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Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 06.03.2002
Aktenzeichen: 6 Sa 603/01 B
Rechtsgebiete: AVR-DW-EKD
Vorschriften:
AVR-DW-EKD § 1a |
Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Verkündet am: 6.3.2002
URTEIL IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 06.03.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Becker als Vorsitzenden und den ehrenamtlichen Richter Reiser und die ehrenamtliche Richterin Inschläger als Beisitzer
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 12.3.2001 - 2 Ca 489/00 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Klägers zur Eigenbeteiligung an der Umlage zur kirchlichen Zusatzversorgungskasse und um Rückzahlung bereits einbehaltener Beträge.
Der geborene Kläger ist seit dem 1.9.1982 als pädagogische Fachkraft in der Sozialpädagogischen Einrichtung für Kinder und Jugendliche der Beklagten in deren Einrichtung in B beschäftigt. Die Parteien vereinbarten als Vertragsinhalt die Geltung der Richtlinien für Arbeitsverträge für Anstalten und Einrichtungen, die dem Diakonischen Werk - Innere Mission und Hilfswerk - der Evangelischen Kirche in Deutschland angeschlossen sind, in der jeweils gültigen Fassung. Dem Anstellungsvertrag entsprechend ist der Kläger bei der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Rheinland-Westfalen für seine zusätzliche Altersversorgung versichert.
Anfang 1999 führte die Arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes der EKD eine Eigenbeteiligung der Arbeitnehmer an der Umlage zur Zusatzversorgungskasse von L % des Zusatzversorgungspflichtigen Einkommens ein, so dass im Jahr 1999 DM 836,88 brutto und im Jahr 2000 bis einschließlich August DM 527,60 brutto vom Gehalt des Klägers einbehalten und an die Zusatzversorgungskasse abgeführt wurden.
Die Beklagte unterhält Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, den Neuen Bundesländern und in Süddeutschland. Sie ist Mitglied verschiedener gliedkirchlicher Diakonischer Werke, so des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Westfalen, aber auch des Diakonischen Werkes der ev.-luth. Landeskirche Hannovers e.V. und des Diakonischen Werkes der Braunschweigischen Landeskirche. Die ev.-luth. Landeskirche Hannovers und die Braunschweigische und die Oldenburgische Landeskirche sind zusammengeschlossen in der Konföderation der evangelischen Kirchen in Niedersachsen.
Der Kläger hält den Einbehalt von 1 % seiner Bezüge als Teil der Umlage zur ZVK für unberechtigt und forderte am 1.3.2000 die Rückzahlung bereits einbehaltener Vergütung. Er meint, dass die AVR-DW-EKD, in deren § 27 a die 1 %-ige Eigenbeteiligung der Mitarbeiter geregelt ist, auf sein Arbeitsverhältnis nicht anzuwenden seien, weil § 1 a (Geltungsbereich) der AVR-DW-EKD auf die Arbeitsvertragsrichtlinien der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen (AVR-K) verweisen. Nach den AVR-K ist eine Eigenbeteiligung der Mitarbeiter an der kirchlichen ZVK nicht vorgesehen. Wenngleich die Beklagte sich dem Arbeitsrechtsregelungsgesetz Diakonie-ARRGD vom 11.10.1997 der Konföderation evanglischer Kirchen in Niedersachsen nicht angeschlossen hat und keine Dienstvereinbarung mit deren Mitarbeitervertretung abgeschlossen hat, gelten gleichwohl die AVR-K auf Grund der Verweisungsnorm des § 1 a AVR-DW-EKD, weil in Niedersachsen und damit am Sitz der beschäftigenden Einrichtung eine gliedkirchlich-diakonische Arbeitsrechtsregelung besteht. Sinn und Zweck dieser Verweisungsnorm sei eine Harmonisierung im Vergütungssystem diakonischer Einrichtungen, um einen Kostenwettbewerb zwischen diakonischen Einrichtungen zu vermeiden und um andererseits landesspezifischen Finanzierungsbedingungen Rechnung zu tragen.
Der Kläger hat beantragt
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 1.374,48 netto zuzüglich 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit (3.11.2000) zu zahlen;
2. festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, von der dem Kläger zustehenden monatlichen Vergütung einen Betrag als Eigenbeteiligung des Klägers an der Umlage zur kirchlichen Zusatzversorgungskasse einzubehalten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 12.3.2001 der Klage stattgegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand und wegen der Würdigung dieses Vorbringens auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts ergänzend Bezug genommen.
Die Beklagte hat gegen dieses ihr am 26.3.2001 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts am 25.4.2001 Berufung beim Landesarbeitsgerichts eingelegt und diese am 23.5.2001 begründet.
Die Beklagte verweist auf den Beschluss der Arbeitsrechtlichen Kommission des Diakonischen Werkes der EKD vom 3./4.5.200l, durch den dem § 1 a AVR-DW-EKD ein dritter Absatz angefügt wurde:
"(3) Abs. 2 ist dann nicht anzuwenden, wenn eine Einrichtung nicht unter den Geltungsbereich des gliedkirchlich-diakonischen oder freikirchlichen Arbeitsrechts fällt, weil
a) ...
b) ...
c) sie nicht dem Arbeitsrechtsregelungsgesetz der Gliedkirche oder einer entsprechenden Ordnung des gliedkirchlich Diakonischen Werkes unterfällt."
Die Änderung in Absatz 3 lit.c sei zur Regelung des Falles der Konföderation aufgenommen worden. "In dem dortigen Arbeitsrechtsregelungsgesetz ist bestimmt, dass das Recht der arbeitsrechtlichen Kommission von Niedersachsen nur anzuwenden ist, wenn es die Einrichtung selbst entscheidet und mit ihrer Mitarbeitervertretung eine Dienstvereinbarung über die Anwendung der AVR-K abschließt. Liegt eine solche Dienstvereinbarung nicht vor, gilt wie in der Vergangenheit die AVR-DW-EKD direkt."
Damit habe die Arbeitsrechtliche Kommission DW-EKD klargestellt, dass es auch im Bereich der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen weiterhin bei der Anwendung der AVR-DW-EKD bleibe, wenn sich die jeweilige Einrichtung nicht dem Arbeitsrechtsregelungsgesetz der Gliedkirche angeschlossen hat.
Die Beklagte meint, auch die gliedkirchlich-diakonische Arbeitsrechtsregelung der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen sehe die Anwendung der AVR-DW-EKD vor, (gemäß dem Arbeitsrechtsregelungsgesetz Diakonie-ARRGD) gemäß dessen § 1 Abs. 2, wonach dieses Kirchengesetz für alle Einrichtungen der Diakonie gilt, soweit sie sich diesem Kirchengesetz angeschlossen haben. Die auf der Grundlage des ARRGD gebildete arbeitsrechtliche Kommission hat Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR-K) entwickelt und zum 1.1.19953 in Kraft gesetzt für Einrichtungen, die sich dem ARRGD angeschlossen haben. Weil sich die Beklagte dem ARRGD nicht angeschlossen hat, komme den AVR-K für die Arbeitsverhältnisse ihrer in Niedersachsen ansässigen Einrichtungen keine Geltung zu. Diese Entscheidung werde auch nach dem Willen des kirchlichen Gesetzgebers respektiert. Nach Maßgabe des Kirchengesetzes sollen die AVR-K nur für Einrichtungen der Diakonie gelten, die sich diesem Kirchengesetz angeschlossen haben.
Entsprechend ihrer Satzung habe sie die AVR-DW-EKD mit dem Kläger einzelvertraglich vereinbart. Daran habe sich auch durch die später vereinbarten AVR-K in Niedersachsen nichts geändert. Gliedkirchlich-diakonische Arbeitsrechtsregelungen seien aber kraft Satzungsrecht nicht anwendbar, sondern erst mit Anschluss nach dem ARRGD. Wegen Nichterfüllung dieser Voraussetzungen bleibe es bei der Anwendung der für die Beklagte verbindlichen AVR-DW-EKD. Schließlich sei es der Wille der Parteien gewesen, nicht irgendwelche AVR zu vereinbaren, sondern die für die Beklagte gültigen AVR. Dazu bedürfe es der Anwendung der gliedkirchlich-diakonischen Arbeitsrechtsregelungen in der betreffenden Einrichtung.
Formale Bedenken des Klägers gegen die Anwendung der AVR-DW-EKD seien unbegründet. Sein Anstellungsvertrag entspreche in allen Punkten den AVR-DW-EKD insbesondere bei der Pauschalierung zur Abgeltung von Überstunden entsprechend § 20 a Abs. 4, wonach die Zeitzuschläge ggf. einschließlich der Stundenvergütung durch Nebenabrede zum Dienstvertrag oder durch Dienstvereinbarung pauschaliert werden können. Die Höhe der Eigenbeteiligung von 1 % entspreche derjenigen im öffentlichen Dienst. Die dort tätigen Gewerkschaften hätten eine Gehaltserhöhung von 3,1 % gefordert. Die abgeschlossenen Tarifverträge hätten einerseits die geforderte Erhöhung vorgesehen, andererseits den 1 %-igen Umlageanteil zur VBL für Arbeitnehmer eingeführt, so dass die Tariferhöhung im Ergebnis entsprechend geringer ausgefallen sei. In zeitlichem und innerem Zusammenhang habe die arbeitsrechtliche Kommission des DW der EKD mit ihrem Beschluss über die Eigenbeteiligung der Arbeitnehmer einen der VBL-Umlage entsprechenden Beschluss gefasst. In schutzwürdige Rechte der Arbeitnehmer sei dadurch nicht eingegriffen worden.
Die Beklagte beantragt,
in Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil als der Rechtslage entsprechend. Der Kläger meint, der Beschluss der arbeitsrechtlichen Kommission DW-EKD vom 3./4.5.200l könne erst ab Inkrafttreten der Neuregelung Wirkung entfalten und würde das Austauschverhältnis der Parteien verändern, indem sie zu einer Lohnminderung führt. Die Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen durch die arbeitsrechtliche Kommission sei eine Leistungsbestimmung durch Dritte. Dabei dürfe die Arbeitsrechtliche Kommission nicht in das Austauschverhältnis eingreifen und schlicht den Lohn kürzen.
Der Kläger meint weiter, es sei Aufgabe der Arbeitsrechtlichen Kommission der Konföderation, die Arbeitsbedingungen auch für Einrichtungen der Diakonie zu regeln, die ihr nicht beigetreten sind. Zu beachten sei, dass nach der Grundordnung der EKD diese nur von Gliedkirchen abgeleitete Rechte und Kompetenzen besitzt. Durch die Bildung einer Arbeitsrechtlichen Kommission für das Gebiet der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen habe diese die auf die Arbeitsrechtliche Kommission des DW der EKD übertragenen Kompetenzen auf sich zurückgezogen. Nur dann seien die AVR von der richterlichen Inhaltskontrolle ausgenommen, wenn die Beschlussfassung der Arbeitsrechtlichen Kommission vollständig übernommen wird und die Einrichtung mit dem Arbeitnehmer wirklich kirchliche Regelungen anwendet. Der abgeschlossene Arbeitsvertrag enthalte aber zahlreiche Regelungen, die. von den AVR abweichen, nämlich eine abschließende Vergütungsvereinbarung, abweichend von § 12 AVR zur Eingruppierung und in § 8 des Arbeitsvertrags die Möglichkeit zur Pauschalierung von Überstunden und Bereitschaftsdienstvergütung. Auch dies weiche von dem vorgesehenen Musterarbeitsvertrag gemäß Anlage 15 der AVR des DW-EKD ab. Zwischen den Parteien gelten nicht alle Teile der AVR. Demgemäß unterliege es der vollen Inhaltskontrolle gemäß § 317 BGB, ob die Arbeitsrechtliche Kommission der EKD berechtigt gewesen sei, die Vergütung des Klägers um 1 % zu kürzen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die gemäß § 64 ArbGG in dieser vermögensrechtlichen Streitigkeit statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Beklagte hat sich ausführlich mit den Entscheidungsgründen des Urteils des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt und ist ihnen entgegengetreten. Damit ist ihre Berufung zulässig.
II.
Die Berufung ist begründet. Denn die Klage ist nicht begründet.
Für das Arbeitsverhälthis gelten die AVR-DW-EKD gemäß der einzelvertraglichen Vereinbarung der Parteien im Arbeitsvertrag vom 9.8.1982 in der jeweils geltenden Fassung. § 1 a Abs. 2 AVR-DW-EKD verweist nur dann auf die AVR der gliedkirchlich-diakonischen Arbeitsrechtsregelung, wenn alle Geltungsvoraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehört auch der Beitritt der Einrichtung gemäß § 1 Abs. 2 ARRGD (1) § 27 a AVR-DW-EKD ist keine unbillige Regelung (2).
1.
Die Klage könnte nur dann Erfolg haben, wenn über die Verweisungsnorm des § 1 a Abs. 2 AVR-DW-EKD die AVR-K auf das Arbeitsverhältnis anwendbar wären, weil diese keine Eigenbeteiligung an der Umlage zur ZVK vorsehen. Nach § 1 Abs. 2 AVR-DW-EKD reicht allein die Bildung einer Arbeitsrechtlichen Kommission in dem gliedkirchlich-diakonischen Werk der Konföderation nicht aus, um die Geltung deren AVR zu begründen, sondern die Norm bestimmt einschränkend, dass die AVR-K "nach Maßgabe der gliedkirchlich-diakonischen Arbeitsrechtsregelung" gelten.
Hierauf nimmt § 1 a Abs. 2 ARV-K Bezug. § 1 a Abs. 1 AVR-K sieht die Geltung der AVR-K vor "für diakonische Rechtsträger mit allen ihren Einrichtungen, auf die das Arbeitsvertragsregelungsgesetz Diakonie (ARRGD) Anwendung findet als eine Alternative und andererseits bei einzelvertraglicher Vereinbarung ihrer Geltung oder im Falle einer entsprechenden Regelung auf Grund einer Dienstvereinbarung. Keine dieser Voraussetzungen ist erfüllt.
a.
Auf die Einrichtung, in der der Kläger beschäftigt ist, ist das ARRGD nicht anwendbar, weil sich die Einrichtung der ARRGD nicht angeschlossen hat (§ 1 Abs. 2 ARRGD). Dem Anschluss kommt deswegen entscheidende Bedeutung zu, weil nach den Grundsätzen des Dritten Weges die paritätisch zusammengesetzte Arbeitsrechtliche Kommission auf Dienstnehmer- wie Dienstgeberseite die angeschlossenen Einrichtungen repräsentieren soll. Die Beklagte hat sich aber nicht dem ARRGD angeschlossen und ist damit im Verbund des Diakonischen Werks der EKD verblieben und an der Bildung der dort bestehenden Arbeitsrechtlichen Kommission beteiligt und deren AVR unterworfen.
b.
Die Richtigkeit dieser Auslegung wird schließlich auch durch die am 3./4.5.200l getroffene Einfügung des Abs. 3 in § 1 a AVR-DW-EKD gestützt, wodurch der Anschluss an das ARRGD der Konföderation als Voraussetzung der Verweisung auf die AVR-K ausdrücklich hervorgehoben wird. Durch die Begründung wird besonders herausgestellt, dass es auf die Entscheidung der Einrichtung zum Anschluss ankommt und eine entsprechende Dienstvereinbarung mit ihrer Mitarbeitervertretung. Ohne eine solche Dienstvereinbarung bleibt es bei der einzelvertraglichen Geltung der AVR-DW-EKD.
Bei der Einfügung des Absatz 3 handelt es sich - auch das folgt aus der Begründung "wie in der, Vergangenheit" - nicht um eine Neuregelung, sondern um eine Klarstellung. Dadurch ist gewährleistet, dass eine Einrichtung jeweils an der Regelung der AVR mitwirkt, der sie dann auch unterfällt. Der Kläger vermag nicht den Widerspruch aufzulösen, der dann entstehen würde, wenn seine Einrichtung an den AVR-DW-EKD mitwirkt, aber den AVR-K unterfiele.
2.
Die von der AVR-DW-EKD in § 27 a vorgesehene Beteiligung der Dienstnehmer von 1 % ihres Bruttoverdienstes an der Umlage zur ZVK ist nicht unbillig. Die Arbeitsrechtliche Kommission ist Dritter i. S. von § 317 Abs. 1 BGB. Deshalb ist die Bestimmung der Leistungen nach billigem Ermessen zutreffend. Die Arbeitsrechtliche Kommission hat damit die im Bereich der Tarifregelung des öffentlichen Dienstes getroffene Regelung der Arbeitnehmerbeteiligung an der Umlage zur VBL mit im Wesentlichen gleichen Inhalt "übernommen", die damit kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung auch für das Arbeitsverhältnis des Klägers gilt.
Das Bundesarbeitsgericht hat bereits im Urteil vom 6.11.1996 - 5 AZR 334/95 - AP Nr. 1 zu § 10 a AVR Caritasverband entschieden, dass es bei tarifvertraglichen Regelungen nicht Sache der Gerichte ist zu prüfen, ob jeweils die gerechteste oder zweckmäßigste Regelung gefunden wurde. Tarifverträge sind allein daraufhin zu untersuchen, ob sie gegen die Verfassung, gegen anderes höherrangiges zwingendes Recht oder gegen die guten Sitten verstoßen. Dabei sind keine anderen Prüfungsmaßstäbe heranzuziehen, wenn die Tarifnormen nicht kraft Tarifbindung, sondern kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung anzuwenden sind. Auch bei einer nur einzelvertraglichen Bezugnahme auf tarifvertragliche Regelungen bedarf es einer einzelvertraglichen Billigkeitskontrolle der in Bezug genommenen Tarifregelungen nicht, soweit es sich um Gesamt- oder Globalbezugnahmen auf den ganzen Tarifvertrag oder auf einzelne, inhaltlich und sachlich zusammenhängende Regelungskomplexe handelt. Auch in solchen Fällen ist von der grundsätzlichen Richtigkeitsgewähr der einbezogenen Tarifvertragsnormen auszugehen.
Bei den Arbeitsvertragsrichtlinien der Evanglischen Kirche handelt es sich zwar nicht um Tarifverträge. Für Arbeitsvertragsrichtlinien, mit denen Tarifregelungen übernommen werden, gelten keine anderen Maßstäbe. Die sogenannte materielle Richtigkeitsgewähr der Tarifverträge beruht darauf, dass Tarifverträge von gleichberechtigten Partnern des Arbeitslebens, denen notfalls auch das Mittel des Arbeitskampfs zur Verfügung steht, ausgehandelt werden und dass derartige Tarifverträge eine Institutsgarantie gemäß Artikel 9 Abs. 3 Grundgesetz genießen. Derart ausgehandelte Tarifverträge haben die Vermutung für sich, dass sie den Interessen beider Seiten gerecht werden und keiner Seite ein unzumutbares Übergewicht vermittelt wird.
Arbeitsvertragsrichtlinien entstehen dagegen auf dem "Dritten Weg". Es handelt sich bei ihnen nicht, um Tarifverträge, sondern um eigenständige Regelungen. Die paritätisch besetzte Arbeitsrechtliche Kommission ist unabhängig. Die Kommissionsmitglieder unterliegen keinen Weisungen. Gegen Beschlüsse der jeweiligen Arbeitsrechtlichen Kommission kann Einspruch eingelegt werden, über den dann die jeweils übergeordnete ebenso paritätisch besetzte Arbeitsrechtliche Schiedskommission unter neutralem Vorsitz endgültig entscheidet.
Die Unterschiede gegenüber der Entstehung von Tarifverträgen haben nicht zur Folge, dass die Arbeitsvertragsrichtlinien, soweit sie einschlägige tarifvertragliche Regelungen insgesamt übernehmen, einer grundsätzlich anderen Inhaltskontrolle zu unterziehen wären, als sie bei Tarifverträgen vorzunehmen ist. Die materielle Richtigkeitsgewähr tarifvertraglicher Regelungen beruht nicht primär darauf, dass den Tarifvertragsparteien das Mittel des Arbeitskampfs zur Verfügung steht, sondern darauf, dass sie als gleichgewichtig durchsetzungsfähig angesehen werden. Die zuletzt genannte Voraussetzung ist aber innerhalb der Arbeitsrechtlichen Kommissionen bei den Kirchen gleichermaßen gegeben. Deren paritätische Besetzung und die Weisungsunabhängigkeit ihrer Mitglieder gewährleistet, dass keine der beiden Seiten das Übergewicht erreichen kann. Zusätzlich ergibt sich die mittelbare Richtigkeitsgewähr für Regelungen der Arbeitsrechtlichen Kommission mittelbar, soweit sie tarifvertragliche Regelungen einschlägig übernimmt.
Der Gesetzgeber respektiert Arbeitsvertragsrichtlinien der Kirchen immer häufiger im selben Umfang wie Tarifverträge, soweit er tarifdispositives Recht setzt, indem er insoweit eine Abänderbarkeit der gesetzlichen Regelung im selben Maß zulässt wie durch Tarifverträge, z. B. in § 6 Abs. 3 BeschFG, 7 Abs. 4 ArbZG. Diese Gleichstellung von Tarifverträgen und Arbeitsvertragsrichtlinien der Kirchen wird in der Begründung zu § 7 Abs. 4 ArbZG ausdrücklich als "klarstellend" bezeichnet und insoweit vom Gesetzgeber als gegeben, vorausgesetzt. Auch daraus folgt, dass für die Inhaltskontrolle kirchlicher Arbeitsvertragsrichtlinien grundsätzlich die für Tarifverträge geltenden Maßstäbe heranzuziehen sind.
Dass Arbeitvertragsrichtlinien für einen Arbeitsvertrag nur Gültigkeit erlangen, soweit ihre Geltung im Arbeitsvertrag vereinbart ist, führt zu keiner anderen Beurteilung. Wie bei der Übernahme von Tarifverträgen ist lediglich zu prüfen, ob die übernommene tarifliche Regelung nicht gegen die Verfassung, gegen anderes höherrangiges zwingendes Recht oder gegen die guten Sitten verstößt. Insbesondere hat in solchen Fällen keine Billigkeitskontrolle nach § 317 BGB stattzufinden. Ob eine solche Billigkeitskontrolle in den Fällen angemessen ist, in denen es nicht um die Übernahme tarifvertraglicher Regelungen geht oder diese nur ihrer Struktur nach, nicht aber ihren materiellen Werten nach "übernommen" werden, kann dahinstehen.
Selbst wenn § 27 a AVR-DW-EKD auf die Billigkeit der getroffenen Regelung gemäß § 317 Abs. 1 BGB zu überprüfen wäre, so führt der Umstand, dass die ZVK 1999 wirtschaftlich stabiler war als die VBL, nicht zur Annahme der Unbilligkeit. Für die VBL hat sich inzwischen die nicht mehr gegebene Finanzierbarkeit des bisherigen Systems der Zusatzversorgung herausgestellt und zu einem Umbau mit erheblichen Abstrichen geführt. Insofern dient die Beteiligung der Dienstnehmer an der ZVK-Umlage der Sicherung des Fortbestands der bisherigen Zusatzversorgung nicht zuletzt auch im Interesse des Klägers.
3.
Eine erhebliche Abweichung vom Musterarbeitsvertrag gemäß Anlage 15 der AVR-DW-EKD ist nicht hinreichend dargelegt. Eine Schlechterstellung der vereinbarten Arbeitsbedingungen gegenüber den AVR-DW-EKD ist aus dem Vortrag des Klägers nicht ersichtlich.
Nach allem ist die Klage unbegründet. Die Berufung musste deswegen Erfolg haben.
III.
Gemäß § 91 ZPO hat der Kläger als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat die Kammer die Revision zugelassen.
Ende der Entscheidung
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