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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 05.11.2004
Aktenzeichen: 16 Sa 380/04
Rechtsgebiete: BGB, FPersG, BetrVG


Vorschriften:

BGB § 134
FPersG § 3
BetrVG § 77 Abs. 3
Eine unwirksame Betriebsvereinbarung kann im Wege der Umdeutung zum Inhalt der Einzelverträge werden. Voraussetzung ist die Feststellung eines Bindungswillens des Arbeitgebers über die Betriebsvereinbarung hinaus.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

16 Sa 380/04

Verkündet am: 05. November 2004

In dem Rechtsstreit

hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 05.11.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hannes und die ehrenamtlichen Richter Müller und Kuechler

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 19.02.2004, Az. 3 Ca 182/03, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt mit der Klage restliche Vergütung für den Zeitraum von Januar 2003 bis November 2003.

Der 1942 geborene Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern seit dem 25.02.1964 als Fahrer beschäftigt.

Der Kläger war zunächst tätig für die Firma A. Sch. GmbH. Diese Firma wurde zum 01.10.1999 durch die Firma N. GmbH & Co. KG aufgekauft. Ab diesem Zeitpunkt firmierte das Unternehmen unter der Bezeichnung A. Sch. GmbH.

Ab dem 22.05.2000 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte im Wege des Betriebsübergangs über. Die Beklagte erklärte ausdrücklich, dass alle Rechtsansprüche und Anwartschaften aus dem Arbeitsverhältnis der Firma Sch. und natürlich aus Arbeitsverhältnissen von Übernahmen aus anderen Betrieben, bestehen bleiben. In dem Schreiben vom 12.05.2000 (Blatt 20/21 d. A.) wurde insoweit weiter ausgeführt, dass hierzu u. a. auch die heute bestehenden Regelungen und Vereinbarungen hinsichtlich Haustrunk, Weihnachts- und Urlaubsgeld, Betriebszugehörigkeitsjahre etc. gehören.

Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Firma A. Sch. GmbH sowie der Sch. GmbH fand u. a. die Betriebsvereinbarung Nr. 2/1985 und deren Ergänzungen Anwendung (Blatt 16/17 d. A.). In dieser Betriebsvereinbarung ist u. a. eine übertarifliche Bezahlung von 600,-- DM brutto pro Kalendermonat vereinbart. Ziffer 2) dieser Betriebsvereinbarung lautet insgesamt wie folgt:

2. Übertarifliche Bezahlung

2.1 Sch. gewährt zu dem tariflichen Entgelt eine übertarifliche Bezahlung, die sich nach den Hektolitern richtet, die von dem Kraftfahrer ausgeliefert und abgeladen werden. Wird die Ware von 2 Kraftfahrern ausgefahren und ausgeliefert, dann wird die übertarifliche Bezahlung jedem Kraftfahrer zur Hälfte gewährt.

2.2 Die Sätze für die übertarifliche Bezahlung lauten wie folgt:

Fassbier 1,30 DM/hl Flaschenbier/Mehrweg ohne Großkunden 2,80 DM Flaschenbier/Mehrweg Großkunden 1,30 DM/hl Einweg, Dosen, Container 1,00 DM/hl

2.3 Sch. garantiert jedem Kraftfahrer eine übertarifliche Bezahlung von 600,-- DM brutto/Kalendermonat. 2.4 Mit der übertariflichen Bezahlung sind alle evtl. anfallenden Überstunden an den Werktagen von Montag bis einschl. Freitag abgegolten, soweit sie für Getränkelieferungen geleistet wurden. Ebenfalls abgegolten sind alle bislang gezahlten Zulagen sowie Zusatzstunden wie

- Waschen der Fahrzeuge und normaler Wartungsdienst

- Bringen und Holen der Fahrzeuge zu Werkstätten, Tankstellen, Waschanlagen usw. im Bereich der Niederlage

- Mehreinsatz wegen abwesender Mitarbeiter

- Mithilfe bei der Ent- und Beladung von Brauerei- und anderen Lieferfahrzeugen während der normalen Arbeitszeit.

Andere Überstunden (Mithilfe bei der Ent- und Beladung von Brauerei- und anderen Lieferfahrzeugen außerhalb der normalen Arbeitszeit, Einsatz auf Schützenfesten u.a.) werden entsprechend den tarifvertraglichen Vereinbarungen bezahlt. Dies gilt auch für Getränkelieferungen an Samstagen, Sonn- und Feiertagen.

2.5 Die Entgeltberechnung für Fehltage erfolgt einschl. der garantierten übertariflichen Bezahlung.

...

In Ziffer 3 dieser Vereinbarung unter der Überschrift "Abrechnung" ist u. a. Folgendes vereinbart:

3.2 Durch einstimmigen Beschluss aller Kraftfahrer in einer Niederlassung kann vereinbart werden, dass die übertarifliche Bezahlung nach einem Troncsystem verrechnet wird. Bei dieser Berechnung wird die gesamte, sich aus der Ziffer 2.2 für einen Kalendermonat ergebende übertarifliche Bezahlung zusammengezählt. Die Gesamtsumme wird durch die Anzahl der von den Kraftfahrern in der Niederlassung in dem Kalendermonat tatsächlich geleisteten Arbeitstagen geteilt. Die sich daraus ergebende Summe ist der Betrag, der jedem Kraftfahrer für jeden tatsächlich von ihm geleisteten Arbeitstag in dem Kalendermonat gezahlt wird. Auch nach dieser Berechnung wird für Fehltage eine übertarifliche Bezahlung nicht berücksichtigt.

Diese Betriebsvereinbarung wurde am 04.04.2003 zum 31.07.2003 seitens der Beklagten gekündigt.

Unabhängig von dieser Betriebsvereinbarung war zwischen der Geschäftsführung der A. Sch. GmbH in C... und dem Betriebsrat für die Betriebe W... und A. Sch. GmbH Getränkefabrik, C..., Niederlassung B..., eine Betriebsvereinbarung in die leistungsbezogene Bezahlung der Kraftfahrer, Hofarbeiter und Expedienten geschlossen. Wegen des Inhalts dieser Betriebsvereinbarung Nr. 2/92 wird auf diese (Blatt 71/72 d. A.) verwiesen.

Ab dem Jahre 2003 fand eine Kürzung der Garantiezahlung pro Kalendermonat im Falle von Fehltagen statt. Der Kläger macht mit der Klage deshalb die Differenz zwischen den 750,-- DM und den gekürzten Beträgen für die Monate Januar, Februar, April, Mai, Oktober und November 2003 geltend, wobei er von der geänderten Ziffer 2.3 ausgeht, wonach die übertarifliche Bezahlung ab Januar 1999 750,-- DM beträgt.

Der Kläger hat vorgetragen, die übertarifliche Zahlung in Höhe von 750,-- DM sei durch die Betriebsvereinbarung garantiert. Der Kläger habe auch monatlich die garantierte Provision in der Vergangenheit erhalten, auch seitens der Beklagten.

Er hat die Auffassung vertreten, die Betriebsvereinbarung 2/1985 sei auch wirksam. Ein Verstoß gegen das Gesetz über das Fahrpersonal von Kraftfahrzeugen und Straßenbahnen sei nicht vorhanden, wonach das Verbot bestimmter Akkordlöhne, Prämien und Zuschläge ausgesprochen sei, da die Garantieprovision keine Abhängigkeit geregelt habe von der Fahrstrecke oder der Menge der beförderten Güter.

Die Beklagte habe zudem an den Kläger auch die Festprovision in Höhe von 750,-- DM brutto = 383,47 € nach der Betriebsübernahme bezahlt, sowohl in 2001 wie auch im Jahre 2002. Erst im Jahre 2003 habe sie Kürzungen bei Krankheiten vorgenommen, woraus sich ergebe, dass die Beklagte die Zahlung dieser Provision arbeitsvertraglich anerkannt habe.

Da die Betriebsvereinbarung 2/1985 keine Kürzungsmöglichkeit vorsehe, müsse auch die Beklagte die volle Garantiezahlung vornehmen.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 183,40 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 20.06.2003 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 374,75 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 17.07.2003 zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 365,28 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.02.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, sämtliche in Betracht kommenden Betriebsvereinbarungen seien mit Schreiben vom 04.04.2003 zum 31.07.2003 gekündigt worden.

Die Betriebsvereinbarungen seien wegen Verstoßes gegen § 3 Fahrpersonalgesetz und § 77 Abs. 3 BetrVG nichtig. Eine betriebliche Übung habe aus diesem Grunde auch nicht entstehen können.

Hilfsweise hat die Beklagte vorgetragen, dass eine Auslegung der Bestimmungen in der Betriebsvereinbarung ergebe, dass eine Kürzung wegen Fehltagen zulässig sei.

Durch Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 19.02.2004 wurde die Beklagte verurteilt, an den Kläger 923,43 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf 183,40 € seit dem 20.06.2003, auf weitere 374,75 € seit dem 17.07.2003 und auf weitere 365,28 € seit dem 16.02.2004 zu zahlen. Ferner wurden der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und der Streitwert auf 923,43 € festgesetzt.

Wegen des Inhalts des erstinstanzlichen Urteils wird auf dieses (Blatt 106 bis 117 d. A.) verwiesen.

Dieses Urteil wurde der Beklagten am 27.02.2004 zugestellt. Hiergegen legte diese am 05.03.2004 Berufung ein und begründete diese mit einem am 19.04.2004 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz.

Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte vor, das Arbeitsgericht habe richtig entschieden, dass die Regelung der Betriebsvereinbarung, auf die sich der Kläger berufe, unwirksam sei, sodass ein Anspruch des Klägers hieraus nicht hergeleitet werden könne.

Der Kläger habe auch keine einzelvertraglichen Ansprüche, weder aus einer Gesamtzusage noch aus einer betrieblichen Übung. Bisher sei gezahlt worden auf der Basis der Betriebsvereinbarung, ohne dass deren Unwirksamkeit den Parteien bekannt gewesen sei. Erstmals im November 2003 habe die Beklagte von der Unwirksamkeit durch die Prozessbevollmächtigten der Beklagten erfahren. Die Beklagte oder ihre Rechtsvorgänger hätten zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben, dass sie ohne wirksame Betriebsvereinbarung leisten wollten, sodass eine Verpflichtung nicht zu erkennen sei, dass auch ohne wirksame Betriebsvereinbarung die Zahlung hätte geleistet werden sollen.

Im Übrigen sei auch eine Kürzung nach der Betriebsvereinbarung möglich gewesen, wie sich aus Ziffer 3.2, letzter Satz der Betriebsvereinbarung Nr. 2/1985 selbst ergebe.

Im Übrigen wird auf die Berufungsbegründung vom 19.04.2004 (Blatt 147 bis 149 d. A.) verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 19.02.2004, Az. 3 Ca 182/03, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 19.08.2004. Hierauf wird verwiesen (Blatt 160 bis 164 d. A.,). Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit zutreffend entschieden. Auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils kann deshalb verwiesen werden.

Die mit der Berufung vorgebrachten Gründe der Beklagten sind nicht durchgreifend.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Betriebsvereinbarung vom 18.03.1985 in der zuletzt gültigen Fassung unwirksam ist. Die Unwirksamkeit ergibt sich bereits aus § 3 des Gesetzes über das Fahrpersonal von Kraftfahrzeugen und Straßenbahnen (FpersG) i. V. m. § 134 BGB.

Gemäß § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Die Vereinbarung zwischen den Betriebsparteien im Jahre 1985 verstößt gegen § 3 FpersG, wo geregelt ist, dass Mitglieder des Fahrpersonals als Arbeitnehmer nicht nach den zurückgelegten Fahrstrecken oder der Menge der beförderten Güter entlohnt werden dürfen, auch nicht in Form von Prämien oder Zuschlägen für diese Fahrstrecken oder Gütermengen. Ausgenommen sind danach nur Vergütungen, die nicht geeignet sind, die Sicherheit im Straßenverkehr zu beeinträchtigen.

Die Regelung der Ziffer 2.3 der Betriebsvereinbarung Nr. 2/1985 garantiert jedem Kraftfahrer eine übertarifliche Bezahlung in bestimmter Höhe. Gemäß Ziffer 2.1 der Betriebsvereinbarung wird diese übertarifliche Bezahlung gewährt nach den Hektolitern, die vom Kraftfahrer ausgeliefert oder abgeladen werden. Da es sich bei Ziffer 2.3 nur um eine garantierte übertarifliche Bezahlung handelt, konnte der Kläger entsprechend den sonstigen Regelungen der Betriebsvereinbarung auch eine höhere übertarifliche Bezahlung erhalten, wenn er mehr Hektoliter ausliefert und ablädt. Dieses bedeutet, dass ein Kraftfahrer grundsätzlich versuchen wird, die Menge der ausgelieferten Ware zu erhöhen, um über die garantierte Summe zu kommen. Dieses beinhaltet aber eine Regelung, dass nach der Menge der beförderten Güter entlohnt wird und damit die Sicherheit im Straßenverkehr beeinträchtigt wird, weil hierdurch erreicht werden kann, dass einerseits der Kraftfahrer schneller als erlaubt fährt und sich zusätzlich anstrengt, um die Arbeit zu leisten, und dann für die eigentliche Fahrt weniger Kräfte besitzt als ein Kraftfahrer, der nur eine Normalleistung erbringt.

Daneben folgt die Kammer der Auffassung, dass auch die Regelung gemäß § 77 Abs. 3 BetrVG verstößt als eine Bezahlungsregelung, die den Tarifvertragsparteien grundsätzlich vorbehalten ist. Insoweit kann ebenfalls auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils verwiesen werden.

Ist die Betriebsvereinbarung aber nichtig, so kann der Kläger hieraus direkt keinen Anspruch herleiten. Eine unwirksame Betriebsvereinbarung kann jedoch durch Umdeutung entsprechend § 140 BGB zum Inhalt der Einzelverträge der Arbeitnehmer werden, was voraussetzt, dass besondere tatsächliche Umstände vorliegen müssen, aus denen die Arbeitnehmer nach Treu und Glauben schließen durften, dass der Arbeitgeber über die betriebsverfassungsrechtliche Verpflichtung hinaus sich auch jedenfalls gegenüber den Arbeitnehmern für die in der Betriebsvereinbarung bestimmte Leistung binden wollte. Dieses Angebot können die Arbeitnehmer annehmen, ohne dass es einer ausdrücklichen Annahmeerklärung bedarf (vgl. hierzu Urteile des BAG vom 29.10.2002, Az. 1 AZR 573/01, in NZA 2003, 393 bis 397, vom 05.03.1997, Az. 4 AZR 532/95, in NZA 1997, 951 bis 955, vom 24.01.1996, Az. 1 AZR 597/95, in NZA 1996, 948 bis 951 sowie vom 23.08.1989, Az. 5 AZR 391/88, in NZA 1990, 69).

Vorliegend liegt die Fallgestaltung vor, dass die Beteiligten die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäftes zunächst nicht gekannt haben. Aus diesem Grunde ist ein besonderer Verpflichtungswille des Arbeitgebers zu ermitteln, wobei strenge Anforderungen an die Annahme eines Verpflichtungswillen des Arbeitgebers gestellt werden, weil bei einer irrtümlichen fehlerhaften Normanwendung allein das Vorhandensein besonderer Umstände einen solchen besonderen Verpflichtungswillen erkennen lassen. Grund hierfür ist, dass Arbeitgeber und Betriebsrat sich von einer Betriebsvereinbarung durch Kündigung lösen können, ohne dass die Arbeitsverträge berührt werden, während eine Kündigung der Arbeitsverträge regelmäßig nur unter erschwerten Umständen möglich ist.

Der besondere Verpflichtungswille der Betriebsparteien im Jahre 1985 ergibt sich aber bereits aus der Regelung selber. Gemäß Ziffer 2.4 der Betriebsvereinbarung 2/1985 sollten mit der übertariflichen Bezahlung alle evtl. anfallenden Überstunden an den Werktagen von Montag bis einschließlich Freitag abgegolten werden, soweit sie für die Getränkelieferungen geleistet wurden. Ebenfalls abgegolten sollten alle bislang gezahlten Zulagen sein sowie Zusatzstunden wie Waschen der Fahrzeuge und normaler Wartungsdienst, Bringen und Holen der Fahrzeuge zu Werkstätten, Tankstellen, Waschanlagen usw. im Bereich der Niederlage, Mehreinsatz wegen abwesender Mitarbeiter und Mithilfe bei der Ent- und Beladung von Brauerei- und anderen Lieferfahrzeugen während der normalen Arbeitszeit. Dabei sollten andere Überstunden wie die Mithilfe bei der Ent- und Beladung von Brauerei- und anderen Lieferfahrzeugen außerhalb der normalen Arbeitszeit, der Einsatz auf Schützenfesten u. a. entsprechend den tarifvertraglichen Vereinbarungen bezahlt werden.

Damit gibt die Ziffer 2.4 die Definition für die übertarifliche Bezahlung nach Ziffer 2.3 der Betriebsvereinbarung. Aus dieser Definition ergibt sich, dass nicht eine zusätzliche alleinige Prämie geleistet werden sollte, sondern darüber hinaus auch tatsächlich geleistete Arbeitszeit bezahlt werden sollte und auch bisherige Leistungen wie Zulagen und sonstige Zusatzstunden abgegolten werden sollten. Es handelt sich damit um eine Bezahlung nicht nur im Sinne einer Prämie oder Vergleichbares für besonders schnelle Auslieferung, sondern insbesondere auch um eine Bezahlung, die die Beklagte ansonsten anderweitig hätte vornehmen müssen wie die Abgeltung bestimmter Überstunden oder Zusatzstunden sowie bislang gezahlter Zulagen, auf die zumindest teilweise auch ein arbeitsvertraglicher Anspruch bestanden hat. Dieses bedeutet aber gleichzeitig, dass diese Vergütung zumindest zu einem Teil jedenfalls hätte erfolgen müssen und nur pauschal abgegolten werden sollte. Danach stand der Wille der Beklagten fest, unabhängig von der Gültigkeit der Betriebsvereinbarung eine Zahlung vorzunehmen, denn auch bei Ungültigkeit der Betriebsvereinbarung hätte eine Vergütung zumindest in nichtunerheblicher Höhe auch in dieser Weise erfolgen müssen. Hieraus ist ersichtlich, dass die Beklagte nicht nur gewillt war, den Arbeitnehmern einen normativen Anspruch einzuräumen, sondern auch einen vertraglichen Anspruch, da diese Leistung auch nach dem Vertrag zumindest teilweise geschuldet war. Die Beklagte wollte damit Vergütungsbestandteile auf Betriebsebene regeln, die jedenfalls zu vergüten waren.

Tatsächlich ist diese Zahlung an den Kläger auch fortlaufend erfolgt, wie zwischen den Parteien unstreitig ist. Insbesondere hat auch die Beklagte diese Zahlung weiterhin ohne Einschränkung an den Kläger geleistet. Insoweit hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 19.02.2004 erklärt, dass es bei der Beklagten eine teilweise allerdings abweichende Betriebsvereinbarung zum Thema Prämie gebe. Für die ehemaligen Mitarbeiter der Firma Sch. sei allerdings, sofern sie dieses wünschten, nach der Betriebsvereinbarung der Firma Sch. verfahren worden, weil sie nicht bereit gewesen seien, sich auf die Betriebsvereinbarung der Beklagten einzulassen. Die Abrechnung für den Kläger erfolgte auch weiterhin nach dieser Betriebsvereinbarung Nr. 2/1985.

Die Beklagte hat deshalb bewusst und gewollt diese Betriebsvereinbarung übernommen, und auch über ein Jahr lang weiterbezahlt, ohne diese zu ändern, wozu sie gemäß § 613 a Abs. 1 S. 2 BGB berechtigt gewesen wäre, wenn die Regelung tatsächlich nur durch eine Betriebsnorm geregelt war. Da die Beklagte selbst davon ausgegangen ist, dass ein Anspruch aus der Betriebsvereinbarung für den Kläger bestand, wäre aber zu erwarten gewesen, dass sie die Bedingungen nach einem Jahr den sonst im Betrieb bestehenden Bedingungen anpasst und die Betriebsvereinbarung kündigt, um eine einheitliche Regelung im Betrieb zu erreichen. Sie hat damit ebenfalls bewusst und gewollt die Zahlung weiterhin veranlasst, was die Auffassung bestätigt, dass diese Zahlung auch jedenfalls an den Kläger von der Beklagten erbracht werden sollte unabhängig von der Wirksamkeit dieser Betriebsvereinbarung.

Nach dieser Betriebsvereinbarung war die Beklagte jedoch nicht berechtigt, für Fehltage Abzüge vorzunehmen. In Ziffer 2.5, in der die Voraussetzungen für die Zahlung im Einzelnen genannt sind, ist geregelt, dass die Entgeltberechnung für Fehltage erfolgt einschließlich der garantierten übertariflichen Bezahlung. Dieses ist eine klare und deutliche Regelung, die beinhaltet, dass ein Abzug für Fehltage nicht zulässig ist. Dem steht auch nicht Ziffer 3.2 der Betriebsvereinbarung entgegen, wo im letzten Klammersatz geregelt ist, dass auch nach dieser Berechnung für Fehltage eine übertarifliche Bezahlung nicht berücksichtigt wird. Zwar steht dieses angesichts des Wortes "auch" der Regelung nach 2.5 entgegen, jedoch ist hierbei zu berücksichtigen, dass diese Regelung nur für den Fall gilt, dass durch einstimmigen Beschluss aller Kraftfahrer in einer Niederlassung vereinbart worden ist, dass die übertarifliche Bezahlung nach einem Troncsystem verrechnet wird. Da dieses hier nicht vorliegt, liegt in Ziffer 3.2 eine Ausnahmeregelung vor, die Ziffer 2.5 nicht außer Kraft setzen kann. Zudem ist festzustellen, dass nach der Systematik der Betriebsvereinbarung Ziffer 2 die Anspruchsgrundlagen für die übertarifliche Bezahlung geregelt sind, während in Ziffer 3 nur die tatsächliche Abrechnung geregelt wird und demzufolge nur die Folgen der übertariflichen Bezahlung nach Ziffer 2.

Damit steht dem Kläger die übertarifliche Bezahlung in der garantierten Höhe nach wie vor zu. Die Beklagte kann sich hiervon nur durch eine Änderungskündigung gegenüber dem Kläger lösen, deren Berechtigung das Gericht vorliegend nicht zu überprüfen hat.

Die Berufung der Beklagten bleibt damit erfolglos.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gegen dieses Urteil ist deshalb ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach Maßgabe des § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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