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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 22.06.2009
Aktenzeichen: 6 Sa 389/09
Rechtsgebiete: BetrVG, BGB


Vorschriften:

BetrVG § 75 Abs. 1
BetrVG § 77 Abs. 3
BetrVG § 87 Abs. 1
BGB §§ 305 ff.
1. In einer Gesamtbetriebsvereinbarung kann wirksam der Ausschluss von Altersteilzeitarbeitnehmern, die sich in der Freistellungsphase befinden, von dem Anspruch auf Zahlung eines Jahresbonusses, der u. a. vom Erfolg des Unternehmens abhängt, vereinbart worden.

2. Der Begriff der "Einmalzahlungen" in einem Altersteilzeitvertrag erfasst unter Berücksichtigung der sog. Spiegelbildtheorie des BAG keine leistungsabhängigen Bonizahlungen, die an die aktive Beteiligung des Arbeitnehmers an der Erreichung von Zielvorgaben in einem bestimmten Kalenderjahr anknüpfen.


LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 Sa 389/09

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2009 durch

die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Klausmeyer, den ehrenamtlichen Richter Andreseck, den ehrenamtlichen Richter Wienecke für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 14.01.2009 - 2 Ca 185/08 - wird zurückwiesen.

Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Zahlung einer Bonusleistung für das Jahr 2007.

Seit dem 19.10.1981 besteht ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien. Auf Grundlage des schriftlichen Vertrages vom 02.12.2003 vereinbarten die Parteien dessen Fortführung mit Wirkung vom 01.12.2003 bis zum 30.11.2009 als Altersteilzeitverhältnis im sogenannten Blockmodell. Die Arbeitsphase legten die Parteien für den Zeitraum vom 01.12.2003 bis 30.11.2006 und die passive Phase für den Zeitraum vom 01.12.2006 bis 30.11.2009 fest.

Unter § 3 des Altersteilzeitvertrages haben die Parteien folgende Regelung getroffen:

1. Der Arbeitnehmer erhält für die Dauer des Altersteilzeitverhältnisses das Entgelt für die Altersteilzeitarbeit, d. h. die Hälfte seiner vorherigen Bezüge.

Vermögenswirksame Leistungen sowie Einmalzahlungen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld etc.) werden während der gesamten Laufzeit der Altersteilzeit jeweils in Höhe von 50 % weitergewährt.

2. Entgeltänderungen wirken sich auch während der Freistellungsphase auf das Arbeitsentgelt aus ...

Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Vertrages wird auf Bl. 4 bis 8 d. A. Bezug genommen.

Im November 2001 und Mai 2003 erhielt der Kläger Sonderzahlungen in Höhe von 15 % beziehungsweise 30 % der monatlichen Bruttobasisbezüge auf Grundlage der schriftlichen Mitteilungen vom 31.10.2001 (vgl. Bl. 117 d. A.) und 30.04.2003 (vgl. Bl. 118 d. A.).

Seit dem Jahr 2004 existiert bei der Beklagten eine Bonusregelung. Es handelt sich hierbei um Gesamtbetriebsvereinbarungen, die den Bonusanspruch jeweils für ein Kalenderjahr fixieren. Die Höhe des Bonusses wurde und wird der Beklagten jeweils von ihrer Muttergesellschaft mitgeteilt, und zwar für das Jahr 2004 mit 15 %, für das Jahr 2005 mit 4 % und für das Jahr 2006 mit 10,8 % eines tariflichen Jahresentgeltes. Der Kläger hat auf dieser Grundlage einen hundertprozentigen Bonus erhalten für das Jahr 2004 in Höhe von 7.411,95 €, für das Jahr 2005 in Höhe von 2.030,80 € und für das Jahr 2006 in Höhe von 5.024,77 €.

Für das Jahr 2007 sind die Voraussetzungen für den Bonusanspruch wiederum in einer Gesamtbetriebsvereinbarung und zwar mit Datum vom 31.08.2007 festgelegt worden. Darin enthalten sind unter anderem die nachstehenden Regelungen:

"MitarbeiterInnen in Altersteilzeit erhalten in der Arbeitsphase den vollen Bonus (ohne Aufstockungsbetrag) eines vergleichbaren Mitarbeiters in Vollzeit und keinen Bonus in der Freistellungsphase. Im Jahr des Übergangs von Arbeits- in Ruhephase erhält der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin für jeden vollen Monat Arbeitsphase ein Zwölftel des Bonusses."

Wegen der weiteren Einzelheiten der Gesamtbetriebsvereinbarung wird auf Bl. 12 und 13 d. A. Bezug genommen.

Per Aushang teilte die Beklagte ihren Beschäftigten mit, dass der für jeden Standort auszuzahlende Bonus sich nach dem jeweiligen Geschäftsergebnis 2007 richte und für C-Stadt die Höhe von 20 % habe (vgl. Bl. 25 d. A.). Eine Auszahlung an den Kläger erfolgte nicht.

Mit seiner am 26. Mai 2008 beim Arbeitsgericht Wilhelmshaven eingegangenen Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Zahlung eines 50 % Bonusses für das Jahr 2007.

Er hat die Ansicht vertreten, die Gesamtbetriebsvereinbarung könne den Anspruch des Klägers nicht zu Fall bringen. Dieser ergebe sich aus § 3 Nr. 1 Abs. 2 des Altersteilzeitvertrages. Dieser vertragliche Anspruch stelle gegenüber der Gesamtbetriebsvereinbarung die günstigere Regelung dar. Bei dem Bonus handele es sich um eine Einmalzahlung im Sinne des Altersteilzeitvertrages. Ausgehend vom Jahresgehalt des Klägers in Höhe von 53.585,00 € und des Bonusanspruchs in Höhe von 20,85 % hiervon errechne sich ein hundertprozentiger Bonusanspruch in Höhe von 11.172,47 € brutto. Nach § 3 Nr. 1 seines Altersteilzeitvertrages habe der Kläger Anspruch auf 50 % hiervon und mithin 5.586,24 € brutto.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.586,24 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass der Altersteilzeitvertrag keine konstitutive Regelung darüber enthalte, ob und unter welchen Voraussetzungen der Kläger einen Anspruch auf Zahlung eines Bonusses habe. § 3 Ziffer 1 Abs. 2 des Altersteilzeitvertrages könne nur als deklaratorischer Hinweis auf eine Regelung in einer anderen Rechtsquelle verstanden werden. Diese bestehe für das Jahr 2007 in Gestalt der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 31.08.2007. Die Betriebsparteien seien dazu berechtigt gewesen, die Gewährung des Bonusses davon abhängig zu machen, ob es sich um ein aktives oder nicht mehr aktives Arbeitsverhältnis gehandelt habe. Die Altersteilzeitmitarbeiter würden auch nicht schlechter gestellt als andere Teilzeitmitarbeiter, die den Bonus jeweils auf der Grundlage ihres im Verhältnis zu Vollzeitbeschäftigten niedrigeren Tarifentgeltes erhalten würden. In der Gesamtbetriebsvereinbarung sei geregelt, dass Altersteilzeitmitarbeiter im Blockmodell in der Arbeitsphase einen Bonus in voller Höhe erhalten, also auf der Basis des doppelten Tarifentgeltes, das sie tatsächlich bezögen. Dafür entfalle der Anspruch in der Freistellungsphase. Diese habe beim Kläger am 01.12.2006 begonnen. Ohnehin habe es zum Zeitpunkt des Abschlusses des Altersteilzeitvertrages noch keine Bonusregelung gegeben. Der klarstellende Hinweis in § 3 des Altersteilzeitvertrages sei aufgenommen worden, weil der Tarifvertrag über Einmalzahlungen und Altersvorsorge und der Tarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit hinsichtlich der tariflichen Einmalleistungen bei Altersteilzeitmitarbeitern im Blockmodell missverständlich seien. Für den Fall, dass dem Kläger der geltendgemachte Anspruch dennoch zuerkannt werden würde, erkläre die Beklagte die Aufrechnung mit den dann überzahlten Bonusleistungen in den Jahren 2004 bis 2006 in Höhe von 7.233,40 €.

Mit am 14.01.2009 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht Wilhelmshaven die Klage abgewiesen. Es hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, dass der Altersteilzeitvertrag keine eigenständige, konstitutive Regelung über die Zahlung eines Leistungsbonusses in bestimmter Höhe enthalte. Bonuszahlungen seien nicht als Einmalzahlungen im Sinne des Vertrages zu qualifizieren.

Gegen dieses ihm am 18.02.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 13.03.2009 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese unter dem 08.04.2009 begründet.

Er ist weiterhin der Ansicht, dass ihm ein Anspruch auf den Bonus für das Jahr 2007 zustehe. Da der Kläger bereits im Jahr 2003 für das Jahr 2002 eine Bonuszahlung erhalten, und damit zum Zeitpunkt des Abschlusses des Altersteilzeitvertrages ein Bonussystem bei der Beklagten bestanden habe, sei § 3 Ziffer 1 Abs. 2 des Altersteilzeitvertrages dahingehend auszulegen, dass der Begriff der Einmalzahlungen auch Boni erfasse. Außerdem seien seit dem Jahr 2004 regelmäßig Bonuszahlungen erfolgt und diese so Bestandteil des Altersteilzeitvertrages geworden. Dem damit vertraglich begründeten Anspruch des Klägers stehe die Betriebsvereinbarung vom 31.08.2007 nicht entgegen. Zum einen verstoße diese gegen das Günstigkeitsprinzip. Zum anderen stehe der Betriebsvereinbarung, soweit sie Regelungen über die Modalitäten der Zahlung der Bonusleistungen enthalte, die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG entgegen und sie sei deshalb unwirksam.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Wilhelmshaven vom 14.01.2009 - 2 Ca 185/08 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.586,24 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.06.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend. Der Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung stehe nicht die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG entgegen. Bei dem Bonus handele es sich um eine freiwillige übertarifliche Leistung, deren Gestaltung gerade nicht nur den Tarifvertragsparteien vorbehalten sei, wie sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ergebe. Anspruchsgrundlage des Zahlungsbegehrens könne auch nicht der Altersteilzeitvertrag sein. § 3 Ziffer 1 Abs. 2 dieses Vertrages beinhalte lediglich einen klarstellenden Hinweis zu den tarifvertraglich geregelten Einmalzahlungen. Darüber hinaus könne der Vertrag schon deshalb keine Aussage zu den Boni enthalten, weil diese erst im Jahr 2004 bei der Beklagten eingeführt worden seien. Zuvor seien lediglich Anerkennungszahlungen erfolgt, die nicht durch Betriebsvereinbarung geregelt, sondern per Aushang bekannt gegeben worden seien. Da der Altersteilzeitvertrag die Zahlung eines Bonus gar nicht regele, könne das Günstigkeitsprinzip nicht zum Zuge komme. Ohnehin sei den anderen Mitarbeitern der Beklagten im Jahr 2008 kein Bonus ausgezahlt worden; das sei auch für 2009 nicht beabsichtigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselte Schriftsätze nebst Anlagen, soweit diese Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren und auf die in der mündlichen Verhandlung abgegebenen wechselseitigen Erklärungen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht Wilhelmshaven hat den Antrag des Klägers auf Zahlung eines Bonusses für das Jahr 2007 zu recht abgewiesen.

I.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Dem Kläger steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines Bonusses für das Jahr 2007 zu.

1.

Dieser folgt zunächst nicht aus der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 31.08.2007. Zwar bestand im Bonusjahr, d. h. vom 01.01. - 31.12.2007 ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien. Der Kläger war aber auf Grundlage des Altersteilzeitvertrages vom 01.12.2003 während des gesamten Jahres 2007 nicht zur Erbringung der Arbeitsleistung verpflichtet, weil er sich in der sog. passiven Phase befand. Insoweit ist in der Gesamtbetriebsvereinbarung unter der Überschrift "Verteilung" geregelt, dass Mitarbeiter in Altersteilzeit in der Freistellungsphase keinen Bonus erhalten.

a.

Der Wirksamkeit der Gesamtbetriebsvereinbarung steht § 77 Abs. 3 BetrVG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift können Arbeitsentgelte oder sonstige Arbeitsbedingung, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes wird allerdings die erzwingbare Mitbestimmung des Betriebsrates nicht dadurch ausgeschlossen, dass die entsprechende Angelegenheit zwar üblicherweise durch Tarifvertrag geregelt wird, eine Regelung aber nicht bestehet, oder zwar tariflich geregelt, der Arbeitgeber an den betreffenden Tarifvertrag jedoch nicht gebunden ist. Das wird überzeugend damit begründet, dass andernfalls in den fraglichen Betrieben weder eine tarifliche Regelung gelten würde noch es eine betrieblich mitbestimmte Regelung geben könnte; dies liefe dem Schutzzweck des § 87 Abs. 1 BetrVG zuwider. Bzgl. der hier relevanten Regelung zur Zahlung eines Bonusses besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates. Dieser hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und der Anwendung neuer Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung (BAG, 29.02.2000 - 1 ABR 4/99 - AP Nr. 105 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung). In der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 31.08.2007 wird nicht die absolute Bonushöhe, sondern das Wie der Auszahlung des Bonusses an die Mitarbeiter geregelt. Der Anwendungsbereich des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ist mithin offensichtlich eröffnet. Weder hat der Kläger vorgetragen noch bestehen dafür irgendwelche Anhaltspunkte, dass eine tariflichen Regelung existiert, die das Wie von Bonuszahlungen festlegt und für die Beklagtenseite bindend ist. Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG wird vorliegend also durch den Vorrang der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 BetrVG aufgehoben (vgl. BAG, 22.03.2005 - 1 ABR 64/03 - AP Nr. 26 zu § 4 TVG Geltungsbereich; BAG, 20.11.2001 - 1 AZR 12/01 - EzA Nr. 70 zu § 77 BetrVG 1972).

b.

Der in der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 31.08.2007 vereinbarte Ausschluss der Altersteilzeitarbeitnehmern von der Bonuszahlung, die sich in der Freistellungsphase befinden, ist auch nicht wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung unwirksam.

a. a.

Die Betriebsparteien haben bei der Abfassung von Betriebsvereinbarungen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG zu beachten. Dieser zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicher zu stellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (vgl. BAG, 15.04.2008 - AP Nr. 42 zu § 77 BetrVG 1972 Betriebsvereinbarung). Auch bei zusätzlichen Leistungen müssen die Voraussetzungen so ausgelegt sein, dass nicht sachwidrig oder willkürlich ein Teil der Arbeitnehmer von den Vergünstigungen ausgeschlossen wird (vgl. BAG, 24.10.2006 - 9 AZR 681/05 - AP Nr. 263 zu § 611 BGB Gratifikation).

b. b.

In der Gesamtbetriebsvereinbarung ist geregelt, dass Mitarbeiter in der Altersteilzeit in der Arbeitsphase den vollen Bonus eines vergleichbaren Mitarbeiters in Vollzeit und in der Freistellungsphase keinen Bonus erhalten. Für diese Differenzierung gibt es billigenswerte sachliche Gründe. Ziel der Bonusregelung ist es nach dem Wortlaut der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 31.08.2007, die Mitarbeiter der Beklagten am finanziellen Erfolg der jeweiligen Standorte zu beteiligen und zwar auf der Basis des jeweiligen Bonusjahres, welches identisch mit dem jeweiligen Kalenderjahr ist. Nach der Bekanntmachung der Höhe der Bonuszahlung für das Jahr 2007 gemäß Aushang vom 11. März bis 11. April 2008 (vgl. Bl. 25 d. A.) gab es fünf Zielvorgaben, die für die Auszahlung des Bonusses ausschlagend waren. Dabei handelte es sich u. a. um die Quote von Verletzungen mit Arbeitsausfall und die Anzahl der Zwischenfälle im Umweltbereich, die Fixkosten, die Zuverlässigkeit der Anlagen und das sog. Working-Capital. Anknüpfungspunkt für die Bonuszahlungen waren mithin die tatsächliche Erbringung der Arbeitsleistungen unter Vermeidung von Verletzungen mit Arbeitsausfall und Zwischenfällen im Bereich des Umweltschutzes sowie die von den Mitarbeitern maßgeblich mit beeinflussten Fixkosten und Verkaufspreise. Das Erreichen der Bonusziele setzte mithin eindeutig die tatsächliche Erbringung der Arbeitsleistung voraus. Das kommt in der Gesamtbetriebsvereinbarung zudem u. a. dadurch zum Ausdruck, dass für Mitarbeiter, die im Laufe eines Bonusjahres eintreten, eine Quotelung des Bonusanspruches für jeden vollen Monat der Betriebszughörigkeit vorgesehen ist. Die Bonuszahlung hat einerseits Tantiemecharakter, die den Arbeitseinsatz im Bezugsjahr honorieren soll, und andererseits Leistungscharakter, in dem sie den Grad der Erfüllung der für das Bonusjahr gesetzten Zielvorgaben belohnt. An dem erzielten Ergebnis im Jahr 2007 haben jedoch nur die Altersteilzeitmitarbeiter tatsächlich mitgewirkt, die sich in der aktiven Phase befanden und mithin ihre Arbeitsleistung erbracht haben, nicht aber diejenigen, die im Zuge der Freistellungsphase von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt waren. Abgesehen davon ist darauf hinzuweisen, dass vorliegend zudem eine Kompensation dadurch gewährleistet ist, dass die Altersteilzeitmitarbeiter im Blockmodell während der Arbeitsphase, in der ihnen eigentlich nur 50 % der Bezüge zustehen, nicht nur 50 % des Bonusses, sondern entsprechend ihrer tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung 100 % des miterwirtschafteten Bonusses erhalten haben. Für die gesamte Dauer der Altersteilzeit ist damit sichergestellt, dass durchgehend gedanklich 50 % gezahlt werden, wobei Anknüpfungspunkt für die Höhe des Anspruches das Bonusjahr ist, in dem die Arbeitsleistung erbracht wird und auch in diesem Jahr im Sinne einer Vorauszahlung nicht nur 50 %, sondern sofort die gesamten 100 % ausgezahlt werden.

2.

Der Anspruch des Klägers folgt auch nicht aus § 3 Ziffer 1 und 2 des Altersteilzeitvertrages i. V. m. § 611 BGB als im Vergleich zur Gesamtbetriebsvereinbarung günstigeren Regelung.

Insoweit ist dem Kläger darin zuzustimmen, dass aus dem arbeitsrechtlichen Schutzprinzip der Grundsatz hergeleitet wird, arbeitsrechtliche Gestaltungsfaktoren wie Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge können im Verhältnis zu rangniedrigeren Regelungen wie insbesondere einzelvertragliche Abmachungen Verbesserungen nicht ausschließen. Günstigere arbeitsvertragliche Regelungen bleiben auch gegenüber nachträglich verschlechternden Betriebsvereinbarungen wirksam (BAG, 17.03.2003 - 3 ABR 43/02 - AP Nr. 44 zu § 1 BetrAVG Ablösung). Insoweit hat das Arbeitsgericht Wilhelmshaven einerseits zu recht festgestellt, dass § 3 Nr. 1 u. 2 des Altersteilzeitvertrages keine konstitutive Anspruchsgrundlage des Klägers im Hinblick auf die begehrte Bonuszahlung darstellen. Andererseits kann für den Fall, dass man § 3 Ziffer 1 u. 2 des Altersteilzeitvertrages eine dahingehende Rechtsqualität zuweisen würde, nicht festgestellt werden, dass die darin enthaltenen Vereinbarungen günstiger sind als diejenigen in der Betriebsvereinbarung.

a.

§ 3 Nr. 1 u. 2 des Altersteilzeitvertrags enthalten keine eigenständige Anspruchsgrundlage des Klägers im Hinblick auf die Zahlung von 50 % des Bonusses für das Jahr 2007.

a.a.

Bei den im Altersteilzeitvertrag vom 01.12.2003 getroffenen Vereinbarungen handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von §§ 305 ff. BGB. Der Vertragstext ist ersichtlich für eine Mehrzahl von Fällen vorformuliert und enthält lediglich einzelne individuell auf den Sachverhalt zugeschnittene Eintragungen. Im übrigen hat auch die Beklagte den Charakter der Vertragsbedingungen als allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB in der mündlichen Verhandlung nicht in Abrede gestellt.

b.b.

Die Auslegung ergibt, dass es sich bei dem Bonus für das Jahr 2007 weder um eine Einmalzahlung im Sinne von § 3 Ziffer 1 S. 2 noch um eine Entgeltänderung im Sinne von § 3 Ziffer 2 des Altersteilzeitvertrages handelt.

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt im typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Geschäftspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei ist nicht auf die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners abzustellen. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierenden Auslegung ist in erster Linie der Wortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist. Soweit auch der im Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur im Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten. Verbleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethode ein nicht behebbarer Zweifel, geht dieser zu Lasten des Verwenders. Die Anwendung dieser Unklarheitenregelung nach § 305 c Abs. 2 BGB setzt jedoch voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen dabei erhebliche Zweifel an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (vgl. BAG, 24.10.2007 - 10 AZR 825/06 - AP Nr. 32 zu § 307 BGB).

Bei der gebotenen Anwendung dieser Auslegungsregeln ist zunächst eindeutig festzustellen, dass es sich bei der Bonuszahlung nicht um eine Entgeltänderung im Sinne von § 3 Nr. 2 des Altersteilzeittarifvertrages handeln kann. Nach § 3 Ziffer 2 des Altersteilzeitvertrages wirken sich Entgeltänderungen auch während der Freistellungsphase auf das Arbeitsentgelt aus. Diese Vorschrift besagt, dass der Kläger in der Freistellungsphase trotz fehlender Arbeitsleistung z. B. Anspruch auf die jeweiligen Tariferhöhungen hat, bzw. allgemeiner ausgedrückt, dass das Arbeitsverhältnis auch in dieser Phase von Veränderungen erfasst wird, die von außen auf es einwirken. Voraussetzung von § 3 Nr. 2 ist also, dass außerhalb des Arbeitsvertrages gemeingültige Regelungen getroffen werden, die dem betreffenden Arbeitnehmern in der jeweiligen zeitlichen Phase an sich einen Anspruch zubilligen würden. Das ist aber im Bezug auf den Bonus gerade nicht der Fall, weil die Gesamtbetriebsvereinbarung Altersteilzeitler während der Freistellungsphase ausnimmt.

Der Begriff der Einmalzahlung in § 3 Nr. 1 ist demgegenüber vom Wortlaut her nicht eindeutig. In der sich anschließenden Klammer sind beispielhaft aufgeführt das Urlaubsgeld und das Weihnachtsgeld. Abschließend findet sich ein "etc"., woraus ersichtlich wird, dass die in der Klammer enthaltene Auflistung nicht abschließend ist. Dass sich die Einmalzahlung nur auf tarifliche Leistungen beziehen sollen, ist dem Wortlaut auch nicht ohne weiteres zu entnehmen, weil eine dahingehende Einschränkung in § 3 Ziffer 1 des Altersteilzeitvertrages gerade nicht enthalten ist. Aus dem Sinn und Zweck der Altersteilzeitvergütung einerseits und der Bonuszahlung andererseits ergibt sich jedoch eindeutig, dass der Bonus nicht als Einmalzahlung im Sinne des § 3 Nr. 1 S. 2 des Altersteilzeitvertrages zu qualifizieren ist. Wie bereits oben ausgeführt, ist Anknüpfungspunkt für die Bonuszahlung die tatsächliche Beteiligung des Arbeitnehmers an der Verwirklichung der Bonusziele im konkreten Bonusjahr durch die Erbringung seiner Arbeitsleistung. Diesen Anknüpfungspunkt haben Mitarbeiter, die im Blockmodell Altersteilzeit vereinbart haben, während der Freistellungsphase nicht. Vielmehr sind sie von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt und können keinen Einfluss mehr auf die Verwirklichung irgendwelcher Ziele im Betrieb nehmen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes wird die in der Freistellungsphase gezahlte Vergütung "spiegelbildlich" für die entsprechenden Monate der Arbeitsphase geleistet. Dieser Rechtsprechung liegt die nachvollziehbare Vorstellung zugrunde, dass der Altersteilzeitarbeitnehmer im Blockmodell in der Arbeitsphase ein Guthaben erarbeitet, welches in der Freistellungsphase zur Auszahlung kommen soll. Er erhält in der Arbeitsphase trotz zeitlich nicht reduzierter Arbeitszeit nur eine der Halbierung der Wochenarbeitszeit entsprechende Teilzeitvergütung zzgl. Aufstockungsleistung. Die ihm zustehende restliche Vergütung wird zum Zwecke der Sicherung des Lebensstandards in der Freistellungsphase ausgezahlt. Im Blockmodell der Altersteilzeit tritt der Arbeitnehmer also während der Arbeitsphase mit seiner vollen Arbeitsleistung im Hinblick auf die anschließende Freistellungsphase in Vorleistung. Das während der Freistellungsphase auszuzahlende Entgelt ist daher Gegenleistung für die bereits während der Arbeitsphase geleistete, über die verringerte Arbeitszeit hinausgehende Vollarbeit. Dabei wird die in der Freistellungsphase gezahlte Vergütung jeweils "spiegelbildlich" für die entsprechenden Monate der Arbeitsphase gezahlt. Bei der Bemessung der Grundvergütung wird an die Lohn- und Gehaltsgruppen angeknüpft, die der Arbeitnehmer zur Zeit der Arbeitsphase hatte (BAG, 04.10.2005 - 9 AZR 449/04 - AP Nr. 16 zu § 3 ATG). Die Spiegelbildtheorie gilt jedoch nicht für alle Vergütungsbestandteile, so z. B. nicht für Erschwerniszuschläge, die bei Verrichtung einer entsprechenden Tätigkeit in der Arbeitsphase in vollem Umfang anfallen und daher in der Freistellungsphase nicht nochmals zur Auszahlung gelangen (BAG, 04.10.2005 - 9 AZR 449/04 - a. a. O.). Insoweit ist oben bereits ausgeführt worden, dass Anknüpfungspunkt für die Bonuszahlung die Mitwirkung des aktiv tätigen Arbeitnehmers an der Erreichung der Bonusziele ist. Dementsprechend gelangt auch in dem Bonusjahr, in dem die Arbeitsleistung zu 100 % erbracht wird, der Bonus zu 100 % zur Auszahlung. Dieser Anknüpfungspunkt der Bonuszahlung war für den Kläger aufgrund der Bekanntmachungen mindestens seit dem Jahr 2004 hinreichend bekannt. Er muss sich wie jeder redliche Vertragspartner bewusst gewesen sein, dass ihm die Bonuszahlung nur deshalb zu 100 % ausgezahlt worden ist, weil er seine Arbeitkraft zu 100 % eingebracht und er in gleicher Höhe einen aktiven Beitrag zur Erreichung der Bonusziele geleistet hat. Für den Kläger konnten bei objektiver Betrachtung keinerlei Anhaltspunkt dafür bestehen, dass die Beklagte die 100 %igen Bonuszahlungen in den Jahren 2004, 2005 und 2006 in Unkenntnis der rechtlichen Grundlagen, auf freiwilliger Basis über die Verpflichtungen aus dem Vertrag oder der jeweiligen Gesamtbetriebsvereinbarungen hinaus geleistet hat. Ebenso ist es für den Kläger ohne weiteres erkennbar, dass er im Jahr 2007 mangels Erbringung der Arbeitsleistung keinen aktiven Beitrag zur Erreichung der Zielvorgaben geleistet hat. Aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise und bei Zugrundelegung eines redlichen Vertragspartners verbleibt nach Ansicht der Kammer nach Ausschöpfung der Auslegenmethoden kein Zweifel daran, dass im konkreten Fall die Bonuszahlung auf Grundlage der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 31.08.2007 nicht als Einmalzahlung im Sinne von § 3 Ziffer 1 des Altersteilzeitvertrages auszulegen ist. Angesichts dieses eindeutigen Auslegungsergebnisses besteht für die Anwendung der Unklarheitenregelung nach § 305 c Abs. 2 BGB kein Raum.

c.c.

Die so ausgelegte Bestimmung in § 3 Nr. 1 des Altersteilzeitvertrages beinhaltet auch keine unangemessene Benachteiligung des Klägers im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Das ergibt sich bereits daraus, dass der Kläger während der aktiven Phase der Altersteilzeit einen 100 %igen Anspruch auf Auszahlung des Bonusses hat und nur während der passiven Phase hiervon ausgenommen wird.

b.

Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass selbst dann, wenn man dem Kläger auf Grundlage von § 3 Nr. 1 des Altersteilzeitvertrages einen eigenständigen Anspruch auf Auszahlung des Bonusses in Höhe von 50 % geben wollte, auch nach seinem Vortrag keineswegs davon ausgegangen werden kann, dass dann die Regelung in der Gesamtbetriebsvereinbarung für ihn ungünstiger wäre. Insoweit ist wiederum hervorzuheben, dass der Kläger auf Grundlage der Gesamtbetriebsvereinbarungen in den Vorjahren 2004, 2005 und 2006 jeweils zu 100 % Bonuszahlungen in der Gesamthöhe von 14.466,80 € brutto erhalten hat. § 3 Nr. 1 des Altersteilzeitvertrages hätte ihm einen Anspruch nur in Höhe der Hälfte und mithin von 7.233,40 € eröffnet. Er hätte also 7.233,70 € mehr erhalten, als ihm zugestanden hätte. Die Beklagte hat ausgeführt, dass weder für das Jahr 2008 eine Bonuszahlung zugesagt worden noch dass dies für das Jahr 2009 beabsichtigt sei. Somit stünde dem etwaigen Anspruch des Klägers für das Jahr 2007 auf Basis des Altersteilzeittarifvertrages für den gesamten Zeitraum der passiven Phase eine Mehrzahlung während der aktiven Phase in Höhe von 7.233,40 € gegenüber. Dass bei dieser Sichtweise die Regelungen der Gesamtbetriebsvereinbarung für den Kläger eindeutig günstiger sind als diejenige des Altersteilzeitvertrages, bedarf keiner näheren Ausführungen.

II.

Insgesamt ist mithin daran festzuhalten, dass das Arbeitsgericht Wilhelmshaven die Klage des Klägers zu recht abgewiesen hat. Die hiergegen gerichtete Berufung war zurückzuweisen mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe die Revision zuzulassen bestehen nicht.

Ende der Entscheidung

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