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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschluss verkündet am 28.06.2007
Aktenzeichen: 14 TaBV 5/07
Rechtsgebiete: BetrVG, WO 2001


Vorschriften:

BetrVG § 19
WO 2001 § 6 Abs. 4
Der Listenvertreter ist gemäß § 6 IV WO 2001 nicht befugt, die von ihm beim Wahlvorstand eingereichte Vorschlagsliste zurückzunehmen.
LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS

14 TaBV 5/07

In dem Beschlussverfahren

hat die 14. Kammer des Landesarbeitsgericht Niedersachsen aufgrund der Anhörung am 28. Juni 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Plathe, die ehrenamtliche Richterin Eisenmann, den ehrenamtlichen Richter Lüer beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrats und der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Verden vom 21.12.2006 Az.: 3 BV 8/06 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

In dem Betrieb der Arbeitgeberin, in dem 289 Arbeitnehmer beschäftigt sind, hat am 03.05.2006 eine Betriebsratswahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl auf der Grundlage eines Wahlvorschlags mit 62 Wahlbewerbern stattgefunden.

Aus dem am 08.05.2006 bekannt gegebenen Wahlergebnis ist als 9-köpfiger Betriebsrat der Beteiligte zu 6) hervorgegangen.

Die Beteiligten zu 1) bis 5) haben die Betriebsratswahl am 17.05.2006 beim Arbeitsgericht mit der Begründung angefochten, dass die Wahl nicht als Mehrheitswahl hätte durchgeführt werden dürfen.

Der Betriebsratswahl liegt folgendes Verfahren des Wahlvorstandes zugrunde:

Im Vorfeld der Betriebsratswahl hat es im Betrieb Bestrebungen gegeben, eine Mehrheitswahl auf der Grundlage lediglich einer Vorschlagsliste durchzuführen. Dementsprechend ist eine Vorschlagsliste mit dem Kenntwort Persönlichkeitswahl, Listenvertreter J. G. mit 62 Wahlbewerbern und 23 Unterstützungsunterschriften vorbereitet worden. Diese Liste ist beim Wahlvorstand zunächst nicht eingereicht worden.

Beim Wahlvorstand sind auf das Wahlausschreiben vom 20.03.2006 insgesamt 7 andere Vorschlagslisten eingereicht worden. Hierzu hat der Wahlvorstand am 04.04.2006 eine Liste für ungültig erachtet und hinsichtlich einer weiteren Liste eine Frist zur Behebung von Mängeln gesetzt.

Am 06.04.2006 haben sämtliche Listenvertreter die von ihnen jeweils eingereichte Vorschlagsliste zurückgenommen. Zustimmungserklärungen der Wahlbewerber wie der Unterstützer gegenüber dem Wahlvorstand liegen nicht vor.

Der Wahlvorstand hat diese Rücknahmen für wirksam erachtet und dementsprechend mit Aushang vom 06.04.2006 bekannt gegeben, dass "keine Vorschlagsliste eingereicht wurde", und hat eine Nachfrist von einer Woche zum Einreichen von Wahlvorschlägen gesetzt.

Daraufhin ist lediglich eine Vorschlagsliste mit dem Kennwort Persönlichkeitswahl, Listenvertreter J. G. eingereicht worden, auf der 62 Wahlbewerber und 23 Unterstützungsunterschriften aufgeführt waren.

Diese Vorschlagsliste entspricht inhaltlich der ursprünglich vorbereiteten, dem Wahlvorstand jedoch zunächst nicht eingereichten Liste.

Die auf dieser Liste aufgeführten 62 Wahlbewerber haben sich ganz überwiegend auch auf den zunächst eingereichten 7 Vorschlagslisten befunden. Es sind auf dieser eingereichten Liste aber nicht sämtliche Wahlbewerber aufgeführt, die in den 7 zwischenzeitlich eingereichten Listen aufgeführt waren.

Bei der am 03.05.2006 durchgeführten Wahl sind 261 Wahlumschläge abgegeben worden. Die Auszählung ergab 254 gültige Stimmen.

Hiervon entfielen auf die gewählten 9 Betriebsratsmitglieder 145, 132, 129, 104, 71, 64, 62, 57 bzw. 50 Stimmen sowie auf die von der erreichten Stimmenzahl her folgenden weiteren 9 Wahlbewerber 50, 49, 42, 40, 39, 39, 37, 37 bzw. 34 Stimmen.

Das Arbeitsgericht, auf dessen Beschluss auch wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, wie er in erster Instanz zur Entscheidung vorgelegen hat, hat die Wahlanfechtung für begründet erachtet und die Betriebsratswahl vom 03.05.2006 für unwirksam erklärt.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Rücknahme der eingereichten 7 Vorschlagslisten lediglich durch die Listenvertreter unwirksam gewesen sei, der Wahlvorstand deshalb keine Nachfrist setzen und die Wahl nicht auf der Grundlage der anschließend eingereichten Vorschlagsliste als Mehrheitswahl habe durchführen dürfen, wodurch auch das Wahlergebnis habe beeinflusst werden können.

Mit der Beschwerde machen der Betriebsrat und die Arbeitgeberin weiterhin geltend:

Ein Anfechtungsgrund für die Betriebsratswahl vom 03.05.2006 bestehe nicht, da die Rücknahme der Vorschlagslisten durch die Listenvertreter vom 06.04.2006 wirksam sei und die Wahl auf der Grundlage der anschließend eingereichten Vorschlagsliste zu Recht im Wege der Mehrheitswahl durchgeführt worden sei. In den Wahlvorschriften sei nicht bestimmt, dass ein Listenvertreter nicht befugt sei, die von ihm eingereichte Vorschlagsliste zurückzunehmen. Hier komme hinzu, dass die Rücknahme der zunächst eingereichten Vorschlagslisten und die Durchführung einer Mehrheitswahl auf der Grundlage der anschließend eingereichten neuen Vorschlagsliste von der großen Mehrheit der Wahlbewerber der zunächst eingereichten Vorschlagslisten wie auch der großen Mehrheit der Beschäftigten getragen worden sei. Dies werde dadurch belegt, dass die große Mehrheit der Wahlbewerber auf der später eingereichten Vorschlagsliste erneut kandidiert habe und die Betriebsratswahl eine sehr hohe Wahlbeteiligung gehabt habe. Hinzu komme, dass bei einem Abbruch der Wahl oder ihrer Fortführung auf der Grundlage der zunächst eingereichten Wohlvorschläge und einer Ablehnung des Amtes durch die gewählten Bewerber eine Neuwahl notwendig geworden wäre, die erhebliche Kosten verursachen und die Gefahr eines betriebsratslosen Zustandes begründen würde. Ferner sei ein Wechsel zwischen den Wahlsystemen Mehrheits- und Verhältniswahl nicht als schwerwiegender Verstoß gegen Wahlvorschriften anzusehen, da das Betriebsverfassungsgesetz beide Wahlsysteme gleichrangig zur Verfügung stelle.

Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin beantragen,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Verden vom 21.12.2006 - Az. 3 BV 8/06 - abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsteller beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragsteller verteidigen den angefochtenen Beschluss und vertreten weiterhin die Auffassung, dass die Rücknahme der zunächst eingereichten Vorschlagslisten und damit das anschließende Verfahren einer Mehrheitswahl nicht zulässig gewesen sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Erörterung gewesen ist.

II.

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Die im Betrieb der Arbeitgeberin am 03.05.2006 durchgeführte Betriebsratswahl ist gemäß § 19 BetrVG für unwirksam zu erklären, da sie seitens der Antragsteller in zulässiger Weise angefochten worden ist und ein ausreichender Anfechtungsgrund besteht.

Die Anfechtungsbefugnis der 5 im Verfahren verbliebenen Antragsteller ergibt sich daraus, dass sie im Zeitpunkt der angefochtenen Betriebsratswahl Arbeitnehmer im Betrieb gewesen sind sowie dass die Antragsteller K., D. G. und G. weiterhin unbestritten Arbeitnehmer der Arbeitgeberin sind und der Kündigungsschutzprozess des Antragstellers C. (Az. 4 Sa 559/07 LAG Niedersachsen) noch nicht abgeschlossen ist. Hieraus ergibt sich ohne weiteres die Zulässigkeit der Fortführung des Wahlanfechtungsverfahrens durch die Antragsteller (BAG Beschluss vom 04.12.1986, Az.: 6 ABR 48/85 = AP Nr. 13 zu § 19 BetrVG 1972; Beschluss vom 15.02.1989, Az.: 7 ABR 9/88 = AP Nr. 17 zu § 19 BetrVG 1972; Beschluss vom 16.11.2005, Az.: 7 ABR 9/05 = AP Nr. 4 zu § 94 SGB IX).

Die Wahlanfechtung ist begründet, da die Betriebsratswahl vom 03.05.2006 als Mehrheitswahl durchgeführt worden ist, obwohl die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 14 II 2 BetrVG nicht vorgelegen haben und das Wahlergebnis hierdurch beeinflusst worden sein kann, § 19 I BetrVG.

Gemäß § 14 II 2 BetrVG ist eine Mehrheitswahl bei der hier vorliegenden Betriebsgröße nur zulässig, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird.

Dies ist hier mit der Einreichung der Vorschlagsliste Persönlichkeitswahl innerhalb der vom Wahlvorstand am 06.04.2006 gesetzten Nachfrist nur dann der Fall, wenn die zuvor eingereichten 6 Vorschlagslisten, die der Wahlvorstand nicht für ungültig erachtet hat, durch die entsprechenden Erklärungen der Listenvertreter wirksam zurückgenommen worden sind.

Daran fehlt es jedoch. Der Listenvertreter ist nicht befugt, die von ihm eingereichte Vorschlagsliste ohne gegenüber dem Wahlvorstand dokumentierte Zustimmung der auf der Vorschlagsliste aufgeführten Wahlbewerber und Unterstützer zurückzunehmen.

Als Listenvertreter ist gemäß § 6 IV 1 WO 2001 anzusehen, wer in der Vorschlagsliste als solcher bezeichnet ist; fehlt es daran, ist als Listenvertreter anzusehen, wer die Vorschlagsliste an erster Stelle unterzeichnet hat.

Gemäß § 6 IV 2 WO 2001 besteht die Aufgabe des Listenvertreters darin, "dem Wahlvorstand die zur Beseitigung von Beanstandungen erforderlichen Erklärungen abzugeben sowie Erklärungen und Entscheidungen des Wahlvorstands entgegenzunehmen".

Hieraus ergibt sich, dass der Wahlvorschlag nicht als Vorschlag des Listenvertreters, sondern als gemeinsamer Vorschlag aller Unterzeichner anzusehen ist (BAG Beschluss vom 15.12.1972, Az.: 1 ABR 8/72 unter B 1 der Gründe = AP Nr. 1 zu § 14 BetrVG 1972). Aus der Begrenzung der Befugnisse des Listenvertreters auf die Abgabe von zur Beseitigung von Beanstandungen erforderlichen Erklärungen folgt, dass dem Listenvertreter eine Befugnis zur Rücknahme einer eingereichten Liste nicht zusteht. Die Rücknahme des Wahlvorschlags ist gerade nicht auf eine Beseitigung von Mängeln zur Aufrechterhaltung des Vorschlags, sondern auf seine vollständige Beseitigung gerichtet, womit in die Rechte aller übrigen Unterzeichner eingegriffen wird. Hier hätte es einer ausdrücklichen Begründung einer solchen Befugnis bedurft, die in den Vorschriften der Wahlordnung jedoch nicht enthalten ist. In der Unterzeichnung eines Wahlvorschlages kann eine solche Ermächtigung für den Listenvertreter ebenfalls nicht gesehen werden, da die Unterzeichnung des Wahlvorschlags lediglich die Erklärung beinhaltet, die auf dem Vorschlag aufgeführten Wahlbewerber zur Wahl zu stellen (BVerwG Beschluss vom 11.07.1975, Az.: VII P 15.73 = BVerwGE 48, 317 ff., 321). In der Literatur wird eine Befugnis des Listenvertreters zur Rücknahme des von ihm eingereichten Vorschlags überwiegend unter Bezugnahme auf die genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls abgelehnt (GK-BetrVG-Kreutz 8. Aufl. 2005 Rn. 15 zu § 6 WO 2001; Richardi-Thüsing BetrVG 10. Aufl. 2006 Rz. 13 zu § 6 WO 2001; FKHES BetrVG 23. Aufl. 2006 Rn. 11 zu § 6 WO 2001; DKK-Schneider BetrVG 10. Aufl. 2006 Rn. 38 zu § 6 WO 2001).

Gegen eine Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Bundespersonalvertretungsgesetz kann nicht eingewandt werden, dass die Vorschriften der Wahlordnung zum Bundespersonalvertretungsgesetz und zum Betriebsverfassungsgesetz in Bezug auf die Befugnisse des Listenvertreters unterschiedliche Regelungen enthalten. Unterschiedliche Regelungen bestehen lediglich hinsichtlich der Befugnisse eines Wahlbewerbers, seine Kandidatur zurückzuziehen, die nach der Regelung in § 9 II WO BPersVG nicht besteht, während § 6 III WO 2001 insoweit keine ausdrückliche Regelung enthält, wobei eine Rücknahme der Kandidatur in der Literatur teilweise ebenfalls für nicht zulässig erachtet wird (so DKK-Schneider a.a.O. Rn. 34 zu § 6 WO 2001; FKHES a.a.O. Rn. 10 zu § 6 WO 2001; a. A. GK-BetrVG-Kreutz a.a.O. Rn. 12 zu § 6 WO 2001; Richardi-Thüsing a.a.O. Rn. 12 zu § 6 WO 2001). Demgegenüber sind die Vorschriften über die Listenvertreter in § 8 IV WO BPersVG und § 6 IV WO 2001 vollständig inhaltsgleich.

Gegen dieses Ergebnis lässt sich nicht einwenden, dass der Wahlvorstand hierdurch vor schwer überwindliche Schwierigkeiten gestellt würde. Zwar wäre es sicher wünschenswert, wenn der Gesetzgeber ausdrücklich bestimmt hätte, dass der Listenvertreter zur Rücknahme der von ihm eingereichten Vorschlagsliste nicht befugt ist. Insoweit ist der Wahlvorstand auf einen Blick in die einschlägige Rechtsprechung und Kommentarliteratur angewiesen, die hier allerdings, wie dargestellt, eine einheitliche Auffassung vertritt.

Ein abweichendes Ergebnis lässt sich auch nicht mit der Überlegung begründen, dass hier ursprünglich geplant gewesen sein mag, nur einen Listenvorschlag einzureichen, um zu einer Mehrheitswahl zu kommen, und dass die ganz überwiegende Anzahl der Wahlbewerber auf der während der Nachfrist eingereichten Vorschlagsliste Personenwahl erneut kandidiert hat und damit praktisch ihr Einverständnis zu dem Verfahren einer Mehrheitswahl erklärt hat sowie dass sich aus der hohen Wahlbeteiligung auch eine ganz überwiegende Zustimmung der Belegschaft zu dem Wahlverfahren Mehrheitswahl gezeigt hat.

Dem steht entscheidend entgegen, dass es sich hierbei um Ereignisse und Bewertungen handelt, die dem Wahlvorstand nicht bekannt gewesen sind oder die sich erst nach der Rücknahme der entsprechenden Vorschlagslisten am 06.04.2006 ereignet haben und schon deshalb vom Wahlvorstand bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt werden konnten. Zudem handelt es sich hier lediglich um mögliche oder auch wahrscheinliche Bewertungen von Verhaltensweisen, die als solche nicht geeignet sind, im Bereich der formellen Vorschriften über die Durchführung von Betriebsratswahlen Entscheidungen zu tragen.

Dieses Ergebnis lässt allerdings die vom Betriebsrat angesprochene Möglichkeit zu, dass bei einer Fortführung der Wahl auf der Grundlage der unwirksam zurückgenommenen Vorschlagslisten entweder niemand wählt oder alle gewählten Bewerber die Annahme der Wahl ablehnen und dass dies wegen zwischenzeitlichen Zeitablaufs zu einem betriebsratslosen Zustand führen kann. Hierbei handelt es sich jedoch um eher theoretische Überlegungen, da eine Betriebsratswahl praktisch nicht ohne jede Wahlbeteiligung stattfinden wird, zumal hier auch nicht sämtliche Wahlbewerber der zunächst eingereichten Vorschlagslisten auf der später eingereichten Vorschlagsliste erneut kandidiert haben und für diese Arbeitnehmer kein Anlass bestanden hat, nicht zu wählen, und dass bei einer Ablehnung der Wahl durch gewählte Bewerber eine entsprechende Anwendung von § 11 BetrVG in Betracht kommen kann (vgl. dazu LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 07.09.1988, Az.: 3 TaBV 2/88 = LAGE § 11 BetrVG 1972 Nr. 1).

Die Durchführung einer Mehrheitswahl auf der Grundlage der nachgereichten Vorschlagsliste anstelle einer Verhältniswahl auf der Grundlage der zunächst eingereichten nicht beanstandeten 5 Vorschlagslisten stellt einen erheblichen Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren im Sinne von § 19 I BetrVG dar.

Zwar sind in § 14 II BetrVG die Verhältniswahl und die Mehrheitswahl als mögliche Wahlverfahren genannt. Gleichzeitig ist jedoch in § 14 II 2 BetrVG bestimmt, dass eine Mehrheitswahl, abgesehen von dem hier nicht interessierenden Fall des vereinfachten Wahlverfahrens für Kleinbetriebe, nur durchzuführen ist, wenn lediglich ein wirksamer Wahlvorschlag eingereicht worden ist. Damit besteht entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin für die Betriebsparteien keine Wahlmöglichkeit zwischen den verschiedenen Wahlverfahren.

Die Wahl des falschen Wahlverfahrens stellt einen Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften dar (vgl. BAG Beschluss vom 19.11.2003, Az.: 7 ABR 24/03 unter B 2 der Gründe = AP Nr. 54 zu § 19 BetrVG 1972).

Durch die Wahl des falschen Wahlverfahrens konnte das Wahlergebnis auch beeinflusst werden.

Gemäß § 19 I BetrVG berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Betriebsratswahl, wenn durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Das ist der Fall, wenn bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte (BAG Beschluss vom 13.10.2004, Az.: 7 ABR 5/04 Rn. 18 = AP Nr. 1 zu § 2 WO BetrVG 1972 m. w. N.).

Bei der Durchführung einer Betriebsratswahl im unzutreffenden Wahlverfahren kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Wahlergebnis zwingend dasselbe gewesen wäre, wenn der Wahlvorstand das Wahlverfahren anstelle der durchgeführten Mehrheitswahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl durchgeführt hätte (BAG Beschluss vom 19.11. 2003, Az.: 7 ABR 24/03 unter B 3 a, b der Gründe = AP Nr. 54 zu § 19 BetrVG 1972). Dies gilt umso mehr, wenn man die relativ dicht beieinander liegenden Stimmenzahlen zwischen dem 5. und 15. Platz des Wahlergebnisses berücksichtigt.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf §§ 92 I, 72 II ArbGG.

Ende der Entscheidung

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