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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 21.04.2008
Aktenzeichen: 6 Sa 1675/07
Rechtsgebiete: DVO, BAT, AVR


Vorschriften:

DVO § 14
BAT § 29
AVR § 19a
Der Kinderzuschlag nach § 19a AVR und der kindergeldbezogene Bestandteil des Ortszuschlages nach §§ 14 DVO, 29 B Abs 6 BAT stellen vergleichbare Leistungen im Sinne der §§ 14 DVO, 29 B Abs.6 BAT dar.
LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 Sa 1675/07

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 21. April 2008 durch

die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Klausmeyer, den ehrenamtlichen Richter Herrn Kallenberg, den ehrenamtlichen Richter Herrn Ehms

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 18.09.2007 - 1 Ca 43/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf den kindergeldbezogenen Bestandteil des Ortszuschlages hat, und zwar insbesondere darüber, ob es sich hierbei um eine vergleichbare oder entsprechende Leistung handelt im Verhältnis zum Kindergeldzuschlag nach § 19 a AVR.

Die Klägerin ist seit dem 01.10.1993 auf Grundlage des schriftlichen Dienstvertrages aus dem August 1993 als vollzeitbeschäftigte Angestellte für die Beklagte tätig. Ihr Monatsbruttoeinkommen beträgt ca. 3.600,00 €. Nach § 2 Abs. 1 des schriftlichen Dienstvertrages finden auf das Arbeitsverhältnis u. a. die Regelungen der Dienstvertragsordnung der Konföderation Evangelischer Kirchen in Niedersachsen (DVO) Anwendung. Wegen der weiteren Einzelheiten des schriftlichen Dienstvertrages wird auf Blatt 52 der Akte Bezug genommen. Nach § 2 Abs. 1 DVO sind auf die Dienstverhältnisse der Angestellten die Bestimmungen des Bundes-Angestellten-Tarifvertrages (BAT) vom 23.02.1969 und die zusätzlichen Regelungen in der für das Land Niedersachsen jeweils geltenden Fassung entsprechend anzuwenden, soweit im Folgenden nicht etwas anderes bestimmt ist.

§ 14 DVO enthält u. a. nachstehende Regelung:

§ 29 BAT ist mit folgender Maßgabe anzuwenden:

(1) Eine Tätigkeit im kirchlichen Dienst (§ 4) ist Tätigkeit im öffentlichen Dienst im Sinne des Ortszuschlagsrechts.

(2) Mehrere Dienstverhältnisse des Mitarbeiters nach Absatz 1 sind bei der Festsetzung des Ortszuschlags als Einheit zu betrachten. Familienbezogene Anteile des Ortszuschlags werden nur bis zur Höhe von 100 vom Hundert des jeweiligen Anteils (unter Berücksichtigung aller Dienstverhältnisse nach Absatz 1) gezahlt. ...

(3) Werden von anderer Seite Vorschriften über das Zusammentreffen mehrerer Ansprüche auf familienbezogene Anteile im Ortszuschlag nicht angewandt, so sind die familienbezogenen Anteile im Ortszuschlag neben den von anderer Seite gewährten Leistungen bis zu der in Satz 2 bezeichneten Höchstgrenze zu zahlen. Höchstgrenze ist die Summe der familienbezogenen Anteile in den Ortszuschlägen, die sich bei Anwendung der Vorschriften über das Zusammentreffen mehrerer Ansprüche auf Ortszuschlag auch auf die nicht Anspruchsberechtigten ergeben würde. Die Regelungen der Sätze 1 und 2 gelten entsprechend bei der Gewährung vergleichbarer Leistungen im Sinne des § 29 BAT.

§ 29 B. Abs. 6 BAT enthält u. a. folgende Regelung:

(6) Stünde neben dem Angestellten einer anderen Person, die im öffentlichen Dienst steht oder auf Grund einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder nach einer Ruhelohnordnung versorgungsberechtigt ist, der Familienzuschlag der Stufe 2 oder einer der folgenden Stufen oder der Ortszuschlag nach Stufe 3 oder einer der folgenden Stufen zu, wird der auf das Kind entfallende Unterschiedsbetrag zwischen den Stufen des Ortszuschlages dem Angestellten gewährt, wenn und soweit ihm das Kindergeld nach dem EStG oder nach dem BKGG gewährt wird oder ohne Berücksichtigung des § 65 EStG oder des § 4 BKGG vorrangig zu gewähren wäre; dem Ortszuschlag nach Stufe 3 oder einer der folgenden Stufen stehen der Sozialzuschlag nach den Tarifverträgen für Arbeiter des öffentlichen Dienstes, eine sonstige entsprechende Leistung oder das Mutterschaftsgeld gleich. Auf das Kind entfällt derjenige Unterschiedsbetrag, der sich aus der für die Anwendung des EStG oder des BKGG maßgebenden Reihenfolge der Kinder ergibt. § 34 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 findet auf den Unterschiedsbetrag keine Anwendung, wenn einer der Anspruchsberechtigten im Sinne des Satzes 1 vollbeschäftigt oder nach beamtenrechtlichen Grundsätzen versorgungsberechtigt ist oder mehrere Anspruchsberechtigte mit jeweils mindestens der Hälfte der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit beschäftigt sind.

Die Klägerin hat zwei Kinder; die Tochter ist am 0.0.1986 und der Sohn am 0.0.1988 geboren.

Der Ehemann der Klägerin arbeitet bei der Inneren Mission in B-Stadt. Sein Monatsbruttoeinkommen beträgt ca. 4.800,00 €. Er bezieht für die gemeinsamen Kinder das Kindergeld. Auf sein Arbeitsverhältnis finden die Vorschriften der Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonischen Werke im Bereich der Evangelischen Kirche in Deutschland Anwendung (AVR). Die AVR haben zum 01.04.2001 u. a. im Bereich des Ortszuschlagsrechtes eine Veränderung erfahren. Seitdem lautet § 19 Abs. 1 wie folgt:

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach der Berufsgruppeneinteilung A (Anlage 1 a) oder K (Anlage 1 b) eingestuft sind, erhalten einen Ortszuschlag.

§ 19 a AVR ist mit "Kinderzuschlag" überschrieben, und sein Absatz 1 enthält folgende wörtliche Regelung:

Kindergeldberechtigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten auf Nachweis eines entsprechenden Bezuges für jedes Kind einen Kinderzuschlag ab 1. Juni 2004

alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Höhe von 90,57 €.

Der Ehemann der Klägerin erhält seit dem 01.04.2001 von seinem Arbeitgeber für jedes Kind den Kinderzuschlag in Höhe von jeweils 90,57 €, mithin insgesamt 181,14 €.

Die Beklagte zahlte an die Klägerin bis März 2006 den kindergeldbezogenen Ortszuschlag für beide Kinder in der Gesamthöhe von 181,14 €, für die Monate April, Mai und Juni 2006 lediglich noch für ein Kind in Höhe von 90,57 €. Ab Juli 2006 stellte die Beklagte die Zahlungen an die Klägerin insoweit ein unter Hinweis darauf, dass der vom Ehemann der Klägerin bezogene Kindergeldzuschlag auf den Anspruch der Klägerin auf kindergeldbezogenen Ortszuschlag anzurechnen sei.

Nach erfolgloser schriftlicher Geltendmachung mit Schriftsatz vom 31.07.2006 erhob die Klägerin unter dem 06.02.2007 Klage vor dem Arbeitsgericht Wilhelmshaven.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass der Kinderzuschlag, den ihr Ehemann auf Grundlage des § 19 a AVR erhalte, nicht auf ihren Anspruch auf Auszahlung des kindergeldbezogenen Anteils des Ortszuschlages anzurechnen sei. Der Kinderzuschlag ihres Ehemanns sei keine vergleichbare Leistung. Das entspreche den Beschlüssen der arbeitsrechtlichen Kommission vom 28.12.2000 (vgl. Bl. 21 bis 30 d. A.). Bei der Klägerin sei der kindergeldbezogene Anteil im Ortszuschlag kein isolierter Vergütungszuschlag, sondern Teil der nach beamtenrechtlichen Grundsätzen ausgestalteten Alimentation. Demgegenüber stelle der vom Ehemann bezogene Kinderzuschlag auf Grundlage der AVR eine Form der am christlichen Familienbild orientierten Familienförderung dar. Darüber hinaus seien die AVR mit Wirkung zum 01.07.2007 im Bereich der Vergütung grundlegend geändert worden. Das habe u. a. zur Konsequenz, dass sich das Verhältnis von Kinderzuschlag und sonstiger Vergütung verändere und sich die Berücksichtigung der familiären Situation bei Mitarbeitern mittleren und höheren Alters verschlechtere.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 271,71 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 90,57 € ab dem 01.05.2006, auf weitere 90,57 € ab dem 01.06.2006 und auf weitere 90,57 € ab dem 01.07.2006 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch über den 30.06.2006 hinaus den kindergeldbezogenen Anteil im Ortszuschlag für zwei Kinder zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, aus § 14 DVO in Verbindung mit § 29 BAT ergebe sich, dass der vom Ehemann der Klägerin bezogene Kinderzuschlag auf den kindergeldbezogenen Anteil des Ortszuschlages der Klägerin als vergleichbare Leistungen anzurechnen sei. Beide Regelungen knüpften an das Vorhandensein von Kindern an und enthielte damit eindeutig eine soziale Komponente. Für die Vergleichbarkeit spreche zudem, dass die Höhe des Zuschlags nach § 19 a AVR exakt mit dem früheren Ortszuschlag übereinstimme.

Mit am 18.09.2007 verkündetem Urteil hat das Arbeitsgericht Wilhelmshaven die Klage abgewiesen und seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass der Ehemann der Klägerin eine vergleichbare Leistung im Sinne des § 29 BAT erhalte.

Gegen dieses ihr am 16.10.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 15.11.2007 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am Montag, den 17.12.2007 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenem Schriftsatz begründet.

Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass der von ihrem Ehemann bezogene Kinderzuschlag und der von ihr beanspruchte kindergeldbezogene Bestandteil des Ortszuschlages keine entsprechenden oder gleichwertigen Leistungen seien. Die Gemeinsamkeit erschöpfe sich darin, dass die Leistungen jeweils nicht im Hinblick auf die erbrachte Arbeitsleistung, sondern aufgrund von besonderen familiären Verhältnissen aus sozialen Gesichtspunkten heraus erbracht würden. Der erste Unterschied bestehe jedoch darin, dass die Klägerin den kindergeldbezogenen Anteil beanspruchen könne, obwohl sie das Kindergeld tatsächlich nicht erhalte, sondern lediglich zum Kindergeldbezug berechtigt sei. Die Klägerin erhalte des weiteren eine an beamtenrechtlichen Grundsätzen orientierte Vergütung. Das bedeute, dass sich ihre monatliche Vergütung zu etwa zwei Dritteln aus der sog. Grundvergütung und im Übrigen aus sozialen Komponenten zusammensetze (vor allem dem Ortszuschlag einschließlich des kindergeldbezogenen Anteils). Das sei bei ihrem Ehemann in der Größenordnung nicht der Fall. Der dem Ehemann gezahlte Ortszuschlag sei nur nominell ein solcher, materiell handele es sich um einen festen Vergütungsbestandteil, der ohne Rücksicht auf soziale Aspekte gezahlt werde. Darüber hinaus könne sich die Beklagte nicht über die von der arbeitsrechtlichen Kommission vorgenommenen Zweckbestimmungen hinwegsetzen. Die arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes habe als Normgeber deutlich gemacht, dass der Kinderzuschlag gemäß § 19 a AVR keine dem kindergeldbezogenen Anteil im Ortszuschlag entsprechende Leistung sei. Ohnehin könne auf § 14 DVO nicht zurückgegriffen werden, weil es sich bei den Regelungen in der DVO um allgemeine Geschäftsbedingungen handele und insoweit die Bestimmung der §§ 305 ff. BGB zur Anwendung zu bringen seien mit der Konsequenz, dass Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders, d. h. vorliegend der Beklagten, gingen. § 14 DVO sei in Bezug auf die gleichwertigen Leistungen nicht eindeutig auszulegen, was sich schon an dem vorliegenden Rechtsstreit zeige.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 18.09.2007 - 1 Ca 43/07 - abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 271,71 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 90,57 € ab dem 01.05.2006, auf weitere 90,57 € ab dem 01.06.2006 und auf weitere 90,57 € ab dem 01.07.2006 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch über den 30.06.2006 hinaus den kindergeldbezogenen Anteil im Ortszuschlag für zwei Kinder zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass der Kinderzuschlag nach § 19 a AVR und der kindergeldbezogene Bestandteil des Ortszuschlages vergleichbar im Sinne von § 14 DVO in Verbindung mit § 29 B. Abs. 6 BAT seien. In beiden Fällen werde ein sozialbezogener Vergütungsbestandteil gewährt, da jeweils auf das Vorhandensein von Kindern und den Kindergeldbezug abgestellt werde. Nach den allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Bundesbesoldungsgesetz Nr. 40.7.3 sei der Kinderzuschlag gemäß § 19 a AVR eine dem kindergeldbezogenen Bestandteil des Ortszuschlages vergleichbare Leistung des Arbeitgebers. Nicht maßgeblich sei, wie die arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes der EKD diese Leistung einschätze. Der Kinderzuschlag des Ehemanns der Klägerin sei auch kein fester Vergütungsbestandteil. Für den Fall, dass der Kindergeldbezug ende, bestehe auch kein Anspruch mehr auf den Kinderzuschlag. Gleiches gelte für den kindergeldbezogenen Ortszuschlag. Wäre der Ehemann der Klägerin ebenfalls bei der Beklagten beschäftigt, würde sich sein kindergeldbezogener Ortszuschlag auch auf exakt 90,57 € je Kind belaufen, woraufhin nach der Kürzungsvorschrift dieser Betrag nur einmal an die Ehegatten zu zahlen sei. Die Regelungen in der DVO seien nicht als allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB zu qualifizieren. Selbst wenn ja, sei die Vorschrift des § 14 DVO keinesfalls unklar, sondern eindeutig auszulegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, soweit sie Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, und auf die in der mündlichen Verhandlung abgegebenen wechselseitigen Erklärungen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg

A

Die Berufung ist statthaft, form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden; sie ist damit insgesamt zulässig, §§ 64, 66 ArbGG, 517, 519 ZPO.

B

Die Berufung ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht Wilhelmshaven hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung des kindergeldbezogenen Anteils des Ortszuschlages, weil ihr Ehemann auf Grundlage des § 19 a AVR in Gestalt des Kinderzuschlages eine vergleichbare Leistung in identischer Höhe erhält.

I.

Die Parteien haben arbeitsvertraglich die Geltung der Vorschriften der DVO vereinbart. Nach § 14 DVO bestimmt sich der Ortszuschlag eines im Kirchendienst beschäftigten Angestellten grundsätzlich nach den Tarifvorschriften des § 29 BAT. Dazu gehört nicht nur die Stufenregelung für den Ortszuschlag nach § 29 B. Abs. 1 bis Abs. 3 BAT, sondern auch die Kürzungsregelung des § 29 B. Abs. 6 BAT. Dieser Tarifbestimmung liegt der Gedanke zugrunde, den Kindergeldanteil des Ortszuschlages für jedes Kind nur einmal in vollem Umfang zu zahlen. Erfüllen mehrere Personen die Voraussetzungen für die Gewährung des Kindergeldanteiles, so regelt § 29 B. Abs. 6 BAT die Konkurrenz. Abweichend vom Abs. 5 wird der Kinderanteil nicht halbiert, sondern nach Abs. 6 grundsätzlich in vollem Umfang der Person zugesprochen, der das Kindergeld nach dem EStG oder nach dem BKGG gewährt wird oder ohne Berücksichtigung des § 65 EStG oder des § 4 BKGG zu gewähren wäre (vgl. Clemens-Scheuring, BAT, § 29 Erläuterung 9). Die Konkurrenz setzt dabei voraus, dass der anderen Person auch der Kinderanteil des Ortszuschlages oder eine gleichgestellte Leistung zusteht. § 14 Abs. 1 DVO stellt insoweit klar, dass eine Tätigkeit im kirchlichen Dienst gemäß § 4 DVO eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst im Sinne des Ortszuschlagsrechtes ist. Die in § 14 Abs. 3 DVO enthaltene Höchstgrenzenregelung verfolgt als Gegenkonkurrenzklausel das Ziel, familienbezogene Aspekte bei der Bemessung des Ortszuschlages auch dann zu berücksichtigen, wenn der Dienstherr des Ehepartners des im kirchlichen Dienst beschäftigten Angestellten seinerseits von der Kürzungsregelung des § 29 BAT bzw. § 40 Abs. 6 BBesG keinen Gebrauch macht. Für diesen Fall bestimmt § 14 Abs. 3 DVO eine Höchstgrenze für die Zahlung des familienbezogenen Anteils im Ortszuschlag an den kirchlichen Angestellten. Die Höchstgrenze errechnet sich aus der Summe der familienbezogenen Anteile des Ortszuschlags, die zu zahlen wären, stünden beide Ehepartner im Dienst des Arbeitgebers. Dazu sind die jeweiligen familienbezogenen Anteile anhand der Kürzungsvorschrift des § 29 B. Abs. 6 BAT zu ermitteln. Ein Zahlbetrag schuldet der kirchliche Arbeitgeber nur in den Fällen, in denen der dem Ehegatten des im kirchlichen Dienst stehenden Angestellten tatsächlich gezahlte Zuschlag diesen Betrag nicht erreicht. Unter diesen Voraussetzungen gestattet § 14 Abs. 3 DVO eine Kürzung des familienbezogenen Anteils im Ortszuschlag bis hin zum völligen Wegfall (vgl. BAG, 02.03.2003 - 2 AZR 78/02 - AP Nr. 1 zu § 14 DienstVO Evangelische Kirche).

II.

Bei der gebotenen Zugrundelegung dieser Maßstäbe ergibt sich, dass der Klägerin kein Anspruch auf Auszahlung des kindergeldbezogenen Bestandteiles des Ortszuschlages zusteht.

1.

Grundsätzlich gehört die Klägerin gemäß § 29 B. Abs. 3 BAT in Verbindung mit § 2 Abs. 1 DVO zu dem Personenkreis, der Anspruch auf den kindergeldbezogenen Anteil des Ortszuschlages nach Stufe 4 hat.

2.

Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass der Ehemann der Klägerin in Anbetracht seiner Anstellung bei der Inneren Mission in B-Stadt im kirchlichen Dienst beschäftigt ist, § 4 Abs. 2 DVO.

3.

Der Ehemann der Klägerin erhält unstreitig für beide Kinder den Kinderzuschlag nach § 19 a AVR. Vom Arbeitgeber des Ehemannes, der Inneren Mission, werden Vorschriften über das Zusammentreffen mehrerer Ansprüche in Bezug auf den Kinderzuschlag nicht angewandt. § 19 a AVR enthält keine Konkurrenzregelung.

4.

Der an den Ehemann der Klägerin gezahlte Kinderzuschlag ist eine vergleichbare Leistung mit dem von der Klägerin geforderten familienbezogenen Bestandteil im Ortszuschlag gemäß § 14 Abs. 3 Satz 3 DVO in Verbindung mit § 29 B. Abs. 6 BAT.

a)

Ob zwei Leistungen vergleichbar sind, richtet sich nach dem Sinn und Zweck der jeweiligen Regelung und ihrer inhaltlichen Ausgestaltung. Vergleichbarkeit bedeutet dabei nicht völlige Gleichartigkeit. Es genügt, dass die Regelungen jeweils insgesamt nicht nennenswert ungünstiger für die Bediensteten ausgestaltet sind (vgl. BAG, 30.11.1982 - 3 AZR 1230/79 - AP Nr. 1 zu § 25 TVAng Bundespost).

b)

Daraus, dass § 19 a AVR auf den Bezug von Kindergeld abstellt, wird ersichtlich, dass der Kindergeldzuschlag eine soziale Komponente in der Vergütung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darstellt. § 19 a AVR gewährt eine zum Kindergeld akzessorische Leistung, mit der der Dienstgeber die staatliche Unterstützung aufstockt; ohne Rücksicht auf die individuellen familiären Verhältnisse steht der Zuschlag allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beim Bezug von Kindergeld zu (vgl. Scheffer/Meier, Kommentar AVR, § 19 a Vorbemerkung). Den sozialen Charakter des Kinderzuschlages nach § 19 a AVR hat die arbeitsrechtliche Kommission in den von der Klägerin selbst vorgelegten Erläuterungen auf Seite 13 (vgl. Bl. 30 d. A.) ausdrücklich bestätigt. Auch dem familienbezogenen Bestandteil im Ortszuschlag kommt eine soziale Funktion zu, nämlich den erhöhten Belastungen aufgrund der Erziehung von Kindern Rechnung zu tragen. Beide Vergütungsbestandteile sind nicht leistungsabhängig, sondern knüpfen allein an das Vorhandensein von Kindern und den Anspruch auf Kindergeld an. Beide Vergütungsbestandteile fallen dementsprechend nur temporär an, d. h., solange Kindergeld bezogen wird bzw. ein Anspruch auf Kindergeld besteht; danach besteht der Anspruch nicht mehr. Allein der Umstand, dass der Kinderzuschlag nach § 19 a AVR nur gezahlt wird, soweit der Angestellte tatsächlich das Kindergeld bezieht, wohingegen im Bereich des BAT der kindergeldbezogene Anteil im Ortszuschlag auch dann vom Arbeitgeber zu leisten ist, wenn lediglich ein Anspruch auf Kindergeld besteht, rechtfertigt es nicht, beide Leistungen als nicht gleichartig zu qualifizieren. Diese unterschiedliche Anspruchsvoraussetzung ändert zum einen nichts daran, dass Anknüpfungspunkte für die Zahlung der Leistung allein das Vorhandensein von Kindern und die damit verbundenen erhöhten Aufwendungen sind. Zum anderen war vorrangiges Ziel der Neuregelung des Ortszuschlags- und Kinderzuschlagsrechts im Bereich der AVR, die Vorschriften sowohl im Aufbau wie auch in der Formulierung zu vereinfachen und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unabhängig vom Familienstand einen einheitlichen Ortszuschlag zuzubilligen (vgl. Scheffer/Meier, Kommentar AVR, § 19 Vorbemerkung). Durch die von § 19 a AVR allein vorgenommene Anknüpfung an den Nachweis, dass die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter tatsächlich Kindergeld empfängt, sind die komplizierten Erwägungen und Abgrenzungen unter den einzelnen Kindergeldberechtigten sowie die Unsicherheit über die Dauer der Kindergeldberechtigung beseitigt worden (vgl. hierzu auch Erläuterungen der arbeitsrechtlichen Kommission vom 28.10.2000, S. 12 <Bl. 29 d. A.>). Der Kinderzuschlag des Ehemanns der Klägerin nach § 19 a AVR ist auch der Höhe nach vergleichbar mit dem kindergeldbezogenen Bestandteil im Ortszuschlag, den die Klägerin für sich beansprucht. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der vom Ehemann der Klägerin bezogene Kinderzuschlag dieselbe Höhe hat wie der von der Klägerin begehrte, nämlich 90,57 € pro Kind. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass eine Regelung nennenswert ungünstiger für den Bediensteten ausgestaltet ist, als die andere. Abschließend ist die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Qualifizierung des Kinderzuschlages nach § 19 a AVR als vergleichbar mit dem familienbezogenen Bestandteil im Ortszuschlag nach § 29 BAT auch nicht den Erläuterungen der arbeitsrechtlichen Kommission widerspricht. Soweit darin auf Seite 12 ausgeführt wird, dass die AVR keine den Ortszuschlagsregelungen des öffentlichen Dienstes vergleichbare Regelungen mehr enthalten, bezieht sich diese Äußerung eindeutig auf den Ortszuschlag gemäß § 19 AVR. Insoweit wird ausgeführt, dass lediglich nominell der Begriff "Ortszuschlag" in § 19 AVR beibehalten worden sei, um weiterhin einen Gleichlauf der Vergütungstabellen der AVR mit denen des öffentlichen Dienstes zu ermöglichen. Dieser Ortszuschlag ist in der Tat durch die Regelung in § 19 AVR komplett von den Bestimmungen im BAT abgekoppelt worden mit der Begründung, dass die ursprüngliche Anknüpfung an die Familienverhältnisse des Mitarbeiters und die dabei zugrunde gelegte Standardsituation eines "alleinverdienenden Familienvaters" in heutiger Zeit nach Einschätzung des Normgebers immer weniger der Realität entsprechen würde. Anders als der Ortszuschlag gemäß § 19 AVR weicht der Kindergeldzuschlag nach Maßgabe von § 19 a AVR materiell aber nicht derart vom kindergeldbezogenen Ortszuschlag des öffentlichen Dienstes ab, dass eine Vergleichbarkeit verneint werden könnte. Nach der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesbesoldungsgesetz Nr. 40.7.3 ist eine vergleichbare Regelung über Familien- oder Sozialzuschläge immer dann zu bejahen, wenn die fragliche Bestimmung wegen des Vorhandenseins von Kindern einen sozialbezogenen Bestandteil in der Bezahlung gewährt. Auf die Bezeichnung dieses Vergütungsbestandteils kommt es dabei ebenso wenig an wie auf das ausdrückliche Bestehen eines Konkurrenzregelung. Entscheidend ist allein, dass die Leistung nach § 19 a AVR, wie oben bereits ausgeführt, eine soziale Komponente der Vergütung darstellt. Diesen Charakter des Kinderzuschlages hat die arbeitsrechtliche Kommission ausdrücklich bestätigt. Insgesamt ist also festzuhalten, dass beide Leistungen vergleichbar sind.

5.

Nach der Kürzungsvorschrift des § 14 Abs. 3 DVO in Verbindung mit § 29 B. Abs. 6 BAT ist somit zu ermitteln, ob der dem Ehemann der Klägerin gezahlte Kinderzuschlag den Betrag, der der Klägerin bei Nichtanwendung der Konkurrenzregelung zustehen würde, erreicht. Die Beklagte hat, von der Klägerin im Kammertermin am 21.04.2008 unwidersprochen, vorgetragen, dass der Ehemann der Klägerin dann, wenn er bei ihr beschäftigt wäre, einen Anspruch auf den kindergeldbezogenen Anteil in der Vergütung für beide Kinder in Höhe von 181,14 € pro Monat hätte. Dieser familienbezogene Bestandteil in der Vergütung würde dem Ehepaar nur einmal zustehen, d. h. in Höhe von monatlich 181,14 €. Das entspricht exakt der Höhe des Kinderzuschlages, den der Ehemann der Klägerin im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses bei der Inneren Mission erhält. Danach erlaubt § 14 DVO eine Kürzung des entsprechenden Zuschlages für die Klägerin auf Null.

6.

§ 14 Abs. 3 DVO in Verbindung mit § 29 B. Abs. 6 BAT ist auch wirksam. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich dabei um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB handelt (vgl. hierzu BAG, 17.11.2005 - 6 AZR 160/05 - AP Nr. 45 zu § 611 BGB Kirchendienst) und ob bzw. wie die Kontrolle stattzufinden hat. § 14 DVO enthält weder isoliert noch in Verbindung mit § 29 BAT betrachtet unklare Regelungen. Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Verwender von allgemeinen Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Eine Klausel genügt dem Bestimmtheitsgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn sie im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich beschreibt. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (vgl. BAG, 14.08.2007 - AP Nr. 28 zu § 307 BGB). Auf die Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB kann nur dann zurückgegriffen werden, wenn nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden nicht behebbare Zweifel bleiben (vgl. BAG, 17.01.2006 - 9 AZR 41/05 - AP Nr. 40 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag). Das ist vorliegend nicht der Fall. Aus den obigen Ausführungen (B II.4.) ergibt sich, dass Hintergrund und Ziel der Regelung in § 14 Abs. 3 DVO in Verbindung mit § 29 B. Abs. 6 BAT ist, Ehepartnern, die beide im kirchlichen Dienst tätig sind und gemeinsame Kinder haben, den kindergeldbezogenen leistungsunabhängigen Zuschlag zur Vergütung nur einmal zukommen zu lassen. Da für diese kinderbezogenen Zuschläge nicht nur eine, sondern eine Vielzahl von Anspruchsgrundlagen aus verschiedenen Tarifbereichen und sonstigen Regelungswerken in Betracht kommen, ist darauf abgestellt worden, dass es sich um vergleichbare Leistungen handeln muss. Welche Leistungen nach welchen Kriterien als vergleichbar zu qualifizieren sind, ist nach den oben ausgeführten Kriterien jedoch hinreichend deutlich zu bestimmen. Eine abschließende Auflistung der anzurechnenden anderweitigen kinderbezogenen Zuschläge aus anderen Regelungsbereichen ist schon deshalb nicht möglich, weil die anderen Regelungsbereiche, wie sich jetzt bei den AVR zeigt, ständigen Wechseln unterliegen und eine Auflistung daher nicht dem Anspruch gerecht werden könnte, abschließend zu sein.

C

Die Klägerin hat die Kosten der erfolglosen Berufung gemäß § 97 ZPO zu tragen.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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