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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 10.07.2003
Aktenzeichen: 4 Sa 3/03
Rechtsgebiete: InsO


Vorschriften:

InsO § 179
InsO § 181
Eine Insolvenzfeststellungsklage (§ 179 InsO) ist auch dann zulässig, wen der Insolvenzverwalter die zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung nur vorläufig bestritten hat.

Nach § 181 InsO kann die Feststellung nach Grund, Betrag und Rang der Forderung nur in der Weise begehrt werden, wie die Forderung in der Anmeldung oder im Prüfungstermin bezeichnet worden ist. Einer Beschränkung des Betrages steht der Schutzzweck des § 181 InsO nicht entgegen.


Landesarbeitsgericht Niedersachsen IM NAMEN DES VOLKES

4 Sa 3/03

Verkündet am: 10.07.2003

In dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 10.07.2003 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Krönig und die ehrenamtlichen Richter Nause und Bohlken

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des ArbG Hannover vom 21.11.2002 - 6 Ca 266/02 - teilweise abgeändert:

Die Forderung des Klägers wird in Höhe von 4.762,73 € zur Insolvenztabelle festgestellt:

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung einer Lohnforderung, die der Beklagte als Insolvenzverwalter bestritten hat. Der Kläger war bei dem späteren Insolvenzschuldner aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages seit dem 03.04.2000 als Elektromonteur mit einem Bruttostundenlohn in Höhe von 23,00 DM beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme die mit der Christlichen Gewerkschaft Metall für die Elektrohandwerke in Niedersachsen/Bremen abgeschlossenen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung.

Mit der am 13.05.2002 erhobenen Klage nahm der Kläger den späteren Insolvenzschuldner auf Zahlung einer Restvergütung für das Jahr 2001 in Höhe von 3.444,50 €, für den Monat Januar 2002 in Höhe von 1.318,23 € sowie für den Zeitraum vom 01.02.2002 bis zum 30.04.2002 in Höhe von 3.954,69 € in Anspruch. Zur Begründung führte er aus, sein ehemaliger Arbeitgeber habe im Jahr 2001 nur Abschlagszahlungen geleistet. Am 25.02.2002 habe er eine Lohnabrechnung für den Monat Januar 2002 erhalten; diese weise einen Nettoverdienst in Höhe von 1.318,23 € aus. Er gehe davon aus, dass er auch in den Monaten Februar bis April 2002 einen Nettoverdienst in Höhe von mindestens 1.318,23 € erzielt habe. Auf den sich für den Zeitraum vom 01.01.2002 bis zum 30.04.2002 ergebenden Nettoverdienst in Höhe von 5.272,92 € (1.318,23 x 4) habe der spätere Insolvenzschuldner lediglich 800,00 € gezahlt.

Der spätere Insolvenzschuldner erteilte unter dem 29.04.2002 Lohnabrechnungen für die Monate Februar, März und April sowie unter dem 13.05.2002 eine Lohnabrechnung für den Monat Mai 2002. Ausweislich dieser Abrechnungen ergibt sich für den Kläger ein Nettoverdienst für den Monat Februar 2002 in Höhe von 1.147,08 €, für den Monat März 2002 in Höhe von 1.176,83 €, für den Monat April 2002 in Höhe von 1.240,27 € sowie für den Monat Mai 2002 in Höhe von 461,34 €. Dem Konto des Klägers wurde am 11.03.2002 ein Betrag in Höhe von 800,00 € als Lohnabschlag für den Monat Februar 2002 gutgeschrieben.

Durch Beschluss des AG Hannover vom 21.05.2002 (907 IN 361/02) wurde über das Vermögen des Insolvenzschuldners das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Am 12.06.2002 meldete der Kläger eine Forderung in Höhe von 8.788,25 € zur Insolvenztabelle an. Den Grund der Forderung bezeichnete er wie folgt: Gehalt/Lohn vom 01.01.01 - 13.05.02. Urkundliche Beweisstücke lagen der Anmeldung ebenso wenig bei wie eine detaillierte Aufschlüsselung der Forderung. Die angemeldete Forderung setzt sich aus folgenden Teilforderungen zusammen:

 01.01. - 31.12.20013.444,50 €
Januar 20021.318,23 €
Februar 20021. 147,08 €
März 20021. 176,83 €
April 20021.240,27 €
Mai 2002461,34 €
 8.788,25 €

Den am 11.03.2002 seinem Konto gutgeschriebenen Betrag in Höhe von 800,00 € brachte der Kläger bei der Anmeldung nicht in Abzug. Am 26.06.2002 erteilte der Beklagte dem Kläger eine Insolvenzgeldbescheinigung für den Zeitraum vom 14.02.2002 bis zum 13.05.2002 über 3.498,75 €. Die angemeldete Insolvenzforderung wurde vom Beklagten im Prüfungstermin vom 24.07.2002 vorläufig bestritten. Das Amtsgericht Hannover erteilte dem Kläger am 08.08.2002 einen beglaubigten Auszug aus der Insolvenztabelle. Mit Bescheid vom 06.03.2003 bewilligte die Bundesanstalt für Arbeit dem Kläger für den Zeitraum vom 14.02.2002 bis zum 13.05.2002 Insolvenzgeld in Höhe von 3.498,75 €.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Feststellung einer Forderung in Höhe von 4.762,73 € zur Insolvenztabelle. Er hat die Forderung wie folgt beziffert:

 01.01. - 31.12.20013.444,50 €
01.01. - 31.01.2002 1.318,23 €
 4.762,73 €

Der Beklagte hat vorgetragen, er habe die Forderung im Prüfungstermin vom 24.07.2002 im Hinblick auf die zu erwartende Insolvenzgeldzahlung bestritten.

Im Kammertermin von 21.11.2002 ist für den Beklagten niemand erschienen.

Der Kläger hat, soweit für das Berufungsverfahren von Interesse, beantragt,

die Ansprüche des Klägers auf Lohn für den Zeitraum vom 01.01.2001 bis zum 14.02.2002 in Höhe von 4.762,73 € zur Insolvenztabelle festzustellen.

Das Arbeitsgericht hat die Insolvenzfeststellungsklage durch (unechtes) Versäumnisurteil abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Höhe der vom Kläger zur Feststellung zur Insolvenztabelle begehrten Vergütungsforderung erschließe sich nicht. Ohne den Sachvortrag dahin, im welchem exakten Umfang Insolvenzgeld gezahlt worden sei und für welchen exakten Zeitraum die unstreitig geflossenen 800,00 € netto geleistet worden seien, lasse sich die Qualität und Werthaltigkeit etwaiger Vergütungsforderungen des Klägers gegen den Insolvenzschuldner weder darstellen noch ermitteln.

Gegen das ihm am 06.02.2002 in vollständiger Form zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.03.2003 Berufung eingelegt und sie zugleich begründet.

Der Kläger ist der Auffassung, das Arbeitsgericht sei seinen Hinweispflichten nach § 139 ZPO nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Er habe seinen Klageantrag ausdrücklich nur auf den Zeitraum bezogen, der nicht von dem Insolvenzgeld umfasst werde. Deshalb könne der Umfang des gezahlten Insolvenzgeldes dahingestellt bleiben.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des ArbG Hannover vom 21.11.2002 - 6 Ca 266/02 - teilweise abzuändern und Ansprüche des Klägers auf Lohn für den Zeitraum vom 01.01.2001 bis zum 14.02.2002 in Höhe von 4.762,73 € zur Insolvenztabelle festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die Berufung sei bereits unzulässig, weil eine Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil nicht erfolgt sei.

Da der Kläger seine Ansprüche auf Zeiträume vor dem 14.02.2002 beschränke, komme es auf das gewährte Insolvenzgeld nicht an. Der Kläger habe - insoweit unverständlich - 8.788,25 € angemeldet und behauptet, es handele sich dabei um Gehaltsansprüche für den Zeitraum vom 01.01.2001 bis zum 13.05.2002. Da der Kläger unstreitig Insolvenzgeld und im übrigen eine Teilzahlung in Höhe von 800,00 € erhalten habe, lasse sich die angemeldete Forderung nicht nachvollziehen. Er habe sie demgemäß bestritten. Der Kläger habe Forderungen geltend gemacht, die mit der Anmeldung nicht übereinstimmen. Ihm sei es zumutbar gewesen, das vorläufige Bestreiten aufzuklären. Es habe sich stattdessen aber entschieden, auf Feststellung zu klagen, was gem. § 180 InsO zu erfolgen habe. Zum Nachweis seiner Klageberechtigung habe ein Gläubiger dann aber im Feststellungsverfahren einen beglaubigten Tabellenauszug einzureichen, um damit nachzuweisen, dass sein Klagantrag mit der von ihm angemeldeten Forderung, der Prüfung und dem Prüfungsergebnis übereinstimme.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Die vom Arbeitsgericht zugelassene Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Die Berufungsbegründung wird den Voraussetzungen des § 520 Abs. 3 ZPO gerecht. Von einer ordnungsgemäßen Begründung ist zu verlangen, dass sie auf den zur Entscheidung stehenden Streitfall zugeschnitten ist und erkennen lässt, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen das angefochtene Urteil unrichtig sei. Zielrichtung und Gründe des Angriffs müssen kenntlich gemacht werden. Wie weit dabei zu gehen ist, hängt vom Einzelfall ab. In jedem Fall ist den Anforderungen genügt, wenn zu den Gründen Stellung genommen wird, aus denen die Vorinstanz die Klage abgewiesen hat.

Das Arbeitsgericht hat ausgeführt, ohne einen Sachvortrag, in welchem Umfang Insolvenzgeld gezahlt worden sei und für welchen exakten Zeitraum die unstreitig geflossenen 800,00 € geleistet worden seien, lasse sich die Qualität und Werthaltigkeit etwaiger Vergütungsforderungen des Klägers gegen den Insolvenzschuldner weder darstellen noch ermitteln. Diesen Ausführungen ist der Kläger in der Berufungsbegründung mit dem Vorbringen entgegengetreten, der Insolvenzfeststellungsantrag beziehe sich ausdrücklich nur auf den Zeitraum, der nicht vom dem Insolvenzgeldzeitraum umfasst werde. Den weiteren Ausführungen des Arbeitsgerichts durfte der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen entgegenhalten. Mit Schriftsatz vom 23.10.2002 hat der Kläger ausgeführt, dass er für den Monat Februar 2002 einen Lohnabschlag in Höhe von 800,00 € erhalten habe, der ihm ausweislich des Kontoauszugs vom 12.03.2002 am 11.03.2002 gutgeschrieben worden sei.

1. Der Feststellungsantrag des Klägers ist zulässig.

a. Das Feststellungsinteresse folgt aus § 179 InsO. Danach kann eine zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung, die bestritten geblieben ist, vom Gläubiger durch Feststellungsklage gerichtlich verfolgt werden. Das gilt auch dann, wenn der Insolvenzverwalter die Forderung nur vorläufig bestreitet. Insoweit wurde zwar früher die Auffassung vertreten, dass ein vorläufiges Bestreiten noch kein echtes Bestreiten sei und der Insolvenzverwalter auch noch keinen Anlass zur Klagerhebung gegeben habe (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 03.11.1981 - 16 W 46/81 - ZPI 1982, 201; LG Koblenz, Urt. v. 08.12.1966 - 3 S 148/66 - KTS 1966, 254; LG Detmold, Urt. v. 22.09.1975 - 3 O 320/74 - KTS 1976, 151). Die überwiegende Auffassung geht jedoch zu Recht inzwischen davon aus, dass ein "vorläufiges Bestreiten" nicht zulässig ist. Die Erklärung zu einzelnen Forderungen kann nicht dadurch in der Schwebe gehalten werden, dass diese nur "vorläufig" bestritten werden. Auch ein solches Bestreiten steht einem endgültigen Bestreiten gleich. (BAG Urt. v. 10.08.1988 - 5 AZR 478/87 - AP Nr. 5 zu § 146 KO; Kübler/Prütting, § 179 InsO, Rn. 6; MünchKomm/InsO-Schumacher, § 178 InsO, Rn. 37). Denn auch bei einem "vorläufigen Bestreiten" handelt es sich um einen uneingeschränkten Widerspruch - die Feststellungswirkung nach § 178 Abs. 1, 3 InsO soll gerade vermieden werden -, der lediglich um die Erklärung ergänzt wird, der Widersprechende müsse sich eine Meinung über den Bestand der angemeldeten Forderung erst noch bilden und werde den Widerspruch ggf. wieder zurücknehmen. Das u.U. berechtigte Interesse des Verwalters, Zeit für die ihm obliegende sorgfältige Meinungsbildung zu gewinnen, wird durch das zivilprozessuale Kostenrecht (§§ 91 a, 93 ZPO) hinreichend geschützt: War dem Anmelder, was nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist, zuzumuten, noch länger auf den Abschluss der Meinungsbildung des Verwalters zu warten, oder hatte er deren Dauer durch Unterlassen zumutbarer eigener Mitwirkung (z.B. durch fehlende Beifügung von Beweisurkunden i.S.v. § 174 Abs. 1 Satz 2 lnsO) mitverschuldet, so hat er, wenn der Verwalter nunmehr prozessual anerkennt, trotz Obsiegens die Kosten zu tragen.

b. Die Aufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreits in Form einer Insolvenzfeststellungsklage gem. § 180 Abs. 2 lnsO ist nur unter der Voraussetzung statthaft, dass die Klageforderung im Insolvenzverfahren angemeldet, geprüft und bestritten worden ist (BGH Urt. v. 21.02.2000 - II ZR 231/98 - ZIP 2000, 205). Wird eine Klage erhoben, ohne dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, fehlt ihr das Rechtsschutzbedürfnis. Die Anmeldung und Prüfung der Forderung sind Sachurteilsvoraussetzungen, die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen sind (BGH a.a.O.; Kübler/Prütting, § 179 InsO, Rn. 4).

Der Kläger hat am 12.06.2002 Lohnforderungen für die Zeit vom 01.01.2001 bis zum 13.05.2002 in Höhe von 8.788,25 € zur Tabelle angemeldet. Diese Forderung ist vom Beklagten im Prüfungstermin vom 24.07.2002 vorläufig bestritten worden, wie sich aus dem eigenen Vorbringen des Beklagten (Schriftsatz von 10.09.2002) ergibt.

c. Die angemeldete Forderung ist mit der Forderung, die Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht Hannover war, (teil-)identisch. Zwar erfordert das Gesetz, dass die Klage nach Grund, Betrag und Rang der Forderung nur in der Weise begehrt werden kann, wie die Forderung in der Anmeldung oder im Prüfungstermin bezeichnet worden ist (§ 181 InsO). § 181 InsO korrespondiert inhaltlich mit dem Grundsatz, dass nur angemeldete Forderungen, die im Prüfungsverfahren bestritten worden sind, zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden können. Will der Gläubiger den Grund des Anspruchs auswechseln, setzt die Erhebung der Feststellungsklage voraus, dass zuvor ein neues Anmeldungs- und Prüfungsverfahren durchgeführt worden ist, bei dem die Forderung streitig geworden ist (Kübler/Prütting, § 181 InsO, Rn. 81). Nicht von dem Änderungsverbot umfasst wird eine bloße Ergänzung oder Berichtigung der tatsächlichen Angaben, die den Anspruchsgrund unberührt lassen, sowie die bloße Beschränkung der angemeldeten Forderung. Dass der Kläger im vorliegenden Verfahren weniger fordert, als er ursprünglich zur Insolvenztabelle angemeldet hatte, ist unerheblich; denn einer Beschränkung des Betrages steht der Schutzzweck des § 181 InsO nicht im Wege; lediglich eine Erhöhung des angemeldeten Betrages bleibt unzulässig (vgl. zu § 146 Abs. 4 KO; BGH, Urt. v. 08.11.1961 - VIII ZR 149/60 - ZZP 75, 345: Urt. v. 14.12.1987 - 11 ZR 170/87 - ZIP 1988, 229).

Die Klageforderung ist mit der am 12.06.2002 zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung deckungsgleich, soweit sie Lohnansprüche des Klägers für den Zeitraum vom 01.01.2001 bis zum 31.01.2002 umfasst. Der Kläger hat mit der am 13.05.2002 vor dem Arbeitsgericht Hannover erhobenen Klage rückständige Lohnforderungen für das Jahr 2001 in Höhe von 3.444,50 € sowie u.a. für den Monat Januar 2002 eine Forderung in Höhe von 1.318,23 € (= 4.762,72 €) geltend gemacht. Die angemeldete Forderung umfasst lediglich weitere Lohnforderungen für die Zeit vom 01.02.2002 bis zum 13.05.2002 in Höhe von 4.025,53 € (4.762,73 + 4.025,52 = 8.788,25).

d. Der infolge der Verfahrenseröffnung notwendige Übergang von der Leistungsklage zur Insolvenzfeststellungsklage ist unproblematisch zulässig; die Umstellung der Klage stellt keine Klageänderung i.S.d. § 263 ZPO dar, sondern ist als "später eingetretene Veränderung" i.S.d. § 264 Nr. 3 ZPO zu behandeln.

e. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Klage schließlich nicht deshalb unzulässig, weil der Kläger im Berufungsverfahren nur eine Ablichtung des beglaubigten Tabellenauszugs vom 08.08.2002 eingereicht hat. Es ist zwar zutreffend dass das Insolvenzgericht dem Gläubiger der bestrittenen Forderung vom Amts wegen einen beglaubigen Auszug aus der Tabelle erteilt (§ 179 Abs. 3 InsO). Der Auszug soll dem Gläubiger den Nachweis der Anmeldung und Prüfung sowie des Widerspruchs gegen die Forderung erleichtern (MünchKomm/InsO-Schumacher, § 179 Rn. 45). Dem Gläubiger, dessen Forderung bestritten worden ist, soll insbesondere die Möglichkeit des Urkundsbeweises eröffnet werden. Nach § 445 ZPO genügt bei öffentlichen Urkunden die Vorlage öffentlich beglaubigter Abschriften, falls nicht das Gericht in besonderen Konstellationen Vorlage des Originals anordnet. Die Vorlage des öffentlich beglaubigten Auszugs aus der Tabelle ist mithin nur zur Erhebung des Urkundsbeweises geboten. Im Streitfall hat der Beklagte selbst erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 10.09.2002 eine Ablichtung der Forderungsanmeldung des Klägers vom 12.06.2002 eingereicht. Der Berufungserwiderung des Beklagten vom 12.05.2003 war als Anlage eine Ablichtung des Auszugs aus der Insolvenztabelle beigefügt. Es ist demnach unstreitig, dass der Kläger am 12.06.2002 eine Lohnforderung für den Zeitraum vom 01.01.2001 bis zum 13.05.2002 zur Insolvenztabelle angemeldet hat, die vom Beklagten im Prüfungstermin vom 24.07.2002 vorläufig bestritten worden ist.

2. Die Feststellungsklage ist begründet.

a. Der Kläger hat schlüssig dargelegt, dass ihm für den Zeitraum vom 01.01.2001 bis zum 31.12.2001 eine Restlohnforderung gegen den Insolvenzschuldner in Höhe von 3.444,50 € zustand. Er hat für jeden einzelnen Monat die vom Insolvenzschuldner erteilten Lohnabrechnungen vorgelegt, aus denen sich die Höhe der Nettoforderung ergibt. Er hat des weiteren für jeden einzelnen Monat die Höhe des ihm erteilten Abschlags beziffert und durch Einreichung der jeweiligen Kontoauszüge belegt. Für den Monat Januar 2002 hat der Kläger eine Lohnabrechnung vom 25.02.2002 vorgelegt, aus der sich der Auszahlungsbetrag von 1.318,23 € ergibt.

b. Die Forderung der Klägers war vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (vgl. BAG, Urt. v. 12.06.2002 - 10 AZR 199/01 - NZA 2002, 1175) weder nach § 14 des Manteltarifvertrages für Arbeitnehmer in den Elektrohandwerken in Niedersachsen vom 18.05.1998 noch nach § 14 des Arbeitsvertrages vom 03.04.2000 verfallen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urt. v. 29.05.1985 - 7 AZR 124/83 AP Nr. 92 zu § 4 TVG Ausschlussfristen) werden durch eine schriftliche Lohnabrechnung des Arbeitgebers die in ihr ausgewiesenen Lohnforderungen streitlos gestellt; sie müssen deshalb vom Arbeitnehmer nicht noch einmal geltend gemacht werden. Dies folgt aus dem Zweck der tariflichen Ausschlussfristen. Durch sie soll der Gläubiger angehalten werde, die Begründetheit und Erfolgsaussicht seiner Ansprüche zu prüfen. Der Gläubiger soll den Schuldner innerhalb der tariflichen Ausschlussfristen darauf hinweisen, ob und welche Ansprüche im einzelnen noch erhoben werden. Der Schuldner soll sich darauf verlassen können, nach Ablauf der tariflichen Verfallfristen nicht mehr weiter in Anspruch genommen zu werden. Die Kammer schließt sich dieser Rechtsprechung an. Hat der Arbeitgeber in einer Lohnabrechnung ohne erkennbaren Vorbehalt einen bestimmten Auszahlungsbetrag errechnet, so bringt er durch die Aushändigung dieser Abrechnung an den Arbeitnehmer jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht zum Ausdruck, dass einer Forderung des Arbeitnehmers in dieser Höhe keine Einwendungen mehr entgegenstehen. Nach dem Zweck tariflicher Ausschlussfristen besteht deshalb in diesem Falle keine Veranlassung, den Arbeitnehmer zur raschen Geltendmachung seiner Forderung anzuhalten.

c. Die Forderung des Klägers ist nicht in Höhe von 800,00 € durch Erfüllung (§ 362 BGB) erloschen. Der Insolvenzschuldner hat bei der Zahlung des Abschlags eine Tilgungsbestimmung vorgenommen. Danach ist die Zahlung zur Erfüllung der Lohnforderung des Klägers für den Monat Februar 2002 erfolgt. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 15.11.2002 klargestellt, dass er ausschließlich die Feststellung der Lohnansprüche für das Jahr 2001 und den Monat Januar 2002 begehrt.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Zwar hat der Beklagte vorliegend keine Veranlassung zur Aufnahme des Rechtsstreits gegeben. Denn er hat die angemeldete Forderung nur vorläufig bestritten und damit zu erkennen gegeben, dass er sich hinsichtlich der Berechtigung der Forderung noch nicht endgültig entschieden habe. Bei dieser Rechtslage war es Sache des Klägers, zuvor durch Rückfrage zu ermitteln, ob das vorläufige Bestreiten aufrecht erhalten wird (OLG Hamm, Beschl. V. 12.10.1998 - 30 U 61/98 ZinsO 1999, 352; LAG Hamm, Beschl. V. 14.03.2002 - 4 Sa 1366/97 - ZIP 2002, 770). Vorliegend hätte zu dieser Klärung gehört, vollständige Unterlagen zu den geltend gemachten Forderungen vorzulegen. Gleichwohl waren dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 ZPO aufzuerlegen. Denn der Beklagte hat die Forderung nicht i.S.d. § 93 ZPO sofort anerkannt, sondern vielmehr die Zurückweisung der Berufung beantragt.

Gründe, die Revision an das Bundesarbeitsgericht zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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