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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 15.12.2008
Aktenzeichen: 9 Sa 467/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 611
BGB § 612 a
Der Arbeitgeber darf Arbeitnehmer von einer Lohnerhöhung ausnehmen, die einer Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich nicht zugestimmt haben, wenn mit der Lohnerhöhung die Kompensation der Schlechterstellung derjenigen Arbeitsnehmer, die einer Erhöhung der Arbeitszeit zustimmten, bezweckt wird und mit der Lohnerhöhung keine Überkompensation eintritt.
LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

9 Sa 467/08

In dem Rechtsstreit

hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2008 durch

die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Dr. Hartwig, den ehrenamtlichen Richter Herrn Prof. Bertrand, den ehrenamtlichen Richter Herrn Weidenthal

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts H.-STADT vom 06.03.2008 - 1 Ca 237/07 - wird kostenpflichtig als teilweise unzulässig verworfen (Anträge 1) und 2)) und im Übrigen zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Gewährung einer Lohnerhöhung und eines Personalrabattes an die Klägerin aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes und des Maßregelungsverbots.

Die Klägerin war bis zur Schließung der Filiale H.-STADT bei der Beklagten bis 31.01.2008 im Bereich Verkauf mit Vergütungsgruppe G II / 7 des im Jahre 2003 maßgeblichen Entgelttarifvertrages Einzelhandel beschäftigt. Die Klägerin arbeitete auf der Basis einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden bei Vollzeitbeschäftigung mit 18 Stunden pro Woche. Das Grundgehalt der Klägerin betrug 916,38 € brutto monatlich, was einer Stundenvergütung in Höhe von 11,75 € brutto bei 78 Monatsstunden entspricht. Vollzeitigbeschäftigte Arbeitnehmer waren auf der Basis einer 37,5-Stundenwoche mit 163 Monatsstunden beschäftigt.

Spätöffnungszuschläge in Höhe von 20 % werden nach dem Tarifvertrag für die wochentägliche Arbeitszeit ab 18:30 Uhr gezahlt. Arbeit an Samstagen zwischen 15:00 Uhr und 20:00 Uhr, mit Ausnahme eines Samstags im Monat und der letzten vier Samstage vor Weihnachten wird ebenfalls mit 20 % Zuschlag pro Stunde vergütet. Der Betrieb der Beklagten in H.-STADT schloss montags bis freitags um 19:00 Uhr, samstags um 18:00 Uhr. In der M.-Straße in C-Stadt beispielsweise schließt der Betrieb erst um 20:00 Uhr.

Die Klägerin ist Mitglied der vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Sie war Mitglied des Betriebsrates. Die Tarifbindung der Beklagten endete am 31.01.2003.

Die Beklagte forderte im Jahre 2003 die Mitarbeiter einschließlich der Klägerin auf, einer einvernehmlichen Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 auf 38,5 Stunden bzw. im Fall von Teilzeitarbeitsverhältnissen einer entsprechenden Verlängerung ohne Lohnausgleich zuzustimmen. Die Klägerin reagierte auf entsprechende Schreiben der Beklagten vom 13.08, 15.11.2003 und 08.07.2004 nicht. Sie stimmte nicht zu. Im Falle der Klägerin hätte dies eine Aufstockung der monatlichen Arbeitszeit auf 79,91 Stunden bei gleichbleibender Vergütung bedeutet (Bl. 11 d. A.).

Mitarbeiter, die der Arbeitszeitverlängerung zustimmten, haben bei einem Vollzeitarbeitsverhältnis 167 Monatsstunden zu arbeiten. Die Vergütung pro Arbeitsstunde beträgt umgerechnet 11,46 € brutto. Das entspricht einer monatlichen Bruttovergütung von weiterhin 1.915,00 €.

Im Jahr 2006 forderte die Beklagte die Mitarbeiterinnen, die einer Verlängerung der Arbeitszeit zugestimmt hatten, auf, einer weiteren Verlängerung der Arbeitszeit auf eine wöchentlich Arbeitszeit von 40 Stunden zuzustimmen. Diesmal erfolgte ein Lohnausgleich, die Mitarbeiter verzichteten aber im Gegenzug auf die tariflichen Spätöffnungszuschläge. Nicht ausgeglichen wurde weiterhin die Verlängerung der Arbeitszeit von 37,5 auf 38,5 Stunden. Die Mitarbeiter, die der Aufstockung auf 40 Stunden zustimmten, haben eine monatliche Arbeitszeit von 173,33 Stunden bei einer Monatsvergütung in Höhe von (immer noch) 1.915,00 € brutto, was einem umgerechneten Stundenlohn von 11,05 € entsprach. Die Klägerin erhielt diese Aufforderung der Arbeitszeiterhöhung durch die Beklagte nicht.

Am 09.06.2006 veröffentlichte die Beklagte einen Aushang, in dem sie ankündigte, dass mit Wirkung vom 01.09.2006 der Personalrabatt von 20 %, den auch die Klägerin erhielt, auch auf reduzierte Ware gewährt werde. Das gelte jedoch nur für Mitarbeiterinnen, die bereits Arbeitsverträge auf Basis der 40-Stundenwoche haben, oder für Mitarbeiter, die im Juni 2006 ein Angebot zur Veränderung der Arbeitszeit auf 40 Stunden angenommen hätten.

Mitarbeiter, die nach dem Verbandsaustritt der Beklagten im Jahre 2003 neu eingestellt wurden, erhielten stets Arbeitsverträge auf der Basis einer 40-Stundenwoche und einer geringeren Vergütung als die oben angegebenen Stundenlöhne. In keinem Fall wurde eine höhere Vergütung vereinbart.

Im Januar 2007 gewährte die Beklagte den Mitarbeiterinnen mit einem Arbeitsvertrag auf der Basis der 40-Stundenwoche einen zusätzlichen Personalkauf in Höhe von 50 % bis zu einem maximalen Verkaufswert von 400,00 € für Vollzeitbeschäftigte und anteilig für Teilzeitbeschäftigte. Für die Arbeitszeit der Klägerin wäre anteilig ein Verkaufswert in Höhe von 180,00 € in Betracht gekommen. Der Gesamtbetriebsrat hat sowohl der Einführung eines 20 %igen Personalrabatts auch auf reduzierte Ware als auch des zusätzlichen 50 %igen Personalkaufs nicht zugestimmt.

Mit Schreiben vom 07.02, 08.02. und 07.03.2007 forderte die Klägerin die Beklagte auf, ihr den Personalrabatt von 20 % auch auf reduzierte Ware und den zusätzlichen 50 %igen Personalkauf zu gewähren.

Ab dem 01.07.2007 gewährte die Beklagte den Mitarbeiterinnen mit Arbeitsverträgen auf Basis der 40-Stundenwoche ohne Anspruch auf Spätöffnungszuschläge eine Gehaltserhöhung von 3 % des Grundgehaltes. Die Klägerin erhielt die Lohnerhöhung nicht. In dem Zeitraum von März bis August 2007, den die Klägerin exemplarisch angab, erhielt sie Spätöffnungszuschläge in Höhe von 20,82 € brutto für insgesamt 9 Stunden und 5 Minuten.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass sie unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und des Maßregelungsverbots einen Anspruch auf Gewährung der geltend gemachten Rabatte und der Lohnerhöhung habe. Insbesondere könne sich die Beklagte nicht auf eine Kompensationsleistung als sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung berufen, weil sie die Gruppenbildung durch die Aufstockung der Arbeitszeit selbst geschaffen habe.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Personalrabatt in Höhe von 20 % auch auf reduzierte Ware zu gewähren.

2. die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einmalig für das Jahr 2008 einen Rabatt in Höhe von 50 % bis zu einem maximalen Verkaufswert von 180,00 € zu gewähren.

3. die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 192,43 € zuzüglich 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus je 27,49 € seit dem 01.08., 01.09, 01.10., 01.11., 01.12.2007, 01.01. und 01.02.2008 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Ungleichbehandlung aus sachlichen Gründen gerechtfertigt sei. Es handele sich um Kompensationsleistungen für die Arbeitnehmerinnen, die entweder durch Vertragsänderung eine Herabsetzung ihrer Stundenvergütung und einen Verzicht auf die Spätöffnungszuschläge hingenommen oder bei Neuabschluss einen Arbeitsvertrag von vornherein zu einer geringeren Stundenvergütung und ohne Anspruch auf Spätöffnungszuschläge auf Basis einer 40-Stundenwoche abgeschlossen hätten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 06.03.2008 abgewiesen und hinsichtlich der Anträge zu 1) und 2) ausgeführt, dass der Anspruch auf Gewährung von Personalrabatten nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem 31.01.2008 auf eine unmögliche Leistung gemäß § 275 Abs. 1 BGB gerichtet sei. Ein Anspruch auf die Zahlung des mit dem gemäß Antrag zu 3) geltend gemachten Betrages ergebe sich weder aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz noch aus dem Maßregelungsverbot, weil eine sachfremde Gruppenbildung nicht vorliege. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, denjenigen Mitarbeitern, die in der Vergangenheit Lohneinbußen gehabt hätten, einen finanziellen Ausgleich zu gewähren. Das Arbeitsgericht hat die Berufung zugelassen.

Gegen das der Klägerin am 10.03.2008 zugestellte Urteil legte diese mit am 26. März 2008 am Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenen Schriftsatz Berufung ein. Die Berufung wurde mit am 03.06.2008 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenen Faxschriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist auf Antrag des Klägervertreters vom 13.05.2008 durch Beschluss vom 13.05.2008 bis 03.06.2008 verlängert worden war.

In der Berufungsbegründung wiederholt und vertieft die Klägerin zunächst ihr erstinstanzliches Vorbringen und führt aus, dass der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz ebenso wie das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB verletzt seien. Außerdem sei nicht berücksichtigt worden, dass die Klägerin zu einer Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 40 Stunden gar nicht mehr aufgefordert worden sei. Dies zeige den Sanktionscharakter der Maßnahmen. Die Klägerin sei auch nicht verpflichtet gewesen, einer Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit zuzustimmen. Sie habe daher in zulässiger Weise ihre Rechte ausgeübt. Es sei auch unzulässig, in die Kompensationsleistung die Personalrabatte einzubeziehen. Hierbei handele es sich nicht um Entgelt, sondern um Leistungen, die die Betriebstreue belohnen wollten. Sie vertritt die Auffassung, es seien wie beim Günstigkeitsvergleich nach § 4 Abs. 3 TVG nur gleiche oder gleichartige Leistungen zu berücksichtigen. Mit Schriftsatz vom 17.11.2008 führt die Klägerin noch aus, dass auch die Klageabweisung hinsichtlich der Gewährung der Personalrabatte letztendlich aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Maßregelungsverbot folge. Es handele sich um einheitliche Streitgegenstände. Die Beurteilung des Arbeitsgerichtes, die Anträge seien auf eine unmögliche Leistung gerichtet, sei fehlerhaft.

Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts H.-STADT vom 06.03.2008 zu Az. 1 Ca 237/07 abzuändern und nach den Schlussanträgen der Klägerin erster Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt den Inhalt des arbeitsgerichtlichen Urteils als richtig und verweist auf ihr bisheriges Vorbringen, wonach eine unterschiedliche Behandlung von Mitarbeitern im Rahmen einer Lohnerhöhung grundsätzlich zulässig sei. Nicht erforderlich sei hingegen ein Vergleich aller Sachgruppen, sondern letztendlich nur von Arbeitszeit und Arbeitsentgelt. Sowohl die Gehaltserhöhung als auch der Personalrabatt dienten allein dazu, die entstandenen Vergütungsunterschiede auszugleichen. Nach gerichtlichem Hinweis vom 25.09.2008 (Bl. 194, 195 d. A.) rechnet die Beklagte anhand, nach ihrer Auffassung zweier repräsentativer Mitarbeiter, die in dem Betrieb der M.-Straße in C-Stadt beschäftigt sind, vor, dass unter Berücksichtigung der höheren Arbeitszeit keine Überkompensation vorliege (Schriftsatz vom 20.11.2008, Bl. 219 - 222 d. A.). Beide hätten ein vergleichbares Einkaufsverhalten. Der Mitarbeiter, der einen 40-Stundenarbeitsvertrag habe, habe auf 10 Monate gesehen, einen Personalrabatt auf reduzierte Ware in Höhe von 20 % in einer Gesamthöhe von 34,48 € erlangt. Dafür habe er aber auch weniger Freizeit gehabt. Demgegenüber seien Spätöffnungszuschläge von 61,20 € brutto monatlich auf der Seite des Mitarbeiters zu berücksichtigen, der einen 38,5-Stundenvertrag habe.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nur teilweise zulässig und insoweit auch unbegründet.

I.

Soweit sich die Berufung gegen die Abweisung der Klageanträge zu 1) und 2) richtet, ist sie unzulässig. Die Berufung genügt nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO und ist daher unzulässig. Die Berufungsbegründung muss, soweit hier von Interesse, die Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Erleichterungen für den Berufungsführer gegenüber § 519 Abs. 3 Ziff. 2 ZPO a. F. sind damit nicht verbunden (BAG vom 06.03.2003 - 2 AZR 596/02 - AP Nr. 32 zu § 64 ArbGG 1979 unter II 2 a der Gründe; Zöller-Gummer, 26. Aufl. 2006 § 520 Rz. 33). Der Berufungsführer ist gehalten, die Beurteilung des Streitfalles durch den Erstrichter zu prüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und aus welchen Gründen er das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Rein formale, nicht auf den konkreten Streitfall bezogene Berufungsbegründungen sollen ausgeschlossen werden, um dadurch auf die Zusammenfassung und Beschleunigung des Verfahrens im zweiten Rechtszug hinzuwirken. Allein schon aus der Berufungsbegründung sollen Gericht und Gegner erkennen können, welche Gesichtspunkte der Berufungskläger seiner Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung zu Grunde legen will (vgl. die Begründung zur Neufassung des § 519 ZPO durch das Gesetz vom 27.10.1933 zitiert bei Körting in ACP 142 (936) Seite 104; BAG vom 14.12.2004, 1 AZR 504/03, NZA 2005, 818 und BAG vom 17.01.2007 - 7 AZR 20/06, AP Nr. 30 zu § 14 TzBfG Rn. 11; BAG vom 08.10.2008, 5 AZR 526/07, NZA 2008, 1429 Rn. 15; vgl. zum Revisionsrecht BAG vom 06.01.2004 - 9 AZR 680/02 - NZA 2004, 449 unter II 2 a der Gründe). Andernfalls ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig (vgl. BAG vom 11.03.1998 - 2 AZR 497/07 - AP Nr. 49 zu § 519 ZPO unter I der Gründe).

Bei der Rüge eines Rechtsverstoßes ist die ausdrückliche Benennung der Norm nicht erforderlich (BGH vom 26.06.2003 - III ZB 71/02, NJW 2003, S. 2532 Zi. II 1 d.Gr.). Auch ist zur ordnungsgemäßen Begründung nicht erforderlich, dass der Berufungsführer die übergangenen Tatsachen oder Beweisangebote unter Angabe der genauen Fundstelle in den bisherigen Schriftsätzen genau bezeichnen muss. § 559 Abs. 1 ZPO findet im Berufungsverfahren keine Anwendung, das auch keine dieser Bestimmung vergleichbare Norm kennt (BGH vom 12.04.2004 - V ZR 257/03, NJW 2004, S. 1876 Zi. II 2 b aa (3) d.Gr.). Bei einheitlichem Streitgegenstand muss der Berufungskläger allerdings nicht zu allen für ihn nachteiligen Streitpunkten in der Berufungsbegründung im Einzelnen Stellung nehmen (BGH vom 5.10.1983 - VIII ZR 224/82, NJW 1984, S. 177).

Ist hingegen die Klageabweisung hinsichtlich eines prozessualen Anspruchs auf zwei voneinander unabhängige selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung geeignet sein, das Urteil insgesamt in Frage zu stellen. Sie hat deshalb für jede der Erwägungen darzulegen, warum sie die Entscheidung nicht trägt. Andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (BGH vom 25.11.1999, III ZB 50/99, NJW 2000, 590; BAG vom 08.05.2008, 6 AZR 517/07, NZA 2008, 1148 = AP Nr. 40 zu § 620 BGB Aufhebungsvertrag, jew. Rn. 28). Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung nicht. Das Arbeitsgericht hat hinsichtlich der Abweisung der Klageanträge zu 1) und 2), soweit sie auf die Gewährung der Personalrabatte gerichtet waren, die Entscheidungsgründe allein auf § 275 Abs. 1 BGB gestützt. Gründe der Gleichbehandlung oder des Maßregelungsverbotes haben keine Rolle gespielt. Insofern liegt noch nicht einmal eine Doppelbegründung vor, sondern eine völlig andere rechtliche Erwägung, mit der sich die Berufungsbegründung nicht auseinander gesetzt hat.

II

1. Soweit sich die Berufung gegen die Abweisung des Klageantrages zu 3) (Zahlung in Höhe von 192,43 € richtet), ist sie zulässig. Die Berufung ist insoweit form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 66 ArbGG, 519, 520 ZPO). Die Berufung ist auch statthaft. Das Arbeitsgericht hat die Berufung zugelassen (§ 64 Abs. 3 und 4 ArbGG).

2. Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von 192,43 € brutto aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz oder wegen Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot (§ 612 a BGB).

a. Die Klägerin kann ihren Anspruch nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbstgegebenen Regelung gleich zu behandeln. Damit verbietet er nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes setzt eine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers voraus. Im Bereich der Vergütung findet der Grundsatz Anwendung, wenn Arbeitsentgelt durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten und erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, wenn er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt. Dem Arbeitgeber ist es verwehrt, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von ihnen aus unsachlich oder sachfremden Gründen von einer Erhöhung der Arbeitsentgelte auszuschließen. Nach dem mit der Gehaltserhöhung verfolgten Zweck ist zu beurteilen, ob der von ihr ausgeschlossene Personenkreis zu Recht ausgenommen wird. Steht die Gruppenbildung fest, hat der Arbeitnehmer die Gründe für die Differenzierung offenzulegen und so substantiiert darzutun, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entspricht. Sind die Unterscheidungsmerkmale nicht ohne weiteres erkennbar und legt der Arbeitgeber seine Differenzierungsgesichtspunkte nicht dar oder ist die unterschiedliche Behandlung nach dem Zweck der Leistung nicht gerechtfertigt, kann die benachteiligte Arbeitnehmergruppe verlangen, nach Maßgabe der begünstigten Arbeitnehmergruppe behandelt zu werden (BAG vom 14.03.2007, 5 AZR 420/06, AP Nr. 204 zu § 242 BGB Gleichbehandlung = EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 12, Rn. 19 und 23; BAG vom 26.09.2007, 10 AZR 569/06, AP Nr. 205 zu § 242 BGB Gleichbehandlung = EzA § 242 BGB 2002 Gleichbehandlung Nr. 13, Rn 15 und BAG vom 30.07.2007, 10 AZR 497/07, NV, zitiert nach Juris, Rn. 19). Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Beklagte gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verstoßen. Die Beklagte hat zwar nach einem generalisierenden Prinzip zwei Gruppen von Arbeitnehmern ungleich behandelt, jedoch entspricht diese unterschiedliche Behandlung sachlichen Kriterien, das Rechtfertigen, der benachteiligten Arbeitnehmergruppe, die den anderen Arbeitnehmern gewährte Leistung vorzuenthalten.

b. Die von der Beklagten vorgenommene Gruppenbildung steht fest. Die Beklagte unterscheidet die Gruppe derjenigen Arbeitnehmer, die unter teilweisem Verzicht auf Lohnausgleich und unter Verzicht auf Spätöffnungszuschläge der Änderung des Arbeitsvertrages auf 40 Wochenstunden oder dem Neuabschluss eines entsprechenden Arbeitsvertrages zugestimmt haben, von derjenigen Gruppe, die einer Aufstockung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 40 Wochenstunden nicht zugestimmt haben, also weiterhin mit 37,5 oder 38,5 Wochenstunden mit Spätöffnungszuschlägen arbeiten. Kurz gesagt, wird die Gruppe der Arbeitnehmer mit einem Arbeitsvertrag auf Basis einer 40 Stundenwoche anders behandelt als die Arbeitnehmer, die Arbeitsverträge auf Basis einer geringeren Wochenarbeitszeit haben. Diese Gruppen sind miteinander vergleichbar. Es bestehen bei der Beklagten nicht etwa zwei unterschiedliche Vergütungssysteme, deren weitere Entwicklung nicht Gegenstand der Überprüfung nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz ist (vgl. BAG vom 14.03.2007 a.a.O., Rn. 27; BAG vom 26.09.2007 a.a.O., Rn. 17). Allein dadurch, dass unterschiedliche vertragliche Bedingungen nebeneinander für die gleiche oder eine vergleichbare Tätigkeit bestehen, werden keine unterschiedlichen Vergütungssysteme geschaffen. Es ist nicht unüblich, dass im Laufe der Zeit unterschiedliche vertragliche Bedingungen nebeneinander für die gleiche oder eine vergleichbare Tätigkeit bestehen. Im Betrieb der Beklagten gibt es lediglich Arbeitnehmer mit unterschiedlich langer Arbeitszeit und unterschiedlich hoher Vergütung für die gleiche Tätigkeit.

c. Nach dem Zweck der Leistung der Beklagten durch die Lohnerhöhung und unter Berücksichtigung aller Umstände ist die unterschiedliche Behandlung beider Arbeitnehmergruppen sachlich gerechtfertigt.

Die Gruppenbildung ist sachlich gerechtfertigt, weil ihre Unterscheidung einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist. Die Herstellung einheitlicher Arbeitsbedingungen durch den Ausgleich von Nachteilen rechtfertigt eine differenzierte Behandlung der verschiedenen Gruppen. Die Angleichung ist auch dann legitim, wenn sie durch den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zwingend gefordert wird (BAG vom 14.03.2007 a.a.O., Rn. 27 und 26.09.2007 a.a.O., Rn. 17 und 18).

aa. Maßgeblich ist jedoch für die Zulässigkeit der Differenzierung, ob eine Besserstellung tatsächlich bestand und durch die Beschränkung der Lohnerhöhung auf eine Gruppe bei dieser keine Überkompensation stattgefunden hat. Im Falle einer Überkompensation würde die ausgleichende Maßnahme nicht dem vorgetragenen Zweck der Beklagten, wonach es um die Angleichung der Arbeitsbedingungen gehe, entsprechen. Für die Beurteilung der zulässigen Differenzierung ist ein Gesamtvergleich der Vergütungssysteme erforderlich. Bei der notwendigen Würdigung besteht wiederum ein Beurteilungsspielraum des Arbeitgebers, weil unterschiedliche Elemente der Vergütung (hier: Spätöffnungszuschläge, Arbeitszeit, Gehalt, Personalrabatte) mit einander zu vergleichen sind (vgl. BAG vom 14.03.2007 a.a.O., Rn. 28). Die Darlegungslast für die Richtigkeit der Herstellung der Entgeltgerechtigkeit liegt beim Arbeitgeber.

bb. Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Differenzierung ist zunächst auf den Zeitpunkt 01.07.2007 abzustellen, weil zu diesem Zeitpunkt die 3 %ige Lohnerhöhung für Arbeitnehmer mit einem Arbeitsvertrag über eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden gewährt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war der Betrieb in H.-STADT noch geöffnet, so dass die dort herrschenden betrieblichen Besonderheiten, die vor allem in abweichenden Öffnungszeiten gegenüber Häusern in größeren Städten bestehen, berücksichtigt werden können und müssen. Das gilt auch, wenn im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes grundsätzlich auf eine unternehmensweite Beurteilung abzustellen ist (vgl. ErfK/Preis, 9. Auflage § 611 BGB, Rn. 584 m. w. N.).

Es kommt auch nicht darauf an, dass die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen eine Folge von der Beklagten verfolgten Strategie sind, durch Änderung der Arbeitsverträge bzw. Abschluss neuer Arbeitsverträge eine höhere wöchentliche Arbeitszeit bei zunächst geringerer Vergütung zu erreichen. Dadurch hat sie zwar die Ursache für die Entstehung unterschiedlicher Arbeitsbedingungen in ihrem Betrieb gesetzt. Das schließt es jedoch nicht aus, die dadurch bedingten Unterschiede in der Belegschaft durch eine Lohnerhöhung auszugleichen.

cc. Bei der notwendigen Würdigung besteht ein Beurteilungsspielraum des Arbeitgebers, weil unterschiedliche Elemente der Vergütung miteinander zu vergleichen sind. Unstreitig erhielt die Klägerin auch nach der Lohnerhöhung eine höhere Stundenvergütung als Mitarbeiter, denen eine Lohnerhöhung gewährt wurde. Der Stundenlohn der Klägerin betrug nach wie vor 11,75 € brutto, während Arbeitnehmer mit einem 40-Wochenstundenvertrag 11,05 € und nach der Lohnerhöhung von 3 % 11,38 € erhielten. Das ist auch immer noch weniger als die Stundenvergütung, die Mitarbeiter mit einem 38,5-Stundenvertrag erhielten (11,46 € brutto). Auf das Jahr gerechnet wäre das Jahresentgelt der Klägerin bezogen auf die Grundvergütung nach der Lohnerhöhung zwar geringer (hochgerechnet auf eine Vollzeitstelle mit 37,5 Stunden): Sie erhält ein monatliches Brutto in Höhe von 1.915,00 € x 12 Monate, während Mitarbeiter mit einem 40-Stundenarbeitsvertrag 1.972,50 € x 12 Monate erhalten. Eine auf die Jahresvergütung gerichtete Betrachtungsweise berücksichtigt allerdings nicht, dass die Mitarbeiter mit einem 40-Stundenvertrag auch eine höhere Arbeitszeit leisten und die höhere Monats- bzw. Jahresvergütung letztendlich nicht aus ihrer höheren Stundenvergütung, sondern dem Multiplikationsfaktor der zu leistenden Arbeitsleistungen folgt. Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung ist dieser Umstand zu berücksichtigen, da nach dem Zweck der Lohnerhöhung des Arbeitgebers auch die höhere Arbeitszeit ausgeglichen werden soll. Damit ist der Vergütungsvergleich letztendlich auf die Stundenvergütung zu reduzieren und keine Betrachtung des Jahresentgeltes vorzunehmen. Jedenfalls wäre es geboten, bei der Betrachtung des Jahresentgeltes die mehrgeleisteten Arbeitsstunden wieder in Form des umgerechneten Entgelts in Abzug zu bringen, womit man wiederum bei einem geringeren Verdienst wäre.

dd. Aus den selben Erwägungen schien es auch nicht gerechtfertigt, allein auf die prozentuale Arbeitszeiterhöhung und die nicht ausgeglichen Vergütungsstunden abzustellen. Mitarbeiter, die ihren Arbeitsvertrag von 37,5 auf 40 Stunden erhöht haben, bekommen letztendlich eine Stunde nicht bezahlt, weil die Aufstockung von 37,5 auf 38,5 Stunden ohne Lohnausgleich erfolgte. Damit werden 2,5 % der Arbeitszeit nicht vergütet und man käme bei einer 3%igen Lohnerhöhung auf eine Überkompensation. Diese Betrachtungsweise berücksichtigt aber nicht, dass mit Erhöhung der Arbeitszeit, durch Umrechnung des Grundgehaltes auf die höhere Arbeitszeit die Stundenvergütung abgesenkt wurde. Mitarbeiter mit einem 40-Stundenvertrag bekommen nicht 39 Stunden x 11,75 € brutto vergütet, sondern 39 Stunden/Woche x 11,05 €, bzw. nach Lohnerhöhung 11,38 € (173,33 x 39/40 von 11,75).

ee. Die zusätzliche Einräumung des 20%ig Personalrabattes auch auf reduzierte Ware konnte wiederum nicht zu einer Überkompensation der Ausgleichsleistung des Arbeitgebers führen. Unabhängig davon, ob die für das Haus in der M.-Straße, C-Stadt, ermittelten Werte repräsentativ und auch auf H.-STADT übertragbar sind, können sie in den Vergütungsvergleich nicht mit einbezogen werden. Inwieweit Personalrabatte Mitarbeitern zugute kommen, hängt letztendlich von deren individuellen Einkommensverhalten ab. Sie sind zwar eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers, aber kein Entgelt im engeren Sinne. Mit dem Personalrabatt werden auch andere Zwecke verfolgt, wie Betriebstreue und Rückfluss des verdienten Geldes an den Arbeitgeber. Würde man den Personalrabatt beim Entgeltvergleich berücksichtigen, müsste man letztendlich auch in die Waagschale werfen, dass durch Ausnutzung des Personalrabattes der Umsatz des Arbeitgebers gesteigert wird. Diese Betrachtungsweise ist zu eng und im Ergebnis auch nicht praktikabel.

Ob der Klägerin ein Anspruch auf Gewährung des Personalrabattes oder - nach Zeitablauf - auf Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung zustand, war nicht zu entscheiden, da die Klage insoweit rechtskräftig abgewiesen war.

ff. Ob auch die Spätöffnungszuschläge in den Vergleich der Vergütungssysteme mit einzubeziehen sind, kann offen bleiben. Die Klägerin hat für ihr Arbeitsverhältnis dargelegt, dass der Spätöffnungszuschlag nur zu einer unerheblichen Steigerung des Entgelts führt (2,00 € - 3,00 € pro Monat). Selbst wenn man die Rechnung der Beklagten für einen Vollzeitmitarbeiter in der M.-Straße, C-Stadt zugrunde legt, ergibt sich bei den dortigen Öffnungszeiten lediglich ein monatlicher Betrag in Höhe von 61,20 €. Dieser Betrag würde sich bei den Mitarbeitern aus dem Betrieb in H.-STADT, die sich auf eine Gleichbehandlung berufen, letztendlich zu ihren Lasten auswirken, weil sich ihre Vergütung dadurch - wenn auch nur geringfügig - erhöht. Insofern konnte es offenbleiben, inwieweit die Spätöffnungszuschläge überhaupt geeignet sind, in die Rechnung mit einbezogen zu werden. Anfall und Höhe hängt von der jeweiligen Einteilung der Mitarbeiter ab, die zum Teil auch auf individuellen Wünschen oder Notwendigkeiten beruhen mag. Das spricht letztendlich dagegen, sie als festen Vergütungsbestandteil in den Vergleich der Vergütungssysteme einzubeziehen.

gg. Dasselbe gilt letztendlich für das Argument der Beklagten, dass auch im Fall einer geringfügigen Überkompensation zu berücksichtigen sei, dass die Mitarbeiter auch ca. 3 - 4 Jahre ohne Ausgleichsleistungen eine höhere Arbeitszeit gehabt hätten. Es ist zwar zulässig, dass auch diese in der Vergangenheit liegende Schlechterstellung ausgeglichen wird, entweder durch eine Einmalzahlung oder durch eine Lohnerhöhung. Wählt der Arbeitgeber in diesem Fall eine Ausgleichsleistung über eine Lohnerhöhung, müsste diese für die Zukunft auf den Zeitraum begrenzt sein, mit dem die in der Vergangenheit liegende Schlechterstellung der Summe nach ausgeglichen wird. Darauf kam es aber ebenfalls nicht an, weil bereits der Vergleich der aktuellen Vergütung ergibt, dass noch keine Überkompensation vorliegt und die vergangene Zeit überhaupt nicht zu berücksichtigen war.

Schließlich spielt auch keine Rolle, dass der Klägerin das Angebot auf Erhöhung der Arbeitszeit auf 40 Stunden/Woche nicht gemacht wurde. Die Beklagte durfte nach den früheren Ablehnungen der Klägerin davon ausgehen, dass sie auch dieser Arbeitszeiterhöhung nicht zustimmen würde. Die Klägerin beruft sich ja auch nicht darauf, dass eine angebotene Arbeitszeiterhöhung auf 40 Wochenstunden von ihr angenommen worden wäre.

3. Die Beklagte hat durch die auf eine Gruppe von Arbeitnehmern beschränkte Lohnerhöhung das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB nicht verletzt.

a. Gemäß § 612 a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Eine Benachteiligung im Sinne von § 612 a BGB/§ 16 AGG setzt nicht notwendig voraus, dass sich die Situation des Arbeitnehmers gegenüber dem bisherigen Zustand verschlechtert. Das Maßregelungsverbot kann auch verletzt sein, wenn dem Arbeitnehmer Vorteile enthalten werden, die der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gewährt, weil sie ihre Rechte nicht ausgeübt haben (vgl. BAG vom 14.03.2007 a.a.O., Rn. 34; BAG vom 07.11.2002, 2 AZR 742/00, AP Nr. 100 zu § 615 BGB = EzA § 612 a BGB, 2002 Nr. 1).

b. Das Maßregelungsverbot ist aber nur dann verletzt, wenn zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, d. H.-Stadt das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (BAG vom 14.03.2007 a.a.O.; 12.06.2002 - 10 AZR 340/01, AP Nr. 8 zu § 612 a BGB = EzA § 612 a BGB, Nr. 2). Nach diesen Grundsätzen liegt kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor. Nicht die zulässige Ablehnung der Arbeitszeiterhöhung durch die Klägerin, sondern die Geltung verschiedener Arbeitsvertragsmodelle stellte für die Beklagte den tragenden Beweggrund dar, die Klägerin von der generellen Vergütungserhöhung auszunehmen. Erkennbarer Zweck der Maßnahme der Beklagten war nicht die "Bestrafung" der Klägerin, sondern der Ausgleich von Nachteilen für andere Arbeitnehmer. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte als wesentliches Motiv das Ziel verfolgte, die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit auch gegenüber der Klägerin durchzusetzen, bestehen nicht.

3. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Gleichbehandlung nach § 4 Abs. 1 TzBfG. Danach darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden, als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Die unterschiedliche Vergütung der Klägerin gegenüber den Arbeitnehmern mit einem 40-Stundenarbeitsvertrag beruht nicht auf eine Schlechterstellung von Teilzeitbeschäftigten, sondern auf unterschiedlichen Arbeitsvertragsmodellen. Sie knüpft auch nicht an die Arbeitszeit, sondern an die Vergütung an. Im Übrigen ist, wie ausgeführt, die Stundenvergütung der Klägerin immer noch höher als die der begünstigten Arbeitnehmer.

III.

Die Klägerin trägt als unterliegende Partei die Kosten der Berufung (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Die Zulassung der Revision erfolgte wegen grundsätzlicher Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Die Kammer hat die zulässige Differenzierung anhand eines Vergleiches letztendlich nur der Stundenvergütung vorgenommen. Bei einer monatlichen oder jährlichen Betrachtungsweise der Gesamtvergütung läge eine Überkompensation vor. Dies jedenfalls dann, wenn aus dem Monats- oder Jahresbruttoentgelt die mehrgeleistete Arbeitszeit nicht wieder rausgerechnet würde.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil findet, wie sich aus der Urteilsformel ergibt, die Revision statt.



Ende der Entscheidung

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