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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 18.12.2007
Aktenzeichen: 5 Sa 214/07
Rechtsgebiete: TVÜ-VKA


Vorschriften:

TVÜ-VKA § 5
TVÜ-VKA § 11
Die Bestimmungen des § 5 Abs. 1 und 2 TVÜ-VKA sind wirksam und verstoßen nicht gegen Art. 3 GG.
LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 Sa 214/07

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 18. Dezember 2007 durch

den Richter am Arbeitsgericht Kubicki, den ehrenamtlichen Richter Herrn Kleen, die ehrenamtliche Richterin Frau Bergmann für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hildesheim vom 18.01.2007 - Az.: 3 Ca 409/06 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Höhe der Vergütung nach der Überleitung ihres Arbeitsverhältnisses vom Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) zum Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVÖD) zum 01.10.2005.

Aus der geschiedenen Ehe des Klägers ist ein Kind hervorgegangen, welches zunächst bei ihm lebte. Deswegen erhielt der Kläger, Arbeitnehmer bei dem Beklagten, wobei auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme der BAT-Anwendung fand, eine Vergütung unter Berücksichtigung des Ortszuschlages der Stufe II.

Zum 01.07.2005 absolvierte der Sohn des Klägers seinen Grundwehrdienst bis zum 31.03.2006. Mit dem 01.07.2005 entfiel daher auch die Zahlung des Ortszuschlages der Stufe II.

Seit dem 01.10.2005 findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der TVÖD Anwendung. Bei der Festlegung des Gehaltes berücksichtigte der Beklagte zunächst ab dem 01.10.2005 wegen des Grundwehrdienstes des Sohnes des Klägers den Kinderzuschlag nicht. Ebenso legte er den Ortszuschlag der Stufe I zu Grunde. Ab dem 01.04.2006 erhöhte sich die Vergütung des Klägers um die Summe des ursprünglichen Kinderzuschlages. Bei der Festsetzung der Vergütung berücksichtigte der Beklagte jedoch den Ortszuschlag der Stufe I (und nicht den Ortszuschlag der Stufe II).

Mit seiner Klage hat der Kläger für die Zeit von April bis November 2006 Gehaltsnachzahlungen in Höhe von monatlich 106,90 € (Differenz Ortszuschlag der Stufe II gegenüber Ortszuschlag der Stufe I) sowie die Feststellung begehrt, auch künftig sei ein derartiger Betrag zusätzlich zu der von dem Beklagten auszuzahlenden Vergütung zu berücksichtigen.

Er hat die Auffassung vertreten, bei der Stufe II des Ortszuschlages handele es sich um einen "kinderbezogenen Entgeltbestandteil", welcher bei der Umstellung seines Arbeitsverhältnisses vom BAT zum TVÖD der Höhe nach zu berücksichtigen sei. Jedenfalls stelle die Nichtberücksichtigung eine Diskriminierung sowie einen Verstoß gegen Artikel 3 GG dar.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 855,20 € nebst 5 % Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 24.11.2006 zu zahlen.

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, auch in Zukunft an ihn pro Monat weitere 106,90 € zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die dem Kläger gewährte, von ihm berechnete und ausgezahlte Vergütung entspreche den Vorschriften des Tarifvertrages. Insbesondere stelle der erhöhte Ortszuschlag der Stufe II keinen "kinderbezogenen Entgeltbestandteil" im Sinne des § 11 TVÜ-VKA dar.

Mit Urteil vom 18.01.2007 hat das Arbeitsgericht Hildesheim die Klage abgewiesen. Wegen der genauen Einzelheiten wird auf eben dieses Urteil, Bl. 39-44 der Gerichtsakte verwiesen.

Dieses Urteil ist dem Kläger am 23.01.2007 zugestellt worden. Hiergegen hat er mit einem am 15.02.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 20.03.2007 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Mit seiner Berufung verfolgt er das erstinstanzliche Klageziel der Gewährung einer erhöhten Vergütung auf der Basis eines Ortszuschlages der Klasse II weiter. Die Monate Dezember 2006 bis März 2007 klagt er im Wege einer Leistungsklage beziffert ein. Hierfür macht er einen Gesamtbetrag in Höhe von 427,60 € geltend.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Er vertritt die Auffassung, die erhöhte Vergütung gemäß Ortszuschlag der Stufe II gegenüber der Stufe I stelle einen kinderbezogenen Entgeltbestandteil dar, da er diesen Ortszuschlag nur erhalten habe, weil das eheliche Kind nach Ehescheidung nicht bei der Kindesmutter, sondern bei ihm wohnte und nach Ableistung des Grundwehrdienstes auch wohnt. Im Übrigen sei der maßgebliche Ortszuschlag des früheren BAT nicht entfallen, sondern habe in der Zeit der Wehrdienstableistung seines Sohnes nur geruht. Sollten die einschlägigen tarifvertraglichen Vorschriften anders ausgelegt werden oder aber aufgrund von Wortlaut und Systematik anders ausgelegt werden müssen, dann liege ein deutlicher Verstoß gegen den Artikel 3 des Grundgesetzes vor. Eine Ungleichbehandlung sei deswegen anzunehmen, weil der Vater einer Tochter besser gestellt wäre als der Vater eines Sohnes, der zur Bundeswehr einrücken muss. Es könne doch nicht richtig sein, dass nach der tarifvertraglichen Logik zum Dank für die Ableistung des Wehrdienstes der Jugendlichen als Staatsbürger in Uniform die Eltern eine Kürzung ihrer Bezüge erhielten.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

1. an ihn 855,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.11.2006 zu zahlen,

2. den Beklagten zur verurteilen, weitere 427,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.03.2007 zu zahlen,

3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, auch in Zukunft an ihn pro Monat weitere 106,90 € zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Erwiderung vom 29.05.2007. Hierauf wird Bezug genommen. Insbesondere seien nach dem klaren Wortlaut und der klaren Systematik der §§ 5 und 11 TVÜ-VKA die konkreten Verhältnisse im September 2005 im Hinblick auf die Höhe der Vergütung zu Grunde zu legen. Der erhöhte Ortszuschlag der Stufe II falle nicht unter die Besitzstandswahrungsregelung des § 11 TVÜ-VKA. Eine solche Regelung sei als Stichtagsregelung nicht zu beanstanden und grundsätzlich im Arbeitsrecht zulässig.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsrechtszug wird auf ihre Schriftsätze vom 20.03., 29.05. und 24.07.2007 verwiesen.öhHöhe von

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64, 66 ArbGG, 513, 519, 520 ZPO).

B.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht Hildesheim seine Klage abgewiesen. Er hat keinen Vergütungsanspruch auf der Basis eines erhöhten Ortszuschlages der Stufe II gemäß §§ 5, 11 TVÜ-VKA in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag der Parteien. Nach Wortlaut und klarer Systematik der zitierten Vorschriften durfte der Ortszuschlag der Klasse II bei der Berechnung der Arbeitsvergütung des Klägers im Zuge der Umstellung seines Arbeitsverhältnisses vom BAT zum TVÖD nicht berücksichtigt werden. Diese Berechnungsweise ist unter jedem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zulässig. Sie erweist sich insbesondere also sogenannte Stichtagsregelung verfassungskonform und stellt keinen Verstoß gegen den in Artikel 3 unseres Grundgesetzes normierten Grundsatz der Gleichbehandlung dar.

I.

Die Klage ist insgesamt zulässig, insbesondere entspricht der Feststellungsantrag den Erfordernissen des § 256 ZPO. Denn zwischen den Parteien ist der Inhalt eines zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses streitig und dieses Urteil ist geeignet, dauerhaft Klarheit und Rechtssicherheit zu schaffen. Es besteht Streit über die Berechnungsweise des Vergleichsentgeltes nach §§ 5, 11 TVÜ-VKA im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses.

Die Zulässigkeit des Feststellungsantrages ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vorrangs einer Leistungsklage zu verneinen. Wird nämlich ein öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber verklagt, ist zu erwarten, dass dieser sich einer gerichtlichen Feststellung seiner rechtlichen Verpflichtung entsprechend verhalten wird. In diesem Fall ist die Feststellungsklage geeignet, den Streit der Parteien endgültig beizulegen (BAG, Urteil vom 16.08.2004, Az.: 9 AZR 580/04 - EzA § 4 TVG Altersteilzeit Nr. 17).

II.

1.

Nach den Vorschriften des maßgebend für die Berechnung der Arbeitsvergütung zu berücksichtigenden Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVÖD und zur Regelung des Übergangsrechtes (TVÜ-VKA) hat der Beklagte die dem Kläger zustehende Arbeitsvergütung korrekt und richtig berechnet. Zu Gunsten des Klägers kann keine erhöhte Arbeitsvergütung aufgrund der Besitzstandsklausel des § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA hergeleitet werden.

Nach dieser Vorschrift werden für im September 2005 zu berücksichtigende Kinder die kinderbezogenen Entgeltbestandteile des BAT/BAT-O/BAT-Ostdeutsche Sparkassen oder BMT-G/BMT-G-O in der für September 2005 zustehenden Höhe als Besitzstandszulage fortgezahlt, solange für diese Kinder Kindergeld nach dem Einkommenssteuergesetz (EStG) oder nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) ununterbrochen gezahlt wird oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder 65 EStG oder des § 3 oder 4 BKGG gezahlt würde.

Der gegenüber der Stufe I erhöhte Ortszuschlag der Stufe II ist eindeutig und nach keiner Betrachtungsweise ein kinderbezogener Entgeltbestandteil des BAT. Dies entspricht dem eindeutigen Auslegungsergebnis des § 29 b BAT.

a)

Nach ständiger und allgemein anerkannter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages, den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragspartei mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnis nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG, Urteil vom 21.08.2003, Az.: 8 AZR 430/02 - AP Nr. 185 zu § 1 TVG Tarifverträge Metallindustrie; BAG, Urteil vom 22.10.2003, Az.: 10 AZR 152/03 - BAGE 108, 176 - 184; BAG, Urteil vom 24.10.2007, Az.: 10 AZR 878/06 - juris).

b)

In Anwendung vorstehend aufgezeigter Rechtsgrundsätze stellt der Ortszuschlag der Stufe II des § 29 B BAT keinen kinderbezogenen Entgeltbestandteil dar. Denn maßgeblich für diese Stufe als Erhöhung gegenüber der Stufe I wird dem Wortlaut der Tarifnorm folgend an eine bestehende oder einmal bestandene Ehe angeknüpft, wenn aus dieser Ehe Unterhaltsverpflichtungen folgen. Diese Unterhaltsverpflichtung ist maßgebliche Voraussetzung für die Gewährung des Ortszuschlages der Stufe II, unabhängig, ob gegenüber Kindern oder dem Ehepartner eine Unterhaltspflicht resultiert. Demgegenüber knüpfen die Ortszuschläge der 3. und der weiteren Stufen an die Voraussetzungen der 2. Stufe und an erhaltene Kindergeldzahlungen an. Daher werden allgemein lediglich die Ortszuschläge der Stufe III und der weiteren Stufe als kinderbezogene Anteile des Ortszuschlages gewertet (Clemens/Scheuring/Steiningen/Wiese, TVÖD, Band 3 § 4 RdNr. 45 und 48). Auch die Systematik des TVÜ-VKA lässt diese Unterscheidung erkennen. Denn bei der Berechnung des Vergleichsentgeltes gemäß § 5 Abs. 2 TVÜ-VKA wird auf die Grundvergütung, die Allgemeine Zulage und den Ortszuschlag der Stufe I oder II abgestellt. Demgegenüber eröffnet § 11 Abs. 1 TVÜ-VKA die Berücksichtigung kinderbezogener Entgeltbestandteile, zu welchen nach der Systematik der Tarifnorm offensichtlich nicht die erhöhten Ortszuschläge der Stufe II zählen. Andernfalls wäre der Ortszuschlag der Klasse II in der allgemeinen Berechnungsvorschrift des § 5 Abs. 2 TVÜ-VKA nicht erwähnt worden.

Aus Sicht des Berufungsgerichtes ist vorstehendes Auslegungsergebnis eindeutig.

Eine Einbeziehung des ursprünglich auf Grundlage des BAT gezahlten Ortszuschlages besteht auch nicht gemäß § 5 Abs. 2 TVÜ-VKA. Denn - wie Absatz 1 dieser Norm voraussetzt - ist Anspruchsvoraussetzung die Auszahlung dieses Vergütungsbestandteils im September 2005. Wie das angefochtene Urteil zutreffend hervorhebt (vgl. Bl. 4, Ziffer 2) kann lediglich der Ortszuschlag der Stufe I in das Vergleichsentgelt eingerechnet werden, wenn ein solcher Anspruch auf den erhöhten Ortszuschlag der Stufe II im September 2005 (gleich aus welchem Grund) nicht bestanden hat. Diese Vorschrift trägt nämlich dem Sinn und Zweck der Entgeltbestimmung nach dem TVÖD Rechnung. Nach diesem Tarifvertrag sollen nämlich - entgegen dem bisherigen Tarifrecht - familienbezogene Entgeltbestandteile überhaupt nicht mehr gezahlt und durch stärkere Betonung des Leistungsprinzipes attraktivere Entgeltbedingungen insbesondere für jüngere Beschäftigte geschaffen werden (LAG Köln, Urteil vom 30.11.2006, Az.: 5 Sa 973/06 - juris; LAG Hamm, Urteil vom 14.06.2007, Az.: 17 Sa 173/07 - juris; Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 18.04.2007, Az.: 14 Ca 177/07 - juris).

Das vom Kläger gegen diese Auslegung angeführte Argument, der erhöhte Ortszuschlag der Stufe II sei nicht entfallen, sondern habe vielmehr "geruht", findet weder im Wortlaut, noch in der Systematik des TVÜ-VKA eine Stütze.

2.

Die Bestimmung des § 5 Abs. 1 und Abs. 2 TVÜ-VKA sind wirksam und verstoßen nicht gegen Artikel 3 GG, den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. a)

Obwohl die Tarifvertragsparteien bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar Grundrechtsgebunden sind, müssen sie aufgrund der Schutzpflichten der Grundrechte bei ihrer tariflichen Normsetzung den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG sowie die Diskriminierungsverbote des Artikels 3 Abs. 2 und Abs. 3 beachten (BAG, Urteil vom 27.05.2007, Az.: 6 AZR 129/03 - AP TVG § 1 Gleichbehandlung Nr. 5; BAG, Urteil vom 21.04.2005, Az.: 6 AZR 440/04 - juris). Im Ergebnis führt die Prüfung gemessen an den Wertungen des Artikel 3 GG nicht zu anderen Maßstäben, als sie im Falle einer unmittelbaren Grundrechtsbindung heranzuziehen wären. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes folgt nicht allein aus einer Ungleichbehandlung vergleichbarer Fallgruppen die Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes. Vielmehr setzt ein darauf bezogener Verstoß voraus, dass die Ungleichbehandlung nicht in ausreichendem Maße gerechtfertigt werden kann. Speziell für Tarifvertragsparteien muss dem durch Artikel 9 Abs. 3 GG geschützten Grundrechtsbereich der Tarifautonomie Rechnung getragen werden. Wegen der Hauptaufgabe der Tarifvertragsparteien, die Entlohnung und die übrigen materiellen Arbeitsbedingungen festzulegen, wird ihnen allgemein eine Einschätzungsprärogative in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und die getroffenen Interessen zugestanden. Sie sind nicht dazu verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen (BAG, Urteil vom 18.01.2001, Az.: 6 AZR 492/99 - AP BAT § 52 Nr. 8; BAG, Urteil vom 30.07.1992, Az.: 6 AZR 11/92 - BAGE 72, 68, 75).

b)

Gemessen an dem vorstehend aufgezeigten Prüfungsmaßstab sind die anzuwendenden Tarifnormen rechtlich nicht zu beanstanden. §§ 5 Abs. 1 und Abs. 2, 11 TVÜ-VKA tragen dem bereits hervorgehobenen Zweck, familienbezogene Entgeltbestandteile durch eine stärkere Betonung des Leistungsprinzipes zu ersetzen, Rechnung. Diese Regelung entspricht der Tarifautonomie gemäß Artikel 9 Abs. 3 GG.

Soweit die Tarifvertragsparteien für die Bemessung des Vergleichsentgeltes auf das im September 2005 bezogene Einkommen abstellen, handelt es sich um eine sogenannte Stichtagsregelung, welche gemäß Artikel 3 GG nicht zu beanstanden ist. Stichtagsregelungen sind Typisierung in der Zeit. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Stichtagsregelungen Ausdruck einer gebotenen pauschalierten Betrachtung. Sie sind aus Gründen der Praktikabilität ungeachtet der damit verbundenen Härten zur Abgrenzung des begünstigten Personenkreises gerechtfertigt, wenn sich die Wahl der Stichtagsregelung am gegebenen Sachverhalt orientiert und demnach vertretbar ist (BAG, Urteil vom 25.06.2003, Az.: 4 AZR 405/02 - BAGE 106, 374; BAG, Urteil vom 21.04.2005 a.a.O., LAG Niedersachsen, Urteil vom 08.08.2007, Az.: 2 Sa 1768/06 E - nicht veröffentlicht).

Dem entspricht die maßgebliche tarifvertragliche Regelung. Etwaige Härten werden sogar durch die Besitzstandsregelung des § 11 ausgeglichen.

Einzelfallbezogen ist auf das Argument des Berufungsführers, er werde dadurch bestraft, dass er Vater eines Sohnes ist, der zum Wehrdienst herangezogen werde, wohingegen ein Vater eines Mädchens bessergestellt werden würde, folgendes anzumerken: Auch den Vater einer Tochter kann es genauso treffen, wie vorliegend den Kläger. Es erscheint generell und abstrakt möglich, dass infolge einer kurzfristigen Aufnahme von Erwerbstätigkeit der Tochter im Monat September 2005 der erhöhte Ortszuschlag der Stufe II in Fortfall gerät und nach Änderung der persönlichen Verhältnisse dieser Tochter zwar Unterhaltsverpflichtung, Kindergeldbezug und mithin die kinderbezogenen Entgeltbestandteile wieder aufleben, nicht jedoch der erhöhte Ortszuschlag der Stufe II. Das sehr pointiert dargebrachte Argument des Berufungsführers ist mithin sachlich unzutreffend.

C.

Der Kläger hat als unterlegene Partei gemäß § 97 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen. Die Zulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Insoweit bejaht das Berufungsgericht - ebenso wie zuvor das Urteil des LAG Niedersachsen vom 08.08.2007, Az.: 2 Sa 1768/06 E - das Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache.

Ende der Entscheidung

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