mit Schriftsatz vom 23.10.2007 trägt die Beklagte vor, eine Erhebung über die Arbeitsauslastung habe ergeben, dass in der Rettungswache Leeste durchschnittlich 325,36 Minuten Bereitschaftszeit pro Schicht anfalle, beim Kläger 360 Minuten pro Schicht. Wegen der Einzelaufstellung wird Bezug genommen auf Seite 3 ff. dieses Schriftsatzes (Bl. 146 ff. d.A.).

Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 15.03.2007 (AZ 1 Ca 717/06) abzuändern und die Klage abzuweisen.

2. die Kosten des Rechtsstreits der berufungsbeklagten Partei aufzuerlegen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt nach Maßgabe der Berufungserwiderung und des Schriftsatzes vom 07.11.2007 das arbeitsgerichtliche Urteil.

Ergänzend wird Bezug genommen auf die zweitinstanzlich eingereichten Schriftsätze der Parteien.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 64, 66 ArbGG. Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend der Klage stattgegeben.

1. Anspruch auf Wechselschichtzulage ab 01.10.2005, § 8 Abs. 5 TVöD.

Aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung finden auf das Arbeitsverhältnis seit dem 01.10.2005 die Vorschriften des TVöD für den Bereich der VKA Anwendung. Nach § 8 Abs. 5 TVöD haben Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit leisten, Anspruch auf eine Wechselschichtzulage in Höhe von 105,-- € monatlich. Zur Definition von Wechselschichtarbeit bestimmt § 7 Abs. 1 TVöD:

Wechselschichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten vorsieht, bei denen Beschäftigte durchschnittlich längstens nach Ablauf 1 Monats erneut zur Nachtschicht herangezogen werden. Wechselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und bei Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird ... .

1.1.

Im Betrieb der Beklagten wird ohne Unterbrechung jeden Tag in der Woche 24 Stunden gearbeitet. Die Rettungsassistenten werden nach Schichtplan eingesetzt, der Frühschicht, Spätschicht und eine Tagesschicht umfasst. Es ist unstreitig, dass der Kläger ständig in diesen Schichten eingesetzt wird und in tariflich erforderlichem Umfang Nachtarbeit anfällt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten werden die wechselnden Arbeitsschichten auch "ununterbrochen" geleistet. Insbesondere führen Bereitschaftszeiten, die im Rahmen der jeweiligen Schichten anfallen, nicht zu einer Unterbrechung im Sinne des § 7 Abs. 1 TVöD.

1.2.

Zur Problematik der Unterbrechung im Sinne des § 7 Abs. 1 TVöD haben das LAG Düsseldorf, Urteil vom 27.07.2007, 9 Sa 625/07, und das LAG Berlin/Brandenburg, Urteil vom 01.06.2007, 25 Sa 474/07, folgende Auffassung vertreten: Im Rettungsdienst ergäben sich Bereitschaftszeiten im Sinne des Anhangs B zu § 9 TVöD, in denen kein Bediensteter der Rettungswache arbeite. Damit liege eine ununterbrochene Arbeitsleistung nicht vor. Ein Anspruch auf Wechselschichtzulage bestehe nicht.

Im Urteil vom 05.02.1997, 10 AZR 639/96, AP Nr. 14 zu § 33 a BAT, hat das BAG zur Unterbrechung im Sinne der Wechselschichtdefinition nach § 15 Abs. 8 BAT entschieden. Im Arbeitsbereich des Angestellten müsse ununterbrochen gearbeitet werden. Unerheblich sei, ob der Angestellte "rund um die Uhr", also zu allen Schichtzeiten eingesetzt sei. Wenn deshalb für einzelne Schichtzeiten des Angestellten nur Bereitschaftsdienst angeordnet sei, folge daraus keine Unterbrechung. Eine Unterbrechung und damit keine Weselschicht liege nur dann vor, wenn im Arbeitsbereich überhaupt nicht gearbeitet werde, weil z.B. für alle Mitarbeiter Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst angeordnet sei. Die Definitionen zur Wechselschicht in § 15 Abs. 8 BAT und § 7 Abs. 1 TVöD stimmen im Wesentlichen überein. Die Ausführungen des BAG sind deshalb auf Ansprüche auf Wechselschichtzulage nach TVöD übertragbar.

1.3.

§ 7 Abs. 1 TVöD ist auszulegen nach Wortlaut, tariflichem Gesamtzusammenhang und Sinn und Zweck der Vorschrift. Diese Auslegung ergibt, dass Bereitschaftszeiten, die innerhalb einer Schicht anfallen, nicht als Unterbrechungstatbestand zu bewerten sind.

1.3.1.

Nach dem Wortlaut muss ununterbrochen gearbeitet werden. Nach § 9 Abs. 1 TVöD sind Bereitschaftszeiten die Zeiten, in denen sich die/der Beschäftigte am Arbeitsplatz oder einer anderen vom Arbeitgeber bestimmten Stelle zur Verfügung halten muss, um im Bedarfsfall die Arbeit selbständig, gegebenenfalls auch auf Anordnung, aufzunehmen und in denen die Zeiten ohne Arbeitsleistung überwiegen. Unter Arbeit ist die Erfüllung der übertragenen Arbeitsaufgaben zu verstehen. Wenn für Mitarbeiter einer Rettungswache Arbeitsschichten angeordnet sind, nicht nur Bereitschaftsdienst, kann als Arbeitsleistung nicht nur der Rettungseinsatz mit Nebenarbeiten, sondern auch das Warten auf den nächsten Einsatz, also die Bereitschaftszeit, gewertet werden. Rettungseinsatz und Bereitschaftszeiten weichen in der Intensität des Arbeitseinsatzes erheblich voneinander ab, beide Formen der Leistungserbringung können aber als Arbeit gewertet werden.

1.3.2.

Wesentlicher als diese Überlegungen zum Wortlaut ist für die Auslegung die Systematik des tariflichen Gesamtzusammenhanges. Dass Bereitschaftszeiten (nach bisheriger Terminologie vergleichbar der Arbeitsbereitschaft) und Bereitschaftsdienste arbeitszeitrechtlich als Arbeit zu werten sind, ist dabei unerheblich und ohne Auswirkung auf die Wertung, ob als zusätzliche Vergütung eine Wechselschichtzulage zu zahlen ist. Der TVöD regelt in § 6 die regelmäßige Arbeitszeit und in § 7 Sonderformen der Arbeit wie z.B. Wechselschichtarbeit (Abs. 1), Bereitschaftsdienst (Abs. 3), Rufbereitschaft (Abs. 4). Bereitschaftszeiten sind als Sonderform der Arbeit gerade nicht aufgeführt. Das ist ein Indiz dafür, dass es sich bei Bereitschaftszeiten nach der Tarifsystematik um reguläre Arbeitsleistung handelt.

§ 9 TVöD sieht vor, dass bei Anfall von Bereitschaftszeiten die regelmäßige Arbeitszeit verlängert werden kann. Im Bereich der VKA bedarf es dafür einer Dienst- bzw. Betriebsvereinbarung. Nach Anhang B zu § 9 TVöD werden Bereitschaftszeiten zur Hälfte als tarifliche Arbeitszeit gewertet und führen zur Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit.

Die verminderte Intensität der Arbeitsleistung in Bereitschaftszeiten führt damit unter den Voraussetzungen von § 9 bzw. Anhang zu § 9 TVöD zur Verlängerung der Arbeitszeit. In § 7 TVöD sind Bereitschaftszeiten nicht als Sonderform der Arbeit aufgeführt. Nach der Tarifsystematik können sie dann aber nicht zusätzlich als Unterbrechungstatbestand zum Wegfall der Wechselschichtzulage herangezogen werden.

§ 9 TVöD gilt nach Protokollerklärung nicht für Wechselschicht und Schichtarbeit. Diese Einschränkung, die nicht für die besonderen Regelungen für Hausmeister und Rettungsdienst im Anhang zu § 9 TVöD gilt, zeigt deutlich, dass Bereitschaftszeiten keine Auswirkungen auf Wechselschicht und Wechselschichtzulage haben sollen. Das Ergebnis wird auch durch die Tarifgeschichte bestätigt. Nach § 33 a Abs. 3 b BAT bestand kein Anspruch auf Wechselschichtzulage und Schichtzulage für Angestellte, in deren regelmäßige Arbeitszeit regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens 3 Stunden täglich fällt. In den TVöD ist eine § 33 a Abs. 3 BAT entsprechende Vorschrift nicht aufgenommen worden. Damit ergibt sich ein weiteres Indiz dafür, dass Bereitschaftszeiten keine Auswirkungen auf Wechselschicht- und Schichtzulage haben sollten.

1.3.3.

Sinn und Zweck der Wechselschichtzulage ist es, die besonderen Belastungen auszugleichen, die wechselnde Einsätze zu Tag- und Nachtzeiten und an allen Wochentagen verursachen (BAG vom 23.06.1993, 10 AZR 127/92, AP Nr. 1 zu § 34 BAT). Diese Belastung wird nicht durch Bereitschaftszeiten verändert, zumal nach Anhang B zu § 9 TVöD Bereitschaftszeiten zur Verlängerung der Arbeitszeit führen. Dass darüber hinaus auch die Wechselschichtzulage entfallen soll, dafür ergeben sich keine Anhaltspunkte.

1.4.

Dem Anspruch auf Anspruch Wechselschichtzulage steht nicht entgegen, dass im Jahre 2005 von den Mitarbeitern der Rettungswache auch Bereitschaftsdienste zu leisten waren. Bei den angeordneten Bereitschaftsdiensten handelte es sich um zusätzliche Dienste zu den Arbeitsschichten, mit denen an allen 7 Tagen der Woche die gesamte Tag- und Nachtzeit "rund um die Uhr" abgedeckt war. Nach den Ausführungen des BAG vom 05.02.1997, a.a.O., ist damit keine Unterbrechung eingetreten.

Der Anspruch des Klägers auf Wechselschichtzulage in Höhe von 105,-- € abzüglich der gezahlten Schichtzulage von 40,-- € ist damit für die Monate Oktober 2005 bis Februar 2007 begründet.

1.5.

Nach der Hauptbegründung sind Bereitschaftszeiten generell nicht als Unterbrechung im Sinne des § 7 Abs. 1 TVöD zu bewerten. Bewertet man im Gegensatz dazu Bereitschaftszeiten als grundsätzlich geeignet, einen Unterbrechungstatbestand zu erfüllen, gilt hilfsweise Folgendes: Nach § 9 Abs. 1 TVöD, ebenso Anhang B Abs. 1 Unterabsatz 2 zu § 9 TVöD, liegen Bereitschaftszeiten nur vor, wenn die Zeiten ohne Arbeitsleistung überwiegen. Bereitschaftszeit muss damit im Verhältnis zur Arbeitsleistung überwiegen. Bezugspunkt für die Berechnung kann hier nur sein die gesamte Schicht, z.B. die Spätschicht von 19:00 Uhr bis 7:00 Uhr. Eine Aufteilung in Arbeitszeit und Bereitschaftszeit ist nämlich nicht vorgenommen worden. Nach der Behauptung der Beklagten fallen in der Rettungswache durchschnittlich 325,36 Minuten pro Schicht als Bereitschaftszeit an. Damit belaufen sich die Bereitschaftszeiten auch nach Behauptung der Beklagten auf weniger als 50 % der Schichtzeit. Damit ergeben sich jedenfalls keine unterbrechungsrelevanten Bereitschaftszeiten.

2. Anspruch auf Wechselschichtzulage von Mai bis September 2005, § 33 a Abs. 1 BAT.

Die Voraussetzungen der Wechselschicht sind in § 15 Abs. 8 Unterabsatz 6 und § 7 Abs. 1 TVöD inhaltlich übereinstimmend formuliert, ebenso die Anspruchsvoraussetzungen für die Wechselschichtzulage nach § 33 a Abs. 1 BAT und § 8 Abs. 5 TVöD. Unter Geltung des BAT ist zusätzlich zu beachten, dass ein Anspruch auf Wechselschichtzulage nicht besteht für Angestellte, in deren Arbeitszeit regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens 3 Stunden täglich fällt, § 33 Abs. 3 b BAT. Da es sich insoweit um eine Ausnahmevorschrift handelt, ist übereinstimmend mit dem Arbeitsgericht die Darlegungs- und Beweislast der Beklagten aufzuerlegen. Eine im Durchschnitt mindestens 3 Stunden umfassende Arbeitsbereitschaft ist von der Beklagten nicht schlüssig dargelegt worden.

Als Arbeitsbereitschaft sind die Zeiten zu werten, in denen in der Rettungswache weder Einsätze zu fahren sind noch sonstige Nebenarbeiten zu erledigen sind. Es handelt sich um die Wartezeiten zwischen den Einsätzen. Arbeitsbereitschaft entspricht damit den Bereitschaftszeiten, die jetzt in § 9 bzw. Anhang B zu § 9 TVöD definiert sind.

Die Behauptung der Beklagten zum Anfall der Bereitschaftszeiten/Arbeitsbereitschaft beinhalten keine schlüssige Darlegung. Erstinstanzlich hat die Beklagte unter Bezugnahme auf ein Gutachten der ORGAKOM Arbeitsbereitschaft im Umfang von 307 Minuten behauptet. Wiedergegeben ist das Ergebnis der Auswertungen der O., ein ausreichend konkreter Tatsachenvortrag, der für die Gegenseite überprüfbar und einlassungsfähig ist, liegt damit nicht vor. Zum Beweisantritt Sachverständigengutachten nach der REFA-Methode ist anzumerken, dass es sich insoweit um einen Ausforschungsbeweis handelt. Es ist nicht Aufgabe eines vom Gericht einzuholenden Sachverständigengutachtens, fehlenden Parteivortrag zu ersetzen.

Mit Schriftsatz vom 23.10.2007 hat die Beklagte Auswertungen von Arbeitszeiterfassungen vorgetragen. Der Vortrag beschränkt sich auf die Darstellung einer Ergebnisübersicht. Angaben, welche Zeitanteile für tatsächliche Arbeit und Bereitschaft im jeweiligen Einzelfall ermittelt worden sind, sind nicht vorgetragen. Die Beschränkung des Vortrages auf das Ergebnis der Zeitermittlungen ermöglicht dem Gegner keine Überprüfung und insbesondere kein substanziiertes Bestreiten. Es ist z.B. nicht ausreichend nachvollziehbar, ob die Behauptung der Beklagten richtig ist, dass Pausenzeiten als bezahlte Arbeitszeit, nicht als Bereitschaftszeit einbezogen sind. Der Vortrag ermöglicht der Gegenseite auch nicht eine Überprüfung, ob Nebenarbeiten außerhalb der eigentlichen Einsatzzeiten korrekt erfasst und berücksichtigt sind. Mangels Angabe konkreter Details zu den erfassten Arbeitsabläufen ist auch keine Wertung möglich, ob ein repräsentativer Zeitraum zugrunde gelegt worden ist. Die Zeiterfassung fand in der Urlaubszeit statt.

Ausreichender Tatsachenvortrag zum Umfang der Arbeitsbereitschaft liegt damit nicht vor. Weil der entsprechende Vortrag erst mit Schriftsatz vom 23.10.2007 zeitnah zum bevorstehenden Termin erfolgte, bestand auch keine Veranlassung, auf diesen Mangel erneut durch gerichtlichen Hinweis einzugehen.

3.

Die tariflichen Ausschlussfristen nach § 70 BAT bzw. § 37 TVöD sind gewahrt. Dies ist zwischen den Parteien nicht im Streit.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes erfolgt gemäß § 63 Abs. 2 GKG in Anwendung des § 3 ZPO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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