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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 26.06.2002
Aktenzeichen: 2 Sa 1539/01
Rechtsgebiete: TzBfG


Vorschriften:

TzBfG § 14 Abs. 2 Satz 2
Das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG steht einer Verlängerung eines unter der Geltung des § 1 BeschFG wirksam sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses nicht entgegen.

§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bezieht sich auf die Begründung eines befristeten Arbeitsverhältnisses, nicht auf seine Verlängerung bis zur zulässigen Gesamtdauer von 2 Jahren.


Landesarbeitsgericht Niedersachsen IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 Sa 1539/01

Verkündet am: 26.06.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nieder Sachsen auf die mündliche Verhandlung vom 26.06.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Voigt und die ehrenamtlichen Richter Herrmann und Kunze

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 13.09.2001 - 5 Ca 428/01 - abgeändert:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 30.06.2002 geendet hat.

Der Kläger war bei der Beklagten als gewerblicher Arbeitnehmer in der Zeit vom 05.03.1998 bis zum 30.11.1999 aufgrund von 3 Arbeitsverträgen befristet beschäftigt.

Die Beklagte begründete mit dem Kläger erneut ein befristetes Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 03.04.2000 bis zum 30.09.2000. Der Vertrag wurde am 30.06.2000 bis zum 31.03.2001 verlängert. Eine weitere Verlängerung erfolgte am 12.03.2001 für die Zeit bis zum 30.06.2001. Über diesen Zeitpunkt hinaus wurde das Arbeitsverhältnis nicht fortgesetzt.

Der Kläger bezog zuletzt in dem Arbeitsverhältnis eine Bruttomonatsvergütung von 4.596,00 DM.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die letzte Verlängerung seines befristeten Arbeitsverhältnisses im März 2001 verstoße gegen § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, da er bereits in den Jahren 1998 und 1999 bei der Beklagten beschäftigt gewesen sei und daher keine Neueinstellung vorliege. Die Möglichkeit einer sachgrundlosen Befristung scheide deshalb aus. Gründe für eine Sachgrundbefristung lägen nicht vor.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis unbefristet über den 30.06.2001 hinaus fortbesteht,

2. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu Ziffer 1), die Beklagte zu verurteilen, den Kläger tatsächlich zu ansonsten unveränderten Vertragsbedingungen als Montageschlosser zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 30.06.2001 sei nach dem BeschFG zu beurteilen. Danach sei eine insgesamt 24-monatige sachgrundlose Befristung zulässig. Das verschärfte Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG finde keine Anwendung, da bei Begründung des später verlängerten Arbeitsverhältnisses im April 2000 das TzBfG noch nicht galt.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 13.09.2001 verwiesen.

Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis unbefristet über den 30.06.2000 hinaus fortbesteht. Im übrigen hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, den Kläger tatsächlich zu ansonsten unveränderten Vertragsbedingungen als Montageschlosser zu beschäftigen.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt, die Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2001 sei wirksam.

Bei der Verlängerung eines im Jahre 2000 begründeten befristeten Arbeitsverhältnisses im Jahre 2001 handele es sich um einen neuen Tatbestand, nicht um ein einheitliches Rechtsverhältnis. Die Wirksamkeit der sachgrundlosen Verlängerung richte sich zu diesem Zeitpunkt ausschließlich nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG. Damit sei eine Verlängerung eines vor dem 01.01.2001 begründeten Arbeitsverhältnisses nur dann möglich, wenn es sich bei dem zu verlängernden Arbeitsverhältnis um eine Neueinstellung gehandelt habe.

Gründe für eine Sachgrundbefristung gem. § 14 Abs. 1 TzBfG habe die Beklagte nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 13.09.2001 wurde der Beklagten am 25.09.2001 zugestellt. Sie hat am 25.10.2001 dagegen Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20.12.2001 am 19.12.2001 begründet hat.

Die Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG stehe der wirksamen Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses im März 2001 bis zum 30.06.2001 nicht entgegen. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG sei auf Verlängerungen eines befristeten Arbeitsverhältnisses bis zur zulässigen Höchstdauer von 24 Monaten nicht anwendbar, sondern lediglich bei Begründung eines befristeten Arbeitsverhältnisses nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG beachtlich.

Die Beklagte behauptet im übrigen, der Kläger sei als Urlaubsvertretung für die Zeit vom 01.04. bis 30.06.2001 eingestellt worden, so dass die Befristung sachlich gerechtfertigt im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 13.09.2001 (5 Ca 428/01) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Der Kläger trägt vor, der Sachgrund für eine Befristung seines Arbeitsverhältnisses in der Zeit vom 01.04. bis zum 30.06.2001 könne nicht in einer Urlaubsvertretung gelegen haben, da er selbst in der Zeit vom 11.05. bis 17.06. und 23.06. bis 29.06. Urlaub gehabt habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt ihrer gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig (518, 519 ZPO, 64, 66 ArbGG).

Die Berufung ist begründet. Sie führt zur Abänderung des angegriffenen Urteiles und Abweisung der Klage.

Das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis war wirksam bis zum 30.06.2001 befristet.

Für die Frage der Wirksamkeit eines befristeten Arbeitsverhältnisses ist auf die Verhältnisse bei Begründung des Arbeitsverhältnisses abzustellen (Preis/Gotthardt in DB 2001 Seite 145 (152)). Die Parteien haben für die Zeit ab 03.04.2000 bis 30.09.2000 auf der Grundlage des bis zum 31.12.2000 geltenden BeschFG eine sachgrandiose Befristung nach § 1 Abs. 1 BeschFG vereinbart. Dieser Befristung stand nicht die Bestimmung des § 1 Abs. 3 BeschFG entgegen. Nach § 1 Abs. 3 BeschFG ist eine sachgrundlose Befristung nach § 1 Abs. 1 BeschFG unwirksam, wenn zu einem vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag oder zu einem vorherigen befristeten Arbeitsvertrag nach § 1 Abs. 1 BeschFG (sachgrundlos) mit dem selben Arbeitgeber ein enger sachlicher Zusammenhang besteht. Ein derartiger sachlicher Zusammenhang ist insbesondere anzunehmen, wenn zwischen den Arbeitsverhältnissen ein Zeitraum von weniger als 4 Monaten liegt.

Das zwischen den Parteien im Jahr 1998 begründete Arbeitsverhältnis bestand bis zum 30.11.1999. Das neue befristete Arbeitsverhältnis wurde per 03.04.2000 begründet. Damit liegt eine Unterbrechung von mehr als 4 Monaten vor, so dass ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen dem 1999 beendeten und dem per 03.04.2000 begründeten Arbeitsverhältnis allein wegen engen zeitlichen Zusammenhangs nicht gegeben ist.

Die Frist des § 1 Abs. 3 Satz 2 BeschFG von weniger als 4 Monaten ist vorliegend allerdings nur um wenige Tage überschritten. Nach dem Bundesarbeitsgericht (BAG Urteil vom 28.06.2000, 7 AZR 920/98, in AP Nr. 2 zu § 1 BeschFG) ist dem Wort "insbesondere" in § 1 Abs. 3 Satz 2 BeschFG zu entnehmen, dass für die Annahme eines engen sachlichen Zusammenhangs nicht stets ein Zwischenraum von weniger als 4 Monaten verwirklicht sein muss.

Unter bestimmten Voraussetzungen käme vielmehr ein enger sachlicher Zusammenhang trotz Überschreitung dieser Frist in Betracht. Für die Frage des engen sachlichen Zusammenhangs sei neben der Dauer der Unterbrechung maßgeblich darauf abzustellen, auf wen die Beendigung des früheren Arbeitsverhältnisses zurückzuführen sei, aus welchen Gründen sie erfolgt sei, aber auch, ob der Arbeitnehmer die selbe Tätigkeit wie bisher ausüben solle und welche Beweggründe zur Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses geführt hätten. Eine Neueinstellung sei nicht schon dann von vornherein auszuschließen, wenn der Arbeitnehmer die selbe Tätigkeit wie bisher ausüben solle oder auf dem selben Arbeitsplatz eingesetzt werde.

Die vorzunehmende Gesamtbetrachtung aller Umstände führt vorliegend nicht zur Annahme eines engen sachlichen Zusammenhangs. Der Kläger ist für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Verletzung des Anschlussverbots des § 1 Abs. 3 BeschFG darlegungs- und beweispflichtig (BAG, Urteil vom 28.06.2000, 7 AZR 920/98 aaO). Der Kläger hat hierzu nichts vorgetragen. Allein die Tatsache, dass der Kläger in beiden Zeiträumen als Montageschlosser tätig war, ist nicht ausreichend. Weiterer Vortrag zu den Arbeitseinsätzen der Arbeitsaufgabe des Klägers ist trotz der dem Kläger insoweit obliegende Darlegungslast nicht erfolgt.

Der nach den Bestimmungen des § 1 Abs. 1 BeschFG per 03.04.2000 für die Zeit bis 30.09.2000 befristete Arbeitsvertrag konnte nach dem BeschFG bis zu 3 malen verlängert werden, begrenzt auf die Gesamtdauer von 24 Monaten. Die Parteien vereinbarten am 30.06.2000 eine Verlängerung bis zum 31.03.2001. Diese Verlängerung war nach § 1 Abs. 1 Satz 2 BeschFG zulässig, denn sie schloss sich nahtlos an die vereinbarte Ausgangsbefristung an.

Auch die letztmalige Verlängerung des bestehenden Arbeitsvertrages am 12.03.2001 bis zum 30.06.2001 war zulässig. Das BeschFG trat am 31.12.2001 nach Artikel 3 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristeter Arbeitsverträge und zur Änderung und Aufhebung arbeitsrechtlicher Bestimmungen vom 21.12.2000 außer Kraft. Die Wirksamkeit der Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrages richtet sich mangels Vorliegens einer Übergangsvorschrift nach dem TzBfG (Kliemt in NZA 2001, 296 (306); Höpfner in BB 2001, 200 (201); Preis/Gotthardt in DB 2001, 145 (152); a. A. Sträub in NZA 2001, 927). § 14 Abs. 2 TzBfG enthält - mit Ausnahme des Satzes 2 die selbe Regelung wie sie bisher in § 1 Abs. 1 BeschFG enthalten war. Das TzBfG unterscheidet nicht nach Befristungen nach altem oder neuem Recht, sondern es ist ausreichend, dass ein wirksam sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis besteht (vgl. Höpfner in BB 2001, 201). Ein derartiges Arbeitsverhältnis kann bis zu einer Gesamtdauer von 24 Monaten verlängert werden, § 14 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz TzBfG (vgl. Preis/Gotthardt aaO).

Der wirksamen Verlängerung im März 2001 bis zum 30.06.2001 steht die Bestimmung des § 14 Abs. 2 Satz TzBfG nicht entgegen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 1, 2 Halbsatz, kommt es allein darauf an, dass das Arbeitsverhältnis wirksam begründet wurde. Nicht entscheidend ist, ob es auch nach den Bestimmungen des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG hätte in diesem Zeitpunkt so begründet werden können (Wank in Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Ergänzungsband § 116 RdNr. 200; a. A. Backhaus in APS RdNr. 7 zu Art. 3,4 TzBfG; a. A. auch Lipke im Gemeinschaftskommentar zum KSchG 6. Auf. § 620 RdNr. 141). Es muss zwischen der Verlängerung, die nur bei unmittelbarem Anschluss der inhaltlich identischen Arbeitsverträge in Betracht kommt und dem Anschlussverbot unterschieden werden (vgl. Preis/Gotthardt aaO; LAG Düsseldorf, Urteil vom 11.01.2002, 9 Sa 1612/01). Das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bezieht sich ausdrücklich auf die Begründung des befristeten Arbeitsverhältnisses nicht auf seine Verlängerung (Kliemt aaO; Hopfner aaO; Wank aaO). Andernfalls wäre die 3-malige Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG wegen des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unzulässig. Es ergäbe sich bei dieser Auslegung der Norm ein widersprüchliches Ergebnis (Kliemt aaO (307)). Zwischen der Vereinbarung der Ausgangsbefristung zum einen und der Verlängerung dieser Befristung war bereits in der Vergangenheit nach der Änderung des BeschFG, die zur Erhöhung der Befristungsdauer von 18 auf 24 Monaten per 01.10.1996 durch die Neufassung des BeschFG führte, zu differenzieren (vgl. dazu Müller-Glöge in Erfurter Kommentar zu Arbeitsrecht 2. Auflage § 1 BeschFG, RdNr. 33 ff.; Preis/Gotthardt aaO).

Damit konnte das Arbeitsverhältnis der Parteien im März 2001 wirksam bis zum 30.06.2001 verlängert werden. Mit Erreichen des Befristungsendes endete das Arbeitsverhältnis, § 15 Abs. 1 TzBfG.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger gem. § 91 ZPO.

Die Zulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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