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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschluss verkündet am 05.05.2003
Aktenzeichen: 13 Ta 79/03
Rechtsgebiete: GVG, ArbGG


Vorschriften:

GVG § 17a
ArbGG § 5 Abs. 1 S. 2
ArbGG § 5 Abs. 3 S. 1
ArbGG § 2 Abs. 3
1. Auf Vertragshändlerverträge ist Handelsvertreterrecht entsprechend anzuwenden. Deshalb kann die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nur nach § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG begründet sein. Eine Bewertung als arbeitnehmerähnliche Person scheidet aus.

2. Die unterstellte Zuständigkeit nach sic-non-Grundsätzen kann eine Zusammenhangszuständigkeit nach § 2 Abs. 3 ArbGG nicht begründen.


Landesarbeitsgericht Niedersachsen Beschluss

Hannover, den 05.05.2003

13 Ta 79/03

In dem Rechtsstreit

Hier: Sofortige Beschwerde wegen Rechtswegzuständigkeit

hat die 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Rosenkötter ohne mündliche Verhandlung

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hannover vom 09.01.2003, 10 Ca 441/02, unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Für die Anträge zu 1 - 3 aus der Klageschrift wird der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt.

2. Die Widerklage vom 21.08.2002 und der Hilfsantrag des Klägers vom 03.04.2003 werden abgetrennt. Für diese Anträge ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen unzulässig und insoweit wird der Rechtsstreit an das zuständige Landgericht Hannover verwiesen.

3. Die Beklagte trägt die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Verfahrenswert von 13.000,-- €. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt jede Partei selbst.

4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 26.000,--€ festgesetzt.

5. Die Rechtsbeschwerde wird für beide Parteien zugelassen.

Gründe:

Mit der Klage begehrt der Kläger erstens die Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, zweitens die Feststellung, dass das bestehende Arbeitsverhältnis durch fristlose Kündigung der Beklagten vom 12.07.2002 nicht aufgelöst worden ist, drittens Beschäftigung. Die Beklagte begehrt im Wege der Widerklage Zahlung von 43.970,92 €, Forderungen aus Lieferungen an den Kläger. Hilfsweise hat der Kläger unter dem 03.04.2003 den Feststellungsantrag angekündigt, dass für die fristlose Kündigung des Kooperations- und Vertriebsvertrages keine Gründe vorgelegen haben.

Die Beklagte vertreibt Softwareprodukte nebst dazugehörigen Dienstleistungen. Aufgrund eines Arbeitsvertrages (Bl. 20 ff. d.A.) war der Kläger als Arbeitnehmer und Vertriebsmitarbeiter seit dem 01.04.1999 bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Aufhebungsvereinbarung vom 13.09.2001 (Bl. 25 d.A.) zum 30.09.2001 beendet. Unter dem 14.09.2001 schlossen die Parteien einen Kooperations- und Vertriebsvertrag, an dessen Stelle nachfolgend der Kooperations- und Vertriebsvertrag vom 02.05.2002 trat. Die Beklagte kündigte das Vertragsverhältnis fristlos mit Schreiben vom 12.07.2002 (Bl. 26 und 27 d.A.).

Nach dem Kooperations- und Vertriebsvertrag war dem Kläger das Vertriebsrecht für das . . Softwareprodukt und den damit verbundenen Dienstleistungen übertragen für ein näher bezeichnetes Vertriebsgebiet (2.1), der Kläger handelte und vertrieb Produkte und Dienstleistungen auf eigenen Namen und Rechnung, nach Vertragstext hatte er keinen Handelsvertreterstatus (2.2). Der Verkauf hatte zu erfolgen nach den von der Beklagten vorgegebenen Bedingungen (3.4), Aufnahme von geschäftlichen Beziehungen zu Wettbewerbern waren untersagt (3.5). Die Lizenzpreise für die Softwareprodukte waren vorgegeben nach Preislisten (6.1), die Beklagte gewährte dem Kläger als Vertriebspartner Rabatte. Ergänzend wird Bezug genommen auf den Kooperations- und Vertriebsvertrag vom 02.05.2002, Bl. 10 ff. d.A..

Der Kläger vertritt die Auffassung, mit dem Kooperations- und Vertriebsvertrag sei lediglich der arbeitsrechtliche Schutz umgangen worden, in der Sache habe es sich auch über den 30.09.2001 hinaus um einen Arbeitsvertrag gehandelt. Durch den Vertriebsvertrag sei seine bisher als Arbeitnehmer ausgeübte Tätigkeit nicht verändert worden, er sei nach wie vor in die Arbeitsorganisation der Beklagten eingebunden worden und von dieser wirtschaftlich abhängig gewesen. Er habe ausschließlich für die Beklagte gearbeitet und keine Mitarbeiter beschäftigt. Dass er Weisungen der Beklagten unterlegen habe, folge aus dem Kündigungsschreiben. Dort werde ihm vorgeworfen, dass er keine zeitnahe und systematische Bearbeitung von vertrieblichen Projekten trotz Anweisung vorgenommen habe.

Die Beklagte trägt vor, der Kläger sei selbständig gewesen und habe auf eigene Rechnung gearbeitet. Ein Weisungsrecht der Beklagten habe nicht bestanden. Arbeitnehmereigenschaft und damit Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen liege nicht vor.

Das Arbeitsgericht hat für die Anträge aus der Klageschrift und die Widerklage Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen bejaht und angenommen, dass der Kläger als arbeitnehmerähnliche Person einzustufen sei. Gegen diesen Beschluss richtet sich die zulässige Beschwerde der Beklagten.

Der Kläger war nicht als Arbeitnehmer beschäftigt, sondern als selbständiger Vertragshändler mit Handelsvertreterstatus. Er kann nicht als arbeitnehmerähnliche Person gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG behandelt werden. Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für die Anträge aus der Klage ist nur deshalb gegeben, weil Zuständigkeit der Arbeitsgerichte und Begründetheit der Klage nur zu bejahen sind, wenn der Kläger Arbeitnehmer war (sic-non-Fall). Für Widerklage und Hilfsantrag des Klägers folgt die Zuständigkeit nicht aus Zusammenhang, § 2 Abs. 3 ArbGG.

1. Durch den Kooperations- und Vertriebsvertrag ist kein Arbeitsverhältnis begründet worden, der Kläger war nicht als Arbeitnehmer, sondern als Selbständiger beschäftigt.

Maßgebend für die Abgrenzung zwischen Arbeitsvertrag und einem Dienstvertrag als Selbständigen ist der Geschäftsinhalt. Neben der vertraglichen Vereinbarung und ihrem Inhalt ist die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses maßgebend. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, so ist letztere maßgebend. Entsprechend § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ist selbständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Neben diesen Kriterien sind im Übrigen alle Umstände des Falles in Betracht zu ziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass z.B. auch selbständige Handelsvertreter in eine Vertriebsorganisation des Unternehmens eingebunden sind, insoweit auch in ihrer Eigenschaft als Selbständige Berichtspflichten haben, einer gewissen Kontrolle unterliegen und Weisungen erhalten können (z.B. BAG vom 15.12.1999, 5 AZR 566/98, EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 78; BAG vom 15.12.1999, 5 AZR 770/98, EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 79; BAG vom 15.12.1999, 5 AZR 3/99, EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 80; BAG vom 15.12.1999, 5 AZR 169/99, EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 82).

Nach dem Inhalt des schriftlichen Vertriebsvertrages kann nicht festgestellt werden, dass es sich um einen Arbeitsvertrag handelt. Vielmehr sind dort Bedingungen festgelegt, wie sie für Vertragshändlerverträge mit Selbständigen bzw. auch für Handelsvertreterverträge typisch sind. Vorgaben für die Regelung der Arbeitszeit sind nicht enthalten, der Vertrag enthält auch keine Anweisungen, wie der Kläger seine Vertriebstätigkeit zu organisieren hatte. Ihm ist in 2.1 ein Vertriebsgebiet zugewiesen worden, gemäß 2.2 ist ihm ein Bestand von Kunden zur Betreuung übergeben worden. Die weitere Organisation der Vertriebstätigkeit war dem Kläger überlassen, aus Ziffer 5.3 folgt auch, dass er berechtigt war, selbst Mitarbeiter für sich tätig werden zu lassen und zu beschäftigen. Als Einschränkungen folgen aus dem Vertragstext lediglich, dass er zu den von der Beklagten vorgegebenen Bedingungen und Preisen zu verkaufen hatte und dass eine Umsatzvorgabe von 560.000,-- € pro Jahr bestand. Derartige Vorgaben sind auch für die Vertragsverhältnisse mit selbständigen Handelsvertretern durchaus üblich und können einen Arbeitnehmerstatus nicht begründen.

Dass abweichend vom schriftlichen Vertrag der Kläger persönlich abhängig, das heißt weisungsgebunden tätig geworden ist, ist aus seinem Vortrag nicht ersichtlich. Zwar ist im Kündigungsschreiben vom 12.07.2002 gerügt, dass der Kläger keine zeitnahe und systematische Kontaktbearbeitung von vertrieblichen Projekten betrieben habe. Wie dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 07.05.2002 zu entnehmen ist, hat die Beklagte Anfragen von Interessenten an den Kläger weitergegeben in der Erwartung, dass er diese Anfragen bearbeite und den Kundenkontakt zeitnah durchführe. Damit kann aber kein arbeitsvertragstypisches Weisungsrecht begründet werden. Nach dem geschlossenen Vertriebsvertrag war die Beklagte nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, entsprechende Anfragen an den Vertriebsmitarbeiter weiterzugeben, sie konnte und durfte auch eine zeitnahe Bearbeitung erwarten, weil dem Kläger ein bestimmtes Vertriebsgebiet zugewiesen war. Die Beklagte hat damit nicht konkret die Arbeitsorganisation des Klägers gestaltet, sie hat lediglich Weisungen erteilt und Kontrollen ausgeübt, wie sie auch im Rahmen von Handelsvertreterverhältnissen typisch sind.

Unerheblich ist auch, dass der Kläger keine Mitarbeiter beschäftigte und allein für die Beklagte tätig war. Eine solche Fallgestaltung findet sich gerade bei Handelsvertretern, etwa bei Einfirmenvertretern sehr häufig. Schließlich ist auch unerheblich, dass ursprünglich zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden hat und dass die Tätigkeit des Klägers während des Arbeitsverhältnisses und nach Abschluss des Vertriebsvertrages im Wesentlichen identisch war. Gerade im Vertriebsbereich ist die Tätigkeit von angestellten und selbständigen Außendienstmitarbeitern häufig ähnlich, wenn nicht sogar identisch. Die Ablösung eines Anstellungsverhältnisses durch einen Vertriebsvertrag kann deshalb nicht einmal Indizwirkung für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses begründen. Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses kann nicht festgestellt werden, der Kläger war nicht Arbeitnehmer.

2. Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen folgt nicht daraus, dass der Kläger arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG ist. Gemäß § 5 Abs. 3 gelten als Arbeitnehmer Handelsvertreter nur dann, wenn es sich um Einfirmenvertreter handelt, deren Einnahmen im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000,-- € betragen haben. Diese Sondervorschrift des § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG legt abschließend fest, wann Handelsvertreterverhältnisse in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte fallen. Dadurch ist ausgeschlossen, eine Bewertung als arbeitnehmerähnliche Person vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG nicht vorliegen (BAG vom 15.07.1961, 5 AZR 572/60, AP Nr. 1 zu § 92 a HGB; BGH vom 25.10.2000, VIII ZB 30/00, juris).

Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG. Da er als Handelsvertreter zu behandeln war, scheidet eine Bewertung als arbeitnehmerähnliche Person aus.

Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 09.10.2002, VIII ZR 95/01, NJW-RR 2003, S. 98) ist auf einen Vertragshändlervertrag Handelsvertreterrecht entsprechend anzuwenden. Dies gilt dann, wenn der Vertragshändler durch den Rahmenvertrag handelsvertretertypische Rechte und Pflichten übernommen hat und in erheblichem Umfang Aufgaben erfüllt, wie sie auch vom Handelsvertreter wahrgenommen werden. Dabei vertreibt der Vertragshändler Waren des Herstellers im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, ist aber in die Verkaufsorganisation des Herstellers eingegliedert.

Der vorliegende Vertriebsvertrag ist ein Vertragshändlervertrag. Der Kläger hatte in seinem Vertriebsgebiet Produkte der Beklagten im eigenen Namen zu vertreiben, und zwar zu den von der Beklagten vorgegebenen Preisen und Bedingungen. Er hat damit innerhalb der Vertriebsorganisation der Beklagten für einen Handelsvertreter typische Aufgaben wahrgenommen mit der Folge, dass auf das vorliegende Vertragsverhältnis Handelsvertreterrecht anzuwenden ist. Zuständigkeit der Arbeitsgerichte kann damit nicht gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG begründet werden.

3. Obwohl der Kläger weder Arbeitnehmer noch arbeitnehmerähnliche Person war, besteht für die Klageanträge zu 1 - 3 die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte. Kennzeichnend für diese drei Anträge ist nämlich, dass sie nur begründet sein können, wenn ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Dies gilt nicht nur für den Antrag zu 1, Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses, sondern auch für den Antrag zu 2. Nach dem angekündigten Antrag zu 2 begehrt der Kläger die Feststellung, dass das bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Der Streitgegenstand ist damit so bestimmt, dass ein Arbeitsverhältnis vorliegen muss, nur dann kann die fristlose Kündigung auf Wirksamkeit überprüft werden. Nicht Streitgegenstand des so gestellten Antrags ist die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung des Vertriebsvertrages als selbständigem Dienstvertrag (BAG vom 19.12.2000, 5 AZB 16/00, EzA § 2 ArbGG 1979 Nr. 52; BAG vom 17.01.2001, 5 AZB 18/00, EzA § 2 ArbGG 1979 Nr. 53). Schließlich ist auch der Beschäftigungsantrag zu 3 nur begründet, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht. Dies ergibt sich bereits daraus, dass er in Verbindung mit dem Antrag zu 2 als arbeitsrechtlicher Weiterbeschäftigungsantrag angekündigt ist. Hängen sowohl die Bestimmung des Rechtsweges als auch die Begründetheit vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ab, ist diese Tatsache also doppelt relevant, hat die Entscheidung durch die Gerichte für Arbeitssachen zu erfolgen. Es handelt sich um einen sic-non-Fall, in dem Zuständigkeit auch dann besteht, wenn kein Arbeitsverhältnis vorliegt (BAG, a.a.O.).

4. Weil der Kläger nicht Arbeitnehmer war und auch nicht als arbeitnehmerähnliche Person anzusehen ist, besteht im Grundsatz keine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Widerklage und Hilfsantrag des Klägers. Sie kann vorliegend auch nicht gemäß § 2 Abs. 3 ArbGG begründet werden. Im Wege der Zusammenhangsklage können die Gerichte für Arbeitssachen auch für nicht arbeitsrechtliche Ansprüche zuständig sein, wenn diese mit einem bei einem Arbeitsgericht anhängigen Anspruch in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Die unterstellte Zuständigkeit nach sic-non-Grundsätzen ist nach Auffassung der Beschwerdekammer nicht ausreichend für eine Begründung eines Zusammenhangs nach § 2 Abs. 3 ArbGG.

Bei unterstellter Zuständigkeit nach sic-non-Grundsätzen wird teilweise die Möglichkeit einer Zusammenhangsklage bejaht mit der Einschränkung, dass keine Rechtswegerschleichung vorliegen darf. Andererseits wird auch die Auffassung vertreten, dass § 2 Abs. 3 ArbGG in diesen Fällen nicht Anwendung findet, weil gerade die Arbeitnehmereigenschaft zu verneinen ist (dazu: BVerfG vom 31.08.1999, 1 BvR 1389/97, EzA § 2 ArbGG 1979, Nr. 47; BAG vom 17.01.2001, 5 AZB 18/00, a.a.O.).

Nach Auffassung der Beschwerdekammer kann die unterstellte Zuständigkeit nach sic-non-Grundsätzen nicht eine Zusammenhangszuständigkeit nach § 2 Abs. 3 ArbGG begründen. Für die Bestimmung des Rechtsweges sind die gesetzlichen Regelungen über die Zuständigkeit der einzelnen Gerichtszweige maßgebend. Die Vorstellungen und Intentionen des Klägers, warum er ein bestimmtes Gericht anruft, könne nicht maßgebend sein. Deshalb ist der Gesichtspunkt der Rechtswegerschleichung im Rahmen der Zuständigkeitsbestimmung kein taugliches Kriterium. Abzustellen ist vielmehr darauf, dass in den sic-non-Fällen die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen lediglich unterstellt wird, tatsächlich aber kein zuständigkeitsbegründendes Arbeitsverhältnis vorgelegen hat. Diese Unterstellung der Zuständigkeit erfolgt, weil die geltend gemachte Klage gleichzeitig unbegründet ist. Eine solche unterstellte Zuständigkeit, in der nur noch über die Arbeitnehmereigenschaft zu befinden ist, im Übrigen aber keine Sachentscheidung zu erfolgen hat, kann keinen ausreichenden Zusammenhang bilden mit anderen zivilrechtlichen Ansprüchen, für die es keine arbeitsrechtliche Anspruchsgrundlage gibt. Mit der zu klärenden Statusfrage besteht weder ein wirtschaftlicher noch ein rechtlicher Zusammenhang. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass es sich bei § 2 Abs. 3 ArbGG um eine Ausnahmeregelung handelt, die jedenfalls für die vorliegende Fallgestaltung eng auszulegen ist.

Sowohl bei der Widerklage als auch beim Hilfsantrag, Kündigung des Vertriebsvertrages als selbständigem Dienstvertrag, sind Ansprüche zivilrechtlicher Art bzw. zivilrechtliche Kündigungsvoraussetzungen zu klären, die in keinem Zusammenhang mit dem Arbeitnehmerstatus des Klägers stehen. Widerklage und Hilfsantrag waren deshalb abzutrennen und an das zuständige Landgericht Hannover zu verweisen.

6. Soweit die Beschwerde erfolgreich war, ergeht sie gerichtskostenfrei. Soweit die Beschwerde keinen Erfolg hatte, waren der Beklagten die Gerichtskosten aufzuerlegen, und zwar nach einem Verfahrenswert von 13.000,-- €. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren war in Höhe von etwa 1/3 des Hauptsachewertes festzusetzen, dabei war angemessen und ausreichend eine Wertfestsetzung in Höhe von 26.000,-- €, § 3 ZPO.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde erfolgt gemäß § 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG.

Ende der Entscheidung

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