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Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 27.07.2006
Aktenzeichen: 4 Ta 100/06
Rechtsgebiete: RVG, BetrVG
Vorschriften:
RVG § 23 | |
RVG § 33 | |
BetrVG § 101 |
LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG BESCHLUSS
in dem Beschlussverfahren
wegen: Zustimmungsersetzung
hier: Gegenstandswertfestsetzung
Die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Roth ohne mündliche Verhandlung
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 07.03.2006, Az.: 2 BV 169/04, wird zurückgewiesen
Gründe:
I.
Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 30.11.2004 beantragt, die Antragsgegnerin zur Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens zu verpflichten, das die Eingruppierung von vier Mitarbeitern betreffen sollte.
Nach Durchführung eines Gütetermins ist wegen der Einigung über die richtige Eingruppierung in drei Fällen und Einleitung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens im vierten Fall der Antrag wieder zurückgenommen worden.
Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert zum Zwecke der anwaltlichen Gebührenberechnung durch Beschluss vom 07.03.2006 auf EUR 8.000,-- festgesetzt.
Gegen den ihnen am 08.03.2006 zugestellten Beschluss haben die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers mit dem noch am selben Tag beim Arbeitsgericht Nürnberg eingegangenen Schriftsatz vom 20.03.2006 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeführer halten angesichts der streitigen Vergütungsgruppen einen Gegenstandswert von EUR 20.000,-- für sachgerecht und angemessen.
Das Erstgericht hat mit Beschluss vom 24.05.2006 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Sie ist statthaft, § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG, denn sie richtet sich gegen einen Beschluss, durch den der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit gemäß § 33 Abs. 1 RVG festgesetzt worden ist.
Die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers sind beschwerdeberechtigt gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt EUR 200,--, denn bereits die einfache Gebührendifferenz zwischen dem festgesetzten und dem begehrten Gebührenstreitwert beträgt nach der Anlage 2 zum RVG EUR 234,--.
Die Frist von zwei Wochen für die Einlegung der Beschwerde nach § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG wurde gewahrt.
2. Die Beschwerde ist sachlich nicht begründet.
Die vom Erstgericht bei der Gegenstandswertfestsetzung nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG zu treffende Ermessensentscheidung erfolgte fehlerfrei. Das Erstgericht hat die bei der gebührenrechtlichen Bewertung eines i.R.d. § 101 Satz 1 BetrVG geführten Beschlussverfahrens zu berücksichtigenden Umstände ausreichend gewürdigt.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Beschwerdegerichts kann die Ermessensentscheidung des Erstgerichts nur auf Ermessensfehler überprüft werden, wohingegen das Beschwerdegericht keine eigene hiervon unabhängige Ermessensentscheidung zu treffen hat (so LAG Nürnberg vom 05.05.1986 - 1 Ta 3/85 - LAGE Nr. 53 zu § 12 ArbGG 1979 Streitwert, vom 07.04.1999 - 6 Ta 61/99 - NZA 1999,840; vom 27.11.2003 - 9 Ta 154/03 - AR-Blattei ES 160.13, Nr. 256; vom 02.12.2003 - 9 Ta 190/03 - AR-Blattei ES 160.13, Nr. 255; vom 21.05.2005 - 9 Ta 137/05 - LAGE Nr. 1 zu § 23 RVG).
b) Bei einem Beschlussverfahren im Rahmen des § 101 BetrVG handelt es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten i.S.d. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG und ist die gebührenrechtliche Bewertung nach dieser Vorschrift vorzunehmen. Insoweit kann auch auf die zur Vorgängerregelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO) ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden (so LAG Nürnberg vom 30.05.2006 - 4 Ta 73/06 - zur Veröffentlichung vorgesehen; Sächsisches LAG vom 31.03.2004 - 4 Ta 34/04 (1) - LAGE Nr. 1 zu § 101 BetrVG 2001; vgl. hierzu auch: LAG Nürnberg vom 21.07.2005 - 9 Ta 137/05 - LAGE Nr. 1 zu § 23 RVG; LAG Bremen vom 19.07.2001 - 4 Ta 33/01 - LAGE Nr. 51 zu § 8 BRAGO; LAG Berlin vom 21.10.2002 - 17 Ta (Kost) 6085/02 - NZA-RR 2003, 383; LAG Berlin vom 18.03.2003 - 17 Ta (Kost) 6009/03 - NZA 2004, 342).
In Streit stehen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates und die von ihm herangezogenen Gründe gegen die vom Arbeitgeber bereits durchgeführte personelle Maßnahme. Im vorliegenden Fall dient das Erzwingungsverfahren dazu, das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats bei Eingruppierungsentscheidungen des Arbeitgebers und ein diesbezüglich zu führendes gerichtliches Verfahren im Rahmen des § 99 Abs. 4 BetrVG durchzusetzen. Dieser Anspruch des Betriebsrats stützt sich auf § 101 Satz 1 BetrVG (vgl. Sächsisches LAG vom 31.03.2004 - 4 Ta 34/04 (1) - LAGE Nr. 1 zu § 101 BetrVG 2001; Richardi-Thüsing, BetrVG, 10. Aufl., § 101 Rdz. 11).
Dieser Streitgegenstand ist nicht unmittelbar abhängig von den in Streit befindlichen Vergütungsgruppen und der Höhe des konkret zu zahlenden Gehalts. Aus diesem Grund kann bei der Wertfestsetzung nicht auf die gebührenrechtliche Regelung in § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG, zurückgegriffen werden.
c) Bei der Bemessung des Gegenstandswerts gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG sind alle Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Umfang und die Bedeutung der Sache zu berücksichtigen. Hierzu zählen auch die wirtschaftlichen Auswirkungen des Rechtsstreits und die rechtlichen und tatsächlichen Besonderheiten des Falles.
Bei einem Beschlussverfahren, das mehrere personelle Einzelmaßnahmen betrifft, die wiederum auf einer einheitlichen unternehmerischen Vorgehensweise beruhen und im Rahmen eines gemeinsam durchgeführten Mitbestimmungsverfahrens vom Betriebsrat behandelt worden sind, kann eine angemessene Herabsetzung des Wertes für jede einzelne personelle Maßnahme geboten sein. Alleine durch die Bündelung der Verfahren und die gleich gelagerte Argumentation im Hinblick auf die einheitliche unternehmerische Vorgehensweise tritt ein Synergieeffekt im Rahmen der Prozessführung auf, der schon für sich eine erhebliche Reduzierung des Hilfswertes für jeden Einzelfall rechtfertigt.
All diese Umstände können bei der Ermessensbetätigung des Gerichts dazu führen, dass der Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG pro betroffener Einzelmaßnahme auf einen Bruchteil reduziert wird (z.B. auf 1/8 oder 1/16 wie in der Entscheidung des LAG Nürnberg vom 21.07.2005, aaO.; vgl. auch LAG Bremen vom 19.07.2001, a.a.O.; LAG Berlin vom 21.10.2002, a.a.O.). Im Rahmen des dem Arbeitsgericht eingeräumten Ermessens kann bei einer Mehrzahl von Einzelmaßnahmen auch nur für einen Fall der volle Hilfswert und für jeden weiteren Fall ein erheblich geringerer Bruchteil in Ansatz gebracht werden(z.B. 1/40 bei gleichzeitig 55 Aufhebungsanträgen gem. § 101 BetrVG, so LAG Nürnberg vom 30.05.2006 - 4 Ta 73/06 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
Das Erstgericht hat in Übereinstimmung mit den zitierten Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Nürnberg lediglich einen der 4 Fälle mit dem vollen Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG von EUR 4.000,-- bewertet und für jeden weiteren Einzelfall nur einen Bruchteil dieses Wertes von 1/3.
Der Bruchteil von 1/3 erscheint unter Berücksichtigung obiger Kriterien nicht als unangemessen gering, vielmehr bewegt er sich - wie die Entscheidung des Sächsischen LAG zeigt - an der Obergrenze des noch sachlich vertretbaren.
Insoweit kann ein Ermessensfehler des Erstgerichts nicht festgestellt werden.
III.
Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden alleine ergehen, vgl. § 78 Satz 3 ArbGG.
Für eine Kostenentscheidung besteht kein Anlass, da das Beschwerdeverfahren gebührenfrei ist und keine Kostenerstattung stattfindet, § 33 Abs. 9 RVG.
Ende der Entscheidung
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