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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 24.08.2009
Aktenzeichen: 9 Sa 2000/08
Rechtsgebiete: BAT, TVöD


Vorschriften:

BAT
TVöD
Wird in einem Arbeitsvertrag auf die Vorschriften des Bundesangstelltentarifvertrages (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder erstzenden Tarifverträge Bezug genommen, erfasst das auch die Geltung des TVöD. Ein Fall des Tarifwechsels liegt nicht vor.
LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 Sa 2000/08

In dem Rechtsstreit

hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 24. August 2009 durch

die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Dr. Hartwig, den ehrenamtlichen Richter Herr Düvel, den ehrenamtlichen Richter Herr Dohm für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stade vom 11.11.2008, Az.: 2 Ca 378/08 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Zahlung des Leistungsentgeltes gemäß § 18 TVöD-VKA und die Tariflohnerhöhungen ab dem 01.01.2008 und in diesem Zusammenhang um die Anwendbarkeit des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD).

Die Klägerin ist auf Grund des Arbeitsvertrages vom 16. Februar 1985 bei der Beklagten als Angestellte beschäftigt. § 5 des Arbeitsvertrages lautet:

"Das Dienstverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) mit den zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung. Das Gleiche gilt für die an ihre Stelle tretenden Tarifverträge. Daneben finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung. Für Zeitangestellte gelten insbesondere die Sonderregelungen des BAT für Zeitangestellte.

Für Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer gelten insbesondere die Sonderreglungen des BAT für Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer.

Für Aushilfsangestellte gelten insbesondere die Sonderregelungen des BAT für Aushilfsangestellte."

Der Arbeitsvertrag war mit der Samtgemeinde H. abgeschlossen. Per 01.01.1997 fand ein Betriebsübergang auf die Beklagte statt. In diesem Zusammenhang vereinbarte die Samtgemeinde H. mit der Beklagten den sich zu Bl. 10 bis 12 befindenden Personalüberleitungsvertrag. In § 2 des Personalüberleitungsvertrages heißt es:

"1

Die Gesellschaft verpflichtet sich, den Beschäftigten in dem Alten- und Pflegeheim S. die am 01.01.1997 auf Grund von Rechtsvorschriften für den öffentlichen Dienst, durch Tarifverträge oder durch tarifvertragliche Verweisungen auf beamtenrechtliche Vorschriften zustehenden Leistungen auf Dauer zu gewähren. Dies gilt insbesondere für BAT, BMT-G und die diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung. Die Gesellschaft verpflichtet sich, alle künftigen Änderungen in den Vorschriften nach Abs. 1 (z. B. Lohn- bzw. Vergütungserhöhungen) jeweils zeitgleich mit dem öffentlichen Dienst anzuwenden.

..."

Mit Schreiben vom 30.06.2008 verlangte die Klägerin von der Beklagten die Zahlung der streitigen Entgelte. Für die weiteren Einzelheiten wird auf das arbeitsgerichtliche Urteil Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

Mit der am 10.09.2008 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat die Klägerin ihre Auffassung vertieft, wonach der im Arbeitsvertrag in Bezug genommene BAT durch den TVöD ersetzt worden ist.

Sie hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 398,09 € brutto nebst 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank liegenden Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach ihrer bereits in erster Instanz vertretenen Rechtsauffassung sei auf das Arbeitsverhältnis der TVöD nicht anwendbar, sondern immer noch das Tarifwerk des BAT. Die Bezugnahmeklausel ergäbe nichts anderes.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 11.11.2008 der Klage stattgegeben, weil die Auslegung des Arbeitsvertrages eine Bezugnahme nicht nur des BAT, sondern auch den TVöD erfasse. Der TVöD habe den BAT ersetzt. Für die weiteren Ausführungen des arbeitsgerichtlichen Urteils wird auf das Urteil vom 11.11.2008 verwiesen. Das arbeitsgerichtliche Urteil ist dem Beklagtenvertreter am 02.12.2008 zugestellt worden. Hiergegen hat er Berufung eingelegt, die am 22.12.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist. Die Berufung wurde begründet mit am 27.02.2009 eingegangenem Fax-Schriftsatz, nachdem die Berufungsbegründungsfrist auf Antrag des Beklagtenvertreters vom 27.01.2009 durch Beschluss vom 28.01.2009 bis 02.03.2009 verlängert worden war.

Mit der zugelassenen Berufung wendet sich die Beklagte und Berufungsklägerin gegen die Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel in § 5 des Arbeitsvertrages. Es liege kein Fall der bloßen Tarifsukzession vor, sondern ein Tarifwechsel. Es handele sich um eine völlig neuartige Fassung des Tarifvertrages, mit der beim Abschluss des Arbeitsvertrages nicht zu rechnen gewesen sei. Schließlich sei auch in anderen Fällen, in denen arbeitsvertraglich ein Tarifvertrag in Bezug genommen worden sei, von der Rechtsprechung in Kauf genommen worden, dass an der dynamischen Entwicklung eines Tarifvertrages nicht mehr teilgenommen werde.

Die Berufungsklägerin und Beklagte beantragt,

in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Stade vom 11.11.2008, Az.: 2 Ca 378/08, die Klage abzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und verteidigt die Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel durch das Arbeitsgericht nach Maßgabe der Berufungsbeantwortung. Insbesondere vertieft er seine Ausführungen dahingehend, dass kein Tarifwechsel, sondern lediglich ein Fall der Tarifsukzession vorliege und hinsichtlich der Vergütungsgruppe zwischen den Parteien auch keine individualvertragliche Sondervereinbarung getroffen wurde. Auch die in Zusatzvereinbarungen getroffene Vergütungsvereinbarung sei durch die dann maßgebliche Verspätung nach TVöD ersetzt worden.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung der monatlichen Tariferhöhungen seit dem 01.01.2008 und auf Zahlung des Leistungsentgeltes für Dezember 2007 in der geltendgemachten Höhe.

Die Berufung ist zulässig, da sie statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden ist(§§ 519, 520 Abs. 3 ZPO, §§ 64, 66 ArbGG). Die Berufung ist jedoch unbegründet.

1.

Die Klägerin hat Anspruch auf die monatliche Tariferhöhung für Januar bis August 2008 in Höhe von 29,25 Euro brutto monatlich aus § 5 des Arbeitsvertrages i. V. m. der am 31.3.2008 vereinbarten Tariflohnerhöhung zum TVöD per 01.01.2008, also insgesamt 234,-- € brutto. Die Anwendung des TVöD i. V. m. dem TVÜ-VKA erfolgt kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme. Die Anwendung folgt nicht aus § 3 Abs. 1 TVG, weil die Beklagte nicht tarifgebunden ist. Sie folgt aber aus der Verweisungsklausel in § 5 des Arbeitsvertrages vom 16.2.1985 der Parteien. Das ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrages, ohne dass es eines Rückgriffs auf die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB bedürfte (vgl. dazu BAG vom 09.11.2005, 5 AZR 128/05, BAGE 116, 185 bis 191 = AP Nr. 4 zu § 305 c BGB Rn. 16).

a)

Gemäß § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (BAG vom 20.09.2006, 10 AZR 715/05, AP TVG, § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Anhaltspunkte für das wirkliche Gewollte können sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte, dem Zweck des Vertrages und der bei Vertragsschluss vorliegenden Interessenlagen sowie den weiteren Äußerungen der Parteien im Zusammenhang mit der Erklärung ergeben (BAG vom 31.07.2002, 10 AZR 513/01, BAGE 102, 103 = AP HGB § 74 Nr. 74 = EzA HGB § 74 Nr. 63). Die tatsächliche Handhabung des Arbeitsverhältnisses ermöglicht ebenfalls Rückschlüsse auf dessen Inhalt. Eine ergänzende Auslegung ist auch bei allgemeinen Geschäftsbedingungen möglich.

b)

Nach Maßgabe dieser Grundsätze nimmt § 5 Sätze 1 und 2 des Arbeitsvertrages auch den TVöD in der jeweils geltenden Fassung in Bezug.

aa)

Bei der gewählten Bezugnahmeklausel handelt es sich um ein so genannte kleine dynamische Bezugnahmeklausel. Es wird der im Betrieb geltende BAT in der jeweils geltenden Fassung in Bezug genommen. Die Klausel ist zeitlich dynamisch und nennt einen bestimmten Tarifvertrag, den BAT. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Bezugnahmen in Arbeitsverträgen auf anderweitige normative Regelungen in der Regel dynamisch zu verstehen (z. B. BAG vom 13.11.2002, 4 AZR 351/01, BAGE 103, 338 = AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 24 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 23).

bb)

Die Klausel regelt auch, wie sich die Ablösung des BAT durch einen neuen Tarifvertrag auswirkt. Der Wortlaut des § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages ist eindeutig. Er bestimmt, dass nicht nur Änderungstarifverträge zum BAT, sondern auch diesen ersetzende Tarifverträge gelten sollen. Eine solche Regelung ist bereits vom Wortlaut her eindeutig (vgl. auch LAG Schleswig-Holstein vom 05.06.2008, 3 Sa 94/08, EzA-SD 2008 Nr. 22 Rn. 11; LAG Hamm vom 05.03.2009, 17 Sa 1093/08 und LAG Niedersachsen vom 27.03.2009, 10 Sa 1536/08 sowie LAG Niedersachsen vom 27.04.2009, 8 Sa 1834/08). Diese bereits vom Wortlaut eindeutig herbeiführbare Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel wird auch durch die Interessenlage der Parteien und die bisherige Handhabung des Arbeitsverhältnisses bestätigt. Die Parteien wollten gemäß § 5 Sätze 1 und 2 des Arbeitsvertrages die Bestimmungen des BAT und die ihn ergänzenden und ändernden sowie ersetzenden Tarifverträge angewendet wissen. Dies nach in der jeweils geltenden Fassung. Es war nicht nur eine statische Verweisung auf einen Tarifzustand zu einem bestimmten Zeitpunkt gewollt. Vielmehr wollten die Parteien mit der Vereinbarung einer solchen Bezugnahmeklausel die künftige Teilhabe an allen Tarifänderungen.

cc)

Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass es sich bei der Vereinbarung des TVöD um eine weitreichende Reform der tariflichen Normen und Umstrukturierung gehandelt hat. Es liegt dennoch eine Tarifsukzession und kein Tarifwechsel vor. Ein Tarifwechsel kann nur angenommen werden, wenn z. B. Änderungen der Tarifvertragsparteien, ein Wechsel der Verbandszugehörigkeit, eine Änderung des Betriebszweckes, ein Betriebsübergang oder der Abschluss eines Firmentarifvertrages stattgefunden hat (vgl. Möller/Welkoborsky, NZA 2006, Seite 1382/1384). Es muss sich also insgesamt um Veränderungen handeln, die sich beim Arbeitgeber vollzogen haben (so bei einer durch Verbandswechsel geänderten Tarifbindung des Arbeitgebers BAG vom 22.10.2008, 4 AZR 784/07; AP Nr. 66 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = NZA 2009, S. 151-154, Rn. 17).

Der Wechsel der Tarifnormen im TVöD in Folge des BAT ist jedoch durch Vereinbarungen derselben Tarifvertragsparteien zustande gekommen. Das zeigt auch der Abschluss der Überleitungstarifverträge, die überwiegend der Sicherung von Besitzständen sowie der Einstufung in die zutreffenden Entgeltgruppen dienen. Die Tarifzuständigkeit ist jedoch in räumlicher und fachlicher Hinsicht gleichgeblieben. Es handelt sich um eine grundlegende Tarifreform. Nichts desto trotz handelt es sich um eine bloße Änderung in einem in sich geschlossenen Tarifsystem des öffentlichen Dienstes bei neuer Namensgebung (vgl. auch Werthebach NZA 2005, S. 1224 ff., Fieberg NZA 2005, S. 1226 ff. und LAG Niedersachsen vom 27.03.2009, a. a. O. m. w. N.).

dd)

Auch der Hinweis der Beklagten und Berufungsklägerin auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den so genannten Gleichstellungsabreden in der Berufungsbegründung, Seite 3, ändert an diesem Ergebnis nichts. Es ist zutreffend, dass bei so genannten kleinen dynamischen Verweisungen, also Verweisungen auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweils geltenden Verfassung - wie im vorliegenden Fall - die Bezugnahme des Tarifvertrages die Gleichstellung der arbeitsvertraglichen Bedingungen des tarifgebundenen Arbeitgebers für alle Arbeitnehmer im Betrieb sicherstellen will und eine Änderung in der Tarifbindung des Arbeitgebers, z. B. wegen Verbandaustritt oder nach Betriebsübergang dazu führen kann, dass an den Folgeänderungen des Tarifvertrages nicht mehr teilgenommen wird, der Arbeitsvertrag also nur noch den zuletzt geltenden Tarifvertrag vor Ende der Tarifbindung des Arbeitgebers in Bezug nimmt (vgl. BAG vom 26.9.2001, AP Nr. 21 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag = NZA 2002, 634). Damit ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar. Die Beklagte hat, nachdem nicht mehr die Samtgemeinde H. als tarifgebundener Arbeitgeber Arbeitsvertragspartner war, nach dem Betriebsübergang im Jahre 1997 niemals die Anwendbarkeit des BAT/BMT-G in Abrede gestellt. Das wäre auch wegen der Vereinbarung in § 2 des Personalüberleitungsvertrages nicht zulässig gewesen. Der Personalüberleitungsvertag hat darüber hinaus drittbezogene Wirkung zu Gunsten der Arbeitnehmer. Es kann jedoch an dieser Stelle offenbleiben, ob die Arbeitnehmer auch aus dem Gesichtspunkt des Vertrages zu Gunsten Dritter gemäß § 328 BGB einen Anspruch auf Anwendbarkeit des TVöD haben. Das gefundene Ergebnis ergibt sich allein aus der Auslegung des Arbeitsvertrages. Die fehlende Tarifbindung der Beklagten seit 01.01.1997 ist durch die Bindung an den Personalüberleitungsvertrag ersetzt worden. Der Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Gleichstellungsabrede überzeugt daher nicht.

2.

Die Klägerin hat auch Anspruch nach § 18 Abs. 4 Satz 4 TVöD-VKA auf Zahlung einer Leistungszulage für Dezember 2007 in Höhe von unstreitig 164, 91 €. Dieser Anspruch ist nach § 37 Abs. 1 TVöD mit Schreiben vom 30.6.2007 rechtzeitig geltend gemacht.

3.

Die Revision war entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zuzulassen. Ein Zulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegt nicht vor, insbesondere gibt es keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Eine grundsätzliche Bedeutung liegt dann vor, wenn eine Rechtsfrage klärungsbedürftig ist und diese Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt ( BAG vom 15.02.2005, 9 AZN 982/04, Rn. 17). Letzteres kann der Fall sein, wenn mehr als 20 Arbeitnehmer betroffen sind. Bei tariflichen Eingruppierungsstreitigkeiten sind 20 Personen als ausreichend angesehen worden (BAG vom 15.11.1995, 4 AZN 580/95 AP ArbGG 1979 § 72 a Grundsatz Nr. 49). Ob diese Anzahl alleine ausreicht, kann letztendlich offenbleiben. Die Beklagte hat zwar darauf hingewiesen, dass sie auch beim D. C./H. gGmbH und im S. vergleichbare Rechtsstreitigkeiten über Auslegungsprobleme in den Arbeitsverträgen führt. Sie hat dazu erläutert, dass das D. in allen Fällen Gesellschafter/Mitgesellschafter ist. Allein diese Angaben reichen aber nicht, um davon auszugehen, dass bei mehr als 100 betroffenen Arbeitnehmern auch mehr als 20 Arbeitsverhältnisse mit gleichgelagerten Bezugnahmeklauseln betroffen sind. Die Beklagte selbst hat ausgeführt, dass mehrere Musterverfahren mit unterschiedlichen Arbeitsvertragsgestaltungen ausgewählt wurden. Angaben zu der Zahl der betroffenen Arbeitsverhältnisse mit den jeweiligen Besonderheiten in der Formulierung der Bezugnahmeklausel oder in anderen arbeitsvertraglichen Vorschriften sind nicht vorgetragen.

Darüber hinaus ist es auch nicht nur die Betroffenheit von mehreren Arbeitnehmern erforderlich. Es muss auch eine klärungsbedürftige Rechtsfrage zu entscheiden sein. Die Rechtsfrage, wie Arbeitsverträge auszulegen sind, ist jedoch höchstrichterlich geklärt (vgl. Zi. 2 a der Entscheidungsgründe). Die Auslegung des konkreten Arbeitsvertrages ( nicht des Tarifvertrages) ist eine Tatsachenfrage im Einzelfall. Der bloße Wunsch der Beklagten nach höchstrichterlicher Klärung im Hinblick auf zahlreiche streitige Vertragsgestaltungen im Hause und mit verbundenen Arbeitgebern ist verständlich, reicht aber nicht aus, die grundsätzliche Bedeutung zu bejahen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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