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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 08.07.2005
Aktenzeichen: 2 Ta 118/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1438 Abs. 2
ZPO § 742
Eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 742 ZPO im Falle der Haftung des Gesamtguts gemäß § 1438 Abs. 2 BGB ist abzulehnen, weil dadurch eine vom Gesetz nicht vorgesehene Ausdehnung der Zugriffstatbestände erfolgen würde und der analogen Anwendung des § 742 Abs. 2 ZPO der Grundsatz der Formalisierung des Vollstreckungsrechts entgegensteht.
LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG BESCHLUSS

2 Ta 118/05

in dem Rechtsstreit

wegen Kündigung

Die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Werner ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Weiden vom 11.05.2005, Az. 1 Ca 1420/02 wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Mit der sofortigen Beschwerde wendet sich der Beklagte gegen die Ablehnung einer Titelumschreibung.

Das Arbeitsgericht Weiden hat mit Beschluss vom 05.10.2004 die von der Klägerin an den Beklagten nach dem Endurteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 23.07.2004 zu erstattenden Kosten festgesetzt auf EUR 1.463,08 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 19.08.2004 (Bl. 317 d.A.). Mit Schriftsatz vom 29.03.2005 beantragte die Prozessbevollmächtigte des Beklagten, den Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Weiden vom 05.10.2004 auf den Ehemann der Klägerin gemäß § 740 ZPO umzuschreiben, damit der Beklagte aufgrund dieses Titels auch in das Gesamtgut der Ehegatten vollstrecken könne.

Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat vorgetragen, die Klägerin lebe mit ihrem Ehemann in Gütergemeinschaft.

Das Arbeitsgericht Weiden hat mit Beschluss vom 11.05.2005 (Bl. 400 ff. d.A.) den Antrag auf Umschreibung des Kostenfestsetzungsbeschlusses zurückgewiesen. Es hat darauf hingewiesen, dass die vom Beklagten vorgetragene Begründung, für die Kosten eines Rechtsstreits hafte das Gesamtgut auch dann, wenn das Urteil dem Gesamtgut gegenüber nicht wirksam sei (§ 1438 Abs. 2 BGB) sehr umstritten sei und hat sich der Auffassung des OLG Stuttgart vom 15.12.1986, Az. 8 WF 92/86 = Rpfleger 1987, 108 angeschlossen, wonach eine Titelerstreckung nur in den Fällen der selbständigen Führung eines Erwerbsgeschäfts und in Fällen des Eintritts in die Gütergemeinschaft nach Rechthängigkeit vorgesehen ist. Im Übrigen wird auf den Inhalt des Beschlusses vom 11.05.2005 Bezug genommen. Dieser Beschluss wurde der Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 17.05.2005 zugestellt. Sie hat mit Schriftsatz vom 30.05.2005, als Telefax eingegangen am 30.05.2005 sofortige Beschwerde eingelegt. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 16.06.2005 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde ist in der Sache unbegründet. Das Beschwerdegericht schließt sich der Auffassung des angefochtenen Beschlusses ausdrücklich an und nimmt entsprechend § 69 Abs. 2 ArbGG auf den angefochtenen Beschluss Bezug.

Ergänzend zur Entscheidung des OLG Stuttgart und die dort zitierte Rechtsprechung und Literatur stützt sich das Beschwerdegericht auch auf den Grundsatz der Formalisierung des Vollstreckungsrechts (vgl. Stöber in Zöller-Stöber, ZPO, 25. Aufl. vor § 704 Rz. 22). Nach Auffassung des Beschwerdegerichts steht der Grundsatz der Formalisierung einer analogen Anwendung vollstreckungsrechtlicher Vorschriften im Grundsatz entgegen. Das OLG Stuttgart weist in dem zitierten Beschluss vom 15.12.1986 auch darauf hin, dass von den Vertretern einer entsprechenden Anwendung des § 742 ZPO die Frage, ob für die Vollstreckung von Prozesskosten eine Umschreibung bzw. Erstreckung der Kostengrundentscheidung oder des Kostenfestsetzungsbeschlusses zu erfolgen hat, uneinheitlich beantwortet wird. Schon dies deutet darauf hin, dass eine analoge Anwendung der Vollstreckungsvorschriften nicht nur mit dem Grundsatz der Formalisierung des Vollstreckungsrechts nicht vereinbar ist, sondern auch zu Folgeproblemen führt.

Die Haftung des Gesamtguts für die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 1438 Abs. 2 BGB stellt eine materiell-rechtliche Regelung dar, die nur unter den Voraussetzungen der §§ 740 ff. BGB eine Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut ermöglicht. Diese Voraussetzungen liegen offensichtlich nicht vor. Eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 742 ZPO würde somit eine Durchbrechung des Grundsatzes bedeuten, dass Vollstreckungsvoraussetzungen, Vollstreckungsverfahren und - insbesondere hier - Zugriffstatbestände formalisiert sind. Die Zwangsvollstreckung soll nach eindeutigen und verlässlichen Regeln durchführbar sein, was nicht mehr der Fall wäre, wenn Zugriffstatbestände über die gesetzlichen Rechtsvorschriften hinaus im Wege einer Analogie ausgedehnt würden. Gläubiger, Schuldner sowie Dritte als materiell-rechtlich Haftende und Vollstreckungsorgane sollen bereits aus dem Wortlaut der Vollstreckungsvorschriften erkennen können, ob ein Zugriffstatbestand vorliegt.

Die sofortige Beschwerde des Beklagten war daher als unbegründet mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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