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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 26.01.2005
Aktenzeichen: 6 Sa 1306/04 B
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, HGB, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 2
ZPO § 258
ZPO § 524 Abs. 2
HGB § 74 Abs. 2
HGB § 74 b Abs. 2
HGB § 74 c
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 247 Abs. 1
BGB § 274 Abs. 1
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 288 Abs. 1
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag bedarf die Aufhebung eines vertraglichen Wettbewerbsverbots einer besonderen Vereinbarung. Auf die Karenzentschädigung braucht sich der Arbeitnehmer eine gezahlte Betriebsrente nicht anrechnen zu lassen.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 Sa 1306/04 B

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2005 durch

den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Becker, den ehrenamtlichen Richter Dr. Kuzaj, den ehrenamtlichen Richter Fitzner

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Verden vom 20.7.2004 -2 Ca 161/04 B - teilweise abgeändert unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 97.314,63 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf € 5.724,39 seit dem 1.9., 1.10., 1.11., 1.12.2003, 1.1., 1.2., 1.3., 1.4., 1.5., 1.6., 1.7., 1.8., 1.9., 1.10., 1.11., 1.12.2004 und 1.1.2005 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 15.028,30 brutto nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz auf € 1.073,45 seit dem 1.9., 1.10., 1.11., 1.12.2003, 1.1., 1.2., 1.3., 1.4., 1.5., 1.6., 1.7., 1.8., 1.9. und 1.10.2004 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ab dem 1.10.2004 über anerkannte € 2.114,90 brutto monatlich hinaus weitere € 1.073,45 brutto je Monat an Betriebsrente zu zahlen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen mit Ausnahme der Anrechnung der zu zahlenden Betriebsrente auf die Karenzentschädigung. Insoweit wird die Revision zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Forderungen des Klägers auf Karenzentschädigung und auf Zahlung einer höheren Betriebsrente.

Der 1938 geborene Kläger war seit dem 1. Februar 1963 bei der Beklagten angestellt und erhielt anlässlich seiner Beförderung zum Betriebsleiter zum 1. Juli 1970 eine Versorgungszusage auf Zahlung einer Altersrente nach Vollendung seines 65. Lebensjahres von 75 % des zuletzt bezogenen monatlichen Bruttoverdienstes abzüglich der aus der Sozialversicherung gewährten Altersrente.

Als der Kläger 1976 auch noch die technische Leitung übernahm, vereinbarten die Parteien im Anstellungsvertrag vom 21. Dezember 1976 in § 10 ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für die Dauer von 2 Jahren nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung von 2/3 seiner zuletzt gewährten Bezüge. Bezüglich der betrieblichen Altersversorgung verwies der Anstellungsvertrag auf die Vereinbarung über Altersversorgung vom 1. Juli 1970 und bestimmte weiterhin: "Monatlicher Bruttoverdienst im Sinne der getroffenen Vereinbarung über Altersruhegeld ist das Gehalt nach § 2 lit. a." Nach § 2 lit. a. erhält der Kläger "ein monatliches, im nachhinein fälliges Gehalt von DM 4.400,-".

Nachdem der Kläger im Frühjahr 1985 nach Ausscheiden des damaligen kaufmännischen Leiters auch dessen Aufgabenbereich übernommen hatte, gewährte ihm die Beklagte aufgrund einer vergleichsweisen Regelung dafür eine monatliche feste Zahlung von DM 2.800,00 brutto.

Die Beklagte ernannte den Beklagten später zum Verlagsleiter, beschloss dann aber im Jahr 1991, sich vom Kläger zu trennen. Seitdem sind die Parteien zerstritten und führten eine Vielzahl von gerichtlichen Auseinandersetzungen.

Am 10. Oktober 1996 schlossen die Parteien vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen zum Az.: 14 Sa 1207/93 einen Vergleich, in dem es unter anderem heißt:

"1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen auf der Grundlage des Anstellungsvertrages vom 21.12.1976 mit folgenden Änderungen fortgeführt wird:

Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des 31.7.2003.

Der Kläger bleibt weiterhin von der Pflicht zur Arbeitsleistung freigestellt.

Mit der Freistellung werden Urlaubsansprüche jeweils erfüllt.

Nebentätigkeiten, die mit dem Verbot einer Wettbewerbstätigkeit vereinbar sind, das sich aus dem rechtlich fortbestehenden Anstellungsverhältnis ergibt, werden genehmigt. Etwaiger anderweitiger Verdienst des Klägers wird auf seine Vergütungsansprüche nicht angerechnet.

2. Es besteht Einigkeit darüber, dass dem Kläger für die Dauer des Bestehens des Arbeitsverhältnisses folgende Vergütungsansprüche zustehen:

a) Grundvergütung gemäß § 2 a und b sowie § 3 des Anstellungsvertrages,

b) an weiterem Gehalt ein monatlicher Festbetrag von DM 2.800,-- brutto. Dies gilt auch für das 13. Gehalt,

c) Tantieme gemäß § 2 c des Anstellungsvertrages,

d) als Ersatz für die Privatnutzung des Pkw ein monatlicher Festbetrag von DM 1.200,--,

e) an zusätzlichem Urlaubsgeld ein jährlicher Festbetrag von DM 7.000,--.

f) Es besteht Einigkeit darüber, dass die Beklagte weiterhin zur Leistung der Beiträge an das Versorgungswerk der Presse verpflichtet ist.

( ...)"

Mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses am 31. Juli 2003 endete auch die Freistellung des Klägers. Seit dem 1. August 2003 zahlt die Beklagte dem Kläger eine Betriebsrente von korrigiert € 2.114,90 brutto nach ihrer Berechnung im Schreiben vom 27. April 2004.

Außergerichtlich forderte der Kläger erfolglos die Zahlung von Karenzentschädigung ab 1. August 2003 sowie die Zahlung einer monatlichen um € 1.073,45 brutto höheren Betriebsrente, weil er ab 1. August 2003 keinerlei Bezüge aus der Verwertung seiner Arbeitskraft erzielt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, in die Berechnung seiner Betriebsrente habe auch der feste monatliche Bezug von DM 2.800,00/€ 1431,62 brutto einzugehen. Eine Anrechnung der Betriebsrente auf die Karenzentschädigung sei nicht zulässig.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 38.718,05 brutto (rückständige Karenzentschädigung) nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz auf einen Teilbetrag von € 5.531,15 brutto seit dem 1.9.2003 sowie auf jeweils weitere € 5.531,15 brutto seit dem 1.10., 1.11., 1.12.2003, 1.1., 1.2. und 1.3.2004 zu zahlen.

2. die Beklagte zu verurteilen,

a) an den Kläger € 7.514,15 brutto (rückständige Betriebsrente) nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.9.2003 auf € 1.073,45 brutto sowie auf weitere € 1.073,45 brutto seit dem 1.10., 1.11., 1.12.2003, 1.1., 1.2. und 1.3.2004 zu zahlen,

b) ab dem 1.3.2004 über anerkannte € 2.114,90 monatlich hinaus weitere € 1.073,45 brutto je Monat an Betriebsrente zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, nach den vergleichsweise getroffenen Regelungen und den Grundsätzen von Treu und Glauben sei ein Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Karenzentschädigung ausgeschlossen. Zumindest müsse die Betriebsrente auf eine mögliche Karenzentschädigung angerechnet werden.

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 20. Juli 2004 entsprechend dem Klagantrag zu 1) zur Zahlung verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Hinsichtlich des Klagantrags zu 1) hat das Arbeitsgericht die Berufung gesondert zugelassen. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand und wegen der Würdigung dieses Vorbringens auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts ergänzend Bezug genommen.

Gegen das den Parteien am 26. Juli 2004 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte am 13. August 2004 Berufung beim Landesarbeitsgericht eingelegt und der Kläger am 25. August 2004. Die Parteien haben ihre Berufung jeweils am 27. September 2004, einem Montag, begründet. Die Berufungsbegründung der Beklagten ist dem Kläger am 4. Oktober 2004 zugestellt worden. Er hat am 4. November 2004 Anschlussberufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts erhoben und diese zugleich begründet.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass im Anstellungsvertrag vom 21. Dezember 1976 vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot sei durch den Vergleich der Parteien vom 10. Oktober 1996 aufgehoben worden. Zwar sei dies nicht ausdrücklich in den Vergleich aufgenommen worden, jedoch nach den dem Vergleich zugrunde liegenden Umständen durch übereinstimmenden Willen. Die vom Kläger übernommene Leitungsfunktion habe 1976 zur Vereinbarung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots geführt. Im Zeitpunkt des Vergleichs sei der Kläger bereits über 5 Jahre freigestellt gewesen und habe in dieser Zeit nicht mehr an der organisatorischen und technischen Entwicklung des Verlags- und Druckwesens teilgenommen. Bereits 1996 habe er keine Kompetenzen und wettbewerbsrelevanten Fähigkeiten mehr besessen, die durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot geschützt werden konnten. Während seiner Freistellung habe er zeitlich unbegrenzt Nebentätigkeiten ausüben können ohne Anrechnung auf seine vertragsmäßigen Bezüge. Die aus Sicht des Jahres 1996 bevorstehenden 7 weiteren Jahre seiner Freistellung mit der Beschränkung auf wettbewerbsneutrale Nebentätigkeiten hätten das nachvertragliche Wettbewerbsverbot aufheben sollen. Auf den ausdrücklichen Verzicht auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sei vor dem Hintergrund der jahrelangen Freistellung des Klägers und seiner Betriebsrentenansprüche verzichtet worden.

Zudem erscheine die Geltendmachung des Anspruchs auf Karenzentschädigung nach mehr als 12 Jahre andauernder Freistellung rechtsmissbräuchlich. Nach so langer Freistellung hätte sie sich auch nicht mehr auf die Einhaltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes berufen dürfen wegen eines unverhältnismäßigen Eingriffs in die Berufsfreiheit des Klägers. Auch dies müsse sich der Kläger entgegen halten lassen.

Nur für den Fall eines bestehenden Anspruchs auf Karenzentschädigung müsse sich der Kläger die ab 1. August 2003 gezahlte Betriebsrente darauf anrechnen lassen. Durch die Zahlung der Betriebsrente werde der Kläger für seine Betriebstreue belohnt und sei im Ruhestand finanziell abgesichert und nicht gezwungen, einer weiteren Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die Betriebsrente gebiete dem Arbeitnehmer, gegenüber seinem früheren Arbeitgeber keinen Wettbewerb zu betreiben. Ohne Anrechnung der Betriebsrente auf die Karenzentschädigung werde der Kläger nach seinem Eintritt in den Ruhestand um mehr als das 1,75fache seines letzten Bruttomonatsgehalts besser gestellt. Erkennbar hätte nicht Karenzentschädigung und Betriebsrente nebeneinander ungekürzt gezahlt werden sollen. Daher sei im Falle der Zahlung von Karenzentschädigung die Betriebsrente anspruchsmindernd zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Verden vom 20.07.2004 - 2 Ca 161/04 B - abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts, soweit der Klage stattgegeben wurde, als der Rechtslage entsprechend. Die Auslegung des Vergleichs der Parteien vom 10. Oktober 1996 ergebe nämlich, dass die Beklagte ihn so lange wie möglich von jeder Wettbewerbshandlung habe ausschließen wollen. Im Falle eines lukrativen Angebots eines Mitbewerbers habe er jederzeit das Arbeitsverhältnis zur Beklagten beenden können. Nach wie vor verfüge er über Marktkenntnis und Kontakte zu potentiellen Geschäftspartnern eines Konkurrenzunternehmens. Darum habe bei finanzstarken Interessenten an seiner Mitarbeit ein erhebliches Interesse bestanden, in den R. Markt einzudringen. Nur dies erkläre, weshalb in den Vergleichsverhandlungen die Beklagte eine Abfindungslösung abgelehnt und der kostspieligeren Freistellungslösung zugestimmt hatte. Der Vergleich vom 10. Oktober 1996 habe die beiderseitigen Rechte und Pflichten gerade nicht abschließend geregelt. Noch in dem nachfolgenden Rechtsstreit 14 Sa 1914/01 habe die Beklagte es am 1. August 2002 in der Hand gehabt, unter Abänderung des Vergleichs vom 10. Oktober 1996 auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot zu verzichten.

Weil Betriebsrentenansprüche sich nicht auf die Verwertung der Arbeitskraft der Zeiträume beziehen, für die Karenzentschädigung gezahlt wird, sei eine Anrechnung ausgeschlossen.

Der Kläger verfolgt seinen Anspruch auf Zahlung weiterer Betriebsrente mit seiner Berufung weiter. Durch die Erhöhung seiner Bezüge ab November 1984 um zunächst DM 2.100,00 brutto monatlich, durch die weitere Erhöhung im Jahre 1987 um monatlich DM 300,00 brutto und im März 1990 um weitere DM 400,00 auf DM 2.800,00 brutto monatlich seien auch diese Gehaltsbestandteile in die Berechnung seiner Betriebsrente einzubeziehen. Dies wird bestätigt durch Ziff. 2 lit. b. des Vergleichs vom 10. Oktober 1996, wonach der monatliche Festbetrag von DM 2.800,00 brutto Bestandteil seiner Vergütungsansprüche wie für das 13. Gehalt ist. Dies bestätige auch Ziff. 1 des Vergleichs vom 1. August 2002 in der Sache 14 Sa 1914/01. Die Zusammensetzung seiner Bezüge aus einem dynamisierten Vergütungsbestandteil und einem festen Bruttomonatsbezug biete keinen Ansatz dafür, den festen Monatsbezug nicht in die Betriebsrente einzubeziehen. Maßgebend sei die Versorgungszusage von 1970 mit dem garantierten Versorgungsniveau von 75 % seines letzten monatlichen Bruttoverdienstes unter Einschluss seiner gesetzlichen Altersrente. Dies sei eine typische Regelung, um Leistungen, die nicht monatlich erbracht wurden, von der Bemessung des Gesamtversorgungsniveaus auszunehmen. Die für seinen Lebensstandard prägenden monatlich gezahlten Vergütungen wuchsen ab 1976 mit der erweiterten Verantwortung an, wozu beachtliche Tantiemezahlungen hinzukamen. § 4 des Anstellungsvertrags vom 21. Dezember 1976 lasse gerade nicht erkennen, dass eine Erhöhung seiner monatlichen Bruttofestbezüge künftig als "nicht ruhegehaltsfähig" anzusehen sei. Die Versorgungszusage von 1970 sei damit gerade nicht geändert worden. Damit sei der feste Gehaltsbestandteil als Teil seines Bruttomonatsverdienstes i. S. d. § 1 der Versorgungszusage von 1970 anzusehen, der durch § 4 des Anstellungsvertrags vom 21. Dezember 1976 nicht geändert wurde. Auch bei anderer Sichtweise sei vom Zweck der Versorgungsregelung, 75 % der monatlichen Bruttobezüge als Versorgungsniveau zu garantieren, auszugehen. Dementsprechend habe die Beklagte ihre Rückstellungen gebildet und gleichzeitig eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen.

Mit seiner Anschlussberufung erweitert der Kläger seine Klage auf Karenzentschädigung für die Zeit vom 1. August 2003 bis 31. Dezember 2004 unter Neuberechnung des Anspruchs auch der Höhe nach. Unter Einbeziehung der Tantiemeansprüche der letzten 3 vollen Kalenderjahre (2000 mit € 18.168,76, 2001 mit € 166,68 und 2002 mit € 134,00, insgesamt € 18.469,44) ergebe sich durch Teilung des Gesamtbetrages durch 36 eine Erhöhung seines Tantiemeanspruchs um monatlich € 513,04, wodurch sich die Bemessungsgrundlage auf € 8.809,77 erhöht und sich daraus ein monatlicher Tantiemeanspruch von 2/3 dieses Betrages und damit von € 5.873,18 brutto ergibt.

Der Kläger beantragt,

unter Erweiterung des Klagantrags zu 1) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 99.844,06 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf € 5.873,18 seit dem 01.09.2003 sowie auf jeweils weitere € 5.873,18 seit dem 01.10., 01.11., 01.12.2003, 01.01., 01.02., 01.03., 01.04., 01.05., 01.06., 01.07., 01.08., 01.09., 01.10., 01.11., 1.12.2004 und 01.01.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie sieht in der Berechnungsweise des Klägers einen Fehler darin, dass er nicht die innerhalb der letzten 36 Monate seines Arbeitsverhältnisses bezogenen Tantiemen seiner Berechnung zu Grunde legt (01.08.2002 bis 31.07.2003), sondern die letzten 3 vollen Kalenderjahre (01.01.2000 bis 31.12.2002). Auf die Zeit vom 1. August 2000 bis 31. Dezember 2000 entfalle eine Tantieme von € 7.570,34, auf das Jahr 2001 eine Tantieme von € 166,68, auf das Jahr 2002 eine Tantieme von € 134,00 und auf die Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 2003 eine Tantieme von € 2.564,00, insgesamt von € 10.435,02. Daraus ergebe sich ein durchschnittlicher Tantiemeanspruch (1/36) von € 289,86 brutto. Wegen der einvernehmlichen Aufhebung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbot im Vergleich vom 10. Oktober 1996 sei ein Tantiemeanspruch insgesamt ausgeschlossen, jedenfalls aber nicht begründet in der vom Kläger errechneten Höhe. Bei Abschluss des Vergleichs vom 10. Oktober 1996 habe sie kein Interesse daran gehabt, den Kläger dauernd am Wettbewerb zu hindern. Die vereinbarte anrechnungsfreie Ausübung von Nebentätigkeiten spreche dagegen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG in dieser vermögensrechtlichen Streitigkeit statthaften Berufungen der Parteien sind form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Dies gilt auch für die Anschlussberufung des Klägers gemäß § 524 Abs. 2 ZPO. Die Parteien haben sich ausführlich mit den Entscheidungsgründen des Urteils des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt und sind ihnen entgegengetreten. Damit sind ihre Berufungen zulässig.

1.

Die Anschlussberufung des Klägers ist zum überwiegenden Teil begründet. Denn die Klage auf Zahlung von Karenzentschädigung ist in Höhe von € 97.314,63 brutto für die Monate August 2003 bis Dezember 2004 begründet.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht dem Kläger den erstinstanzlich geltend gemachten Karenzentschädigungsanspruch mit zutreffender Begründung in voller Höhe zugesprochen. Insoweit folgt das Landesarbeitsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung und sieht von deren Wiederholung ab (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

Das vertragliche Wettbewerbsverbot entfaltet nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtliche Wirkung. Es bleibt von einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich unberührt. Nichts anderes gilt, wenn das Arbeitsverhältnis mit Erreichung der Altersgrenze endet (BAG Urt. v. 30.10.1984 - 3 AZR 213/82 - AP Nr. 46 zu § 74 HGB). Deshalb bedarf die Aufhebung des vertraglichen Wettbewerbsverbots einer besonderen Vereinbarung.

Der Vergleich der Parteien vom 10. Oktober 1996 enthält mit dem aufrecht erhaltenen Verbot von Nebentätigkeiten im Wettbewerb zur Beklagten erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass an einen Wegfall des vertraglichen Wettbewerbsverbots gerade nicht gedacht war. Anders konnte der Kläger den Vergleich nicht verstehen, der auch keine allgemeine Erledigungsklausel enthält. Der Kläger, dem die die Beklagte bestimmenden maßgeblichen Gründe für den Abschluss des vertraglichen Wettbewerbsverbots nicht im Einzelnen bekannt sind, konnte jedenfalls nicht davon ausgehen, dass der Vergleich das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot in irgendeiner Form einschloss oder tangierte. Es gibt auch keinen Rechtssatz, dass ein vertragliches Wettbewerbsverbot nach einer bestimmten Zeit der Freistellung gegenstandslos wird. Andererseits hätte das Wettbewerbsverbot auflösend auf den Eintritt in den Ruhestand vereinbart werden können.

Wäre das Wettbewerbsverbot - wie die Beklagte meint - unverbindlich, würde dies den Anspruch des Klägers auf Karenzentschädigung nicht ändern, solange er sich des nachvertraglichen Wettbewerbs enthält. Er hätte in diesem Fall ein Wahlrecht.

Der Vergleich der Parteien vom 1. August 2002 betraf nicht das vertragliche Wettbewerbsverbot. Hätten die Parteien über eine Änderung des Wettbewerbsverbots eine Einigung erzielt, hätten sie dies sicherlich in dem sehr umfangreichen Vergleich vom 10. Oktober 1996 oder im Vergleich vom 1. August 2002 mit beurkunden lassen.

Der Anspruch auf Zahlung von € 97.314,63 für 17 Monate folgt gemäß §§ 74 Abs. 2, 74 b Abs. 2 HGB i. V. m. dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot aus 2/3 der vom Kläger bezogenen vertragsmäßigen Leistungen, wobei wegen der schwankenden Tantiemeleistungen der Durchschnitt der letzten 3 Jahre vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses maßgebend ist, nicht der Durchschnitt der letzten 3 Kalenderjahre. Danach steht dem Kläger eine monatliche Zahlung von der Höhe nach unstreitig € 5.531,15 brutto hinsichtlich seiner regelmäßigen Bezüge zu und hinsichtlich der schwankenden Tantieme 1/36 des Durchschnitts der letzten 3 Jahre von € 289,86, wie von der Beklagten aus € 10.435,02 dividiert durch 36 zutreffend errechnet.

Darauf braucht sich der Kläger die Betriebsrente der Beklagten nicht anrechnen zu lassen, weil das nicht vereinbart ist (ErfK.-Schaub, 4. Aufl., § 74 HGB Rz. 7).

Im Übrigen scheidet eine Anrechnung auch im Hinblick auf § 74 c HGB aus, weil die Karenzentschädigung unter Hinzurechnung des nachfolgend errechneten Betriebs-rentenanspruchs des Klägers den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen Leistungen nicht um mehr als 1/10 übersteigen würde.

Die Zinsforderung beruht auf §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1, 274 Abs. 1 BGB.

Die weitergehende Anschlussberufung ist unbegründet, weil die Klage insoweit unbegründet ist. Denn nach § 74 b Abs. 2 HGB ist für die Karenzentschädigung der Durchschnitt der letzten 3 Jahre vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses maßgebend, nicht der letzten 3 Kalenderjahre, wenn das Arbeitsverhältnis wie hier mitten im Jahr geendet hat.

2.

Die Berufung des Klägers ist hinsichtlich des Betriebsrentenanspruchs begründet. Die Beklagte schuldet dem Kläger über die bereits gezahlte monatliche Betriebsrente von € 2.114,90 brutto hinaus die Zahlung weiterer € 1.073,45 brutto, was für die 14 Monate vom 1. August 2003 bis 30. September 2004 den Betrag von € 15.028,30 brutto ergibt. Sobald der Kläger auf Zahlung künftig wiederkehrender Leistungen klagt, ist die Klage gemäß § 258 ZPO zulässig und ebenfalls begründet.

Der Anspruch folgt aus Ziff. 1 der Versorgungszusage vom 1. Juli 1970 ("Die Altersrente beträgt 75 % des zuletzt bezogenen monatlichen Bruttoverdienstes abzüglich der aus der Sozialversicherung gewährten Altersrente"). Danach ist Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Betriebsrente das sich aus dem dynamischen und dem festen (€ 1.431,62) Gehaltsteil zusammensetzende Bruttomonatsgehalt des Klägers von zuletzt € 6.819,86. Diese Versorgungszusage haben die Parteien in § 4 des Anstellungsvertrags vom 21. Dezember 1976 aufrecht erhalten. Satz 2 ("monatlicher Bruttoverdienst im Sinne der getroffenen Vereinbarung über Altersruhegeld ist das Gehalt nach § 2 lit. a.") nimmt Bezug auf ein damals in § 2 lit. a geregeltes "Monatliches, im nachhinein fälliges Gehalt von DM 4.400,00".

Die Versorgungszusage vom 1. Juli 1970 schließt den ab Frühjahr 1985 gezahlten "sonstigen Bezug" von Anfangs DM 2.100,00 und zuletzt DM 2.800,00 in das versorgungsfähige Gehalt mit ein. Die spätere Vereinbarung eines festen Gehaltsteils zu dem gem. § 3 des Anstellungsvertrags dynamisierten Gehaltsteil schließt die Versorgungsfähigkeit des festen Gehaltsteils nicht aus, weil sich aus der Versorgungszusage der Beklagten vom 1. Juli 1970 ergibt, dass ein Versorgungsniveau von "75 % des zuletzt bezogenen monatlichen Bruttoverdienstes" zugesagt wurde. Bestandteil dieses monatlichen Bruttoverdienstes ist in gleicher Weise wie der dynamisierte Gehaltsteil der für zusätzliche Leitungsaufgaben gezahlte feste Gehaltsteil. Die den §§ 133, 157 BGB folgende Auslegung der Versorgungszusage ergibt, dass die Ruhegeldfähigkeit die regelmäßige geleistete und monatlich vergütete synallagmatisch mit der Arbeitsleistung verknüpfte Vergütung berücksichtigt. Dies waren bei Abschluss des Anstellungsvertrags vom 21. Dezember 1976 ausschließlich die in § 2 lit. a genannten Bruttobezüge, nicht aber das 13. Gehalt und die vereinbarte Ergebnisbeteiligung. Die ab 1985 vorgenommene Unterscheidung zwischen dem dynamischen und festen Gehaltsteil, weil fix vereinbart, enthält keinen Hinweis auf den Ausschluss von der Versorgungsfähigkeit. Der Kläger konnte die Versorgungszusage der Beklagten ohne weiteres so verstehen, dass sie den später gezahlten festen Gehaltsteil einschloss.

Diese Auslegung ist auch deshalb geboten, weil es allein Sache des Arbeitgebers ist, bei der Abfassung einer Versorgungszusage diese so klar und verständlich zu formulieren, dass sie zu keinen Zweifeln Anlass gibt. Er darf nicht leichtfertig bei seinen Arbeitnehmern unbegründetes Vertrauen wecken (BAG Urt. v. 25.05.1973 - 3 AZR 405/72 - AP Nr. 160 zu § 242 BGB Ruhegehalt).

Nach der Versorgungszusage konnte der Kläger jedenfalls, ohne dass eine entgegenstehende Belehrung im Jahr 1985 erfolgt wäre, davon ausgehen, dass sein gesamtes monatliches Bruttoarbeitsentgelt versorgungsfähig ist. Aus der Aufteilung in den dynamischen und festen Gehaltsteil brauchte der Kläger keine weiteren Schlussfolgerungen zu ziehen, als dass eben der feste Gehaltsteil von der jeweiligen Einzelvereinbarung abhing.

Nachdem die Beklagte die gebotene Klarstellung unterlassen hat, muss sie sich nach der Unklarheitenregelung an einer für sie ungünstigen Auslegung der Versorgungszusage festhalten lassen.

Die systematische Auslegung und der mit der Versorgungszusage verfolgte Zweck, im Alter eine Versorgung zu sichern, die an den regelmäßigen zuletzt bezogenen Bruttobezügen orientiert ist, führt zu demselben Auslegungsergebnis.

Die Zinsforderung beruht auf §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1, 247 Abs. 1 BGB.

3.

Die Berufung der Beklagten ist, wie in Ziff. II. 1. dargelegt, unbegründet und war deswegen zurückzuweisen.

III.

Gemäß §§ 92, 97 ZPO waren die Kosten des Rechtsstreits insgesamt der Beklagten aufzuerlegen, weil die Zuvielforderung des Klägers geringfügig war und keine besonderen Kosten veranlasst hat.

In der Frage der Anrechnung der Betriebsrente auf den Karenzentschädigungsanspruch ist das Arbeitsgericht und ihm folgend das Landesarbeitsgericht von dem Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 7. Juli 1981 - 1 Sa 438/80 - abgewichen. Deswegen hat die Kammer die Revision beschränkt auf diese Frage der Anrechnung zugelassen.

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23. November 2004 war zwar verkündet, aber noch nicht veröffentlicht (BAG Urt. v. 23.11.2004 - 9 AZR 595/03 - Der Betrieb 2005, 671).

Ende der Entscheidung

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