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Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 26.06.2006
Aktenzeichen: 5 Sa 2107/05 E
Rechtsgebiete: BAT, BGB
Vorschriften:
BAT § 70 | |
BGB § 242 | |
BGB § 612 |
LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juni 2006 durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Kiel, den ehrenamtlichen Richter Herrn Schnelle, den ehrenamtlichen Richter Herrn Engel für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufungen der Parteien gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 02.09.2005 - 7 Ca 814/03 E - werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt zu 70 % die Beklagte und zu 30 % die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche im Anschluss an einen von der Klägerin gewonnenen Statusprozess.
Die Klägerin ist seit 1999 als Volkshochschuldozentin bei der Beklagten beschäftigt zunächst auf der Grundlage freiberuflicher Lehraufträge. Mit der vom 04.12.2001 datierenden, den Statusprozess betreffenden Klageschrift, stellte die Klägerin folgende Anträge:
"1.
festzustellen, dass zwischen den Parteien ab dem 14.09.2001 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht,
2.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin mit Wirkung vom 14.09.2001 nach BAT zu vergüten ."
Durch Urteil vom 21.06.2002 stellte das Arbeitsgericht Hannover (8 Ca 748/01 Ö) fest, dass zwischen den Parteien seit dem 14.09.2001 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. Dieses Urteil wurde vom LAG Niedersachsen am 28.01.2003 bestätigt (13 Sa 1381/02). Die dagegen unter dem Aktenzeichen 5 AZN 176/03 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BAG am 09.07.2003 als unzulässig verworfen.
Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils forderte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 27.06.2002 auf, ihr ab dem 14.09.2001 Vergütung nach der Vergütungsgruppe BAT IV a abzurechnen und die Differenz auszuzahlen. Das Geltendmachungsschreiben des damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin Dr. A. wurde unterschrieben mit "Rechtsanwalt i. A. H.". Die Beklagte antwortete wie folgt: "in der vorbezeichneten Angelegenheit kommen wir zurück auf ihr Schreiben vom 27.06.2002 und erlauben uns die Feststellung, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch überhaupt keine Veranlassung besteht, ihre Mandantin nach der Vergütungsgruppe IV a BAT zu vergüten und ggf. bestehende Ansprüche bereits zur Auszahlung zu bringen. Wir dürfen daran erinnern, dass das Urteil vom 21.06.2002 zur Zeit noch nicht im Wortlaut vorliegt und wir demzufolge auch noch nicht überprüfen konnten, ob hier die Feststellung des Arbeitsgerichts Hannover, wonach ein Beschäftigungsverhältnis zu ihrer Mandantin besteht, mit dem Rechtsmittel der Berufung angegriffen wird. Darüber hinaus sei der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass das Arbeitsgericht Hannover den von ihnen behaupteten Vergütungsanspruch nach dem BAT abgewiesen hat ."
Der in diesem Verfahren mandatierte Rechtsanwalt der Klägerin sowie die Gewerkschaft GEW forderte die Beklagte mit Schreiben vom 29.08.2003 zur Zahlung der Vergütung ab 01.01.2001 auf. Die Beklagte gewährte die beantragte Vergütung nach Vergütungsgruppe IV a BAT ab dem 01.03.2003 und berief sich für die davor liegenden Zeiträume auf die Ausschlussfrist nach § 70 BAT.
Mit ihrer Klage vom 22.12.2003 hat die Klägerin Vergütungsansprüche für die Zeit vom 01.01.2001 bis zum 28.02.2003 nach Vergütungsgruppe IV a BAT unter Abzug des gezahlten Honorars geltend gemacht und beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 27.609,47 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2003 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
und den Standpunkt eingenommen, die Ansprüche bestünden erst seit dem 01.03.2003.
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 02.09.2005 bei einer Kostenquote von 70 % (Beklagte) und 30 % (Kläger) überwiegend stattgegeben. In den Gründen, auf die ergänzend Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Entscheidung im wesentlichen folgendermaßen begründet:
Die Zahlungsklage sei für die Zeit ab dem 14.09.2001 begründet, weil aufgrund des Vorprozesses rechtskräftig festgestellt worden sei, dass zwischen den Parteien ab diesem Zeitpunkt ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe. Auf derartige Arbeitsverhältnisse wende die Beklagte aufgrund vertraglicher Regelung oder aufgrund beiderseitiger Tarifbindung den BAT an und vergüte eine Arbeitsleistung, wie sie die Klägerin erbracht habe, nach Vergütungsgruppe IV a BAT. Die Klägerin könne die übliche Vergütung nach § 612 BGB verlangen, wobei sie sich die Leistungen der Beklagten anrechnen lassen müsse. Das Arbeitsgericht hat zwar angenommen, über § 612 BGB sei nicht nur die einschlägige Vergütungsgruppe des BAT, sondern das gesamte Tarifvertragssystem einschließlich der Ausschlussfrist nach § 70 BAT anzuwenden. Allerdings sei die Ausschlussfrist nach § 70 BAT dadurch gewahrt, dass die Klägerin in dem Vorprozess außer der Feststellung, dass zwischen den Parteien ab dem 14.09.2001 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe, die weitere Feststellung begehrt habe, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr mit Wirkung ab dem 14.09.2001 Vergütung nach dem BAT zu zahlen. Auch wenn dieser Anspruch als unzulässig abgewiesen worden sei, habe die Beklagte daraus doch erkennen können, dass die Klägerin die übliche Vergütung nach dem BAT verlangen würde. Die Beklagte habe dem Antrag entnehmen können, dass es sich um die Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT handeln würde, die sich zwischen den Parteien bei einer Anwendung des BAG nicht im Streit befunden habe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage jedoch abgewiesen, soweit die Klägerin Ansprüche für die Zeit zwischen dem 01.01.2001 und dem 14.09.2001 geltend gemacht hat. Ansprüche für diesen Zeitraum seien erst durch die Schreiben der Gewerkschaft GEW sowie durch anwaltliches Schreiben vom 29.08.2003 weit außerhalb der Ausschlussfrist nach § 70 BAT geltend gemacht worden. Im Vorprozess sei lediglich beantragt und festgestellt worden, dass ein Arbeitsverhältnis ab dem 14.09.2001 bestehe.
Das Urteil ist beiden Parteien am 11.11.2005 zugestellt worden. Die Beklagte verfolgt ihren Klageabweisungsantrag mit der am 06.12.2005 eingelegten und am 10.01.2006 begründeten Berufung weiter, während die Klägerin mit selbständiger Anschlussberufung vom 12.12.2005 (Montag) ihr Klageziel auch hinsichtlich des abgewiesenen Teils der Klage weiter anstrebt.
Die Beklagte geht im Ergebnis mit der Vorinstanz, allerdings mit anderer Begründung, davon aus, die Ausschlussfristen seien im Wege einer betrieblichen Übung bei der Abwicklung nach einem vom Arbeitnehmer gewonnen Statusprozess zu berücksichtigen. Der öffentliche Arbeitgeber bewege sich bekanntermaßen generell nur im Rahmen des tariflichen Regelwerkes. Leistungen erfolgten unter den dort festgesetzten Voraussetzungen in vollem Umfang (z. B. auch hinsichtlich der Zusatzversorgung), jedoch unter Beachtung der Ausschlussfristen.
Die Beklagte meint, eine wirksame Geltendmachung sei nicht durch die Klageschrift im Vorprozess vom 04.12.2001 erfolgt, weil die Klägerin dort weder die Vergütungsgruppe noch ihre zur Berechnung der Vergütung benötigten persönlichen Daten genannt habe. Es komme hierbei nicht darauf an, ob der Anspruch unstreitig sei. Der Verfall des Anspruchs hänge nur davon ab, dass rechtzeitig und klar mitgeteilt werde, welcher Anspruch genau erfüllt werden müsse.
Nach Auffassung der Beklagten hat die Klägerin die Ausschlussfrist auch nicht durch das anwaltliche Schreiben vom 27.06.2002 gewahrt, welches nicht von dem damaligen Prozessbevollmächtigten, sondern von einer nichtvertretungsberechtigten Person im Auftrage "i. A." unterzeichnet worden sei.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung der angefochtenen Urteils nach ihrem Schlussantrag in erster Instanz zu erkennen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen sowie die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hannover vom 02.09.2005 - 7 Ca 814/03 E - zu verurteilen, an sie weitere 8.680,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin nimmt den Standpunkt ein, sie könne Vergütung nach Vergütungsgruppe IV a BAT seit dem 01.01.2001 beziehen, obwohl sich das Urteil im vorangegangenen Statusprozess nicht auf den Zeitraum vom 01.01. bis 13.09.2001 beziehe. Sie verweist auf das Urteil vom 26.09.1990 (5 AZR 112/90), mit dem das BAG entschieden habe, dass § 612 Abs. 2 BGB ausdrücklich nur die rechnerische Höhe der Vergütung betreffe. Der rechnerischen Höhe sei es aber nicht wesenseigen, an eine bestimmte Ausschlussklausel gebunden zu sein. Für die Anwendung einer betrieblichen Übung bestehe kein Raum. Voraussetzung dafür sei das Fehlen einer kollektiv- oder individualrechtlichen Grundlage für die Leistungsgewährung. Im Bereich des öffentlichen Dienstes bestehe aber mit dem BAT eine flächendeckende Regelung.
Sofern man demgegenüber von einer Anwendung des § 70 BAT ausginge, verteidigt die Klägerin die Auffassung im angefochtenen Urteil, dass die Ausschlussfrist durch die Klage vom 04.12.2001 gewahrt sei. Die Bestimmung der Forderungshöhe sei hier ausnahmsweise nicht erforderlich gewesen, weil diese der Beklagten ohnehin bekannt gewesen sei. Die zur Berechnung notwendigen persönlichen Daten müssten nicht mitgeteilt werden. Sie ergäben sich allerdings ebenfalls aus der Klageschrift.
Jedenfalls sei die Verfallfrist durch das Schreiben der vormaligen Prozessbevollmächtigten vom 27.06.2006 gewahrt. Die Erhebung eines Anspruchs nach § 70 BAT sei keine Willenserklärung, sondern eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung, die den Anforderungen des § 126 BGB nicht genügen müsse.
Auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen wird wegen des vollständigen Sach- und Rechtsvortrags ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die frist- und formgerecht eingelegten und insgesamt zulässigen Berufungen bleiben in der Sache ohne Erfolg.
1.
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Nach § 612 Abs. 2 BGB kann die Klägerin für die Zeit vom 14.09. bis 28.02.2003 eine Differenzzahlung in Höhe von 18.928,62 € verlangen. Wegen der unstreitigen Forderungshöhe wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Für die Berufung der Beklagten bedurfte es keiner Entscheidung über die grundsätzliche Rechtsfrage, ob nach einem aus Arbeitnehmersicht obsiegenden Statusprozess die Verfallfrist des § 70 BAT entweder im Rahmen des § 612 Abs. 2 BGB oder im Wege einer betrieblichen Übung Berücksichtigung finden muss. Die Klägerin hat die Frist mit der Klage im Vorprozess vom 09.12.2001 gewahrt.
a)
Nach § 70 BAT verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten nach Fälligkeit vom Angestellten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden, soweit tarifvertraglich nichts anderes bestimmt ist. Für denselben Sachverhalt reicht eine einmalige Geltendmachung des Anspruch aus, um die Ausschlussfrist auch für später fällig werdende Leistungen außer Kraft zu setzen. Geltendmachung bedeutet, die andere Seite zur Erfüllung eines bestimmten Anspruchs aufzufordern. Deshalb muss der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs, d. h. der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht werden. Der Sinn und Zweck der Regelung besteht darin, dem Schuldner den behaupteten Anspruch so deutlich zu machen, dass er sich über Inhalt und Umfang klar werden kann und dem Gläubiger die Erhebung einer formellen Klage zunächst erspart wird (BAG 17.05.2001 - 8 AZR 366/00 - NZA 2002, 910). Ist nur der Anspruchsgrund strittig, ist die Angabe der ungefähren Höhe der Forderung jedoch ausnahmsweise nicht erforderlich (BAG 07.09.1982 - 3 AZR 1252/79 - AP BAT § 44 Nr. 7; Erfurter Kommentar/Preiss § 218 BGB Randnummer 63). In der zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hatte der Kläger nur die Zusage der Umzugskostenerstattung verlangt, ohne den Anspruch zu beziffern. In dieser Konstellation hat das Bundesarbeitsgericht den Rechtssatz aufgestellt, dass eine Spezifizierung des Anspruchs der Höhe nach billigerweise nicht erwartet werden könne, wenn es den Parteien ersichtlich nur darum gehe, die Anspruchsvoraussetzungen zu klären, während die Höhe der erstattungsfähigen Umzugskosten von Anfang an nicht interessiert hätten und im Laufe des Rechtsstreits auch nie bestritten worden sein.
Die Geltendmachung ist keine Willenserklärung, sondern eine geschäftsähnliche Handlung (BAG 20.02.2001 - 9 AZR 46/00 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Gaststätten Nr. 11). Eine analoge Anwendung von § 174 BGB kommt nicht in Betracht, so dass die Forderung auch ohne Vorlage einer Vollmacht geltend gemacht werden kann (BAG 14.08.2002 - 5 AZR 341/01 - AP BGB § 174 Nr. 16).
b)
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze hat die Klägerin die Ausschlussfrist des § 70 BAT im vorangegangenen Statusprozess mit der Klageschrift vom 04.12.2001 gewahrt. Ihr dortiger Antrag festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie mit Wirkung vom 14.09.2001 nach BAT zu vergüten, ist zwar der Höhe nach nicht bestimmt. Allerdings war eine Bestimmung der Vergütungshöhe, insbesondere der Vergütungsgruppe, ausnahmsweise deshalb entbehrlich, weil die Parteien nicht um eine bestimmte Höhe der Vergütung nach BAT, sondern allein um die vorgelagerte Frage gestritten haben, ob überhaupt ein Arbeitsverhältnis vorgelegen hat. Die Klägerin hat demgemäss mit ihrem Antrag nur die für ihre Tätigkeit als Volkshochschul-Dozentin übliche Vergütung eingeklagt. Diese ist vorprozessual wie im Laufe des Rechtsstreits bei einer etwaigen Eingruppierung nach dem BAT jederzeit unstreitig gewesen. So hat der Beklagte auf das Schreiben vom 29.08.2003 geantwortet, die von der Klägerin "geltend gemachte Vergütungsgruppe IV a BAT sei nachvollziehbar." In diesem Zusammenhang könne sie sich auch vorstellen, die entsprechende Vergütung für eine vollzeitige Tätigkeit als Weiterbildungslehrerin im zweiten Bildungsweg der Volkshochschule H. zu leisten.
Der Antrag im Vorprozess stellt aber nicht nur klar, dass die Klägerin generell Vergütung nach dem BAT begehrt, sondern enthält mit dem 14.09.2001 einen bestimmten Zeitpunkt, auf den die Beklagte sich einrichten konnte. Der Antrag ist also nicht der Höhe nach insgesamt unbestimmt. Mit dieser Spezifizierung entspricht er dem Sinn und Zweck der Verfallklausel, dass sich die Beklagte als Anspruchsgegnerin darauf einrichten konnte, welche Ansprüche nach der Rechtsauffassung der Klägerin bei einem gewonnenen Statusprozess zu erfüllen seien. Das Weglassen der konkreten Vergütungsgruppe hätte für die Klägerin lediglich zur Folge, dass sie sich nicht ab dem 14.09.2001 auf einen höheren Vergütungsanspruch berufen könnte.
Die Frage, ob das anwaltliche, von einer Person namens H. im Auftrage unterzeichnete Anwaltsschreiben vom 27.06.2002 ab diesem Zeitpunkt abzüglich 6 Monaten nach Fälligkeit zur Anspruchswahrung genügt hätte, ist damit nicht entscheidend. Allerdings dürfte auch darin eine ausreichende schriftliche Geltendmachung liegen. Unter dem Briefkopf der damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist die Beklagte unmissverständlich ab dem 14.09.2001 zu einer Abrechnung nach BAT IV a sowie zur Auszahlung der Differenz gegenüber der erhaltenen Vergütung aufgefordert worden. Nach den dargelegten Rechtsgrundsätzen bedarf es keiner rechtsgeschäftlich gestaltenden Erklärung, sondern nur einer geschäftsähnlichen Handlung, die in diesem Schreiben zu erblicken ist.
Die Zinsforderung folgt aus § 286, 288 BGB.
2.
Die Berufung der Klägerin ist ebenfalls zurückzuweisen. Die Klage ist unbegründet, soweit die Klägerin Arbeitsentgelt nach Vergütungsgruppe IV a BAT als taxmäßige Vergütung gemäß § 612 BGB für die Zeit vor dem 14.09.2001 eingeklagt hat. Auch insoweit kann dahinstehen, ob die Klägerin die Ausschlussfrist nach § 70 BAT hätte einhalten müssen. Jedenfalls ist die Forderung verwirkt, § 242 BGB.
a)
Ein Recht verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat wenn der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen würde (zur ständigen Rechtsprechung BGHZ 105 298; Palandt/Heinrichs § 242 BGB Randnummer 87 m. w. N.). Seit der Möglichkeit, dass Recht geltend zu machen, muss längere Zeit verstrichen sein. Die erforderliche Zeitspanne richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Zu dem Zeitmoment hinzutreten muss das sogenannte Umstandsmoment, das erfüllt ist, wenn der Verpflichtete sich aufgrund des Verhaltens des Berechtigten darauf eingerichtet hat, dieser werde sein (vermeintliches) Recht nicht mehr geltend machen. Wegen des geschaffenen Vertrauenstatbestandes muss die verspätete Geltendmachung des Rechts als einem mit Treu und Glauben unvereinbarer Härte erscheinen (BAG 25.04.2001 - 5 AZR 497/99 - NJW 2001, 2907). Der Verwirkungstatbestand ist bei der Geltendmachung tariflicher Rechte, nicht aber im Anwendungsbereich des § 612 BGB ausgeschlossen.
b)
Die Voraussetzungen der Verwirkung sind im vorliegenden Fall erfüllt, weil die Klägerin bereits mit der Klageschrift vom 04.12.2001 im Vorprozess ausdrücklich beantragt hat festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, sie "mit Wirkung vom 14.09.2001" nach BAT zu vergüten. Auch in dem Geltendmachungsschreiben vom 27.06.2002 hat sie sich ausdrücklich auf diesen Zeitpunkt bezogen. So lautet die Aufforderung in diesem Schreiben, nachdem feststehe, dass die Klägerin seit dem 14.09.2001 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehe, sei "von diesem Zeitpunkt an das Arbeitsverhältnis nach BAT IV a abzurechnen und die Differenz auszuzahlen". Die Beklagte hat also explizit auf den Zeitpunkt 14.06.2001 abgestellt. Darauf durfte sich die Beklagte einrichten und vertrauen, dass die Klägerin weitergehende Ansprüche vor diesem Zeitpunkt nicht mehr geltend machen würde, und zwar auch nicht unter Berücksichtigung der Ausschlussfrist nach § 70 BAT. Erst über 2 Jahre nach diesen Schreiben hat die Klägerin ihren Anspruch ausgeweitet. Damit musste die Beklagte angesichts der klaren Antragstellung im Vorprozess nicht mehr rechnen.
II.
Die Berufungen waren daher jeweils mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Es bestehen keine Gründe zur Zulassung der Revision.
Ende der Entscheidung
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