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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 27.05.2008
Aktenzeichen: 9 Sa 39/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 626
ZPO § 286
1) Die fehlerhafte Beantragung ist zwar eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten. Kann der Vorsatz für die falsche Abrechnung jedoch nicht nachgewiesen werden, ist eine vorherige Abmahnung erforderlich.

2)Macht der Arbeitnehmer geltend, dass er von der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens ausgegangen ist, kann Verschulden zu verneinen sein, weil ein nicht vermeidbarer Verbotsirrtum vorliegt. Im Rahmen der Beweislast hat der Arbeitgeber auch Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe zu widerlegen, auf die sich der Arbeitnehmer beruft.

3) Auch die Vernehmung eines Zeugen, der aus eigener Kenntnis nur Bekundungen Dritter über entscheidungserhebliche Tatsachsen wiedergeben kann, ist grundsätzlich zulässig. Der Zeuge vom Hörensagen bekundet ein Indiz, dem nicht in jedem Fall von vornherein jede Bedeutung für die Beweiswürdigung abgesprochen werden kann, auch wenn sein Beweiswert in der Regel eher gering ist. Der Beweiswert derartiger Bekundigungen ist besonders kritisch zu überprüfen. In der Regel genügen die Angaben des Zeugen vom Hörensagen nicht, wenn sie nicht durch andere, nach der Überzeugung des Fachgerichts wichtige Gesichtspunkte bestätigt werden.


LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 Sa 39/07

In dem Rechtsstreit

hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 27. Mai 2008 durch

die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Dr. Hartwig, den ehrenamtlichen Richter Herrn Wehling, den ehrenamtlichen Richter Herrn Heitefaut für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen die Urteile des Arbeitsgerichts A-Stadt - 2 Ca 195/06 - vom 04.12.2006 und 18.01.2007 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund fristloser Kündigung seitens der Beklagten sowie hilfsweise erklärter ordentlicher Kündigung und Weiterbeschäftigung.

Der am 00.00.1967 geborene, verheiratete und zwei Kindern gegenüber unterhaltspflichtige Kläger ist seit dem 01.04.1997 bei der Beklagten als Elektriker für zuletzt 2.895,36 € brutto monatlich beschäftigt. Sein Einsatz erfolgte beim M.Kommando A-Stadt; personalbearbeitende Dienststelle ist das Dienstleistungszentrum A-Stadt. Die Tätigkeit des Klägers erfolgte auf dem Wohnboot "A." in der Entgeltgruppe 6. Die Besatzung der "A." bestand neben dem Kläger aus sechs weiteren Arbeitnehmern, nämlich dem Wohnbootleiter A. und den weiteren Arbeitnehmern W., P., B., D., F.. Der Wohnbootbesatzung stand für Heimfahrten ein Dienst-Kfz. zur Verfügung, welches auch der Kläger für Heimfahrten nutzen durfte und nutzte.

Liegeort der "A." war ab Mitte 2004 bis Dezember 2005 B-Stadt, danach - von Januar bis März 2006 - C-Stadt. Der Kläger führte verschiedene Heimfahrten und Rückfahrten mit dem Dienst-Kfz. durch. Der Kläger war berechtigt, eine Reisebeihilfe zu beantragen und Trennungsgeld zu verlangen. Nach § 5 Trennungsgeldverordnung (TGV) hatte die Beklagte für jeden halben Monat Liegezeit als Reisebeihilfe die entstandenen notwendigen Fahrauslagen bis zur Höhe der Kosten der für den Berechtigten billigsten Fahrkarte vom Dienstort zum bisherigen Wohnort zu tragen.

Der Kläger beantragte für den 04. und 05. Oktober 2005 eine Reisebeihilfe für zwei Strecken á 116 km und erhielt hierfür eine Reisebeihilfe in Höhe von 29,10 € (je Strecke 14,55 €). Tatsächlich hatte der Kläger Wachdienst.

Für den 11. und 14.11.2005 beantragte der Kläger eine Reisebeihilfe für eine Reise von B-Stadt nach A-Stadt und zurück, wofür er wiederum eine Beihilfe in Höhe von 29,10 € erhielt. Der Kläger nutzte zumindest während der Hinfahrt den Dienst-PKW des Wohnboots und fuhr nicht mit seinem eigenen PKW.

Dasselbe ereignete sich für den 25. und 28.11.2005, wobei der Kläger für beide Fahrten den Dienst-PKW nutzte. Er erhielt auf Grund seines Antrags eine Reisebeihilfe von 29,10 €.

Am 06. und 08. Januar 2006 beantragte der Kläger - die "A." lag inzwischen in C-Stadt - für eine Heim- und Rückfahrt eine Reisebeihilfe für eine Strecke von jeweils 374 km, obwohl er mit dem Dienst-PKW fuhr. Dasselbe gilt für eine Heimfahrt am 20.01.2006 und Rückfahrt am 29.01.2006 sowie Fahrten am 03. bzw. 05.02.2006. Für die von C-Stadt aus beantragten Reisebeihilfen erfolgte keine Auszahlung, da die Beklagte zwischenzeitlich Ermittlungen über die Rechtmäßigkeit entsprechender Anträge und Beihilfen aufgenommen hatte.

Wie der Kläger verfuhren der Wohnbootleiter E. und der Arbeitnehmer W.. Beide Arbeitsverhältnisse wurden seitens der Beklagten ebenfalls gekündigt. Bei den Arbeitnehmern D. und F. stellte die Beklagte keine Unregelmäßigkeiten fest. Bei den Arbeitnehmern P. und B. sprach die Beklagte eine Abmahnung aus, da - so die Beklagte - beide lediglich für zwei Fahrten unberechtigte Reisebeihilfen beantragt hätten und ein systematischer Missbrauch nicht zu erkennen sei.

Den Besatzungsmitgliedern eines weiteren Wohnboots der Beklagten, nämlich der "W." wurden ebenfalls keine Kündigungen ausgesprochen. Nach dem Vortrag der Beklagten im Berufungsverfahren haben drei der sechs Besatzungsmitglieder keinen unrichtigen Reisebeihilfeantrag gestellt, der Arbeitnehmer Z. stellte für zwei Fahrten unberechtigte Anträge auf Reisebeihilfe. Der Arbeitnehmer B.l beantragte einmal eine unberechtigte Reisebeihilfe. Der Arbeitnehmer R. stellte für eine Fahrt einen unberechtigten Reiseantrag.

Das M.Kommando A-Stadt schrieb mit Schreiben vom 30.03.2006 das Dienstleistungszentrum A-Stadt an und wies auf die in dem Schreiben enthaltenen Erkenntnisse zu fehlerhaften Abrechnungen hin (Blatt 36 bis d. A.). Das Schreiben ging am 06.04.2006 ein. Daraufhin forderte die nichtkündigungsberechtigte Regierungsoperinspektorin P. den Kläger mit Schreiben vom 10.04.2006 auf, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen bis zum 20.04.2006 Stellung zu nehmen. Der Kläger war vom 06.04.2006 bis zum 12.04.2006 arbeitsunfähig. Die Anhörung fand bereits am 19.04.2006 statt, weil der Kläger sich vorab meldete. Für das Ergebnis der Anhörung wird auf die Niederschrift vom 19.04.2006 verwiesen (Blatt 41 bis 43 d. A.). Ausweislich zu Ziffer 1 der Anhörungsniederschrift verweist der Kläger darauf, am 04. und 05. 10. 2005 vermutlich die Wachen getauscht und dies nicht ordnungsgemäß im Wachplan des Wohnboots abgeändert zu haben. In Ziffer 2 der Anhörungsniederschrift verweist der Kläger darauf, dass seitens des Rechnungsführers W. während seiner Anwesenheit (des Klägers) in der TRV (Truppenverwaltung) mitgeteilt worden sei, dass Reisebeihilfen auch beantragt werden können, wenn mit dem Dienst-Kfz. gefahren werde. Außerdem führt der Kläger aus: "An einen genauen Zeitpunkt kann ich mich nicht erinnern. Ich habe keine Einweisung auf das Ausfüllen der Anträge auf Beihilfe und sich ggf. daraus ergebene rechtliche Folgen erhalten. ..."

Mit Schreiben vom 24.04. beteiligte die Beklagte die Gleichstellungsbeauftragte, welche der beabsichtigten Maßnahme ihr Einverständnis erklärte (Blatt 44 bis Blatt 48 d. A.). Mit Schreiben vom 25.04.2006 bat die Beklagte den Personalrat um Mitwirkung und Anhörung zu einer beabsichtigten fristlosen Kündigung des Klägers. Für den Inhalt wird auf Blatt 54 bis 58 d. A. Bezug genommen. Der Personalrat stimmte der Maßnahme nicht zu und teilte dies am 26.04.2006 mit. Begründet wurde die Ablehnung des Personalrats mit Schreiben vom 26.04.2006 damit, dass allen Wohnboot-Beschäftigten der gleiche Abrechnungsfehler in der Reisebeihilfe unterlaufen und möglicherweise ein Fehler bei der Beratung über die Reisebeihilfe vorgekommen sei. Für den Inhalt des Schreibens wird auf Blatt 193 d. A. Bezug genommen. Mit Schreiben vom 03.05.2006 erklärte die Beklagte die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses (Blatt 8 bis 11 d. A.).

Mit Schreiben vom 09.05.2006 forderte die Beklagte den Personalrat zur Benehmensherstellung für eine ordentliche Kündigung auf. Mit Schreiben vom 12.05.2006 wurde mitgeteilt, dass eine Zustimmung nicht erfolge. Hierauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 15.05.2006, dass den Einwendungen des Personalrats nicht entsprochen werden könne. Weitere Anträge wurden nicht gestellt. Mit Schreiben vom 30.05.2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30.09.2006.

Mit seiner beim Arbeitsgericht am 10. 05. 2006 und 06.06.2006 eingegangenen Klage und Klageerweiterung hat der Kläger geltend gemacht, dass er hinsichtlich des Antrags auf Reisebeihilfe für den 04. und 05.10.2005 offensichtlich einen Tausch des Wachdienstes nicht vermerkt habe und er seinen Antrag auf Reisebeihilfe anhand des Wachbuchs ausgefüllt habe. So etwas käme vor. Hinsichtlich der beantragten Reisebeihilfen für Heim- und Rückfahrten, für die der Kläger einen Dienst-PKW und keinen eigenen PKW benutzte, hat er behauptet, dass er nach Verlegung des Wohnboots nach B-Stadt ins Büro zu Herrn W. gegangen sei und ihn gefragt habe, ob ihm eine Reisebeihilfe auch zustünde, wenn er mit einem Dienst-Fahrzeug fahre. In dem Büro von Herrn W. habe noch ein weiterer Mitarbeiter, nämlich der Zeuge B., gesessen. Herr W. habe ihm bestätigt, dass ihm die Reisebeihilfen zustünden, denn er würde die Fahrt ja auch machen. Das Ganze sei Mitte 2004 gewesen. Darüber hinaus hat der Kläger die ordnungsgemäße Personalratsanhörung und die Einhaltung der zweiwöchigen Kündigungserklärungsfrist gerügt. Kenntnis bei der maßgeblichen Personalstelle habe bei der Beklagten bereits ab 06.04.2006 bestanden.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche noch durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 03.05.2006 beendet worden ist,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 30.05.2006 nicht beendet worden ist,

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht,

4. im Falle des Obsiegens mit den Anträgen zu 1. und 2. und/oder zu 3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Elektriker weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat bestritten, dass der Kläger vom Rechnungsführer W. beraten worden sei. Der Kläger habe sich erst Rat geholt, nachdem die in diesem Verfahren relevanten Anträge bereits gestellt gewesen seien. Im Übrigen habe Herr W. die vom Kläger behauptete Auskunft nicht gegeben. Auch aus den Formularen ergebe sich bereits, dass der Kläger keine Ansprüche gehabt habe. Die Interessenabwägung könne trotz der Betriebszugehörigkeit und der Unterhaltspflichten nicht zu Gunsten des Klägers ausfallen. Auch die Arbeitnehmer mit vergleichbaren Pflichtverletzungen seien gekündigt worden. Bei den anderen Arbeitnehmern habe man ein relevantes Fehlverhalten nicht mit ausreichender Sicherheit nachweisen beziehungsweise das verwaltungsseitige Einvernehmen nicht herstellen können.

Das Arbeitsgericht A-Stadt hat mit Urteil vom 04. Dezember 2006 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigungen der Beklagten beendet worden ist, weil bei einer Gesamtbetrachtung des Sachverhalts und der beiderseitigen Interessen die Weiterbeschäftigung des Klägers für die Beklagte nicht unzumutbar sei (§ 626 Abs. 1 BGB) und auch sonst keine ausreichenden Gründe im Verhalten des Klägers für die Beklagte vorgelegen hätten (§ 1 Abs. 2 KSchG). Der Beklagten sei zwar zuzugestehen, dass die unberechtigten Anträge auf Reisebeihilfen seitens des Klägers eine erhebliche Pflichtverletzung darstellen. Die Beklagte habe aber durch ihr eigenes Verhalten zu erkennen gegeben, dass sie bereit sei, unter gleichartigen Bedingungen Arbeitsverhältnisse auch auf Dauer weiterzuführen. Der Kläger habe zu Recht darauf verwiesen, dass nicht allen Arbeitnehmern eine Kündigung erklärt worden sei. Das sei nicht nachvollziehbar.

Das Teil-Urteil wurde der Beklagten am 27.12.2006 zugestellt. Mit Schluss-Urteil vom 18.01.2007 verurteilte das Arbeitsgericht A-Stadt die Beklagte auch zur Weiterbeschäftigung des Klägers zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Elektriker. Dieses Urteil wurde der Beklagten am 24.01.2007 zugestellt. Gegen das Teil-Urteil vom 04.12.2006 legte die Beklagte mit Schriftsatz vom 09.01.2007, beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen am 10.01.2007 eingegangen, Berufung ein. Die Berufungsbegründung erfolgte mit Schriftsatz vom 27.02.2007. Gegen das Schluss-Urteil vom 18.01.2007 wurde in dem Verfahren 9 Sa 325/07 mit am 26.02.2007 per Fax eingegangenem Schriftsatz vom 09.01.2007 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung erfolgte mit am 21.03.2007 eingegangenem Schriftsatz vom 19.03.2007. Die Verfahren 9 Sa 39/07 und 9 Sa 325/07 wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung gemäß Beschluss vom 18.09.2007 bei Führung des Aktenzeichens 9 Sa 39/07 verbunden.

Die Beklagte verteidigt sich nach Maßgabe ihres bisherigen Vorbringens und ergänzt im Berufungsverfahren die bei den weiteren Arbeitnehmern der "A." und der "W." festgestellten Pflichtverletzungen. Sie verweist darauf, dass die Sachverhalte nicht vergleichbar seien und bei dem Kläger angesichts der Schwere und Häufigkeit seiner Pflichtverletzungen die Interessenabwägung nicht zu seinen Gunsten habe ausfallen können. Das sei bei den anderen nichtgekündigten Arbeitnehmern entsprechend der Ausführungen in der Berufungsbegründung, Seite 7 unten bis 9 Mitte anders zu beurteilen gewesen. Der Regierungshauptsekretär W. habe die vom Kläger behauptete Äußerung nicht getätigt. Das habe auch die Regierungsamtsfrau B., die von der Regierungsoberinspektorin P.mit einer Anhörung des Herrn W. beauftragt wurde, ermittelt. Lediglich im Februar 2006 habe sie der Wohnbootleiter E. mit dem Regierungshauptsekretär W. aufgesucht. In diesem Gespräch sei es um die Fehlerhaftigkeit von Anträgen für Reisekostenbeihilfen auch des Klägers gegangen. Herr E. habe in diesem Zusammenhang um Rückgabe und Neuausfüllung der Anträge gebeten. Die Beklagte bezieht sich darüber hinaus auf den Vermerk vom 19.04.2006 über die Anhörung des Herrn W. durch Frau B. (Blatt 239 d. A.). Die Beklagte führt dazu weiter aus, dass Herr W. dem Wohnbootleiter E.. erläutert habe, dass durch die einmalige Nutzung eines Dienst-PKW innerhalb des Anspruchszeitraums eines Monats nicht der gesamte Anspruch auf Reisebeihilfe für diesen Zeitraum ausgeschlossen werde. Werde von zwei Heimfahrten eine mit einem Dienst-PKW, eine mit einem Privat-PKW durchgeführt, werde die Reisebeihilfe für die Fahrt mit dem Privat-PKW gezahlt. Hinsichtlich der Einhaltung der zweiwöchigen Kündigungserklärungsfrist verweist die Beklagte darauf, dass das Schreiben vom 10.04.2006 dem Kläger nicht an demselben Tag zugegangen sei, sondern zwei bis drei Tage später. Wegen des Umfangs der Vorwürfe in dem Anhörungsschreiben sei die bis zum 20.04.2006 gesetzte Frist angemessen gewesen und habe die Ermittlungen nicht verzögert. In rechtlicher Hinsicht sei darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des Kündigungsschutzrechts kein Gleichbehandlungsgrundsatz gelte. Das folge daraus, dass in jedem Fall eine Interessenabwägung vorzunehmen sei. Unabhängig davon habe die Beklagte wegen der unterschiedlich gelagerten Sachverhalte sachgerecht differenziert. Dass der Kläger von Anfang an Unrechtsbewusstsein gehabt habe, ergebe sich auch aus der Erklärung in der Anhörung vom 19.04.2006, da der Kläger um Rückgabe und Korrektur der fehlerhaften Anträge ausweislich des Inhalts der Anhörung bat.

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des Arbeitsgerichts A-Stadt vom 04.12.2006 und 18.01.2007 - 2 Ca 195/06 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger bleibt bei seiner Darstellung, dass er zu Beginn des B-Stadt-Einsatzes Herrn W. aufgesucht und die Auskunft erhalten habe, er könne so - wie später geschehen - abrechnen. So seien alle anderen Mitarbeiter sowohl auf der "A." als auch auf der "W." verfahren. Herr E. habe diese Auskunft ebenfalls im Beisein von Herrn Sch. von Herrn W. bekommen und diese Auskunft an ihn und die anderen Arbeitnehmer weitergegeben. Herr W. habe geantwortet: "Du machst ja die Reise". Das Gespräch im Februar 2006 zwischen Herrn E.. und Herrn W. habe einen anderen Grund gehabt. Es sei in diesem Gespräch nämlich um die Richtigkeit der Arbeitszeiten in den Anträgen gegangen, wie der Kläger im Schriftsatz vom 25.10.2007 näher ausführt (Blatt 253 d. A.). Eine Auskunft des Herrn W. gegenüber Herrn E. dahingehend, dass bei Verheirateten Anspruch auf Reisebeihilfe bestehe, wenn zwar für eine Heimfahrt das Dienst-Kfz. genutzt wird, die zweite im Monat zustehende Fahrt aber mit dem Privat-Fahrzeug durchgeführt werde, werde bestritten. Zumindest habe Herr E. diese Auskunft nicht an die Mitarbeiter weitergegeben. Der Zeuge Sch.. habe in einem befristeten Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bis Dezember 2005 gestanden. Schon daraus folge, dass die behauptete Auskunft gegenüber Herrn E. im Beisein von Herrn Sch. vor Februar 2006 getätigt wurde und dieses Gespräch in einem anderen Zusammenhang gestanden habe. Der Kläger bleibt dabei, dass die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist nicht eingehalten sei.

Die Kammer hat gemäß Beweisbeschluss vom 17.09.2007 (Blatt 235 bis 237 d. A.) in der Fassung des Beschlusses vom 28.04.2008 (Blatt 284 d. A.) Beweis erhoben durch Vernehmung der Regierungsamtsfrau B. über die Behauptung der Beklagten, der Regierungshauptsekretär W. habe weder im Juni/Juli 2004 (vor Beginn des "B-Stadteinsatzes") zu dem Kläger gesagt, er könne auch bei Nutzung eines Dienst-Kfz. eine Reisebeihilfe beantragen, weil er die Reise ja mache "noch zu einem anderen Zeitpunkt" (bis Dezember 2005) zu dem Wohnbootführer E..

Nach dem Inhalt des Beweisbeschlusses vom 17.09.2007 sollte der Zeuge Regierungshauptsekretär W. vernommen werden. Dieser verstarb vor Durchführung der Beweisaufnahme. Gemäss Beweisbeschluss vom 28.04.2008 wurde die Zeugin B. als den Regierungshauptsekretär W. im Zuge der Sachverhaltsermittlung anhörende Person befragt.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und somit insgesamt zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO).

II.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigungen der Beklagten vom 03.05 und 30.05.2006 beendet worden ist.

1.

Das Arbeitsverhältnis ist nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 03.05.2006 beendet worden. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist dabei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in zwei Stufen zu prüfen. Zuerst ist festzustellen, ob ein bestimmter Sachverhalt an sich geeignet ist, einen Kündigungsgrund zu bilden, sodann ist im Wege einer umfassenden Interessenabwägung festzustellen, ob auch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls ein wichtiger Grund vorliegt (BAG vom 17.05.1984, EzA § 626 BGB n. F. Nr. 90 = AP § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlungen Nr. 14, BAG vom 02.03.1989, EzA § 626 BGB n. F. Nr. 118 = AP § 626 BGB Nr. 101; KR-Fischermeier, 8. Aufl., § 626 BGB, Rn. 83).

a)

Grundsätzlich ist die fehlerhafte Angabe in Anträgen auf Bewilligung von Reisebeihilfen eine Pflichtverletzung, die geeignet sein kann, das Arbeitsverhältnis ordentlich oder außerordentlich zu beenden. Das gilt auch dann, wenn es sich um einen einmaligen Fall und um einen geringen Betrag handelt (BAG vom 27.02.1969, 5 AZR 206/68, AP Nr. 4 zu § 7 BUrlG Abgeltung = EzA § 7 BurlG Nr. 6; LAG Nürnberg vom 28.03.2003, 4 Sa 136/02, LAGE § 626 BGB Nr. 149 und LAG Köln vom 02.03.1999, 13 Sa 687/98, zit. n. juris). Im Regelfall setzt eine verhaltensbedingte Kündigung nicht nur eine objektive und rechtswidrige Vertragspflichtverletzung, sondern darüber hinaus ein schuldhaftes vorwerfbares Verhalten des Arbeitnehmers voraus. Macht der Arbeitnehmer geltend, dass er von der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens ausgegangen ist, kann Verschulden zu verneinen sein, weil ein nicht vermeidbarer Verbotsirrtum vorliegt. War der Irrtum vermeidbar, ist zwar Fahrlässigkeit und damit Verschulden gegeben. Irrtum und Grad der Fahrlässigkeit sind dann im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen (BAG vom 14.02.1996, 2 AZR 274/95, AP Nr. 26 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung = EzA § 626 n.F. BGB Nr. 160 und BAG vom 10.12.1992, 2 AZR 271/92, AP Nr. 41 zu Art. 140 GG = EzA § 611 BGB Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 38). Darlegungs- und beweispflichtig für den Kündigungsgrund ist der Arbeitgeber. Im Rahmen der Beweislast hat er auch Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe zu widerlegen, auf die sich der Arbeitnehmer beruft (BAG vom 06.08.1987, 2 AZR 226/87, AP Nr. 97 zu § 626 BGB = EzA § 626 n.F. BGB Nr. 109).

Vor Ausspruch einer ordentlichen oder einer außerordentlichen Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen ist grundsätzlich eine vorherige vergebliche Abmahnung erforderlich. Die Kündigung ist dann nur nach Wiederholung der Vertragspflichtverletzung bei vorausgegangener Abmahnung begründet. Entbehrlich ist die Abmahnung, wenn eine besonders schwerwiegende Vertragspflichtverletzung vorliegt, deren Rechtswidrigkeit für den Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist oder wenn mit einer Verhaltensänderung nicht zu rechnen ist (BAG vom 12.08.1999, 2 AZR 923/98, AP Nr. 28 zu § 636 BGB Verdacht strafbarer Handlung und BAG vom 10.02.1999, 2 ABR 31/98, AP Nr. 42 zu § 15 KSchG 1969, BAG vom 15.11.2001, 2 AZR 605/00, AP Nr. 175 zu § 626 BGB). Die Entbehrlichkeit der Abmahnung ist in der Regel bei Abrechnungsbetrug zu bejahen.

Vor diesem Hintergrund ist wie folgt zu differenzieren:

b)

Die Beantragung von Reisebeihilfen für den 04. und 05.10.2005 ist eine rechtswidrige und schuldhafte Verletzung der vertraglichen Pflichten des Klägers. Der Kläger hat Reisebeihilfen beantragt, obwohl er tatsächlich Wachdienst hatte und die Heimfahrten nicht getätigt hat. Der Kläger hat jedoch nicht vorsätzlich, sondern in diesem Fall lediglich nur fahrlässig gehandelt. Jedenfalls folgt aus den Darlegungen der Beklagten nicht, dass der Kläger den Antrag vorsätzlich, also mit Wissen und Wollen fehlerhaft gestellt hat. Vorsatz ist nicht nachweisbar. Der Hinweis der Beklagten, dass es sich bei der Einlassung des Klägers um eine Schutzbehauptung handele, reicht nicht aus, um den vom Kläger behaupteten Irrtum zu widerlegen. Es handelt sich insoweit auch um einen Einzelfall, sodass nichts dafür spricht, dass der Kläger hier vorsätzlich falsche Angaben getätigt hat. Die dennoch vorliegende Pflichtverletzung durch das nicht ordnungsgemäße Beantragen von Beihilfen ist nicht so schwerwiegend, dass eine vorherige vergebliche Abmahnung entbehrlich wäre. Dieser Vorfall alleine rechtfertigt ohne vorangegangene Abmahnung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht (vgl. auch LAG Niedersachsen vom 15.06.2004, 13 Sa 1681/03, NZA-RR 2004, S. 574). Er kann sich allenfalls bei Vorliegen anderer Kündigungsgründe im Rahmen der Interessenabwägung zu Lasten des Klägers auswirken.

c)

Soweit der Kläger für den 11.11.2005 und 25. sowie 28.11.2005 Reisebeihilfen pro Strecke in Höhe von 14,55 € beantragt und erhalten hat, obwohl er die jeweiligen Fahrten mit dem Dienst-PKW vorgenommen hat, liegt darin eine Pflichtverletzung, die generell geeignet ist, das Arbeitsverhältnis auch fristlos zu beenden. Dasselbe gilt für die Wochenenden 06. und 08.01.2006, 20. und 29.01.2006 sowie 03. und 05.02.2006 von und nach C-Stadt, obwohl es hier zu einer Auszahlung nicht gekommen ist. Insoweit bliebe es bei einem versuchten Abrechnungsbetrug, welcher ebenfalls eine erhebliche Pflichtverletzung darstellt. Die fehlerhafte Angabe in dem Reisebeihilfeantrag ist auch mit Wissen und Wollen des Klägers, nämlich vorsätzlich, getätigt worden. Der Kläger verteidigt sich nicht mit dem Argument, dass ihm hier ein Irrtum beim Ausfüllen der Anträge unterlaufen sei, sondern dass er eine andere Rechtsauskunft erhalten habe. Damit stellt sich nicht die Frage der vorsätzlichen Pflichtverletzung, die unproblematisch vorliegt. Vielmehr stellt sich die Frage, ob das Handeln des Klägers einen Verbotsirrtum darstellt, der von ihm nicht zu vermeiden war, weil er die von ihm behauptete Auskunft erhalten hat. Diese Einlassung des Klägers stellt einen Entschuldigungsgrund für die von ihm getätigte vorsätzliche Pflichtverletzung dar. Dass dieser Entschuldigungsgrund nicht vorliegt, ist vom Arbeitgeber nachzuweisen (s. BAG vom 17.06.2003, 2 AZR 123/02, AP Nr. 13 zu § 543 ZPO 1977; BAG vom 06.08.1987, 2 AZR 226/87, a.a.O.).

Der Kläger hat hinreichend konkret dargelegt, dass er in dem Büro bei dem Regierungshauptsekretär W. war, auch wenn er den genauen Tag seines Besuchs nicht mehr angeben kann. Die zeitliche Zuordnung seines Besuchs zu Beginn des B-Stadteinsatzes und die Angabe des Kollegen, mit dem sich der Zeuge W. das Büro teilte, sowie die sinngemäße Wiedergabe des Gesprächs bzw. der Antwort sind hinreichend konkret, um sie einer Beweisaufnahme zugänglich zu machen. Damit ist die Beklagte in der Pflicht, diesen Entschuldigungsgrund zu widerlegen.

d)

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme und dem Gesamteindruck der mündlichen Verhandlung (§ 286 Abs. 1 ZPO) ist durch die Beklagte nicht zur freien Überzeugung der Kammer nachgewiesen, dass der Regierungshauptsekretär W. die vom Kläger behauptete Äußerung nicht getätigt hat.

aa)

Die Zeugin B. war als sogenannte "Zeugin vom Hörensagen" zu hören. Auch die Vernehmung eines Zeugen, der aus eigener Kenntnis nur Bekundungen Dritter über entscheidungserhebliche Tatsachsen wiedergeben kann, ist grundsätzlich zulässig (vgl. Stein/Jonas/Schumann/Leipold ZPO, 373 Abs. 1 Anm. III 1 m. w. N., Nachweise in Fußnote 31; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl. § 373 Rn. 1 und § 286 Rn. 9 a). Der Zeuge vom Hörensagen bekundet ein Indiz, dem nicht in jedem Fall von vornherein jede Bedeutung für die Beweiswürdigung abgesprochen werden kann, auch wenn sein Beweiswert in der Regel eher gering ist. Jedenfalls liegt in der Vernehmung eines Zeugen vom Hörensagen kein Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (BGH vom 10.05.1984, III ZN 29/83, NJW 1984, S. 2039).

Die allerdings nur begrenzte Zuverlässigkeit des Zeugnisses vom Hörensagen stellt besondere Anforderungen an die Beweiswürdigung, da die jedem Personalbeweis anhaftenden Fehlerquellen sich dadurch erheblich verstärken, dass die Qualität des Beweisergebnisses zusätzlich von der Zuverlässigkeit des Beweismittels abhängt. Der Beweiswert derartiger Bekundigungen ist besonders kritisch zu überprüfen. In der Regel genügen die Angaben des Zeugen vom Hörensagen nicht, wenn sie nicht durch andere, nach der Überzeugung des Fachgerichts wichtige Gesichtspunkte bestätigt werden; das Gericht muss sich der Grenzen seiner Überzeugungsbildung stets bewusst sein, sie wahren und dies in den Urteilsgründen zum Ausdruck bringen (BVerfG vom 20.02.2001, 2 BVR 1261/00, NJW 2001, S. 2247, 2246 und vom 26.05.1981, 2 BVR 215/81, BVerfGE 57, 250/292 sowie BGH vom 16.05.2002, 1 STR 40/02, Rn. 13 und 14). Jedenfalls vermag die Aussage eines Zeugen vom Hörensagen allein ohne das Hinzutreten weiterer Indizien nicht den Beweis zu führen (BGH vom 16.05.2002, a. a. O.).

bb)

Ausgehend von diesen Grundsätzen und dem Gesamteindruck des wechselseitigen Parteivortrags sowie der mündlichen Verhandlung war die Kammer nicht hinreichend davon überzeugt, dass die vom Kläger behauptete Äußerung des Herrn W., der Kläger könne so abrechnen, weil er die Reise ja tatsächlich tätige, nicht gefallen ist (§ 286 Abs. 1 ZPO). Die die Aussage der Zeugin vom Hörensagen ergänzenden Indizien können grundsätzlich darin liegen, dass der Kläger - wie in der Anhörungsniederschrift vom 19.04.2006 angegeben - seine Anträge zur Korrektur herausverlangt hat und ein Vermerk über das stattgefundene am 19.04.2006 Gespräch zwischen der Zeugin B. und dem verstorbenen Regierungshauptsekretät W. vorliegt, welches von diesem unterzeichnet wurde. Die Aussage der Zeugin B. war letztendlich nicht hinreichend ergiebig über den vom Kläger behaupteten Inhalt des Gesprächs zu Beginn des B-Stadteinsatzes im Sommer 2004.

(1) Die Zeugin B. weist zu Recht darauf hin, dass sie die Anhörung des Zeugen W. am 19.04.2006 auf der Grundlage der Anhörung des Klägers - ebenfalls auf den 19.04.2006 datierend - durchgeführt hat und sich aus dieser Anhörung der genaue Zeitpunkt der Äußerung, die hier Gegenstand der Beweisaufnahme ist, nicht ergibt. Die Zeugin B. hat selbst bekundet, dass ihr der Zeitpunkt Sommer 2004 zur Zeit der Befragung von Herrn W. nicht bekannt war. Das ist auch nachvollziehbar, da der Kläger diese Darlegung erstmals in der erstinstanzlichen Verhandlung vom 04.12.2006 zu Protokoll gegeben hat.

Nach den Bekundungen der Zeugin ist nicht auszuschließen, dass der Kläger zu dem von ihm behaupteten Zeitpunkt Herrn W. in seinem Büro aufgesucht hat. Zu ihr selbst hat Herr W. sich nach ihrer Aussage dahingehend geäußert, dass immer mal wieder Arbeitnehmer bei ihm erschienen und dabei auch mal ein Wort gewechselt worden sei. Auch wenn Herr W. sich an den Kläger nicht erinnern konnte, sondern in Person lediglich an Herrn A. als Besatzungsmitglied der "A.", schließt das nicht aus, dass der Kläger persönlich bei Herrn W. war.

(2) Den Inhalt der Gespräche zwischen Herrn W. und anderen Mitarbeitern, die ihn gelegentlich aufsuchten, konnte die Zeugin nicht schildern. Ihre Aussage, dass abrechnungstechnische Fragen mit anderen Arbeitnehmern (als Herrn E.) wohl gar nicht besprochen wurden, ist letztendlich ihre eigene Schlussfolgerung und nicht auf eine konkrete Äußerung von Herrn W. ihr gegenüber zurückzuführen. Eine solche Äußerung ergibt sich auch nicht aus dem Gesprächsvermerk vom 19.04.2006, wie er zu Blatt 239 d. A. gereicht wurde. Die Aussage der Zeugin, wonach Herr W. gesagt habe - wie es im Vermerk vom 19.04.2006, vorletzter Absatz, letzter Satz vermerkt ist - der Zeuge habe nie gesagt, dass auch Kosten bei Nutzung des Dienst-Kfz. erstattet werden können, bezieht sich auf das Gespräch mit Herrn E.. Herr W. erläutert in diesem Absatz, dass er Herrn E. die Reisebeihilfe z. B. bei Verheiratetenanspruch erläutert habe. Dementsprechend bezieht sich die Aussage, dass auch Kosten bei Nutzung des Dienst-Kfz. erstattet werden können, "habe ich ihm nie gesagt", auch auf Herrn E.. Das ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang des Vermerks und der Bestätgiung durch die Zeugin B., wonach der Vermerk den Gesprächsinhalt vollständig wiedergebe, da das Gespräch auch nicht sehr lange gedauert habe. Der Gesprächsvermerk hat seinen Schwerpunkt jedenfalls bei dem Gespräch zwischen Herrn W. und Herrn E.. Da dieses Gespräch zwischen Herrn W. und Herrn E. ausweislich des Gesprächsvermerks im Februar 2006 stattgefunden hat, ist es nicht auszuschließen, dass über 1 1/2 Jahre zuvor der Kläger einmal persönlich bei Herrn W. war und er sich an den Kläger schließlich nicht erinnern kann. Jedenfalls folgt aus den Bekundungen der Zeugin letztendlich nicht, dass es ausgeschlossen ist, dass der Kläger bei Herrn W. war.

(3) Die Aussage der Zeugin, dass sie nach ihrer Einschätzung auf Grund der Persönlichkeit des Herrn W. und ihrer langjährigen Zusammenarbeit mit ihm eine solche Äußerung ausschließen könne, ist letztendlich eine Annahme der Zeugin, die auf Grund des Eindrucks der gesamten mündlichen Verhandlung nicht sicher zu bestätigen ist. Die gegenüber der Zeugin B. von dem Herrn W. spontan geäußerte Antwort "Das weiss doch jeder Idiot, ..." ist letztendlich nicht die konkrete Verneinung der Frage nach der Äußerung, es könne auch bei der Nutzung vom Dienst-PKW eine Reisebeihilfe beantragt werden. Die sich daran anschließende Begründung der Zeugin, dass sie sich relativ sicher sei, Herr W. habe ausgeschlossen, eine andere Äußerung gegenüber dem Arbeitnehmern getätigt zu haben, lässt den Schluss auf eine konkrete Antwort des Zeugen nicht zu. Es handelt sich letztlich um eine eigene Schlussfolgerung.

(4) Im Übrigen ist die Aussage der Zeugin auch insoweit widersprüchlich, als sie einerseits erklärt hat, dass sie Herrn W. zu den Aussagen der Arbeitnehmer konkret befragt habe und andererseits angibt, der Inhalt des Gesprächsvermerks vom 19.04.2006 gebe den Inhalt der Anhörung vollständig wieder. Schon daraus folgt, dass eine umfassende Befragung von Herrn W. jedenfalls bezüglich des Klägers und einer möglichen Aussage von Herrn W. im Sommer 2004 nicht stattgefunden hat und wie oben ( Zi. 1 d (1) d.Gr.) ausgeführt auch nicht stattgefunden haben kann. Bestätigt wird dieses Ergebnis der Beweisaufnahme wie gesagt durch das inhaltlich und zeitlich begrenzte Ergebnis des Gesprächsvermerks vom 19.04.2006 und letztendlich auch durch den Umstand, dass neben dem Kläger weitere Arbeitnehmer den gleichen Abrechnungsfehler vorgenommen haben. Da dieser Abrechnungsfehler auch nicht nur auf der "A.", sondern - wenn auch in Einzelfällen - auf der Wohnboot "W." vorgekommen ist, spricht doch einiges dafür, dass hier zumindest Kommunikationsfehler dazu geführt haben, dass die Arbeitnehmer die Anträge wie geschehen ausgefüllt haben. Dass andere Arbeitnehmer den Abrechnungsfehler in geringerer Anzahl gemacht haben, kann verschiedene Ursachen haben. Es kann daran liegen, dass ihnen der Dienst-PKW sonst nicht zur Verfügung stand oder auch Heimfahrten in geringerem Umfang angefallen sind. Auch der Umstand, dass nach dem Beklagtenvortrag Herr E. im Februar 2006 die Abrechnungsunterlagen zurückverlangt haben soll, lässt noch keine Rückschlüsse auf das Unrechtsbewusstsein gerade auch des Klägers im Zeitpunkt des Ausfüllens der Anträge zu.

Insgesamt war die Aussage der Zeugin mithin nicht hinreichend ergiebig, um einen hinreichend sicheren Schluss auf den von der Beklagten behaupteten Sachverhalt vornehmen zu können.

Da die Beklagte mithin das Fehlen des Entschuldigungsgrundes zu Gunsten des Klägers nicht beweisen konnte, bleibt es dabei, dass die zwar vorsätzliche Pflichtverletzung des Klägers auf Grund eines Verbotsirrtums entschuldigt ist. Ein Kündigungsgrund in dem oben beschriebenen Sinne liegt mithin nicht vor. Der Kläger hat letztendlich so gehandelt, wie es ihm mitgeteilt wurde.

2.

Das Arbeitsverhältnis ist auch nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 30.05.2006 mit Ablauf der Kündigungsfrist zum 30.09.2006 beendet worden. Für die Berechtigung der ordentlichen Kündigung ist erforderlich, dass ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund i. S. des § 1 Abs. 2 KSchG vorliegt. Verhaltensbedingte Kündigungsgründe, die eine ordentliche Kündigung rechtfertigen, können ebenso wie für eine fristlose Kündigung fehlerhafte Abrechnungen von Reisebeihilfen sein (s. oben zu Zi. 1 a) d.Gr.). Da die vom Kläger begangene Pflichtverletzung durch die Beantragung von Reisebeihilfe trotz Nutzung eines Dienst-PKW für Heim- und Rückfahrten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme wegen der ihm gegenüber erfolgten Äußerungen des Herrn W., er könne so abrechnen, entschuldigt ist, kommt ein Kündigungsgrund aus diesem Grunde nicht in Betracht. Soweit es um die fehlerhafte Abrechnung für den 04. und 05.10.2005 geht, war eine Abmahnung vorrangig. Insoweit wird auf Ziffer 1 b) der Entscheidungsgründe verwiesen.

3.

Der Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung folgt aus § 611 BGB i. V. m. § 242 BGB i. V. m. Art. 2 GG. Gründe, die ein überwiegendes Interesse der Beklagten an einer Nichtbeschäftigung des Klägers begründen können, liegen nicht vor.

III.

Die Kosten hat die Beklagte als unterliegende Partei zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

4.

Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe hierfür liegen nicht vor.

Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß nachfolgender Rechtsmittelbelehrung wird verwiesen.

Ende der Entscheidung

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