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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 18.11.2008
Aktenzeichen: 13 Sa 912/08
Rechtsgebiete: NPersVG, BetrVG, KSchG


Vorschriften:

NPersVG § 28
NPersVG § 32
NPersVG § 68 Abs. 2
BetrVG § 102
KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 1 Abs. 3
1. Ist im Personalrat nur eine Gruppe vertreten, gibt es keine Gruppenangelegenheiten. Gemäß § 28 Abs. 1 NPersVG ist die/der Personalratsvorsitzende allein vertretungsberechtigt.

2. Die Erklärung des Personalrats, zur Kündigung keine Stellungnahme abgeben zu wollen, beendet das Mitbestimmungsverfahren nach § 68 Abs. 2 NPersVG.

3. Mängel in der Beschlussfassung des Personalrats sind seinem Verantwortungsbereich zuzurechnen und haben keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Kündigung.


LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 Sa 912/08

In dem Rechtsstreit

hat die 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 18. November 2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenkötter, den ehrenamtlichen Richter Herrn Veselsky, den ehrenamtlichen Richter Herrn Zaffke für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 13.02.2008, 6 Ca 82/07, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 17.982,51 € festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellungen, dass sein Arbeitsverhältnis weder durch die Kündigung vom 31.01.2007 zum 30.06.2007 noch durch die Kündigung vom 26.06.2007 zum 31.12.2007 beendet worden ist. Die Beklagte stützt die Kündigung auf betriebsbedingte Gründe, die Parteien streiten u.a. über die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats und die Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG.

Der Kläger war seit dem 01.10.1996 als Ausbildungsmeister bei der beklagten Kreishandwerkerschaft beschäftigt, Bruttomonatsentgelt 2.568,93 €. Er ist 1971 geboren, verheiratet und hat keine Kinder.

Mit Bescheid vom 01.02.2006 war beim Kläger ein Grad der Behinderung von 20 wegen Schwerhörigkeit festgestellt worden. Ob diese Feststellung der Beklagten bekannt war, ist zwischen den Parteien streitig. Auf Grund eines Erhöhungsantrags wurde mit Bescheid vom 16.04.2007 mit Wirkung ab 02.02.2007 ein Grad der Behinderung von 40 festgestellt. Auf Antrag des Klägers vom 18.04.2006 erfolgte schließlich im Widerspruchsverfahren mit Wirkung vom 18.04.2006 eine Gleichstellung des Klägers mit einem schwerbehinderten Menschen. Die Antragsstellung zur Gleichstellung vom 18.04.2007 ist erstmals mit Schriftsatz vom 26.07.2007, bei Gericht eingegangen am 09.08.2007, in den Prozess eingeführt worden und dem Arbeitgeber mitgeteilt worden.

Die Beklagte beschäftigt etwa 30 Arbeitnehmer, davon 2 Reinigungskräfte. In den dreiköpfigen Personalrat sind nur Angestellte gewählt worden.

Die Beklagte unterhält einen Ausbildungsbereich für Auszubildende des Maurerhandwerks und des Zimmererhandwerks. Hier werden in Form überbetrieblicher Ausbildung im ersten Ausbildungsjahr 11 Wochen Unterricht erteilt, im zweiten Ausbildungsjahr 4 Wochen. Die Zahl der zu unterrichtenden Auszubildenden hat sich im Zeitraum 01.10.2000 zu April 2007 fast halbiert, im Maurerbereich von 137 auf 68, im Zimmererbereich von 124 auf 67. Im Jahre 2000 beschäftigte die Beklagte für die Ausbildungslehrgänge 4 Meister, im Kündigungszeitpunkt waren neben dem Kläger der Maurermeister L und der Zimmerermeister R beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis mit Herrn L, im Kündigungszeitpunkt 41 Jahre alt, besteht seit August 1996, er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Das Arbeitsverhältnis mit Herrn R, im Kündigungszeitpunkt 41 Jahre alt, besteht seit dem 01.11.2000, er ist verheiratet ohne Kinder. Der Kläger, Maurermeister und Betonbauermeister, hat 2002/2003 Lehrgang und Meisterprüfung als Zimmerer nebenberuflich absolviert auf Initiative der Beklagten. Er ist seitdem auch im Bereich der Zimmererausbildung eingesetzt worden.

Die Beklagte begründet die Kündigung des Klägers mit Arbeitsplatzwegfall. Auf Grund der rückläufigen Zahlen der Auszubildenden müsse nur jeweils eine Gruppe für Maurer und Zimmerer ausgebildet werden, dies führe zu einem Bedarf an 30 Lehrgangswochen pro Jahr, der von 2 Ausbildungsmeistern zu leisten sei.

Unter dem Datum vom 23.01.2007, Bl. 7 und 8 d.A., informierte die Beklagte vorab den Personalrat über die beabsichtigte Kündigung des Klägers und bat insbesondere um Stellungnahme zur sozialen Auswahl. Die Anhörung zur beabsichtigten Kündigung erfolgte unter dem Datum vom 30.01.2007, Bl. 42 und 43 d.A.. Die Kündigung wurde ausgesprochen am 31.01.2007.

Der Kläger hat vorgetragen, er bestreite, dass ein ordnungsgemäßer Vorstandsbeschluss zu seiner Kündigung vorliege. Der Personalrat sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Zwar seien die Auszubildendenzahlen rückläufig, das Arbeitsverhältnis könne jedoch fortgeführt werden, wenn die Unterrichtsgruppen verkleinert würden. Es bestünden im Übrigen auch anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten, er sei Fachkraft für Arbeitssicherheit bei der Beklagten gewesen und könne Maschinenlehrgänge übernehmen. Die soziale Auswahl sei nicht zutreffend erfolgt. Er sei wie Herr R auch Zimmerermeister und in der Lage, die Lehrgänge in diesem Handwerk eigenständig durchzuführen. Unter Berücksichtigung der Schwerbehinderung und seiner längeren Beschäftigungszeit sei er im Verhältnis zu Herrn R sozial schutzwürdiger. Die Beklagte habe Kenntnis von seiner Schwerhörigkeit gehabt und im Übrigen habe er ihr auch den Bescheid über den Grad der Behinderung von 20 mitgeteilt.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 31.01.2007 nicht zum 30.06.2007 beendet wird;

2. die Beklagte für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1) zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als Ausbildungsmeister auf der Grundlage seines bisherigen Arbeitsvertrages weiterzubeschäftigen,

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 26.06.2007 mit Wirkung zum 31.12.2007 beendet worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Arbeitsplatz eines Ausbildungsmeisters sei weggefallen. Ab Juli 2007 könnten die Ausbildungslehrgänge nur noch einzügig angeboten werden wegen rückläufiger Teilnehmerzahlen. Eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz bestehe nicht. Der Personalrat sei ordnungsgemäß beteiligt worden. Die schriftliche Anhörung sei dem Personalratsvorsitzenden am Morgen des 30.01.2007 übergeben worden. Der Personalrat habe beschlossen, sich zur Kündigung nicht zu äußern. Dies habe der Personalratsvorsitzende dem Geschäftsführer mitgeteilt. Daraufhin sei die Kündigung vom 31.01.2007 ausgesprochen worden. Die Sozialauswahl sei auch im Verhältnis zum Meister R nicht zu beanstanden. Von der Behinderung des Klägers habe sie erst im Laufe des Rechtsstreits Kenntnis erhalten und habe sie deshalb nicht berücksichtigen können. Im Übrigen sei der Kläger mit dem Meister R nicht vergleichbar. Der Meister R verfüge über einschlägige Berufserfahrung im Zimmererhandwerk, er könne im Gegensatz zum Kläger auch im zweiten Ausbildungsjahr umfassend eingesetzt werden. Zumindest sei damit im betrieblichen Interesse der Meister R von der Sozialauswahl auszunehmen.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Personalratsvorsitzenden W und der Verwaltungsangestellten M als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die gerichtlichen Niederschriften vom 12.09.2007 und 13.02.2008, Bl. 53 ff. und Bl. 104 ff. d.A..

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf Tenor und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Mit Berufung trägt der Kläger vor, eine unternehmerische Entscheidung, die Ausbildungslehrgänge nicht mehr zweizügig, sondern lediglich nur noch einzügig anzubieten, sei nicht getroffen worden. Ein betriebsbedingter Kündigungsgrund bestehe nicht. Grundlage für die Kündigung seien allein wirtschaftliche Gründe. Es fehle auch an Darlegungen dazu, wie sich die Einzügigkeit auf die Arbeitszeit auswirke. Der Personalrat sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Ein ordnungsgemäßer Personalratsbeschluss sei nicht zustande gekommen, der Personalratsvorsitzende sei, weil es sich um eine Gruppenangelegenheit handele, nicht allein vertretungsberechtigt gewesen. Schließlich sei die Sozialauswahl nicht korrekt getroffen worden, weil seine auf Schwerhörigkeit beruhende Behinderung der Beklagten bekannt gewesen sei und nicht berücksichtigt worden sei. Ergänzend wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 13.02.2008, Az: 6 Ca 82/07, abzuändern,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung der Beklagten vom 31.01.2007 zum 30.06.2007 noch vom 26.06.2007 zum 31.12.2007 beendet wurde,

3. die Beklagte für den Fall des Obsiegens des Klägers mit den Anträgen zu 1) und 2) zu verurteilen, ihn zu unveränderten Vertragsbedingungen als Unterrichtsmeister in der Lehrlingsausbildung im Baugewerbe weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt nach Maßgabe der Berufungserwiderung das erstinstanzliche Urteil und vertritt im Übrigen die Auffassung, der Personalratsvorsitzende allein sei vertretungsbefugt gewesen. Im Personalrat sei nur eine Gruppe, nämlich die Gruppe der Angestellten vertreten.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig, §§ 64, 66 ArbGG. Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend die Klage abgewiesen. Die Kündigung vom 31.01.2007 zum 30.06.2007 hat das Arbeitsverhältnis wirksam beendet, sodass auch die Kündigungsschutzklage gegen die vorsorgliche weitere Kündigung vom 26.06. zum 31.12.2007 abzuweisen war.

1. Die Kündigung vom 31.01.2007 ist vom Geschäftsführer der beklagten Innung ausgesprochen worden. Weil der Geschäftsführer zur Einstellung und Entlassung befugt war, ist es unerheblich, ob er für die vorliegende personelle Maßnahme der Zustimmung des Vorstandes bedurfte. Wenn die Zustimmung des Vorstandes erforderlich war, dann handelt es sich um eine Beschränkung im Innenverhältnis, die auf die Vertretungsmacht des Geschäftsführers und damit auf die Wirksamkeit der Kündigung keine Auswirkungen hat.

2. Der Personalrat ist zur Kündigung vom 31.01.2007 ordnungsgemäß beteiligt worden. Das Mitbestimmungsrecht des Personalrates ergibt sich aus § 65 Abs. 2 Nr. 9 NPersVG. Aus § 68 Abs. 1, Abs. 2 NPersVG ergibt sich, dass die ordentliche Kündigung damit grundsätzlich der Zustimmung des Personalrates bedarf, dass der Personalrat aber auch innerhalb einer Frist von 2 Wochen schriftlich die Zustimmung verweigern kann oder dass nach Verstreichenlassen der Frist von 2 Wochen die Zustimmung des Personalrates als erteilt gilt.

Mit Schreiben vom 30.01.2007 ist das Mitbestimmungsverfahren ordnungsgemäß eingeleitet worden. Die betriebsbedingten Kündigungsgründe einschließlich der Erwägungen zur sozialen Auswahl sind in diesem Schreiben entsprechend dem Prozessvortrag dargelegt. Das Mitbestimmungsverfahren ist beendet worden mit der Erklärung des Personalratsvorsitzenden gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten, der Personalrat werde keine Stellungnahme abgeben. Diese Feststellung war gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO der Berufungsentscheidung zu Grunde zu legen. Die Tatsachenfeststellung des Arbeitsgerichts entspricht der protokollierten Aussage des Zeugen, lässt Mängel nicht erkennen und ist im Übrigen auch mit Berufungsbegründung nicht angegriffen worden.

Die abschließende Stellungnahme des Personalrates ist wirksam erklärt worden und hat zum Abschluss des Mitbestimmungsverfahrens zur Kündigung geführt. Der Personalratsvorsitzende konnte die Stellungnahme allein abgeben, § 28 Abs. 2 NPersVG zur Vertretung in Gruppenangelegenheiten findet hier keine Anwendung (2.1.). Die abschließende Stellungnahme des Personalrates, er werde sich nicht zur Kündigung äußern, hat das Mitbestimmungsverfahren wirksam beendet (2.2.). Mängel in der Beschlussfassung des Personalrates führen nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung (2.3.). Mitbestimmungsrechte des Personalrates nach § 64 Abs. 1, Abs. 2 NPersVG sind nicht verletzt (2.4.).

2.1. § 28 Abs. 2 NPersVG bestimmt, dass der Personalrat in Gruppenangelegenheiten im Sinne des § 32 Abs. 2 NPersVG durch den Vorsitzenden gemeinsam mit einem Gruppenmitglied vertreten wird. Dies gilt auch dann, wenn der Personalratsvorsitzende der betroffenen Gruppe angehört. Ein Verstoß gegen § 28 Abs. 2 NPersVG hat zur Folge, dass eine rechtswirksame Erklärung des Personalrates nicht vorliegt. Sinn der Regelung ist, bei Gruppenangelegenheiten das Gruppenprinzip auch in der Außenvertretung sichtbar zu machen und deutlich zu machen, dass die Gruppenrechte gemäß § 32 Abs. 2 NPersVG gewahrt sind (BAG vom 18.01.2001, 2 AZR 616/99, EzA § 626 BGB Krankheit Nr. 4).

Eine Gruppenangelegenheit liegt nicht vor, sodass der Personalratsvorsitzende gemäß § 28 Abs. 1 NPersVG allein vertretungsberechtigt war.

Das Niedersächsische Personalvertretungsgesetz in der bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung erfasste als Gruppen die Beamten, Arbeiter und Angestellten. Seit dem 01.01.2007 sind nach dem Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes vom 07.12.2006 (NdsGVBl 31/2006) die bisherigen Gruppen der Arbeiter und Angestellten zur neuen Gruppe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zusammengefasst. Die Beklagte mit ca. 30 Bediensteten beschäftigte bzw. beschäftigt 2 Reinigungskräfte und im Übrigen nur Angestellte, keine Beamte. Mitglieder des Personalrates waren bis 31.12.2006 nur Angestellte und sind seit dem 01.01.2007 nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Es gibt damit nur gemeinsame Angelegenheiten, die nach § 32 Abs. 1 NPersVG gemeinsam beraten und beschlossen werden. § 32 Abs. 2 NPersVG, wonach in Gruppenangelegenheiten nicht gegen den Willen der Mehrheit der Gruppenvertretung beschlossen werden darf, findet keine Anwendung. Bei der Außenvertretung basiert die Anordnung in § 28 Abs. 2 NPersVG, in Gruppenangelegenheiten gemeinsame Vertretung durch Personalratsvorsitzenden und Gruppenvertreter, auf der inhaltlichen Vorschrift des § 32 Abs. 2 NPersVG. Bestehen aber keine besonderen Gruppenrechte, muss die Wahrung des § 32 Abs. 2 NPersVG nicht durch gemeinsame Vertretung von Vorsitzendem und Gruppenvertreter nach außen deutlich gemacht werden. Der Personalrat entscheidet, wenn nur eine Gruppe vorhanden ist, mit Mehrheit, Gruppenrechte sind nicht zu beachten. Dementsprechend kann auch die Vertretung allein durch den Personalratsvorsitzenden erfolgen. Vorliegend konnte damit der Personalratsvorsitzende eine wirksame Erklärung abgeben.

2.2. Das Mitbestimmungsverfahren ist abgeschlossen und die Kündigung kann ausgesprochen werden, wenn der Personalrat mitgeteilt hat, dass eine Stellungnahme nicht abgegeben wird.

Nach ständiger Rechtsprechung des BAG zu § 102 BetrVG ist das Anhörungsverfahren zur Kündigung abgeschlossen, wenn der Arbeitgeber die Mitteilung erhält, dass der Betriebsrat eine Stellungnahme nicht abgeben wird. Der Arbeitgeber ist in diesen Fällen nicht gehalten, etwa die Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz BetrVG abzuwarten. Ihn darauf zu verweisen, wäre überflüssiger Formalismus (BAG vom 16.09.2004, 2 AZR 511/03, EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 10; BAG vom 12.03.1987, 2 AZR 176/86, EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 71).

Diese Grundsätze sind auch zu übertragen auf das Mitbestimmungsverfahren des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes. Zwar bestehen Unterschiede im Mitbestimmungsverfahren zur Kündigung nach §§ 65 Abs. 2 Nr. 9, 68 NPersVG zum Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG. Während nach NPersVG die Kündigung grundsätzlich der Zustimmung des Personalrates bedarf, der Personalrat durch Zustimmungsverweigerung das Nichteinigungsverfahren nach § 70 NPersVG erzwingen kann, gewährt § 102 BetrVG dem Betriebsrat nur ein Anhörungsrecht, er kann Bedenken oder Widerspruch geltend machen ohne den Ausspruch der Kündigung auch nur zeitweise verhindern zu können. Neben diesen Unterschieden gibt es eine wesentliche Gemeinsamkeit: Nach § 102 Abs. 2 Satz 2 BetrVG hat der Betriebsrat zu seiner Äußerung eine Woche Zeit, nach Fristablauf gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Entsprechend formuliert § 68 Abs. 2 Satz 6 NPersVG, dass die Zustimmung des Personalrates als erteilt gilt, wenn der Personalrat sie nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist schriftlich unter Angabe von Gründen verweigert. Im Anhörungsverfahren nach Betriebsverfassungsgesetz und im Mitbestimmungsverfahren nach NPersVG führt das Schweigen der Betriebsvertretung jeweils dazu, dass die Zustimmung zur beabsichtigten Maßnahme fingiert wird. Wenn Betriebsrat bzw. Personalrat eindeutig und abschließend erklären, sie wollten keine Stellungnahme abgeben, d.h. sie wollen im Ergebnis eine Zustimmungsfiktion durch Fristablauf zulassen, dann wäre es überflüssiger Formalismus, vom Arbeitgeber den Ablauf der Beteiligungsfrist zu verlangen. Diese Wertung gilt für das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG ebenso wie für das Mitbestimmungsverfahren nach § 68 NPersVG.

Im Ergebnis hat damit die Äußerung des Personalratsvorsitzenden, der Personalrat werde eine Stellungnahme nicht abgeben, zur Beendigung des Mitbestimmungsverfahrens geführt.

2.3. Der Erklärung des Personalratsvorsitzenden lag kein wirksamer Personalratsbeschluss zu Grunde. Aus der Aussage des Zeugen im arbeitsgerichtlichen Verfahren ergibt sich, dass eine Personalratssitzung nicht einberufen worden ist, der Personalratsvorsitzende bei insgesamt dreiköpfigem Personalrat sich lediglich mit einem weiteren Mitglied abgestimmt hat. Der Dritte war nicht anwesend. Diese Mängel haben im Ergebnis zur Folge, dass ein rechtmäßiger Beschluss des Personalrates zur Beendigung des Mitbestimmungsverfahrens nicht vorliegt. Dieser Mangel ist aber dem Verantwortungsbereich des Personalrates zuzurechnen und hat keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Kündigung.

Zur Anhörung des Betriebsrates nach § 102 BetrVG geht das BAG (Urteil vom 06.10.2005, 2 AZR 316/04, EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 16) davon aus, dass sich das Verfahren in zwei Abschnitten vollzieht. Während der erste Teil, Einleitung und ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrates dem Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich des Arbeitgebers obliegt, fällt der zweite Teil, Beschlussfassung und Mitteilung des Ergebnisses, in den Verantwortungsbereich des Betriebsrates. Fehler, die im Verantwortungsbereich des Betriebsrates erfolgen, haben keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Kündigung. Auch zu personalvertretungsrechtlichen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsverfahren wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass eine fehlerhafte Beschlussfassung durch den Personalrat für die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahme unbeachtlich ist, zumindest soweit der Dienststellenleiter den Fehler nicht erkannt hat oder erkennen konnte (Richardi/Weber, BPersVG, 3. Aufl., § 69, Rdnr. 117, § 79, Rdnr. 120; KR, 8. Aufl., zu §§ 72, 79, 108 Abs. 2 BPersVG, Rdnr. 56; Ilberts/Widmaier, BPersVG, 10. Aufl., § 69, Rdnr. 18; Dembowski u.a., Das Personalvertretungsrecht in Niedersachsen, § 65 Rdnr. 171 b).

Dieser Auffassung, dass Mängel in der Beschlussfassung des Personalrates unbeachtlich sind und keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Kündigung haben, ist zu folgen. Ordnungsgemäße Beschlussfassung liegt allein im Verantwortungsbereich des Personalrates. Es gehört weder zu den Aufgaben noch zu den Befugnissen des Arbeitgebers, Personalratstätigkeit im Einzelnen zu kontrollieren und Beschlüsse des Personalrates, wie sie vom Personalratsvorsitzenden in eigener Verantwortung mitgeteilt werden, auf Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit zu überprüfen.

Im Ergebnis ist damit festzustellen, dass der Personalrat ordnungsgemäß unter Angabe der Kündigungsgründe beteiligt worden ist, er hat eine wirksame abschließende Stellungnahme abgegeben. Das Mitbestimmungsverfahren nach §§ 65 Abs. 2 Nr. 9, 68 NPersVG ist damit ordnungsgemäß beendet worden.

2.4. Weitergehende Mitbestimmungsrechte des Personalrates ergeben sich auch nicht auf Grund seiner Allzuständigkeit aus § 64 Abs. 1, Abs. 2 NPersVG. Gegenstand der Beteiligung war der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung. Das Mitbestimmungsrecht ist in § 65 Abs. 2 Nr. 9 NPersVG geregelt, gemäß § 64 Abs. 3 Satz 2 NPersVG scheidet damit ein Rückgriff auf etwaige Rechte aus § 64 NPersVG aus.

3. Die ausgesprochene Kündigung ist aus betriebsbedingten Gründen gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt. Die getroffene soziale Auswahl ist nicht zu beanstanden.

3.1. Betriebsbedingter Kündigungsgrund.

Ein betriebsbedingter Kündigungsgrund kann sich aus außerbetrieblichen Umständen ergeben. Auftragsverlust oder verringerter Auftragsbestand kann zur Folge haben, dass die Anzahl der Arbeitsplätze dem Arbeitsanfall anzupassen ist und sich ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung ergibt, weil das Bedürfnis für eine Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt (z.B. BAG vom 18.05.2006, 2 AZR 412/05, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 146).

Die Beklagte unterhält im ehemaligen Beschäftigungsbereich des Klägers die überbetriebliche Ausbildung von Auszubildenden für die Bereiche Maurer und Zimmerer. Im ersten Ausbildungsjahr umfasst die überbetriebliche Ausbildung je 11 Wochen, im zweiten Ausbildungsjahr je vier Wochen. Bei einem Arbeitsplatz Ausbildungsmeister im Bereich Maurer und einem Arbeitsplatz im Ausbildungsbereich Zimmerer ergeben sich insgesamt 30 Lehrgangswochen. Die Zahl der zu betreuenden Auszubildenden hat sich von Oktober 2000 zu Frühjahr 2007 etwa halbiert, bei Maurern von 137 auf 68, bei Zimmerern von 124 auf 67. Während im Jahre 2000 noch 4 Ausbildungsmeister beschäftigt waren, waren es im Frühjahr 2007 noch 3, mit Kündigungsentscheidung hat die Beklagte eine Reduzierung auf 2 Meister vorgenommen. Der Rückgang der Zahl der Auszubildenden hat nachvollziehbar zu dem Wegfall eines Arbeitsplatzes als Ausbildungsmeister geführt. Angesichts der zurückgegangenen Teilnehmerzahl besteht kein Bedarf für eine ganz oder teilweise zweizügig durchgeführte Ausbildung. Aus der Belegung der Einrichtung mit 30 Lehrgangswochen pro Jahr in der Zukunft ergibt sich, dass das Arbeitsvolumen mit 2 Ausbildungsmeistern, Maurermeister und Zimmerermeister, erledigt werden kann und ein 1 Arbeitsplatz im Bereich der Ausbildungsmeister weggefallen ist.

Der Vortrag des Klägers ergibt keine Anhaltspunkte dafür, dass ein betriebsbedingter Kündigungsgrund nicht vorliegt oder eine Weiterbeschäftigung auf einem anderweitigen freien Arbeitsplatz möglich war. Eine Verringerung der Teilnehmerzahl in den einzelnen Lehrgängen zur Erhaltung einer teilweisen Doppelzügigkeit der Ausbildung kann vom Kläger nicht verlangt werden. Es ist nicht zu beanstanden und entspricht der unternehmerischen Entscheidung der Beklagten, dass sie die bisherige Gruppengröße aufrechterhält und nicht zur Erhaltung des Arbeitsplatzes die Teilnehmerzahl je Lehrgang vermindert hat.

Auch der Hinweis des Klägers darauf, er sei Sicherheitsfachkraft, habe dazu beigetragen, dass die Beklagte zu einem Kompetenzzentrum für Befestigungstechnik geworden sei und dass er Maschinenlehrgänge übernehmen könne, die jetzt von einer Honorarkraft durchgeführt würden, ergibt keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit. Aus den Ausführungen des Klägers ergibt sich kein Arbeitsplatz, insbesondere kein freier Arbeitsplatz, an dem eine sinnvolle und vertragsgerechte Weiterbeschäftigung erfolgen könnte. Für die ausgesprochene Kündigung liegen damit ausreichende betriebsbedingte Kündigungsgründe im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG vor.

3.2. Soziale Auswahl.

Bei einer betriebsbedingten Kündigung, die zum Wegfall eines Arbeitsplatzes oder nur eines Teils der Arbeitsplätze führt, hat der Arbeitgeber unter Einbeziehung vergleichbarer Arbeitnehmer eine soziale Auswahl zu treffen nach Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung, § 1 Abs. 3 KSchG. Nach der Gesetzesfassung ist die Sozialauswahl auf die vier vorgenannten gesetzlichen Kriterien beschränkt, eine Berücksichtigung sonstiger Gründe ist grundsätzlich ausgeschlossen. Der Arbeitgeber hat die sozialen Gesichtspunkte ausreichend zu berücksichtigen, ihm ist damit ein Wertungsspielraum eingeräumt mit dem Ergebnis, dass die Auswahlentscheidung nur vertretbar sein muss (BAG vom 31.05.2007, 2 AZR 276/06, EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 77).

Die getroffene soziale Auswahl ist vertretbar und entspricht dem vom Gesetz eingeräumten Wertungsspielraum. Der Ausbildungsmeister L war im Kündigungszeitpunkt 41 Jahre alt, seit 01.08.1996 beschäftigt, verheiratet und hat zwei Kinder. Der Ausbildungsmeister R war im Kündigungszeitpunkt 41 Jahre alt, seit November 2000 beschäftigt und ist verheiratet. Der Kläger war im Kündigungszeitpunkt 35 Jahre alt, seit 01.10.1996 beschäftigt, er ist verheiratet. Bereits auf Grund des Alters und der Zahl der Unterhaltspflichten ist bei fast identischer Betriebszugehörigkeit im Vergleich zum Kläger die Weiterbeschäftigung des Meisters L nicht zu beanstanden. Ein Vergleich des Klägers mit dem Meister R ergibt, dass dieser sechs Jahre älter war, die Betriebszugehörigkeit differiert zu Gunsten des Klägers um vier Jahre, die Zahl der Unterhaltspflichten ist gleich. Weil einerseits das Lebensalter für Herrn R spricht, die Betriebszugehörigkeit für den Kläger, sind die Sozialauswahlkriterien ausreichend berücksichtigt, die getroffene Auswahl hält sich im Rahmen des eingeräumten Wertungsspielraums.

Eine Schwerbehinderung oder Behinderung des Klägers konnte und musste von der Beklagten bei der Sozialauswahl nicht berücksichtigt werden. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob eine festgestellte Behinderung der Beklagten im Kündigungszeitpunkt 31.01.2007 bekannt war. Im Kündigungszeitpunkt war bei dem Kläger ein Grad der Behinderung von 20 festgestellt worden, nach seinen Angaben auf Grund Schwerhörigkeit. Eine ergänzende Feststellung auf einen Grad der Behinderung von 40 ist zum 02.02.2007 erfolgt. Auf Gleichstellungsantrag des Klägers vom 18.04.2006 ist mit Wirkung ab 18.04.2006 eine Gleichstellung des Klägers mit einem Schwerbehinderten erfolgt. Im Zeitpunkt der Kündigung, der allein maßgebend ist, war damit festgestellt ein Grad der Behinderung von 20. Der Kläger war gerade nicht schwerbehindert und zu diesem Zeitpunkt auch nicht gleichgestellt, sodass seine Behinderung bei der Sozialauswahl nicht berücksichtigt werden konnte.

Die Behinderung des Klägers war auch nicht so eindeutig und offenkundig, dass die Beklagte ohne entsprechende förmliche Feststellungen eine Schwerbehinderung zu Grunde legen musste. Der festgestellte Grad der Behinderung war am 31.01.2007 20. Der Erhöhungsbescheid beinhaltet ab 02.02.2007 einen Grad der Behinderung von 40, der Status der Schwerbehinderung ist schließlich erst ab 18.04.2007 mit Gleichstellung erfolgt. Bei einer derartigen Sachlage ist nachvollziehbar, dass für die Beklagte auf Grund der bestehenden Hörprobleme nicht die Schlussfolgerung gezogen werden musste, dass der Kläger schwerbehindert war. Das Kriterium Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung ab 18.04.2007 hat danach auf die Sozialauswahl keine Auswirkungen.

Die Sozialauswahl ist gemäß § 1 Abs. 3 KSchG korrekt getroffen worden. Ob der Kläger in der Zimmererausbildung nur begrenzt einsetzbar ist, ob er deshalb mit dem Meister R nicht vergleichbar ist oder ob die Weiterbeschäftigung des Meisters R im berechtigten betrieblichen Interesse im Sinne des § 1 Abs. 3, Satz 2 KSchG liegt, war damit nicht zu entscheiden.

4. Weil das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2007 wirksam beendet worden ist, war auch die Klage gegen die Kündigung vom 26.06.2007 zum 31.12.2007 abzuweisen. Schließlich besteht kein Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über den Wert des Streitgegenstandes beruht auf § 63 Abs. 2 GKG in Anwendung des § 42 Abs. 4 GKG. Jede der beiden Kündigungen ist dabei mit drei Monatsvergütungen, der Beschäftigungsanspruch zusätzlich mit einer Monatsvergütung bewertet worden.

Die Revision ist zugelassen worden gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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