Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 22.01.2007
Aktenzeichen: 5 Sa 626/06
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, MuSchG, KSchG


Vorschriften:

ArbGG § 9 Abs. 5
ArbGG § 66 Abs. 1 S. 2
ZPO § 520 Abs. 3 Nr. 2
MuSchG § 9 Abs. 1 S. 1
KSchG § 4 Satz 1
KSchG § 4 Satz 4
KSchG § 1 a Abs. 1 S. 1
Nach der ab dem 01.01.2004 geltenden Rechtslage muss eine Arbeitnehmerin ihre Schwangerschaft binnen zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitteilen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG) und zusätzlich innerhalb von drei Wochen nach diesem Zeitpunkt Kündigungsschutzklage erheben (§ 4 Satz 1 KSchG). § 4 Satz 4 KSchG, wonach die Drei-Wochen-Frist erst ab Bekanntgabe der Zustimmungsentscheidung der Behörde an die schwangere Arbeitnehmerin in Gang gesetzt wird, gilt nur für den Fall, dass die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber die Schwangerschaft zuvor mitgeteilt hat. Kannte die Arbeitnehmerin den Umstand der Schwangerschaft im Kündigungszeitpunkt hingegen selbst nicht, eröffnet ihr § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG die Möglichkeit, binnen zwei Wochen ab Kenntnis die nachträgliche Zulassung der Klage zu beantragen.
LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 Sa 626/06

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2007 durch

den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Dr. Kiel, den ehrenamtlichen Richter Herrn Renneberg, den ehrenamtlichen Richter Herrn Bachmann

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 17.11.06 - 6 Ca 371/05 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung. Hilfsweise begehrt die Klägerin die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 17.385,04 €.

Die am 23.06.1967 geborene Klägerin arbeitete seit dem 01.01.1995 bei der Beklagten als Verkaufs- und Veranstaltungsleiterin gegen eine Bruttomonatsvergütung von 2.812,11 € zuzüglich einer Provision. Im Betrieb der Beklagten sind regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt.

Im Frühjahr 2005 trat bei der Klägerin eine Schwangerschaft ein, die sie der Beklagten zunächst nicht mitteilte. Mit Schreiben vom 30.06.2005, über dessen Zugang die Parteien streiten, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.10.2005. Ausweislich einer von dem Boten P. unterzeichneten Bestätigung wurde das Kündigungsschreiben am 30.06.2006 um 9:20 Uhr in den Hausbriefkasten geworfen. Die Fa. C. stellte der Beklagten Kosten für eine Zustellung am 30.06.2005 in Rechnung. Auf diese Urkunden wird Bezug genommen.

Das Kündigungsschreiben vom 30.06.2006 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

" ... Die Kündigung erfolgt aus dringenden betrieblichen Erfordernissen. Wir bieten Ihnen für den Fall, dass Sie gegen diese Kündigung keine Kündigungsschutzklage innerhalb der gesetzlichen Frist von 3 Wochen erheben, gemäß § 1 a KSchG die Zahlung einer Abfindung, berechnet auf der Grundlage eines halben Gehaltes pro Beschäftigungsjahr, an. Die Abfindung beläuft sich in Ihrem Fall auf fünf Bruttogehälter.

§ 1 a KSchG hat folgenden Wortlaut: ..."

Unter dem vom 07.07.2005 schrieb der damalige Bevollmächtigte der Beklagten auszugsweise folgendes:

"1. Das Kündigungsschreiben ging Frau A. am 01.07.2005 zu. Die Kündigung kann daher frühestens zum 30.11.2005 greifen.

2. Im Übrigen ist die Kündigung unwirksam, weil Frau A. schwanger ist und dies im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits war. Insoweit verweise ich auf die als Anlage 1 beigefügte Bescheinigung der Frau Dr. R..

3. Ungeachtet des Vorstehenden kann sich Frau A. eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorstellen. Sie ist jedoch nicht bereit, das Arbeitsverhältnis nach Maßgabe der von Ihnen angebotenen Abfindung gemäß § 1 a KSchG zu beenden."

In der Bescheinigung der Ärztin Dr. R. heißt es:

"Entbindungstermin ist der 27.02.2006. Letzter Arbeitstag: 15.01.2006".

In einem Telefonat mit dem Ehemann der Geschäftsführerin am 08.07.2005 forderte der damalige Bevollmächtigte der Klägerin von der Beklagten einen Betrag in Höhe von 30.000,00 € als Abfindung.

Dieses Angebot lehnte die Beklagte am 12.07.2005 (Zugang des undatierten Schreibens) ab und erklärte zusätzlich folgendes:

"Da Frau A. zum Zeitpunkt des Zugangs unserer Kündigung am 30.06.2005 um 9:20 Uhr bereits, wie von Ihnen nachgewiesen, schwanger war, verstößt unsere Kündigung gegen § 9 MuSchG, so dass sie nichtig ist.

Nur rein vorsorglich teilen wir Ihnen daher mit, dass wir aus der Kündigung vom 30.06.2005 keine Rechte gegenüber Frau A. mehr herleiten und somit die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen anbieten.

Wir fordern Frau A. auf, nach dem Ende der derzeit bestehenden Arbeitsunfähigkeit ihre Arbeit zu den ihr bekannten Arbeitszeiten im Hotel P. wieder aufzunehmen."

In den folgenden Tagen kam eine Verständigung über die Zahlung einer Abfindung und deren Höhe nicht zustande. In einem Telefonat am 19.07.2005 meldete sich der jetzige Prozessbevollmächtigte für die Klägerin bei der Geschäftsführerin der Beklagten, die ihn an ihren Ehemann verwies. Diesem gegenüber reduzierte der Prozessbevollmächtigte die Abfindungsforderung auf 25.000,00 € und erklärte, er müsse bis Donnerstag Klage erheben, falls man sich heute nicht einige. Der Ehemann der Geschäftsführerin lehnte ab.

Unter dem 27.07.2005 schrieb die Beklagte an die vorherigen Bevollmächtigten der Klägerin, sie fühle sich nach Ablauf von mehr als zwei Wochen an das Angebot vom 11.07.2005, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, nicht mehr gebunden. Sie sehe die Annahmefrist des § 147 BGB als verstrichen an. Damit stehe fest, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.10.2005 sein Ende finden werde. Eine Kündigungsschutzklage sei von der Klägerin nicht innerhalb der Frist des § 4 KSchG eingereicht worden.

Die früheren Bevollmächtigten der Klägerin antworteten, sie betrachteten das Schreiben nach der Erklärung vom 12.07.2005 als unbeachtlich.

Am 05.08.2005 hat die Klägerin Kündigungsschutzklage erhoben und hilfsweise die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 17.385,04 € verlangt.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 30.06.2005 am 01.07.2005 erhalten. Sie hat den Standpunkt eingenommen, unbeschadet der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG Kündigungsschutzklage erheben zu können. Die Kündigung habe der behördlichen Zustimmung bedurft. Eine Kündigung ohne Zulässigkeitserklärung setze den Lauf der Dreiwochen-Frist nicht in Gang, § 4 Satz 4 KSchG.

Die Klägerin hat ferner die Ansicht vertreten, dass ihr für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedenfalls die Zahlung einer Abfindung zustehe, die ihr von der Beklagten mit Schreiben vom 30.06.2005 angeboten worden sei.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 30.06.2005 nicht aufgelöst worden ist,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, an sie per 01.01.2005 17.385,04 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, das Kündigungsschreiben sei der Klägerin am 30.06.2005 gegen 9:20 Uhr durch Einwurf des Fahrradkuriers P. in deren Hausbriefkasten zugestellt worden. Sie hat die Ansicht vertreten, das Arbeitsverhältnis habe zum 31.10.2005 geendet. Die Kündigung sei nach § 7 KSchG wirksam, nachdem die Klägerin nicht nach § 4 Satz 1 KSchG binnen 3 Wochen Kündigungsschutzklage erhoben habe.

§ 4 Satz 4 KSchG gelte nur für Fälle, in denen eine Schwangerschaft dem Arbeitgeber bekannt sei. Einem Arbeitgeber, der von der Schwangerschaft keine Kenntnis habe, sei es aber verwehrt, eine Zulässigkeitserklärung der Behörde einzuholen. Folglich könne sich eine Arbeitnehmerin, die um ihre Schwangerschaft wisse, nicht auf Satz 4 berufen, sondern müsse innerhalb von 3 Wochen nach Kündigungszugang Klage erheben.

Die Beklagte hat ferner den von der Klägerin hilfsweise verfolgten Abfindungsanspruch als unbegründet angesehen. Das mit der Kündigung vom 30.06.2005 unterbreitete Abfindungsangebot sei von ihr mit Schreiben vom 07.07.2005 abgelehnt worden. Eine Einigung auf der Basis des Gegenangebotes vom 08.07.2005 sei nicht zu Stande gekommen. Spätestens die Erhebung der Kündigungsschutzklage stehe einem Anspruch nach § 1 a KSchG entgegen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 17.11.2005, auf dessen vollständige Begründung ergänzend Bezug genommen wird, abgewiesen und diese Entscheidung im Wesentlichen mit folgenden Erwägungen begründet:

Der auf Feststellung gerichtete Hauptantrag sei unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die mit Schreiben vom 30.06.2005 erklärte Kündigung mit Ablauf des 31.10.2004 geendet habe. Die Kündigung gelte, unabhängig von dem Zeitpunkt ihres Zugangs, nach § 7 KSchG zu diesem Zeitpunkt als wirksam. Die Klägerin habe die Kündigungsschutzklage vom 05.08.2005 jedenfalls erst nach Ablauf der Dreiwochen-Frist des § 4 KSchG erhoben. Seit der Neufassung des § 4 Sätze 1 und 2 KSchG sowie der Einfügung des § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG durch das am 01.01.2004 in Kraft getretene Arbeitsmarktreformgesetz müsse eine schwangere Arbeitnehmerin binnen 3 Wochen ab Kündigungszugang Klage erheben, um ihre Rechte aus § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG zu wahren. Mit der Rechtsauffassung der Beklagten geht das Arbeitsgericht davon aus, § 4 Satz 4 KSchG, wonach die Dreiwochen-Frist zur Anrufung erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den "Arbeitnehmer" laufe, erfasse nicht den Fall einer werdenden Mutter, die um ihre Schwangerschaft nicht wisse oder ihr Wissen entgegen der Obliegenheit aus § 5 Abs. 1 Satz 1 MuSchG nicht mitteile. In beiden Fällen könne der Arbeitgeber die nötige behördliche Zustimmung nicht beantragen. Anderenfalls könnten die Wirkungen des § 7 KSchG praktisch nicht eintreten. Die Neufassung des § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG verdeutliche, dass § 9 Abs. 1 MuSchG kein absolutes Kündigungsverbot (mehr) enthalte. Anderenfalls sei die Vorschrift überflüssig.

Die Parteien hätten das Arbeitsverhältnis nicht einvernehmlich über den 31.10.2005 hinaus fortgesetzt. Soweit die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 12.07.2005 mitgeteilt habe, sie leite aus der Kündigung keine Rechte mehr her, sei das darin liegende Fortsetzungsangebot von der Klägerin nicht innerhalb der Frist des § 147 BGB angenommen worden, und zwar weder ausdrücklich noch konkludent. Die in dieser Zeit geführte Korrespondenz der Parteien über eine Abfindung schließe die - bedingungsfeindliche - Annahme des Fortsetzungsangebotes aus.

Der hilfsweise gestellte Zahlungsantrag sei unbegründet, nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 07.07.2005 mitgeteilt habe, sie sei nicht bereit, das Arbeitsverhältnis nach Maßgabe der von der Beklagten angebotenen Abfindung zu beenden. Die Abfindungsverpflichtung erlösche im Fall einer ausdrücklichen Ablehnung des Angebots.

Das Urteil vom 17.11.2005 ist der Klägerin am 30.06.2006 zugestellt worden. Dagegen richtet sich ihre Berufung vom 18.04.2006. Am 15.05.2006 hat die Klägerin gerügt, dass das Urteil nicht innerhalb der 5-Monats-Frist abgefasst sei. Nach Zustellung des Urteils hat sie die Berufung mit Schriftsatz vom 31.07.2006 ergänzend begründet. Die Klägerin meint, sie habe sich ohne die Urteilsbegründung nicht mit den Urteilsgründen erster Instanz auseinandersetzen können. Dies ergebe sich bereits aus der Ausführlichkeit des Urteils.

Die Klägerin vertieft zur Begründung ihres Kündigungsschutzantrags ihre erstinstanzliche Rechtsauffassung, dass die Kündigungsschutzklage mangels behördlicher Zustimmung nach § 4 Satz 4 KSchG nicht verfristet und die Zustimmungsfiktion des § 7 KSchG daher nicht eingetreten sei. Zusätzlich nimmt sie den Standpunkt ein, selbst wenn § 4 Abs. 4 KSchG keine Anwendung fände, beginne der Lauf der Dreiwochen-Frist erst mit der Mitteilung der Schwangerschaft, für die der Klägerin gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG zwei Wochen ab Zugang der Kündigung zur Verfügung stünden.

Außerdem meint die Klägerin, die Kündigungsschutzklage habe jedenfalls nachträglich zugelassen werden müssen. Sie habe durch ihr Verhalten zu erkennen gegeben, gegebenenfalls die Zulassung der verfristeten Klage zu begehren. Die Forderung nach einer höheren Abfindung könne nicht dahin verstanden werden, dass sie auf das Arbeitsverhältnis und auf eine Abfindung verzichten wolle, wenn keine Einigung erzielt werde.

Der Zulassungsantrag sei auch begründet, weil sie die Klagefrist unverschuldet habe verstreichen lassen. Die Erklärung der Beklagten, aus der Kündigung keine Rechte herleiten zu wollen, sei als Angebot eines "pactum de non petendo" für die Dauer der Abfindungsverhandlungen zu verstehen, auf das sie sich eingelassen habe. Nachdem sich die Beklagte davon unmittelbar nach Ablauf der Dreiwochen-Frist in treuwidriger Weise gelöst habe, habe am 27.07.2005 die Frist für die nachträgliche Zulassung zu laufen begonnen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover - 6 Ca 371/05 - vom 17.11.05, zugestellt am 30.06.06, abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 30.06.05 nicht aufgelöst worden ist

sowie hilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, an sie per 01.11.05 17.385,04 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und hinsichtlich des Hilfsantrags,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Die Beklagte hält die Berufung bereits für unzulässig. Sie meint, nach den ausgiebigen Erörterungen in der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz habe sich die Klägerin ohne weiteres innerhalb von 7 Monaten nach Urteilsverkündung mit den hypothetischen Entscheidungsgründen auseinandersetzen können und müssen.

Im Übrigen sieht die Beklagte die Berufung insgesamt als unbegründet an und verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie habe die Kündigung ausgesprochen und dabei nicht gewusst, dass die Klägerin schwanger sei. Eine nachträgliche Genehmigung der bereits ausgesprochenen Kündigung sei nicht möglich. Deshalb habe sie auf die Mitteilung der Schwangerschaft erklärt, aus der Kündigung keine Rechte herzuleiten. Darin liege ein Angebot auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, das die Klägerin nicht angenommen, sondern stattdessen um eine höhere Abfindung verhandelt habe. Um danach ihre Rechte auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu wahren, habe sie nach § 4 Satz 1 KSchG bis zum 21.07.2006 Kündigungsschutzklage erheben müssen. § 4 Satz 4 KSchG finde auf Schwangere keine Anwendung. Arbeitnehmerinnen billige § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG die Möglichkeit der nachträglichen Zulassung der Klage zu, falls sie aus von ihnen zu vertretenden Gründen erst nach dem Ablauf der Frist von § 4 Satz 1 KSchG von ihrer Schwangerschaft erfahren habe. Die Regelung sei überflüssig, wenn § 4 Satz 4 KSchG zu einer dauerhaften Hemmung der Dreiwochen-Frist führe.

Einen Antrag auf nachträgliche Zulassung habe die Klägerin innerhalb der gesetzlichen Frist ebenfalls nicht gestellt. Allein die Tatsache einer verspäteten Klageerhebung reiche nicht aus.

Ein Abfindungsanspruch bestehe ebenfalls nicht. Der Hilfsantrag sei unzulässig. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Berufungsbegründungsfrist erst mit Zustellung des Urteils beginne, habe die Klägerin innerhalb der Frist nicht dargelegt, woraus sich die nach § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO geforderte Rechtsverletzung ergebe. Ungeachtet dessen bestehe kein Anspruch nach § 1 a KSchG, nachdem die Klägerin Klage erhoben habe. Schon bei einem Antrag auf nachträgliche Zulassung nach § 5 KSchG erlösche der Abfindungsanspruch, selbst wenn der Antrag später zurückgewiesen werde. Entsprechendes gelte für die verspätet erhobene Klage.

Wegen des weiteren Sach- und Rechtsvortrags wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die bezüglich des Feststellungsantrags zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

1. Soweit die Klägerin ihren Kündigungsschutzantrag weiter verfolgt, ist die Berufung zulässig.

a) Entgegen der Rechtslage vor der ZPO-Reform ist die 12-Monats-Frist des § 9 Abs. 5 ArbGG bei nicht erfolgter Zustellung des arbeitsgerichtlichen Urteils im Rahmen der Berufungsfrist nicht mehr anwendbar. § 66 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, wonach die Fristen für Berufung und Begründung mit Zustellung des abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten seit der Verkündung zu laufen beginnen, stellt eine Spezialvorschrift zu § 9 Abs. 5 ArbGG dar. Fehlt es an der Zustellung eines vollständig abgefassten Urteils eines Arbeitsgerichts, endet die Berufungsfrist folglich sechs Monate und die Berufungsbegründungsfrist sieben Monate nach Verkündung.

Grundsätzlich bedarf es auch keiner Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidungsgründe, um die Berufung ordnungsgemäß zu begründen. Es reicht die Auseinandersetzung mit den hypothetischen Entscheidungsgründen aus, um den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO zu genügen. Nur wenn dies nicht möglich ist, kann mit der Berufung angegriffen werden, dass das arbeitsgerichtliche Urteil nicht mit Gründen versehen ist (GmS OGB 27.04.1993 - GmS-OGB 1/92 - AP ZPO § 551 Nr. 21 = EzA ZPO § 551 Nr. 1; BAG 28.10.2004 - 8 AZR 492/03 - AP Nr 29 zu § 66 ArbGG 1979 = EzA § 66 ArbGG 1979 Nr 38).

b) Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze sieht das Gericht die am 18.04.2006 (Dienstag nach Ostern) rechtzeitig binnen 6 Monaten eingelegte Berufung der Klägerin als zulässig an, selbst wenn diese erst am 31.07.2006 und damit über 8 Monate nach der Verkündung begründet ist. Das Urteil vom 17.11.2005 ist der Klägerin erst am 30.06.2006 zugestellt worden, also über 7 Monate nachdem es vom Arbeitsgericht verkündet worden ist.

Es genügt im vorliegenden Fall allerdings ausnahmsweise, dass die Klägerin am 15.05.2006 gerügt hat, dass das Urteil nicht innerhalb der 5-Monats-Frist abgefasst sei. Eine den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO entsprechende hypothetische Auseinandersetzung mit den Gründen war angesichts der ungeklärten Rechtsfrage der Dreiwochen-Frist bei Schwangerschaft und der verschiedenen Erklärungen der Parteien zu der Kündigung vom 30.06.2005 nicht möglich. Das Protokoll über die Güteverhandlung kennzeichnet nur das entscheidungserhebliche Rechtsproblem. Es enthält aber keinen Hinweis auf den Lösungsweg des Gerichts. Das Urteil ist ausweislich der Sitzungsniederschrift in Abwesenheit der Parteien verkündet worden. Die Klägerin wäre darauf verwiesen, ihre erstinstanzliche Argumentation zu wiederholen, ohne diese auf die rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichts zuschneiden zu können. Eine hypothetische Berufung hätte damit ihren Zweck nicht erreichen können. Sie kann deshalb nicht gefordert werden.

2. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

a) Die Kündigung vom 30.06.2005 gilt von Anfang an als wirksam, § 7 KSchG. Die Klägerin hat nicht innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG geltend gemacht, eine rechtswirksame Kündigung liege nicht vor. Die Kündigungsschutzklage ist beim Arbeitsgericht am 05.08.2005 eingegangen und damit über drei Wochen nach Zugang der Kündigung, und zwar gleich, ob dieser am 30.06.2005 oder erst am darauf folgenden Tage erfolgt ist.

Nach der ab dem 01.01.2004 geltenden Rechtslage genügt es nicht mehr, dass die Arbeitnehmerin ihre Schwangerschaft dem Arbeitgeber nach § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG binnen zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitteilt. Sie muss vielmehr nach neuem Recht zusätzlich innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage erheben (LAG Baden-Württemberg 15.08.2006 - 12 Ta 6/06). § 4 Satz 4 KSchG hebt die Klagefrist nicht auf. Soweit die Kündigung der Zustimmung der Behörde bedarf, läuft die Frist nach dem Wortlaut dieser Vorschrift zwar erst ab Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer (bzw. an die schwangere Arbeitnehmerin). Diese Norm ist allerdings teleologisch zu reduzieren für den Fall, dass die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft vor Ausspruch der Kündigung nicht mitteilt. Hier besteht kein Schutzbedarf, weil der schwangeren Arbeitnehmerin klar war, dass der Arbeitgeber kein Zustimmungsverfahren in Gang setzen konnte (ErfK/Kiel, 7. Aufl. § 4 Rn. 16 c; Schmidt NZA 2004, 79, 80).

Um die schwangere Frau dennoch hinreichend zu schützen, sieht § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG in der ab dem 01.01.2004 geltenden Fassung des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (Bundes-Gesetzblatt I/3002 f) einen besonderen Grund für die nachträgliche Zulassung der Klage vor, wenn eine Frau von ihrer Schwangerschaft aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund erst nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist Kenntnis erlangt hat. Diese Vorschrift steht im inhaltlichen Zusammenhang mit § 9 Abs. 1 MuSchG, wonach eine schwangere Frau binnen zwei Wochen ab Zugang der Kündigung eine ihr bekannte Schwangerschaft dem Arbeitgeber offenbaren muss, wenn sie sich auf den besonderen Kündigungsschutz des Mutterschutzgesetzes berufen will. Diese Vorschrift privilegiert die schwangere Arbeitnehmerin, der die tatsächlichen Umstände für den besonderen Kündigungsschutz unbekannt ist. Sie findet ihre Rechtfertigung in Art. 6 Abs. 4 des Grundgesetzes: "Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft" (LAG Baden-Württemberg 15.08.2006 - 12 Ta 6/06).

§ 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG wäre indes überflüssig, wenn sich die schwangere Arbeitnehmerin nach § 4 Satz 4 KSchG bis zur Grenze der Verwirkung auf eine ihre fehlende Kenntnis von den Umständen des Sonderkündigungsschutzes berufen könnte.

Dass diese Auslegung der Intention des Gesetzes entspricht, hat das BAG im Urteil vom 12.01.2006 (2 AZR 539/05 - NZA 2006, 1035 = EzA § 85 SGB IX Nr. 5) angedeutet: "Ein Arbeitnehmer, der demgegenüber dem Arbeitgeber einen Monat nach Zugang der Kündigung seine Schwerbehinderung mitteilt und zugleich Klage erhebt, hätte zwar die Monatsfrist eingehalten; die Kündigung wäre aber trotzdem wegen Versäumung der Frist des § 4 KSchG wirksam (so zutreffend Etzel FS Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltsverein 2006, S. 241, 254). Sinnvoll wäre es, wenn der Gesetzgeber möglichst gleichlautende Fristen für die Mitteilung der Schwangerschaft nach dem MuSchG als auch für die Mitteilung der Schwerbehinderung regeln würde." In allen Fällen muss also Klage binnen drei Wochen erhoben werden.

b) Die Kündigungsschutzklage ist nicht nachträglich zuzulassen.

Die Klägerin hat einen Antrag auf nachträgliche Zulassung erstmals mit der Berufungsbegründung am 31.07.2006 gestellt, und damit weit außerhalb der Zweiwochen-Frist des § 5 Abs. 3 KSchG.

Das Hindernis war mit ihrer eigenen Mitteilung der Schwangerschaft im Schreiben vom 07.07.2005 behoben.

Selbst wenn man aber den Antrag auf nachträgliche Zulassung in dem Schreiben vom 27.07.2005 sieht, mit dem die Beklagte ihr Angebot auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zurücknimmt, ist der Antrag bei Weitem verfristet. Denn in der verspäteten Klageerhebung liegt kein konkludenter Antrag auf nachträgliche Zulassung. An den Antrag sind zwar keine hohen Anforderungen zu stellen. Zumindest muss aber das Begehren der nachträglichen Zulassung deutlich werden, z.B. indem Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt wird oder sich in der Begründung entsprechende Ausführungen finden (vgl. ErfK/Kiel § 5 KSchG Rn. 18 mwN). Hierfür besteht im vorliegenden Fall jedoch kein Anhaltspunkt. Im Gegenteil hat die Klägerin ursprünglich die (unzutreffende) Rechtsauffassung vertreten, wonach die Klage nach § 4 Satz 4 KSchG rechtzeitig erhoben sei und damit gerade nicht die Zulassung einer verfristeten Klage beantragt.

c) Die Parteien haben die Kündigung vom 30.06.2005 auch nicht einverständlich aufgehoben.

Soweit die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 12.07.2005 mitgeteilt hat, sie leite aus der Kündigung keine Rechte mehr her, liegt darin das Angebot auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber kann eine zugegangene Kündigung nicht einseitig zurücknehmen (BAG 17.04.1986 - 2 AZR 308/95 - AP BGB § 615 Nr. 40; ErfK/Müller-Glöge § 620 BGB Rn. 69; APS/Ascheid, 2. Aufl., § 4 KSchG Rn. 126). Die Rücknahme ist selbst dann nicht einseitig möglich, wenn der Arbeitgeber zugleich erklärt, er halte die Kündigung für unwirksam (ErfK/Kiel § 4 KSchG Rn. 73). Die Klägerin hatte damit zu diesem Zeitpunkt die Wahl: Sie konnte einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zustimmen oder die Kündigungsfrist verstreichen lassen und von der Abfindungsoption nach § 1 a KSchG Gebrauch machen.

Ein Angebot auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitnehmer ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten annehmen (weitergehend APS/Ascheid § 4 KSchG Rn. 127: auch stillschweigend). Erklärt er sich aber nicht und erhebt er auch keine Klage nach § 4 KSchG, gilt die Kündigung in jedem Fall nach § 7 KSchG als wirksam (ErfK/Kiel § 4 KSchG Rn. 74 mwN.; APS/Ascheid § 4 KSchG Rn. 129). Das schriftliche Angebot auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses kann nach § 147 Abs. 2 BGB nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Der Antrag erlischt nach § 146 BGB, wenn er abgelehnt oder nicht diesem gegenüber nach den §§ 147 bis 149 rechtzeitig angenommen wird. Mit dem Erlöschen verliert der Antrag seine rechtliche Bindung.

Die Klägerin hat auf das Angebot der Beklagten, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, vom 12.07.2007 (Schreiben unter Datum vom Vortage) nicht reagiert. Sie hat stattdessen um eine höhere Abfindung verhandelt. Noch am 19.07.2005 hat ihr Prozessbevollmächtigter von der Beklagten eine Abfindung von 25.000,00 € gefordert. Die Forderung einer erhöhten Abfindung beinhaltet die Ablehnung des Angebotes auf Fortsetzung des Vertrages. Zudem konnte die Klägerin nicht damit rechnen, dass die Beklagte ihr Angebot über die Dreiwochen-Frist, also über den 27. bzw. 28.07.2006 hinaus, aufrechterhält. Die Ankündigung einer Klage für den Fall der Nichteinigung über die Abfindung führt nicht zum Abschluss eines Fortsetzungsvertrages für den Fall der Nichteinigung über eine Abfindung. Dies nämlich hatte die Beklagte nicht angeboten.

d) Das Arbeitsverhältnis hat mit Ablauf des 31.10.2005 geendet.

aa) Die Fiktionswirkung des § 7 KSchG erstreckt sich zwar nicht auf die Geltendmachung der zutreffenden Kündigungsfrist. Die unzutreffende Berechnung der Frist macht die ordentliche Kündigung nicht insgesamt unwirksam (BAG 15. 12. 2005 NZA 2006, 791; 09. 02. 2006 AP KSchG 1969 § 4 Nr. 56). Die Klägerin konnte sich folglich auch noch nach Ablauf der Dreiwochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG auf die Nichteinhaltung der nach ihrem Vortrag zutreffenden Frist berufen.

bb) Allerdings hat die Beklagte die Kündigungsfrist eingehalten.

Bei einer Betriebszugehörigkeit von mehr als 10 Jahren ist nach § 622 Abs. 2 Ziffer 4 BGB eine Kündigungsfrist von vier Monaten zum Ende eines Kalendermonats zu wahren. Die Klägerin ist seit dem 01.01.1995 bei der Beklagten beschäftigt, so dass ihr nach dem 01.01.2005 nur mit dieser Frist gekündigt werden konnte.

Das Gericht muss davon ausgehen, dass das Kündigungsschreiben der Klägerin bereits am 30.06.2005 durch Einwurf in den Briefkasten ihrer Wohnung zugegangen ist (§ 130 BGB). Die Beklagte hat ihre Behauptung, das Kündigungsschreiben sei am 30.06.2006 um 9:20 Uhr durch den Boten P. in den Hausbriefkasten geworfen worden, durch Vorlage einer entsprechenden schriftlichen Zustellbestätigung substantiiert behauptet. Dabei hat der Bote auf Seite 2 einer Kopie des Kündigungsschreibens vermerkt: "Original gelesen und vermerkt". Zusätzlich hat die Beklagte eine Rechung der Fa. C. über eine Zustellung am 30.06.2005 überreicht. Vor diesem Hintergrund hätte die Klägerin konkret vortragen müssen, auf welche Weise ihr wann das Kündigungsschreiben zugegangen ist. Das ist unterblieben.

3. Die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung des Abfindungsanspruchs ist ebenfalls unbegründet, wobei dahinstehen kann, ob sie überhaupt zulässig ist. Zweifel daran bestehen, weil die Klägerin im Berufungsverfahren die Auffassung vertritt, die Klage sei nachträglich zuzulassen; auf eine Begründung des Abfindungsanspruchs verzichtet sie vollständig.

a) Der Anspruch auf eine Abfindung nach § 1 a Abs. 1 Satz 1 KSchG setzt voraus, dass der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG kündigt und der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 KSchG keine Klage auf Feststellung erhebt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist.

Die einseitige Erklärung des Arbeitgebers ist rechtsgeschäftlicher Natur und bedarf keiner Annahme durch den Arbeitnehmer. Der Anspruch entsteht damit nicht durch Vertrag zwischen der Arbeitsvertragsparteien, sondern durch eine mit der Kündigung verbundene Erklärung des Arbeitgebers (§ 1 a Abs. 1 Satz 2 KSchG) und dem anschließenden prozessualen Verhalten des Arbeitnehmers, nämlich dem Verstreichenlassen der Klagefrist. Nach dem Sinn und Zweck des § 1 a KSchG ist der Anspruch auf Zahlung der Abfindung nicht bleibend entstanden, wenn die Klagefrist verstrichen ist, der Arbeitnehmer aber einen Antrag auf nachträgliche Zulassung stellt, und zwar unabhängig davon, ob der Antrag ohne Erfolg bleibt (ErfK/Ascheid/Oetker § 1a KSchG Rn. 7; Raab RdA 2005, 1, 9). Dasselbe gilt, wenn nachträglich doch noch um den dauerhaften Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gestritten wird. Der Tatbestand des § 1 a Abs. 1 KSchG ist für diese Fälle teleologisch zu reduzieren. Die durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt mit Wirkung ab 01.01.2004 geltende Regelung sollte angesichts der Tatsache, dass es in Kündigungsschutzprozessen häufig zu vergleichsweisen Regelungen mit Abfindungsvereinbarungen kommt, eine "einfach zu handhabende, moderne und unbürokratische Alternative zum Kündigungsschutzprozess" schaffen (Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucksache 15/1204).

b) Die Klägerin kann folglich die ihr zugesagte Abfindung nicht mehr beanspruchen, nachdem sie Kündigungsschutzklage erhoben hat, obwohl die Dreiwochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG bereits abgelaufen ist und sich ihre Rechtsauffassung, die Klage sei nach § 4 Satz 4 KSchG rechtzeitig erhoben worden, nach den Feststellungen unter I. der Gründe als fehlerhaft erwiesen hat.

II. Die Zulassung der Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung erfolgt.

Ende der Entscheidung

Zurück