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Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 03.11.2003
Aktenzeichen: 5 Sa 70/03 E
Rechtsgebiete: NGO, BAT/VKA


Vorschriften:

NGO § 5a
BAT/VKA Vergütungsgruppen V b Fallgruppe 1
BAT/VKA Vergütungsgruppen IV b Fallgruppe 1 a
BAT/VKA Vergütungsgruppen IV a Fallgruppe 1 b
1. Die Tätigkeit einer Frauenbeauftragten in einer niedersächsischen Samtgemeinde mit ca. 25.000 Einwohnern erfüllt in der Regel die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 b BAT/VKA.

2. Da die Frauenbeauftragte nach § 5a Abs. 5 NGO weisungsunabhängig arbeitet, entscheidet sie über die Schwerpunkte ihrer Arbeit mit dem Ziel der Gleichberechtigung (§ 5 a Abs. 4 NGO). Die Eingruppierung hängt deshalb nicht davon ab, welche Tätigkeiten ihr im Einzelnen mit welchen Zeitanteilen übertragen worden sind. Maßgelblich ist, in welchen Bereich sie in der Funktion der Frauenbeauftragten unter den konkreten Bedingungen der Stadt bzw. Gemeinde in ihrem Aufgabebereich Einfluss nehmen kann.


Landesarbeitsgericht Niedersachsen IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 Sa 70/03 E

Verkündet am: 3. November 2003

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 03.11.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Kiel und die ehrenamtlichen Richter Töhne und Gräber

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 29.11.2002 - 1 Ca 290/02 E - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin, die bei der Beklagten, einer Samtgemeinde mit ca. 25.000 Einwohnern, seit Oktober 2000 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Wochenstunden als hauptamtliche Frauenbeauftragte beschäftigt ist. Kraft einzelvertraglicher Bezugnahme findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den ihn ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge in dem Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) Anwendung.

Die Beklagte zahlt der Klägerin eine Vergütung nach Vergütungsgruppe V b BAT/VKA. Mit Schreiben vom 15.11.2001, bei der Beklagten am 16.11.2001 zugegangen, beantragte die Klägerin die rückwirkende Erhöhung der Arbeitsvergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT/VKA. Die Beklagte lehnte dieses Begehren ab.

Die Klägerin ist staatlich diplomierte Sozialpädagogin. Durch diese Ausbildung verfügt sie über breitgefächerte Kenntnisse im Bereich der Soziologie, des Rechts, der Pädagogik, Psychologie und Psychotherapie, in Teilbereichen der Sozialmedizin, der Verwaltung, Kriminologie und Medien. In einer dreijährigen berufsbegleitenden Weiterbildung erwarb sie die Qualifikation als systematische Familientherapeutin. Ferner absolvierte sie ein sechssemestriges Lehramtsstudium und verfügt dadurch über Kenntnisse der Pädagogik und Didaktik. Die Klägerin nahm an zahlreichen Fortbildungsveranstaltungen teil.

Bei der Beklagten nimmt die Klägerin die Aufgabe einer hauptamtlichen Frauenbeauftragten nach Maßgabe des § 5 a der Niedersächsischen Gemeindeordnung (NGO) wahr. Wegen der Einzelheiten der Beschreibung ihrer Tätigkeit wird auf Seite 9 bis 19 der Klageschrift sowie auf deren Anlagen K 12 bis K 17 Bezug genommen.

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin das Ziel der Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe IV a BAT/VKA weiter. Sie hat dazu die Auffassung vertreten, um die ihr übertragenen Aufgaben wahrnehmen zu können, benötige sie Kenntnisse und Fähigkeiten in besonderer Breite in den unterschiedlichen Bereichen des Rechts und der Gesellschaft. Sie müsse sich in alle Verwaltungsbereiche der Kommune einarbeiten. Ihre Tätigkeit reiche von der Mitwirkung bei Personalentscheidungen über die Einflussnahme auf Rats- und Ausschussarbeit bis zur konzeptionellen Arbeit, Öffentlichkeitsarbeit und Kontaktpflege. Diese Aufgaben erforderten Grundkenntnisse in den Methoden verschiedener Wissenschaftsdisziplinen (Politikwissenschaften, Soziologie, Erziehungswissenschaften, Jura, Psychologie, Sprachwissenschaften). Von ihr würden Rechtskenntnisse aus den Bereichen Arbeitsrecht, Ehe- und Familienrecht, Sozialhilferecht, Arbeitsförderungsrecht usw. erwartet. Für die Öffentlichkeitsarbeit seien publizistische Kenntnisse nötig. Die besondere Bedeutung ihrer Tätigkeit erschließe sich aus dem Verfassungsauftrag des Artikel 3 Absatz 2 Grundgesetz (GG). Ihre Tätigkeit sei nicht nur für die Beschäftigten der Beklagten, sondern auch für die Situation der Frauen in der Gemeinde von großer Tragweite.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie seit dem 01.04.2001 in die Vergütungsgruppe IV a BAT/VKA einzugruppieren und entsprechend zu vergüten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

und die von ihr vorgenommene Eingruppierung als tarifgerecht angesehen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 29.11.2002 stattgegeben, soweit der Anspruch nicht nach § 70 BAT verfallen ist. Dies betrifft die Zeit bis zum 31.05.2001. Ab dem 01.06.2001 könne die Klägerin Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT/VKA beanspruchen, weil die in einem einheitlichen Arbeitsvorgang zusammenzufassenden Tätigkeiten der Klägerin über die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a BAT/VKA die Heraushebungsmerkmale der darauf aufbauenden Fallgruppen IV b Fallgruppe 1 a BAT/VKA sowie IV a Fallgruppe 1 b BAT/VKA erfüllten. Die von der Klägerin wahrgenommene Aufgabe der Frauenbeauftragten erfülle nicht nur gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen im Sinne der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a BAT/VKA, sondern erweise sich als besonders verantwortungsvoll im Sinne der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a BAT/VKA. Das Maß der geforderten Verantwortung hebe sich in gewichtiger, beträchtlicher Weise aus den Anforderungen der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a BAT/VKA heraus, weil die Klägerin in ihrer Tätigkeit keiner fachlichen Kontrolle unterliege, was sich unmittelbar aus § 5 a Abs. 5 NGO ergebe. Auf Grund dieser gesetzlichen Stellung habe sie bei fehlender fachlicher Kontrolle jederzeit Einfluss auf das Verwaltungshandeln der Beklagten, indem sie in eigener Zuständigkeit die gleichstellungs- und frauenspezifischen Gesichtspunkte einbringe und hierfür generelle Richtlinien erarbeite, die von den zuständigen Personen zu beachten seien. Diese Tätigkeit erfordere eine hohe Richtigkeitsgewähr gegenüber der Verwaltung und dem betroffenen Personenkreis und setze ein entsprechend hohes Verantwortungsbewusstsein voraus. Darin liege eine Heraushebung gegenüber einer vergleichbaren "Normalverantwortung".

Darüber hinaus sieht das Arbeitsgericht die Merkmale der besonderen Schwierigkeit und Bedeutung im Sinne der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 b BAT/VKA als erfüllt an, weil der Erfahrungs- und Ausbildungshintergrund der Klägerin deutlich über das hinausgehe, was gründliche und umfassende Fachkenntnisse im Sinne der Vergütungsgruppe V b BAT/VKA fordere und nötig sei, um die dargestellten Aufgaben einer Frauenbeauftragten fachgerecht durchführen zu können. Die besondere Bedeutung der Tätigkeit sei zwar nicht allein mit dem Verfassungsauftrag des Artikel 3 Absatz 2 GG zu begründen. Jedoch ergebe sich die hervorgehobene Bedeutung der Tätigkeit der Klägerin daraus, dass deren Auswirkungen sich nicht nur auf Frauen erstreckten, die in der Stadtverwaltung beschäftigt seien oder sich dort um einen Arbeitsplatz bewerben würden, sondern auf sämtliche Einwohnerinnen der beklagten Gemeinde. Die von der Klägerin durchgeführten Projekte "Integration ausländischer Frauen" und "Reintegration in Arbeit langzeitarbeitsloser Frauen" sowie die Aktivitäten gegen den gerade in der beklagten Gemeinde verbreiteten Rechtsextremismus wirkten sich nachhaltig nicht nur auf die Teilnehmer derartiger Projekte, sondern auch auf die Stellung und das Ansehen der Beklagten insgesamt aus.

Das Urteil ist der Beklagten am 23.12.2002 zugestellt worden. Mit ihrer am 14.01.2003 eingelegten und innerhalb der entsprechend verlängerten Frist am 24.03.2003 begründeten Berufung verfolgt die Beklagte den Klageabweisungsantrag nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 24.03.2003 weiter, auf den wegen der Einzelheiten des Vortrages Bezug genommen wird. Die Berufung richtet sich insbesondere gegen die Feststellung, dass die Klägerin Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 b BAT/VKA habe. Die Beklagte meint, die Klägerin habe nicht vorgetragen, weshalb die fachlichen Anforderungen in gewichtiger, beträchtlicher Weise die bereits herausgehobenen Anforderungen der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a BAT/VKA überstiegen, die auf der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a aufbauten, welche bereits "umfassende" Fachkenntnisse voraussetzten. Ebenso sei nach dem Sachvortrag kein wertender Vergleich möglich, der den Schluss auf eine besondere Bedeutung der Tätigkeit zulasse. Diese sei nicht bereits aus dem Verfassungsauftrag aus Artikel 3 GG abzuleiten und lasse sich auch weder mit dem äußeren Erscheinungsbild der Gemeinde noch mit der Auswirkung auf verschiedene Bereiche der Samtgemeindeverwaltung begründen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 29.11.2002 - 1 Ca 290/02 E - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und verteidigt die angefochtene Entscheidung nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 28.04.2003, auf den wegen seines vollständigen Inhalts nebst Anlagen ebenfalls ergänzend Bezug genommen wird.

Sie ist der Auffassung, die besondere Schwierigkeit ihrer Tätigkeit ergebe sich ohne weiteres aus der Breite des geforderten fachlichen Wissens und Könnens. Ihr Sachvortrag lasse die besondere Vielschichtigkeit der Tätigkeit deutlich erkennen. Ein klar definiertes Aufgabenfeld sei ihr - der Klägerin - nicht übertragen worden. Es erstrecke sich vielmehr auf alle Verwaltungsbereiche der Kommune und reiche von der Mitwirkung bei Personalentscheidungen über die Einflussnahme auf Rats- und Ausschussarbeit. Die Tätigkeit sei konzeptionell ausgerichtet und umfasse Öffentlichkeitsarbeit sowie Kontaktpflege. Um dieses Spektrum abzudecken benötige sie Kenntnisse in den Methoden verschiedenster Wissenschaftsdisziplinen, insbesondere des Rechts. Für die Öffentlichkeitsarbeit, zu der es auch gehöre, Pressemitteilungen zu erarbeiten und herauszugeben sowie konzeptionelle Vorüberlegungen zur Gestaltung von Informationsmaterial anzustellen, benötige sie daneben publizistische Kenntnisse. Diese Tätigkeitsanforderungen kämen beispielsweise in dem von ihr koordienierten und entwickelten Konzept "Frau und Beruf" zum Ausdruck, über das in einer Broschüre für die Zeit vom 01.12.2000 bis 30.11.2002 berichtet werde. Hier habe sie zunächst eine umfangreiche Bestandsaufnahme der Lebens- und Berufungsbedingungen von Frauen in der Samtgemeinde fertigen müssen und auf Grund einer Analyse der örtlichen Situation ein umfassendes Konzept zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Frauen entwickelt. Ähnlich verhalte es sich mit der Initiative "H. Lernwelten", die ein von ihr entwickeltes Konzept zur Rückkehr von Frauen in den Beruf im Bereich T. mit ca. 400.000 € unterstütze, und von dem etwa 80 Frauen profitierten, die mit Hilfe von Praktika, Coaching und enger Kooperation mit der örtlichen Wirtschaft in den Arbeitsmarkt integriert werden sollten. Ähnliche Projekte beträfen das "Bündnis für eine lebenswerte Gemeinde". Dabei handele es sich um ein Diskussionsforum mit Politikern, in dem es insbesondere um die Auswirkungen von geplanten Sparmaßnahmen im Bereich der Kinderbetreuung gegangen sei. Die im Februar 2003 durchgeführte "Medien-Aktionswoche" habe u. a. eine Internet-Einführung für Ausländerinnen zum Gegenstand gehabt und sei mit großer Beteiligung durchgeführt worden. Für ausländische Mitbürgerinnen organisiere sie Sprachkurse, schaffe Kommunikationsforen wie z. B. den "Spanisch-Club" oder einen "Runden Tisch" und fördere deren Integration, beispielsweise durch das Bürgerfest "T. ist bunt". Sie organisiere Treffs für neue Bürgerinnen und führe Fragebogenaktionen zur Bedarfsermittlung einer Kinderbetreuung durch. Diese Projekte wirkten sich nicht nur nachhaltig auf deren Teilnehmer, sondern auch auf die Stellung und das Ansehen der beklagten Samtgemeinde insgesamt aus, so dass auch das Tarifmerkmal "Bedeutung" erfüllt sei.

Entscheidungsgründe:

Die teilweise zulässige Berufung ist insgesamt unbegründet.

I.

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist unzulässig, soweit die Beklagte in der Berufungsinstanz die Klageabweisung insgesamt weiterverfolgt und sich nicht nur gegen die festgestellte Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 b BAT/VKA wendet. Hinsichtlich der Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a BAT/VKA beschränkt sich die Beklagte auf den Vortrag, der für die Eingruppierung von Angestellten zuständige Samtgemeindeausschuss habe diese Eingruppierungsfeststellung abgelehnt. Darin liegt keine ausreichende Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung. Nach § 519 Abs. 3 Ziffer 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die bestimmte Bezeichnung der einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung sowie der neuen Tatsachen, Beweismittel und Beweiseinreden enthalten, die die Partei zur Rechtfertigung ihrer Berufung anzuführen hat. Von einer Begründung ist deshalb zu verlangen, dass sie auf den zur Entscheidung stehenden Streitfall zugeschnitten ist und erkennen lässt, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen das angefochtene Urteil unrichtig sein soll. Es reicht nicht aus, die vorinstanzliche Entscheidung als unzutreffend zu rügen. Zumindest ist es erforderlich, dass die Ausführungen diskutiert werden. Zielrichtung und Grund des Angriffs müssen kenntlich gemacht werden. Eine Auseinandesetzung mit den vorinstanzlichen Gründen erübrigt sich nur dann, wenn die Berufung ausschließlich auf neue Tatsachen und Beweise gestützt wird (Zöller/Gummer § 519 ZPO Rn. 35). Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

II.

Die im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 01.06.2001 in die Vergütungsgruppe IV a BAT/VKA einzugruppieren und entsprechend zu vergüten.

1.

Die Eingruppierung der Klägerin richtet sich nach der allgemeinen Vergütungsordnung der Anlage 1 a zum BAT/VKA, den die Parteien arbeitsvertraglich in Bezug genommen haben. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt davon ab, ob die Klägerin mit mindestens der Hälfte ihrer Arbeitszeit Arbeitsvorgänge zu bearbeiten hat, die die tariflichen Anforderungen der von ihr angestrebten Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 b BAT/VKA erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabsatz 2 -5 BAT).

In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung zur Eingruppierung von Gleichstellungs- bzw. Frauenbeauftragten ist das Arbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Tätigkeiten der Klägerin in ihrer Funktion als Frauenbeauftragte, die die gesamte Arbeitszeit ausfüllt, einen einzigen Arbeitsvorgang bilden (BAG 20.03.1991 - 4 AZR 471/90 - AP Nr. 156 zu §§ 22, 23 BAT 1975; 20.09.1995 - 4 AZR 413/94 - AP Nr. 205 zu §§ 22, 23 BAT 1975; 16.10.2002 - 4 AZR 579/01 - AP Nr. 294 zu § 22 BAT). Es ist Aufgabe der Klägerin als Frauenbeauftragte, für die Verwirklichung der Gleichberechtigung von Mann und Frau im Sinne des sich aus Artikel 3 Abs. 2 GG ergebenen Verfassungsauftrags zu sorgen. Sämtliche Tätigkeiten der Klägerin dienen dem Ziel, geschlechtsbezogene Benachteiligungen innerhalb der Samtgemeinde aufzudecken und für Abhilfe zu sorgen. Dieses Ziel ist in § 5 a Abs. 4 NGO gesetzlich konkretisiert.

Für die in diesem Arbeitsvorgang zusammengefassten Tätigkeiten kommt eine Eingruppierung nach folgenden Vergütungs- und Fallgruppen in Betracht:

Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a

Angestellte im Bürodienst, deren Tätigkeit gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordern.

Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a

Angestellte im Bürodienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a heraushebt, dass sie besonders verantwortungsvoll ist.

Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 b

Angestellte im Bürodienst, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a heraushebt.

2.

Die von der Klägerin in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 1 b BAT/VKA bauen auf der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a BAT/VKA auf, die wiederum die Erfüllung der Anforderungen der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a BAT/VKA voraussetzt.

Dass die Voraussetzungen hinsichtlich der Basisgruppe V b Fallgruppe 1 a BAT/VKA erfüllt sind, ist zwischen den Parteien unstreitig und vom Arbeitsgericht nach der insoweit erforderlichen und ausreichenden pauschalen Überprüfung zutreffend festgestellt worden. Für die in dem einheitlichen Arbeitsvorgang zusammengefassten Tätigkeiten benötigt die Klägerin gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen. Von ihr werden überdurchschnittliche Kenntnisse und Fähigkeiten sowie ein hohes Maß an Eigeninitiative und innovativen Handeln gefordert.

Auch hat das Arbeitsgericht richtig festgestellt, dass sich die Tätigkeiten der Klägerin im Sinne der Vergütungsgruppe IV Fallgruppe 1 b BAT/VKA als besonders verantwortungsvoll darstellen und deshalb aus der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a BAT/VKA herausheben. Dies wird von der Beklagten im Berufungsverfahren in der Sache auch nicht mehr in Abrede genommen. Die besondere Verantwortung ergibt sich daraus, dass sie nach § 5 a Abs. 5 NGO keinen fachlichen Kontrollen unterliegt und ihre Aufgaben für die in der Gemeinde beschäftigten sowie dort lebenden Frauen weisungsunabhängig nach Maßgabe des § 5 a NGO wahrnimmt.

3.

Die in dem Arbeitsvorgang zusammengefassten Tätigkeiten der Klägerin erfüllen auch die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe IV a Fallsgruppe 1 b BAT/VKA.

a)

Das gilt zunächst für das Merkmal der "Heraushebung durch besondere Schwierigkeit".

Danach muss sich die Tätigkeit angesichts der fachlichen Anforderungen in beträchtlicher, gewichtiger Weise gegenüber der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a BAT/VKA herausheben. Das Tätigkeitsmerkmal bezieht sich nach ständiger Rechtsprechung des BAG auf die fachliche Qualifikation des Angestellten. Verlangt wird ein Wissen und Können, das die Anforderungen der Vergütungsgruppe IV b BAT/VKA in gewichtiger Weise übersteigt. Diese erhöhte Qualifikation kann sich im Einzelfall aus der Breite und Tiefe des geforderten fachlichen Wissens und Könnens ergeben, aber auch aus außergewöhnlichen Erfahrungen oder sonstigen gleichwertigen Qualifikationen, etwa Spezialkenntnissen. Dabei muss sich die Schwierigkeit unmittelbar aus der Tätigkeit selbst ergeben, so dass diese nicht etwa deswegen als besonders schwierig im Tarifsinne angesehen werden kann, weil sie unter belastenden Bedingungen geleistet werden muss (BAG 20.09.1995 a. a. O. unter II. 4. c)aa) der Gründe).

In der Systematik des Eingruppierungsrechts stellt die Beurteilung der Tätigkeit von Frauenbeauftragten eine Besonderheit dar. Die Frauenbeauftragte arbeitet weisungsunabhängig (§ 5 a Abs. 5 NGO). Dies beinhaltet die Entscheidung, in welchen Bereichen sie die Schwerpunkte ihrer Arbeit mit dem Ziel der Gleichberechtigung der Frauen setzt (§ 5 a Abs. 4 NGO). Die Eingruppierung hängt deshalb - insoweit systemwidrig - nicht davon ab, welche Tätigkeiten ihr im Einzelnen übertragen sind. Daraus folgt allerdings nicht, dass es für die Eingruppierung auch entscheidend ist, welche konkreten Aufgaben sich die Frauenbeauftragte stellt und wie die dafür vorausgesetzten fachlichen Anforderungen zu beurteilen sind. Maßgeblich ist, in welchen Bereichen sie in der Funktion der Frauenbeauftragten unter den konkreten Bedingungen der Stadt bzw. Gemeinde Einluss nehmen kann, und ob dafür in der Breite und Tiefe ein gesteigertes Wissen und Können bzw. entsprechende Kenntnisse und Qualifikationen verlangt werden.

Dies ist der Fall, wenn - wie im Fall der Klägerin - die Tätigkeit von der Mitwirkung bei Personalentscheidungen über die Einflussnahme auf Rats- und Ausschussarbeit bis zur konzeptionellen Arbeit, Öffentlichkeitsarbeit und Kontaktpflege reicht. Die Klägerin hat Aufgaben zu erfüllen, die mit gründlichen, umfassenden Fachkenntnissen allein nicht mehr zu bewältigen sind, sondern ein beträchtlich gesteigertes fachliches Wissen und Können verlangen.

Es mag zutreffen, dass einzelne Teilbereiche der Aufgabe der Klägerin bei singulärer Bewertung nur gründliche, umfassende Fachkenntnisse im Sinne der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a BAT/VKA voraussetzen. Wäre die Klägerin die Sachbearbeitung dieser Teilbereiche übertragen, beispielsweise auf die Öffentlichkeitsarbeit von Frauenangelegenheiten ausgerichtet oder auf die Durchführung von Maßnahmen zum Zwecke der Integration von Ausländerinnen begrenzt, würde ein besonderes Wissen und Können im Sinne der Tarifgruppe IV a Fallgruppe 1 b BAT/VKA nicht ohne weiteres zu begründen sein. Allerdings lässt sich die Aufgabenstellung einer Frauenbeauftragten nach § 5 a Absatz 4 NGO gerade nicht in dieser Weise aufspalten und singulär bewerten. Eine Frauenbeauftragte muss sich gleichsam in allen Bereichen auskennen und einarbeiten, in denen Belange von Frauen wahrzunehmen sind. Sie muss analysieren, in welchen Bereichen Benachteiligungen festzustellen sind und wie ihr in geeigneter Weise entgegengewirkt werden kann. Dazu können individuelle Beratungssituationen in Sprechstunden ebenso geeignet sein, wie Initiviativen, die sich auf die Arbeit des Rates und der Ausschüsse auswirken bis hin zu breit angelegten Aktionen, die über die Grenze der Samtgemeinde hinaus wirken und mit Vereinen bzw. sonstigen Institutionen zum Zwecke der Frauenförderung der in der Gemeinde lebenden Frauen koordiniert werden.

Ein solches Aufgabenspektrum, das entsprechend einer Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse stetig anzupassen ist, kann mit gründlichen, umfassenden Fachkenntnissen allein nicht bewältigt werden, jedenfalls nicht im Sinne der Anforderungen des § 5 a NGO. Dies hat die Klägerin mit ihrer Klageschrift überzeugend aufgezeigt:

Befasst sie sich beispielsweise mit dem Thema Kinderbetreuung, muss sie sich mit den Strukturen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Verwaltung sowie weiteren Institutionen wie Kirche und Beratungsstellen auskennen und die Belange der Bürgerinnen genau analysieren. Dabei sind Kenntnisse des Haushalts- und Arbeitsrechts erforderlich, die bei der ständig wiederkehrenden Diskussion um verlängerte Öffnungszeiten von Kindertagesstätten relevant sind. Die Klägerin muss dazu gegenläufige Interessen analysieren und abwägen. Neben denen der Beschäftigten in der Einrichtung sind die Interessen der Bürgerinnen sowie des Sozialamtes zu berücksichtigen, das Empfängerinnen von Sozialhilfe die Möglichkeit der beruflichen Wiedereingliederung eröffnen möchte und zu diesem Zweck verlängerte Öffnungszeiten für notwendig hält. Derartige Überlegungen muss die Frauenbeauftragte anstellen und daraus ein Konzept entwickeln, um dem Rat die Notwendigkeit einer strukturverändernden Maßnahme vorzuschlagen.

Hält man diesen Aufgabenbereich neben die weiteren Tätigkeiten der Klägerin, wird die Breite des von ihr geforderten Tätigkeitsspektrums deutlich. So leben in der Samtgemeinde der Beklagten etwa 520 Frauen ausländischer Herkunft, die der deutschen Sprache aus verschiedenen Gründen teilweise nicht mächtig sind. Bei dem Ziel der Integration muss die Klägerin neben den Kenntnissen anderer Religionen und Kulturkreise über ein Grundwissen der Fragen des Ausländerrechts und Sprachwissenschaften verfügen, um gezielte Beratungen, Förderprogramme (Sprachförderung, Kurse usw.) sowie Aktionen ("T. ist bunt") durchführen zu können.

Anders gelagert sind wiederum die Aufgaben im Zusammenhang mit der Prävention gegen Diskriminierung und Gewalt in der sie u. a. über Kenntnisse des Straf-, Ehe und Scheidungsrechts, vor allem aber über Kenntnisse der Soziologie verfügen muss, um geeignete Konzepte entwickeln und durchführen zu können. Die Aktionen erstrecken sich von der Mädchenarbeit in Jugendzentren und im Arbeitskreis Schule/Jugendhilfe bis zu einer Mitarbeit im Arbeitskreis gegen Missbrauch.

Bei der Förderung "Frauen in der Kommunalpolitik" geht es dagegen um das allgemeingesellschaftliche Ziel, das Engagement von Frauen in den Räten der Mitgliedsgemeinden und der Samtgemeinde zu fördern, um auf Dauer eine ausgeglichene Repräsentanz der Geschlechter zu erreichen. Dieses Aufgabengebiet verlangt von der Klägerin vor allem Kompetenz im Bereich der Organisations- und Teamentwicklung.

Bei der "Integration von langzeitarbeitslosen Frauen in den Arbeitsmarkt" geht es hingegen um individuelle Beratung und eine Projektarbeit, die Rechtskenntnisse vor allem in den Bereichen des Arbeitsrechts, des Sozialhilfe- und Arbeitsförderungsrechts voraussetzt.

Schließlich ist die Öffentlichkeitsarbeit in allen angesprochenen Bereichen relevant, soweit die Tätigkeiten nicht aus der Natur der Sache heraus (im Rahmen individueller Beratung und Mediation) vertrauliche Sachverhalte betreffen oder interne Verwaltungsvorgänge zum Gegenstand haben. Der Erfolg ihrer Konzepte und Aktionen als Frauenbeauftragte hängt ganz wesentlich davon ab, in welcher Weise diese der Öffentlichkeit übermittelt und dort diskutiert werden. Deshalb muss die Klägerin in geeigneter Weise darüber entscheiden, über welche Umstände sie wann und in welcher Weise die Bürger der Samtgemeinde über Programme und Aktionen informiert. Dazu gehört, dass sie Presseerklärungen verfasst und mit Medienvertretern korrespondiert. Erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit erfordert publizistische Grundkenntnisse, vor allem ein gutes Ausdruckvermögen, sowie ein mit der Zeit wachsendes Erfahrungswissen, das sich insbesondere auch auf politisch brisante Entwicklungen erstreckt.

Im Rahmen des Projekts "Frau und Beruf" hat die Klägerin die Projektentwicklung in der Zeit vom 01.12.2000 bis 30.11.2002 in einem Bericht zusammengefasst, der erkennen lässt, dass sie über Kenntnisse der Statistik und die Methoden empirischer Sozialforschung verfügen muss und die gesammelten Daten in einer kurzen Abhandlung systematisch auswerten und aufbereiten kann.

Insgesamt benötigt die Klägerin Grundkenntnisse in den Methoden verschiedener Wissenschaftsdisziplinen, des Rechts, der Öffentlichkeitsarbeit und Politik. Diese Umstände lassen eine beträchtliche Breite des geforderten fachlichen Wissens und Könnens erkennen, wie dies vom BAG im Urteil vom 20.09.1995 (a. a. O.) für eine Beauftragte für Gleichstellungsfragen in einer Stadt mit 35.000 Einwohnern in Niedersachsen gleichfalls bejaht worden ist.

b) Die Tätigkeit der Klägerin hebt sich auch durch die Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 a BAT/VKA heraus. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG genügt für die Bedeutung der Tätigkeit eine deutlich wahrnehmbare Heraushebung. Diese muss sich auf die Auswirkungen der Tätigkeit beziehen und kann sich aus der Bedeutung oder Größe des Aufgabengebietes sowie der Tragweite für den innerdienstlichen Bereich und die Allgemeinheit ergeben (BAG 20.09.1995 a. a. O. unter II. 4. c bb) der Gründe).

Die Tätigkeit der Klägerin ist von großer Tragweite für die Situation der Frauen in der beklagten Samtgemeinde. Die Arbeit der Klägerin wirkt sich nicht nur auf die Frauen, die in der Stadtverwaltung beschäftigt sind aus, oder die sich dort um einen Arbeitsplatz bewerben. Sie beeinflusst sämtliche Einwohnerinnen der Gemeinde und des Umlandes. Die Projekte "Integration ausländischer Frauen" und das Projekt "Frau und Beruf" sowie die Aktivitäten der Klägerin gegen den zeitweise in T. verbreiteten Rechtsextremismus wirkten sich auf die Teilnehmer derartiger Projekte sowie auf Stellung und Ansehen der beklagten Gemeinde insgesamt aus. Da Fragen der Chancengleichheit von Männern und Frauen in der Öffentlichkeit besondere Beachtung finden, hat die von der Klägerin zu leistende Öffentlichkeitsarbeit eine erhebliche Tragweite und beeinflusst auf diese Weise das Image der Samtgemeinde maßgeblich. Die von der Klägerin in der Akte vorgelegten Zeitungsausschnitte geben ein Beispiel der positiven Auswirkung engagierter Arbeit mit dem Ziel der Gleichberechtigung von Frauen, von denen die Gemeinde insgesamt profitiert. Es ist somit nicht der allgemeine Verfassungsauftrag des Artikel 3 Absatz 2 GG, der die weitere Heraushebung gegenüber der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a rechtfertigt, sondern die Umsetzung durch konkrete Konzepte und Aufgaben sowie deren Darstellung. Darin liegt die hervorgehobene Bedeutung der Tätigkeit der Klägerin.

III.

Die Berufung war deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Es bestehen keine Gründe zur Zulassung der Revision.

Ende der Entscheidung

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