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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 15.10.2008
Aktenzeichen: 4 Sa 715/07
Rechtsgebiete: TVöD, TVÜ-Bund


Vorschriften:

TVöD § 14
TVÜ-Bund § 10
TVÜ-Bund § 17
TVÜ-Bund § 18
Ob bei einer nach dem 01.10.2005 erfolgten vorübergehenden Übertragung einer anderweitigen Tätigkeit eine persönliche Zulage (Vertretungszulage) zu bezahlen ist, bestimmt sich i.R.d. §§ 14 TVöD, 18 Abs. 2 TVÜ-Bund nach der Bewertung der übertragenen Tätigkeit gem. § 17 VII TVÜ-Bund i.V.m. der Anlage 4 TVÜ-Bund.
Landesarbeitsgericht Nürnberg Im Namen des Volkes URTEIL

4 Sa 715/07

Verkündet am: 15. Oktober 2008

In dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Roth und die ehrenamtlichen Richter Hess und Roth

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg - Kammer Schweinfurt - vom 20.06.2007, Az.: 9 Ca 1912/06 S, wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Gewährung einer tariflichen Vertretungszulage.

Der am 17.01.1962 geborene Kläger ist bei der Beklagten auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 01.03.1996 (Kopie Bl. 15, 16 d.A.) ab diesem Tag als Lagerarbeiter bei der Infantrieschule C... beschäftigt. Seine letzte Vergütung vor Inkrafttreten des TVöD am 01.10.2005 erfolgte nach der Lohngruppe 3 a MTArb. Ab dem 01.10.2005 erfolgte im Rahmen der Überleitung in den neuen Tarifvertrag eine Zuordnung zu neuen Entgeltgruppe 3 gemäß der §§ 3, 4 Abs. 1 TVÜ-Bund i.V.m. der Anlage 2 TVÜ-Bund.

Der Kläger erhielt im Falle der Vertretung des Lagervorstehers D..., dessen Stelle im Organisationsplan der Standortverwaltung C... mit der Vergütungsgruppe VIII, Fallgruppe 27 BAT ausgewiesen war, jeweils eine Vertretungszulage gemäß § 9 Abs. 2 MTArb. Nach den Durchführungshinweisen zum MTArb des Bundesministeriums des Innern vom 06.12.1995 lag die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit vor, wenn ein in den Lohngruppen 3 bzw. 3 a eingruppierter Arbeiter einen in die Vergütungsgruppe VIII oder höher eingruppierten Angestellten zu vertreten hatte. Der Lagervorsteher D... wurde vor Inkrafttreten des TVöD aufgrund Bewährungsaufstiegs nach Vergütungsgruppe VII BAT entlohnt und ist gemäß §§ 3, 4 Abs. 1 TVÜ-Bund i.V.m. der Anlage 2 TVÜ-Bund der Entgeltgruppe 5 zugeordnet worden.

Nach dem 01.10.2005 zahlte die Beklagte dem Kläger im Falle der Vertretung seines Arbeitskollegen D... keine Vertretungszulage mehr.

Mit seiner am 05.12.2006 beim Arbeitsgericht Würzburg - Kammer Schweinfurt - eingereichten Klage vom 04.12.2006 und dem klageerweiternden Schriftsatz vom 27.03.2007 begehrt der Kläger für die Zeit in der Vertretung des Arbeitskollegen D... die Auszahlung einer Vertretungszulage gemäß § 14 Abs. 3 TVöD.

Wegen der Anträge der Parteien und ihres näheren Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Würzburg - Kammer Schweinfurt - hat mit Endurteil vom 20.06.2007 die Klage abgewiesen.

Gegen das den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 16.10.2007 zugestellte Urteil haben diese mit Telefax vom 08.11.2007 Berufung eingelegt und sie innerhalb der bis 16.01.2008 verlängerten Begründungsfrist mit Telefax vom 16.01.2008 begründet.

Der Kläger meint, ihm stehe für die Zeiten der Vertretung des Angestellten D... eine Vertretungszulage gemäß § 14 Abs. 3 TVöD i.V.m. § 18 Abs. 2 TVÜ-Bund zu. Ob eine höher zu bewertende Tätigkeit von ihm ausgeübt werde, richte sich nämlich weiterhin nach der Regelung des § 9 MTArb und der diesbezüglichen Durchführungsrichtlinie, aber nicht nach der Anlage 4 TVÜ-Bund. Im Rahmen des Bestandsschutzes sei zu berücksichtigen, dass der Lagerverwalter D... nicht nach seiner Eingangsstufe vergütet werde, sondern tatsächlich nach Entgeltgruppe 5. Demnach sei diese Entgeltgruppe für die Frage der Höherwertigkeit der Vertretungstätigkeit entscheidend.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichtes Würzburg - Kammer Schweinfurt -, Az.: 9 Ca 1912/06 S wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 260,66 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt:

Die Berufung des Klägers wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Zur Begründung trägt sie vor, § 18 Abs. 2 TVÜ-Bund besage lediglich, dass sich die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Vertreterzulage weiterhin nach § 9 Abs. 2 MTArb richten würden (mindestens zwei Tage Übertragung, Zahlung ab dem ersten Übertragungstag). Die Frage der Höherwertigkeit richte sich jedoch ab dem 01.10.2005 - entsprechend der Regelung des § 17 Abs. 7 TVÜ-Bund - nach der Anlage 4 TVÜ-Bund. Da es auf die Höherwertigkeit der Tätigkeit ankomme, sei entscheidend, wie die Tätigkeit ab dem 01.10.2005 vergütungsrechtlich eingestuft ist. Dagegen sei nicht entscheidend, wie der Stelleninhaber persönlich vergütet werde, wenn dieser z.B. aufgrund eines Bewährungsaufstiegs im Rahmen seiner persönlichen Überleitung Vergütung nach einer höheren Entgeltgruppe erhalte. Hieran würde auch das von dem Kläger angeführte Argument der Besitzstandswahrung nichts ändern.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist statthaft, § 64 Abs. 1, Abs. 2 a ArbGG, und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.

II.

Die Berufung ist sachlich nicht begründet.

Das Erstgericht hat im Ergebnis zutreffend die Klage abgewiesen, denn die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger für die Zeit der Vertretung des Arbeitskollegen D... ab dem 01.10.2005 eine persönliche Zulage gemäß § 14 TVöD i.V.m. § 18 Abs. 2 und Abs. 3 TVÜ-Bund zu bezahlen.

1. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass aufgrund beidseitiger Tarifgebundenheit auf ihr Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des TVöD und des TVÜ-Bund zur Anwendung gelangen.

Nach § 14 Abs. 1 TVöD erhält der Beschäftigte, dem vorübergehend eine andere Tätigkeit übertragen wird, die den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren Eingruppierung entspricht, eine persönliche Zulage gezahlt, die sich nach § 14 Abs. 3 TVöD bemisst.

Bis zum Inkrafttreten der Eingruppierungsvorschriften des TVöD bleiben hinsichtlich der Frage, ob eine vorübergehend übertragene Tätigkeit nach den Maßstäben des TVöD höherwertiger ist, für Angestellte die Eingruppierungsvorschriften des § 22 Abs. 2 des BAT und für Arbeiter die entsprechenden Eingruppierungsregelungen des § 21 Abs. 1 MTArb maßgeblich. Danach erfolgt die Eingruppierung des Mitarbeiters in die Vergütungs- bzw. Lohngruppen der bisherigen Eingruppierungsvorschriften des BAT und des MTArb nach der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit und den hierfür geltenden Tätigkeitsmerkmalen.

Für Vertretungstätigkeiten, die nicht bereits am 30.09.2005 angedauert haben und von der Sonderregelung des § 10 TVÜ-Bund erfasst werden, gilt gem. § 18 Abs. 2 TVÜ-Bund für die aus dem Geltungsbereich des MTArb übergeleiteten Beschäftigten die bisherige Regelung des § 9 Abs. 2 MTArb weiter. Diese Vorschrift bestimmt, dass einem Arbeiter, der vertretungsweise eine höher zu bewertende Tätigkeit eines Angestellten oder Beamten für mehr als zwei aufeinander folgende Arbeitstage übertragen wird, ab dem ersten Tag der Vertretungstätigkeit eine Vertretungszulage erhält.

Insoweit wird durch diese Regelung eine im Hinblick auf § 14 Abs. 2 TVöD erforderliche Übergangsregelung getroffen, in dem auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 MTArb abgestellt wird (vgl. hierzu Breier/Dassau u.a., TVöD, § 18 TVÜ-Bund Rz. 17).

Bis zum Inkrafttreten der Eingruppierungsvorschriften des TVöD ist im Rahmen der übergangsweise fortgeltenden bisherigen Eingruppierungsvorschriften das Vorliegen einer höheren Entgeltgruppe in zwei Schritten festzustellen.

In einem ersten Schritt (Eingruppierungsvorgang) ist festzustellen, unter welches Tätigkeitsmerkmal der bis zum Inkrafttreten einer neuen Entgeltordnung weiter anzuwendenden Eingruppierungsvorschriften (Vergütungsordnung zum BAT bzw. Lohngruppenverzeichnis bei Arbeitern) die neu übertragene Tätigkeit zu subsumieren ist. Der Eingruppierungsvorgang als solcher ist mit der Feststellung einer Vergütungs- oder Lohngruppe sowie gegebenenfalls einer bestimmten Fallgruppe abgeschlossen.

In einem zweiten Schritt (Zuordnungsvorgang) ist die ermittelte Vergütungs- oder Lohngruppe den Entgeltgruppen des TVöD zuzuordnen. Zu diesem Zweck ist gemäß § 17 Abs. 7 TVÜ-Bund auf die Anlage 4 TVÜ-Bund abzustellen. In dieser Anlage werden die Vergütungsgruppen der Vergütungsordnung zum BAT und die Lohngruppen des Lohngruppenverzeichnisses den Entgeltgruppen des TVöD zugeordnet (vgl. Breier/Dassau u.a., a.a.O., § 14 Rz. 30, 31).

Soweit sich die zugeordnete Entgeltgruppe nicht verändert, bleibt der vorübergehende Tätigkeitswechsel ohne vergütungsrechtliche Konsequenz, denn es handelt sich dann nicht um die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit i.S.d. §§ 14 TVöD, 18 TVÜ-Bund.

2. Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze übt der Kläger im Falle der Vertretung des Lagermitarbeiters D... nicht vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit i.S.d. §§ 14 TVöD, 18 TVÜ-Bund aus.

Die regelmäßige Tätigkeit des Klägers ist unstreitig mit der Lohngruppe 3 mit erfolgtem Aufstieg nach 3 a bewertet. Nach der Anlage 4 TVÜ-Bund wird diese Lohngruppe der Entgeltgruppe 3 zugeordnet.

Gleiches gilt für den Lagermitarbeiter D..., dessen Tätigkeit als angestellter Lagervorsteher nach der Vergütungsgruppe VIII, Fallgruppe 27 bewertet ist, was einen Bewährungsaufstieg nach Vergütungsgruppe VII ermöglicht. Die Anlage 4 TVÜ-Bund ordnet auch die Vergütungsgruppe VIII mit Aufstieg nach VII der Entgeltgruppe 3 zu.

Sowohl die regelmäßige Tätigkeit des Klägers als auch die ihm vertretungsweise übertragene Tätigkeit sind derselben Entgeltgruppe des TVöD zugeordnet, weshalb es sich ab dem 01.10.2005 um keine vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit mehr handelt.

3. An dem Ergebnis ändert nichts, dass im Rahmen der Überleitung der Mitarbeiter gemäß § 4 TVÜ-Bund die Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen der Beschäftigten zu den Entgeltgruppen des TVöD nach der Anlage 2 TVÜ-Bund erfolgte. Hierdurch wird nämlich ein anderer Lebenssachverhalt geregelt und wird auf die individuelle vergütungsrechtliche Situation der Mitarbeiter im Zeitpunkt der Überleitung abgestellt.

Nach der Anlage 2 TVÜ-Bund wird der Kläger mit seiner Vergütung nach Lohngruppe 3 a der Entgeltgruppe 3 zugeordnet. Der Mitarbeiter D... mit einer im Zeitpunkt der Überleitung bezogenen Vergütung nach Vergütungsgruppe VII nach Aufstieg aus VIII dagegen der Entgeltgruppe 5.

Das von dem Berufungsführer angezogene Argument der Besitzstandswahrung greift zwar im Rahmen der Überleitungsregelungen, denn durch sie sollen Einkommensverluste der Arbeitnehmer vermieden werden (vgl. Breier/Dassau u.a., a.a.O., § 3 TVÜ-Bund Rz. 2). Dem trägt unter anderem die Anlage 2 TVÜ-Bund Rechnung. Grundsätze der Besitzstandswahrung sind außerhalb der Anwendung des § 10 TVÜ-Bund auf die vertretungsweise Übertragung einer anderen Tätigkeit, die nach dem 01.10.2005 erfolgt, jedoch nicht ohne weiteres übertragbar.

Für die Frage der Bewertung einer vorübergehend übertragenen Tätigkeit, ist nicht die Anlage 2 TVÜ-Bund entscheidend. Da eine vorläufige Bewertungsentscheidung bis zum Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung zu treffen ist (vgl. § 17 Abs. 7 TVÜ-Bund) kommen in diesem Zusammenhang alleine die speziellen Regelungen in der Anlage 4 TVÜ-Bund zur Anwendung.

III.

1. Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass, § 72 Abs. 1 und 2 ArbGG. Die Entscheidung steht im Einklang mit der bisherigen Kommentarliteratur; ihr wird insoweit keine grundsätzliche Bedeutung beigemessen.

Ende der Entscheidung

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