Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 14.10.2008
Aktenzeichen: 6 Sa 272/08
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2
1. War die Arbeitnehmerin wegen einer einmalig aufgetretenen Krankheitsursache (hier: Depressionen mit 140 Ausfalltagen) im Kündigungszeitpunkt mehr als ein Jahr nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig, so ist eine Prognose, sie werde wegen dieser Ursache künftig ausfallen, auch dann nicht gerechtfertigt, wenn die Ärzte bescheinigen, die Arbeitnehmerin sei insoweit nicht geheilt.

2. In einer solchen Konstellation sind auch betriebliche Störungen wegen dieser Krankheit nicht mehr zu erwarten.

3. Bei einer langjährig beschäftigten älteren Arbeitnehmerin, die zudem mit 60 Grad behindert ist, würde die krankheitsbedingte Kündigung selbst dann an der Interessenabwägung scheitern, wenn mit knapp über sechs Wochen liegenden Entgeltfortzahlungskosten auch in Zukunft gerechnet werden müsste.


Landesarbeitsgericht Nürnberg URTEIL

6 Sa 272/08

Verkündet am: 14.10.2008

In dem Rechtsstreit

erlässt die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Vetter und die ehrenamtlichen Richter Mack und Wissel im Namen des Volkes folgendes Urteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 23.01.2008, Az. 11 Ca 3577/06, abgeändert.

II. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei der Beklagten durch die Kündigung vom 26.04.2006 zum 31.10.2006 nicht aufgelöst worden ist.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Klägerin 1/5, die Beklagte 4/5 zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte 3/4, die Klägerin 1/4 zu tragen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Arbeitgeberkündigung.

Die am 24.05.1959 geborene, verheiratete Klägerin ist seit 04.02.1991 im von der Beklagten geführten Betrieb als Arbeiterin in der Abteilung Verpackung im Schichtdienst beschäftigt. Mit Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung Nürnberg vom 08.04.2005 wurde ihr ein Grad der Behinderung von 50 bestätigt (Anlage zum Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 20.07.2007, Bl. 228 ff. d.A.). In diesem Zusammenhang kam es zu Gesprächen zwischen der Klägerin und ihren Vorgesetzten, bei denen es um die Möglichkeit eines Einsatzes der Klägerin ohne Nachtdienst ging. Die genauen Einzelheiten der Gespräche sind zwischen den Parteien umstritten. Die Beklagte forderte die Klägerin, die in den Jahren 2002, 2004 und 2005 erhebliche Arbeitsunfähigkeitszeiten aufwies, ab 29.04.2005 zu Gesprächen über die Art und Dauer ihrer Erkrankungen auf. Die Klägerin blieb etlichen Gesprächsterminen fern und äußerte sich über Einzelheiten ihrer Erkrankung nicht. Eine Schwerbehindertenvertretung ist bei der Beklagten nicht eingerichtet.

Unter dem 04.04.2006 erteilte das Integrationsamt auf Antrag der Beklagten die Zustimmung zur Kündigung der Klägerin. Die Beklagte sprach der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 26.04.2006 die ordentliche Kündigung mit Wirkung zum 31.10.2006 aus. Der von der Klägerin gegen die Zustimmung des Integrationsamtes erhobene Widerspruch wurde ebenso wie die gegen die Abweisung gerichtete Klage vor dem Verwaltungsgericht in der Zwischenzeit abgewiesen.

Mit ihrer am 10.05.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am 16.05.2006 zugestellten Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit dieser Kündigung geltend gemacht. Sie hat erklärt, aufgrund der Beschäftigtenzahl sei das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis anwendbar. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt, und die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats bestritten. Wegen der Unwirksamkeit der Kündigung sei die Beklagte verpflichtet, sie im Fall des Obsiegens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiterzubeschäftigen. Ihr Arbeitsentgelt betrage 1.554,33 € brutto monatlich.

Die Klägerin hat im Verfahren vor dem Arbeitsgericht daher - nach Zurücknahme des Antrags auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände ende, sondern unbefristet fortbestehe - zuletzt folgende Anträge gestellt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 26.04.2006 nicht beendet wird.

2. Im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1.) wird die Beklagte verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Arbeiterin weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat eingewandt, die Klage sei unbegründet. Die Kündigung sei aus personenbedingten Gründen sozial gerechtfertigt. Die Kündigung sei der Klägerin am 26.04.2006 durch Einwurf in den Briefkasten zugestellt worden. Der monatliche Bruttolohn betrage 1.521,-€. Nach dem Arbeitsvertrag sei die Klägerin verpflichtet, die Arbeit im Schichtdienst und in Wechselschicht zu leisten. Die Betriebsvereinbarungen von 2001 und 2005 regelten ein rollierendes Dreischicht-System. Sie, die Beklagte, habe die unternehmerische Entscheidung getroffen, feste Schichtgruppen einzurichten, die jeweils in einem Wechselschichtsystem im Einsatz seien. Die Klägerin sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, ihre Arbeitsleistung in der Nachtschicht zu erbringen. Darüber hinaus sei die Klägerin in unzumutbarer Weise arbeitsunfähig erkrankt gewesen, und zwar

- im Kalenderjahr 2002 103 Tage (08. bis 12.04., 12.06. bis 22.07. und 03.07. bis 25.09.) mit Entgeltfortzahlung für 68 Tage, Kosten hierfür 2.825,50 €,

- im Kalenderjahr 2003 24 Tage (24. bis 28.03., 03.06. bis 06.06., 01.09. bis 05.09. und 15.12. bis 26.12.) mit Entgeltfortzahlungskosten in Höhe von 1.993,90 €,

- im Kalenderjahr 2004 112 Tage (07.02. bis 27.02., 07.07. bis 09.07., 16.08. bis 26.09. und 27.09. bis 31.12.) mit Entgeltfortzahlung für 70 Tage, Kosten hierfür 3.569,18 €,

- im Kalenderjahr 2005 64 Tage (01.01. bis 25.02., 12.04. bis 15.04., 28.06. bis 08.07., 20.09. bis 01.10. und 10.11. bis 11.11.) mit Entgeltfortzahlung für 40 Tage, Kosten hierfür 2.079,94 €, und

- im Kalenderjahr 2006 bis zum Ausspruch der Kündigung 3 Tage (22. bis 24.04.) und Entgeltfortzahlungskosten von 259,02 €.

Die Klägerin habe sich nie zu den Ursachen ihrer krankheitsbedingten Ausfallzeiten geäußert. Sie sei am 13.04.2005 mit dem Attest der Ärzte D... und E... erschienen und habe mitgeteilt, dass es ihr nicht mehr möglich sei, weiter in Nachtschicht zu arbeiten. Am 29.04.2005 sei sie aufgefordert worden, sich über Art und Dauer der Erkrankung zu erklären; wegen ihrer Weigerung, Nachtschicht zu leisten, habe sie am selben Tag eine Abmahnung erhalten. Die Klägerin habe im gegen die Abmahnung geführten Prozess vor dem Arbeitsgericht über ihre Prozessvertreter erklären lassen, dass sie bis auf weiteres nicht zur Ableistung von Nachtschichten in der Lage sei. Sie leide an schweren Depressionen und permanenten Schlafstörungen. Die Nachtschichten wirkten sich nachteilig auf die Erkrankung aus. Die Klägerin habe daher in berechtigter Weise um Freistellung von der Nachtschicht gebeten. Am 07.07.2005 sei sie nochmals unter Fristsetzung aufgefordert worden, sich über ihre Erkrankung zu erklären; gleichzeitig sei sie um Zustimmung gebeten worden zur Einleitung von Klärungsmaßnahmen zur Überwindung der Arbeitsunfähigkeit. Das Begehren sei am 18.07.2005 gegenüber den anwaltlichen Vertretern der Klägerin wiederholt worden. Mit Schreiben vom 10.08.2005 sei der Betriebsrat vom Verfahren nach § 84 SGB IX unterrichtet worden. Am 11.08.2005 seien das Integrationsamt und die Agentur für Arbeit in Nürnberg ersucht worden, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen. Zum Gespräch beim Integrationsamt am 29.11.2005 seien weder die Klägerin noch ihre Vertreter erschienen. Die Klägerin habe sich auch gegenüber dem Integrationsamt geweigert, aussagefähige Atteste zu übersenden und die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. Auch zu einem Gespräch am 24.03.2005 sei die Klägerin nicht erschienen; ihre erschienene Vertreterin habe eingeräumt, keine näheren Informationen zu besitzen. Mit Bescheid vom 04.04.2006 habe das Integrationsamt der Kündigung dann zugestimmt. Der Betriebsrat sei mit Schreiben vom 18.04.2006 (Anlage B 3 zum Schriftsatz vom 31.05.2006, Bl. 68 ff. d.A.) umfassend über die Kündigungsabsicht unterrichtet worden; er habe eine Stellungnahme nicht abgegeben. Nach alldem sei eine negative Gesundheitsprognose angebracht. Der umfangreiche und häufige Ausfall der Klägerin führe zwangsläufig zu erheblichen Ablaufstörungen. Die ständige Kompensierung der eigentlich der Klägerin zugedachten Arbeiten durch andere Mitarbeiterinnen führe zu lautem Unmut dieser Beschäftigten. Die Arbeiten seien zeitgebunden und unaufschiebbar. Dazu kämen die außergewöhnlich hohen Lohnfortzahlungskosten. Unabhängig davon sei es der Klägerin offenbar nicht möglich, weiterhin in Nachtschicht zu arbeiten. Von den vorgesehenen zwölf Nachtschichten im Jahr 2005 habe sie nur sechs absolviert, sei im übrigen krank gewesen oder habe ihren Urlaub eingebracht. An allen vier vorgesehenen Nachtschichten im Jahr 2006 habe sie nicht teilgenommen. Auch die Interessenabwägung bedinge, wie schon das Integrationsamt bestätigt habe, daher die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Die Klägerin hat eingewandt, die Prognose rechtfertige den Ausspruch einer Kündigung nicht. Auf die Krankheitszeiten im Jahr 2002 komme es nicht an; sie lägen außerhalb des Drei-Jahres-Zeitraumes. Im übrigen seien die dort zur Arbeitsunfähigkeit führenden Krankheiten ausgeheilt. Im Kalenderjahr 2003 sei sie nur an 24 Tagen arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Die Ausfallzeiten seien im wesentlichen auf die Infektion der Atemwege zurückzuführen gewesen und ausgeheilt (AOK-Aufstellung vom 11.05.2006, Bl. 121 f. d.A.); diese Krankheitsursachen seien daher auch nach dem Jahr 2003 nicht wieder aufgetreten. Die hohen Ausfallzeiten in den Jahren 2004 und 2005 seien auf die durchgehenden Depressionen nach dem Unfalltod ihrer Tochter am 13.08.2004 zurückzuführen gewesen. Dies betreffe die Ausfallzeiten von 16.08.2004 bis 25.02.2004, mithin die angeführten 140 Tage. Durch medikamentöse Behandlung und psychotherapeutische Betreuung habe sie die Krankheit in den Griff bekommen; sie sei danach nur noch ein einziges Mal, nämlich die vier Tage von 12.04. bis 15.04.2005, wegen der Depressionen arbeitsunfähig gewesen. Diese Krankheitsursache sei daher nicht prognosefähig, die hierbei entstandenen Arbeitsunfähigkeitszeiten herauszurechnen. Danach sei sie nur 9 Tage wegen Gelenkschmerzen an der Hand, weitere 9 Tage wegen eines Medikamentenschocks sowie weitere 2 und 4 Tage wegen normaler Störungen ausgefallen. Weitere Fehlzeiten über das normale Maß hinaus seien daher nicht zu erwarten. Sie sei auch in der Lage, Nachtschichten zu leisten. Sie habe lediglich darum gebeten, davon abzusehen, weil ihr die behandelnden Ärzte wegen der Depression davon abgeraten hätten. Nachdem sie diese jedoch medikamentös im Griff habe, sei sie auch zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruches zur Ableistung von Nachtarbeit in der Lage gewesen. Die behaupteten Betriebsablaufstörungen würden bestritten.

Die Beklagte hat bestritten, dass die Krankheiten ausgeheilt seien, und sich auf das Attest der neurologischen Praxis Dr. D... vom 20.01.2006 berufen, aus dem sich ergebe, dass die Klägerin weiterhin an rezidivierenden schweren depressiven Episoden leide (Anlage B 4, Bl. 167 d.A.). Dasselbe lasse sich aus dem "Psychologischen Attest" des DiplomPsychologen F... vom 22.07.2005 ersehen (Anlage B 5, Bl. 168 d.A.). Schließlich habe die Betriebsärztin Dr. G... in der Stellungnahme vom 18.05.2005 festgestellt, dass keine Tätigkeiten in Nachtschicht, keine Tätigkeiten mit nervlicher Belastung und keine am Fließband mit vorgegebenem Arbeitstakt oder in Akkord- und Leistungslohn ausgeübt werden könnten (Anlage B 6, Bl. 169 d.A.). Die geringen Ausfallzeiten im Jahr 2006 seien auch durch die zwischen Februar und März 2006 angeordnete Betriebsruhe zu erklären.

Die Kammer des Arbeitsgerichts hat im Wege der schriftlichen Beweisaufnahme eine Stellungnahme des Arztes Dr. D... über zu erwartende Ausfallzeiten wegen der Depression eingeholt. Auf die Beantwortung der Beweisfrage durch Schreiben vom 06.02.2007 (Bl. 184 d.A.) und vom 18.05.2007 (Bl. 185 d.A.) sowie auf die ergänzende Auskunft vom 29.05.2007 (Bl. 189 d.A.), die gerichtliche Nachfrage vom 10.08.2007 (Bl. 232 d.A.) und die weitere Auskunft vom 17.08.2007 (Bl. 235 d.A.) wird Bezug genommen.

Die Klägerin hat hierzu die Auffassung vertreten, aus der Beantwortung der Beweisfrage ergebe sich, dass die Depression ausbehandelt sei und nicht mehr zu Arbeitsunfähigkeit führe. Kurzzeitig sei die Depression in milderer Form noch einmal nach Ausspruch und wegen des Ausspruchs der Kündigung aufgetreten; die Arbeitsfähigkeit sei hierdurch jedoch nicht beeinträchtigt worden. Hinsichtlich des Einsatzes in Nachtschicht handele es sich nur um eine Empfehlung der Ärzte, nicht aber um die Erkenntnis oder Bestätigung, dass diese ausgeschlossen sei. Die Erläuterung in der Auskunft des Zeugen Dr. D... vom 17.08.2007, es sei mit weiterer Arbeitsunfähigkeit wegen der Depressionen zu rechnen, sei nicht erklärbar und falsch. Sie stimme mit dem tatsächlichen Krankheitsverlauf auch nicht überein. Sie, die Klägerin, biete ein Sachverständigengutachten dafür an, dass diese Aussage falsch sei.

Die Beklagte hat sich nochmals auf die Stellungnahme von Dr. D... vom 20.01.2006 (Anlage B 4, Bl. 167 d.A.) berufen, in der zum Ausdruck komme, dass die Erkrankung nicht ausgeheilt sei. Die übrigen Erkrankungen seien im wesentlichen auf Entzündungen zurückzuführen, so dass sich schon wegen ihrer Häufigkeit erkennen lasse, dass diese keinesfalls ausgeheilt seien. Alle Krankheiten seien chronifiziert. Nicht umsonst sei der Grad der Schwerbehinderung durch Bescheid des Versorgungsamtes vom 19.01.2007 auf 60 angehoben worden. Die von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verlangten Voraussetzungen für die soziale Rechtfertigung einer krankheitsbedingten Kündigung seien erfüllt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Endurteil vom 23.01.2008 abgewiesen. Es hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, der Sachvortrag der Beklagten rechtfertige die Annahme einer negativen Prognose, da die Klägerin in den letzten drei Jahren durchschnittlich mehr als sechs Wochen erkrankt gewesen sei. Die Klägerin habe die sich aus den Arbeitsunfähigkeitszeiten ergebende Indizwirkung der Prognose weiterer vergleichbarer Fehlzeiten nicht erschüttert. Sie habe schon hinsichtlich der Fehlzeiten des Jahres 2003 nicht angeführt, warum diese nicht prognosefähig sein sollten. Die pauschale Begründung, es habe sich um eine einmalige Ursache gehandelt, die Sachverhalte seien ausgeheilt, genüge hierfür nicht, zumal es sich teilweise um identische Krankheiten gehandelt habe. Letztlich könne die Bewertung der Ursachen aus 2003 aufgrund der hohen Krankheitszeiten in den Jahren 2004 und 2005 mit der sich allein hieraus ergebender Prognose dahinstehen. Die Klägerin habe hinsichtlich des Zeitraums 16.08.2004 bis 25.02.2005 nicht vorgetragen, wann genau welche Ärzte aus welchen konkreten Gründen zu welchen Zeitpunkten die fehlende Prognosefähigkeit attestiert hätten und deswegen von einer erfolgreichen Ausbehandlung der Erkrankung ausgegangen seien. Die vorliegenden ärztlichen Atteste stützten die Auffassung der Klägerin gerade nicht. So gehe der behandelnde Arzt Dr. D... in seinem Schreiben vom 20.01.2006 zum einen von einer "regelmäßigen Behandlung", zum anderen von "rezidivierenden schweren depressiven Episoden" aus. Weiter führe er aus, dass die Klägerin "nur im Zwei-Schicht-Betrieb eingesetzt werden" solle. Darüber hinaus habe der Psychotherapeut F... im Attest vom 22.07.2005 berichtet, dass sich die Klägerin "seit dem 21.01.2005" in seiner "laufenden psychotherapeutischen Behandlung" befinde. Sie würde sich kaum mehr in der Lage fühlen, den Routineanforderungen des täglichen Lebens gerecht zu werden. Hinzu komme die eindeutige arbeitsmedizinische Stellungnahme der Ärztin Dr. G.... Schließlich sei nach den Ausführungen des Arztes Dr. D... vom 17.08.2007 von Wiederholungsgefahr auszugehen. Dieser habe eine erfolgreiche Ausbehandlung trotz Nachfrage des Gerichts gerade nicht bestätigen können. Die Aussage vom 29.05.2007, wonach die Therapie mit Mirtazapin in der Regel die Arbeitsfähigkeit nicht beeinträchtige, habe er relativiert. Im Ergebnis ergebe sich gerade keine positive Entwicklung des Gesundheitszustandes der Klägerin. Auch werde nicht erläutert, dass und warum die Ärzte von einer erfolgreichen Ausbehandlung der Depression ausgegangen seien. Die Einholung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens scheide aus, weil dies auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinauslaufen würde. Es sei von erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen in Form von wirtschaftlichen Belastungen mit Entgeltfortzahlungskosten auszugehen. Diese Belastung habe in den letzten drei Jahren durchschnittlich sechs Wochen überschritten. Unabhängig davon seien die Ausführungen der Beklagten hinsichtlich der betrieblichen Auswirkungen unbestritten geblieben. Eine Versetzungsmöglichkeit auf einen anderen Arbeitsplatz habe die Klägerin nicht behauptet. Bei der nötigen Interessenabwägung überwögen die Interessen der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Hierbei sei zu beachten, dass die Beklagte bereits Mitte 2005 ein Eingliederungsmanagement nach § 84 SGB IX eingeleitet habe, das jedoch im wesentlichen an der fehlenden Mitwirkung der Klägerin gescheitert sei. Diese Verweigerung der Klägerin sei im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen. Zudem habe das Integrationsamt die Zustimmung zur Kündigung erteilt; in einem solchen Fall sei davon auszugehen, dass auch ein Eingliederungsmanagement keine Möglichkeiten aufgezeigt hätte, den Arbeitsplatz der wiederholt arbeitsunfähigen Arbeitnehmerin zu erhalten. Die vollständige Genesung der Klägerin sei, wie die Atteste zeigten, vollkommen ungewiss. Im Anerkennungsbescheid des Versorgungsamtes sei von einer "chronischen" Erkrankung die Rede. Auch die anderen Ärzte hätten eine Wiederholungsgefahr angenommen. Nach alldem könne nicht davon ausgegangen werden, dass die depressive Erkrankung einen Ausnahmezustand darstellen würde, der auf baldige Normalisierung hoffen ließe. Zugunsten der Beklagten sei letztlich zu werten, dass diese im Rahmen des Wiedereingliederungsmanagements lange mit der Kündigung zugewartet habe. Insofern seien die rückläufigen Arbeitsunfähigkeitszeiten nicht zu ihrem Nachteil zu werten. Die künftig zu erwartende wirtschaftliche Belastung überwiege die Interessen der Arbeitnehmerin an der Aufrechterhaltung ihres Arbeitsplatzes. Nachdem die Kündigungsschutzklage abgewiesen worden sei, bestehe ein Weiterbeschäftigungsanspruch der Klägerin nicht.

Das Endurteil des Arbeitsgerichts ist den Vertretern der Klägerin ausweislich ihres Empfangsbekenntnisses am 06.03.2008 zugestellt worden (Bl. 311 d.A.). Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihrer Vertreter vom 01.04.2008, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 02.04.2008, Berufung eingelegt. Sie hat diese Berufung - nach Verlängerung der Begründungsfrist aufgrund am 30.04.2008 eingegangenen Verlängerungsantrags bis 06.06.2008 - mit am 06.06.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz selben Tages begründet.

Die Klägerin hat sich in der Berufung darauf gestützt, das Arbeitsgericht sei fälschlich von einer negativen Gesundheitsprognose ausgegangen. Das der Arbeitsunfähigkeit von 24. bis 28.03.03 zugrunde liegende Karpaltunnelsyndrom sei vollständig ausgeheilt; es sei auch später nie zu einer entsprechenden Krankheit gekommen. Die jeweils akute Infektion der Atemwege von 03. bis 06.06. und von 01.09. bis 06.09.03 sei ebenfalls ausgeheilt; eine Chronifizierung liege nicht vor. Anfälligkeit sei nicht gegeben; die Krankheit sei seither nicht wieder aufgetreten. Die akut aufgetretene Monarthritis von 15.12. bis 27.12.03 sei danach nur noch einmal von 10. auf 11.10.05 aufgetreten und ebenfalls nicht als chronisch zu betrachten. Die Depression habe nach dem 25.02.2005 außer einem kurzen Zeitraum von 12.04. bis 15.04.2005 nie mehr zur Arbeitsunfähigkeit geführt. Es sei deshalb nicht nachvollziehbar, wie Dr. D... dazu komme, dass mit weiteren Arbeitsunfähigkeitszeiten aus diesem Grund zu rechnen sei. Zu beachten sei, dass das Attest des Psychiaters F... vom Juli 2005 stamme und für den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung - nach neun Monaten Stabilisierung - nicht repräsentativ sei. Es habe diesbezüglich offensichtlich eine positive Entwicklung gegeben. Erst recht gelte dies für die arbeitsmedizinische Stellungnahme vom 18.05.2005; bezogen auf den Zeitpunkt des Kündigungsausspruches enthalte dieses Attest nichts Verwertbares. Bei den übrigen Erkrankungen im Jahr 2004 handele es sich ebenfalls nicht um chronische, sondern um akute Leiden, die jeweils austherapiert seien. Prognosefähig sei auch nicht der Zeitraum 28.06. bis 28.07.05. Der Gelenkschmerz im Bereich der rechten Hand sei ebenfalls austherapiert. Der vermutlich medikamentenbedingte Schock, der die Arbeitsunfähigkeit vom 20.09. bis 01.10.05 verursacht habe, sei ebenfalls singulär gewesen; eine Wiederholung sei nicht aufgetreten und nicht zu erwarten. Bei der Arbeitsunfähigkeit von 22. bis 24.03.06 habe es sich um eine akute Gastroduodenitis gehandelt, die Übelkeit und Erbrechen ausgelöst habe und ebenfalls nicht chronisch sei. Nach alldem sei die Indizwirkung der Erkrankungen für die Prognose künftiger Arbeitsunfähigkeit erschüttert. Eine negative Gesundheitsprognose sei nicht feststellbar. Ein dauerndes Unvermögen für das Ableisten von Nachtschicht sei nicht erkennbar. Soweit sie, die Klägerin, darum gebeten habe, von Nachtschichteinsätzen abzusehen, sei dies nur im Rahmen der Wiedereingliederung erfolgt. Nach alldem seien auch erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten. Auch in der Vergangenheit seien Entgeltfortzahlungskosten von mehr als sechs Wochen nur ein einziges Mal angefallen. Der durchschnittliche Wert der letzten drei Jahre liege zudem nur ganz knapp über dem Entgelt für sechs Wochen, das als zumutbar anzusehen sei. Das Arbeitsgericht habe übersehen, dass die übrigen behaupteten Betriebsablaufstörungen bestritten gewesen seien und weiter bestritten würden - zumal es schwer vorstellbar sei, dass bei nur zwölf Nachtschichten im Jahr keine Maßnahmen für einen Ersatz eines Arbeitnehmers getroffen werden könnten; solche Maßnahmen müssten ja auch bei Krankheit und Urlaub ergriffen werden. Letztlich fehle bei der nötigen Interessenabwägung auch die ausreichende Berücksichtigung der erheblichen Betriebszugehörigkeitszeit und des Lebensalters.

In der Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht haben die Parteien vorgetragen, dass sie nach Ablauf der Kündigungsfrist ein Prozessarbeitsverhältnis begründet hätten. Auf Hinweis des Gerichts haben sie den ursprünglich für den Fall des Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag gestellten Weiterbeschäftigungsantrag übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerin stellt als Berufungsklägerin daher in der Berufungsinstanz zuletzt folgende Anträge:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 23.01.2008, Az. 11 Ca 3577/06, abgeändert.

II. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 26.04.2006 nicht beendet ist.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Arbeitsgerichts für zutreffend. Sie führt aus, die Berufungsbegründung genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der Antrag auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung "nicht beendet wurde", prozessual unzulässig sei. Sie bestreite mit Nichtwissen, dass die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin in den genannten Zeiträumen auf die von dieser in der Berufungsbegründung angeführten Krankheiten zurückzuführen sei. Sie bestreite weiter, dass es nachfolgend nicht zu Arbeitsunfähigkeit wegen desselben Leidens gekommen sei. Sie bestreite, dass die vorgelegte Aufstellung der H... die ärztlichen Diagnosen richtig wiedergebe. Für eine Chronifizierung des Leidens spreche die Wiederholung. Das Vorbringen der Klägerin in der Berufungsbegründung sei verspätet. Sie weist darauf hin, dass nach den Feststellungen des behandelnden Arztes Dr. D... vom Januar 2006 in diesem Zeitpunkt noch immer eine mittelgradige depressive Störung bestanden habe. Die Zuerkennung eines höheren Grades der Behinderung zeige zudem, dass das Leiden nicht ausgeheilt sein könne. Sie bestreite, dass es sich bei den Untersuchungen im Jahr 2005, insbesondere diejenige der Arbeitsmedizinerin, um eine Momentaufnahme gehandelt habe. Auch die weiteren von der Klägerin angeführten Erkrankungen seien chronisch wie etwa die Spondylose. Dasselbe gelte von den Gelenkschmerzen und Entzündungen. Bestritten würden auch die Ausführungen zum Medikamentenschock. All die genannten Krankheiten seien zudem chronisch und nicht ausgeheilt. Hinsichtlich der Betriebsablaufstörungen sei hinzuzufügen, dass die Klägerin zum Teil durch Leiharbeitnehmer ersetzt worden sei. Deren Kosten träten zu den Entgeltfortzahlungskosten noch hinzu. Die Leiharbeitnehmer müssten von der Stammbelegschaft eingewiesen werden, was diese zusätzlich belaste. Die Klägerin handele arglistig, wenn sie sich einem Präventionsverfahren entziehe und nunmehr eine leidensgerechte Einsatzmöglichkeit behaupte. Das gewählte Wechselschichtsystem habe das vorher im Betrieb bestehende statische System abgelöst. Einer der Gründe sei gewesen, die Belastungen im Nachtschichteinsatz so gering wie möglich zu halten. Die Depression könne schon deswegen nicht austherapiert sein, weil die Klägerin unmittelbar nach Kündigungszugang aus diesem Grund erneut den Arzt aufgesucht habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des Ersturteils vom 23.01.2008 (Bl. 287 ff. d.A.), die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 16.09.2008 (Bl. 432 ff. d.A.) und die zwischen den Parteien in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, weil sie sich gegen ein arbeitsgerichtliches Urteil richtet (§ 64 Abs. 1 ArbGG). Für den zuletzt gestellten Feststellungsantrag darauf, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht beendet worden sei, ist ein Beschwerdewert nicht erforderlich (§ 64 Abs. 2 c) ArbGG). Die Berufung ist auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO, 66 Abs. 1 S. 1, S. 2 ArbGG).

II.

Die Berufung ist, soweit die Parteien den Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben, auch begründet. Das Arbeitsverhältnis ist durch die Kündigung der Beklagten vom 26.04.2006 nicht aufgelöst worden. Die aus krankheitsbedingten Gründen ausgesprochene Kündigung erweist sich als sozial nicht gerechtfertigt.

1. Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die soziale Rechtfertigung der Kündigung zu überprüfen ist. Die Ansicht der Beklagten, die Klage sei schon unzulässig, weil die Klägerin bei ihrem punktuellen Kündigungsantrag nicht exakt entsprechend dem Gesetzeswortlaut in § 4 KSchG formuliert habe, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht "aufgelöst" sei, findet in Gesetz und Rechtsprechung keine Grundlage. Die Klägerin hat statt dem Wort "aufgelöst" das Wort "beendet" verwendet. Sie hat damit in klarer und eindeutiger Weise zum Ausdruck gebracht, dass sie gegen die datumsmäßig eindeutig bestimmte und im übrigen als Anlage zur Klageschrift vorgelegte Kündigung vorgehen wolle und dass sie genau diese Kündigung für unwirksam halte. Dies genügt für die Zulässigkeit der Klage ebenso wie zur Vermeidung der Rechtswirkungen des § 7 KSchG.

2. Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch die Grundsätze wiedergegeben, die das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung für die soziale Rechtfertigung einer krankheitsbedingten Kündigung aufgestellt und zuletzt im Urteil vom 08.11.2007 (2 AZR 292/06, zitiert nach juris) zusammengefasst hat. Danach ist zunächst - erste Stufe - eine negative Gesundheitsprognose erforderlich. Es müssen, und zwar bezogen auf den Kündigungszeitpunkt, objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang befürchten lassen. Häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit können indiziell für eine entsprechende künftige Entwicklung des Krankheitsbildes sprechen. Dies gilt allerdings nicht, wenn die Krankheiten ausgeheilt sind. Die prognostizierten Fehlzeiten sind nur dann geeignet, eine krankheitsbedingte Kündigung sozial zu rechtfertigen, wenn sie auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen, was als Teil des Kündigungsgrundes - zweite Stufe - festzustellen ist. Dabei können neben Betriebsablaufstörungen auch wirtschaftliche Belastungen, etwa durch zu erwartende, einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen im Jahr übersteigende Entgeltfortzahlungskosten, zu einer derartigen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen führen. Liegt eine solche erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen vor, so ist in einem dritten Prüfungsschritt im Rahmen der nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG gebotenen Interessenabwägung zu prüfen, ob diese Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden müssen (Rn. 16). Diesen Grundsätzen schließt sich auch die Berufungskammer uneingeschränkt an.

3. Die Berufungskammer folgt dem Arbeitsgericht allerdings nicht in der Bewertung des anhand dieser Kriterien zu beurteilenden Sachverhalts. Nach Würdigung des von den Parteien vorgetragenen und vom Arbeitsgericht ermittelten Sachverhaltes steht schon eine negative Gesundheitsprognose nicht fest.

a. Zwar könnten Zahl und Menge der krankheitsbedingten Ausfallzeiten, die in den Jahren 2003 bis 2005 unstreitig festzustellen sind, durchaus eine solche negative Prognose rechtfertigen. Die Klägerin hat allerdings vorgetragen, dass sie im Zeitraum 16.08.2004 bis 25.02.2005 wegen Depressionen, ausgelöst durch den Unfalltod ihrer Tochter, arbeitsunfähig krank geschrieben war. Diese Krankheitsursache ist nach den Angaben der Klägerin, die sich insoweit auf die Aufstellung der AOK vom 11.05.2006 gestützt hat (a.a.O., Bl. 121 d.A.), außer in den vier Tagen vom 12.04. bis 15.04.2005 bis zum Ausspruch der Kündigung am 26.04.2006 - also mehr als ein volles Jahr - nicht mehr aufgetreten. Nach Angaben der Klägerin hat diese Krankheitsursache seither nicht mehr zur Arbeitsunfähigkeit geführt.

Die Beklagte hat zwar, insbesondere unter Berufung auf die weitere Behandlung der Klägerin wegen dieser Krankheit und die Bestätigung der behandelnden Ärzte sowie der aus diesem Grund erfolgten Erhöhung des Behindertengrades bestritten, dass diese Krankheit ausgeheilt sei. Für diese Ansicht der Beklagten spricht in der Tat vieles. Sowohl der behandelnde Arzt Dr. D... im Gutachten vom 20.01.2006 (a.a.O., Bl. 167 d.A.) und in den schriftlichen Zeugenaussagen vom 29.05.2006 und vom 17.08.2007 als auch das Versorgungsamt sind davon ausgegangen, dass die Depression weiter behandlungsbedürftig ist und die Klägerin in der Teilhabe am Leben beeinträchtigt. Darauf kommt es jedoch nicht an. Arbeitsrechtlich relevant ist nicht, ob eine Krankheit ausgeheilt ist oder nicht. Entscheidend für die soziale Rechtfertigung einer Kündigung ist allein, ob mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass diese Krankheit auch in Zukunft wieder zu Arbeitsunfähigkeits- und Ausfallzeiten im konkreten Arbeitsverhältnis führen wird.

Hierfür gibt es keine ausreichenden Anhaltspunkte. Gegen das Vorliegen einer solchen negativen Prognose dahingehend, dass die Klägerin wieder wegen Depressionen ausfallen würde, spricht zunächst das im Zeitpunkt der Kündigung mehr als einjährige Fehlen eines Ausfalles wegen dieser Ursache. Dagegen spricht auch, dass diese Erkrankung, wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, durch den Unfalltod der Tochter, also ein bestimmtes Ereignis, ausgelöst worden ist. Sie ist offensichtlich, wenn auch nach einem längeren Zeitraum, so erfolgreich behandelt worden, dass sie nach dem 15.04.2005 nicht mehr als Ursache für Arbeitsunfähigkeit aufgetreten ist.

Aus dem Attest des Neurologen Dr. D... vom 20.01.2006 lässt sich zudem nicht ableiten, dass es weiter zu Ausfallzeiten wegen der Depressionen kommen dürfte. Dort ist auf häufige Zeiten der Arbeitsunfähigkeit in der Vergangenheit hingewiesen. Es wird eine Empfehlung ausgesprochen, die Klägerin nur im Zwei-Schicht-Betrieb einzusetzen. Das Attest besagt nichts darüber, dass weitere Ausfallzeiten zu erwarten wären. In der Aussage vom 29.07.2007 weist der Neurologe Dr. D... ausdrücklich darauf hin, dass sich der Zustand der Klägerin im Verlauf der Jahre 2004 und 2005 gebessert habe, dass die antidepressive Therapie im Jahr 2006 sogar beendet worden sei. Er erklärt, dass die Therapie die Arbeitsfähigkeit nicht beeinträchtigt habe. Aus dieser Aussage lässt sich nichts dafür herleiten, dass die noch behandlungsbedürftige Depression weitere Arbeitsunfähigkeitszeiten auslösen würde. Auch die Aussage vom 17.08.2007 gibt nichts dafür her, dass weitere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit gerade wegen Depressionen zu erwarten wären. Zwar beantwortet der Neurologe die - nicht auf Depressionen, sondern allgemeine Fehlzeiten bezogene - Nachfrage des Gerichts (Bl. 232 d.A.) damit, dass mit Wiederholungsgefahr zu rechnen gewesen sei, weil schon mehrere Arbeitsunfähigkeits-Atteste ausgestellt worden seien. Er bezieht dies jedoch, wie seine Antwort zu Punkt 3 der Frage belegt, gerade nicht auf die antidepressive Therapie. Für diese hat er in der Aussage vom 29.07.2007 viel präzisere Angaben gemacht, die er in der späteren schriftlichen Aussage weder zurückgenommen noch relativiert hat. Aus seinen Aussagen lässt sich daher gerade nicht belegen, dass die noch vorhandene Krankheitsursache der Depression eine Prognose weiterer Ausfallzeiten gerade wegen dieser Depression rechtfertigen würde.

Auch die Erhöhung des Behindertengrades besagt nichts über zu erwartende Arbeitsunfähigkeitszeiten. Ob Schwerbehinderung vorliegt, richtet sich gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX danach, ob die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und ob daher die Teilnahme am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Der Grad der Behinderung ist unabhängig vom ausgeübten Beruf zu beurteilen und steht mithin von vornherein in keiner Beziehung zur Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz (so. auch Rolfs in Erfurter Kommentar, 8. Aufl. 2008, § 69 SGB IX, Rn. 4). Aus der Erhöhung des Grades der Behinderung von 50 auf 60 lässt sich somit schon aus diesem Grund nichts für eine Prognose Verwertbares ableiten. Es kann daher dahinstehen, ob eine solche Erhöhung, die den Arbeitnehmerschutz stärken soll, grundsätzlich überhaupt geeignet sein kann, eine aus anderen Tatsachen und Indizien abgeleitete negative Prognose zu verstärken.

Die Berufungskammer geht daher unter Zugrundelegung all dieser Tatsachen davon aus, dass es im Zeitpunkt der Kündigung keine Anhaltspunkte für eine erneute Arbeitsunfähigkeit gerade wegen der Depression gegeben hat. Damit gibt es keine Anhaltspunkte für eine negative Prognose, soweit die Krankheitsursache Depression betroffen ist. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurfte es mangels solcher Anhaltspunkte nicht.

b. Es kann dahinstehen, ob die sonstigen Krankheitsursachen, wie die Beklagte - von der Klägerin bestritten - behauptet, eine Prognose dahingehend zulassen, dass sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auch nach dem Zugang der Kündigung künftig wieder vorkommen dürften. Die Klägerin war im Jahr 2003 nur an 24 Arbeitstagen, in den Jahren 2004 und 2005 - rechnet man die Ausfallzeiten wegen der Depression heraus - nur an 12 bzw. 20 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt. Dies hat sich bis zum Ausspruch der Kündigung am 26.04.2006 mit nur 3 weiteren Tagen der Arbeitsunfähigkeit fortgesetzt. Fehlzeiten in solch geringem Ausmaß können möglicherweise prognosefähig sein. Sie rechtfertigen jedoch ohne das Hinzutreten weiterer Umstände - welche vorliegend nicht erkennbar sind - allenfalls die Prognose, dass sie auch in Zukunft genau in diesem Umfang zu erwarten sind. Es ergeben sich in den letzten drei Jahren vor der Kündigung - unabhängig davon, ob man auf die letzten drei Kalenderjahre oder auf die letzten drei Jahre vor Ausspruch der Kündigung abstellt - allenfalls Anhaltspunkte für künftig zu erwartende 20 Fehltage im Jahr.

Anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn man - was die Beklagte fordert - das Jahr 2002 als Grundlage für die Prognose einbezieht. Zu berücksichtigen ist nämlich auch die Fehlzeitenentwicklung. Selbst wenn alle Fehlzeiten aus dem Jahr 2002 prognosefähig wären - was zwischen den Parteien umstritten ist -, müsste auch beachtet werden, dass die dortigen Fehlzeiten von insgesamt unter 90 Tagen - die Beklagte zählt den Zeitraum 03.07. bis 22.07. offensichtlich doppelt - in den Folgejahren bei weitem nicht mehr in dieser Zahl und Intensität aufgetreten sind. Die Krankheitsentwicklung wäre also, selbst wenn man diese Zeiten berücksichtigen würde, extrem rückläufig. Eine Prognose, dass mehr als drei Jahre und sieben Monate nach dem letzten Ausfall im Jahr 2002 erneut Ausfallzeiten in Höhe von 30 oder 50 Tagen wie im Jahr 2002 drohen, lässt sich unter Berücksichtigung dieser Entwicklung vernünftigerweise gerade nicht anstellen.

Eine solch geringe Fehlzeitenerwartung rechtfertigt keine personenbedingte Kündigung. Das Arbeitsverhältnis wird hierdurch in der Regel - Ausnahmen von dieser Regel sind vorliegend nicht erkennbar - nicht derart beeinträchtigt, dass eine hierauf gestützte Arbeitgeberkündigung sozial gerechtfertigt sein könnte. Selbst wenn man davon ausgeht (so z.B. Griebeling in KR, Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsrecht, 8. Aufl. 2007, § 1 KSchG Rn. 332), dass eine Mindestzahl von zu erwartenden Fehlzeiten für die mögliche soziale Rechtfertigung einer krankheitsbedingten Kündigung nicht erforderlich ist, wäre die geringe Menge dieser prognostizierbaren Fehltage im Rahmen der Interessenabwägung zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen, so dass angesichts der Beschäftigungsdauer und des Alters der Klägerin und unter Berücksichtigung ihrer Schwerbehinderung ihre Interessen diejenigen der Beklagten bei weitem überwiegen würden. Auf die Feststellung, ob die außerhalb der Depression liegenden Zeiträume der Arbeitsunfähigkeit die Prognose weiterer Ausfälle zulassen - wobei zumindest beim von der Klägerin behaupteten Medikamentenschock im Zeitraum 20.09. bis 01.10.2005 ganz erhebliche Zweifel bestehen -, kommt es daher nicht an.

c. Die negative Gesundheitsprognose lässt sich auch nicht, wie die Beklagte meint, daraus herleiten, dass die Klägerin keine Nachtschichten mehr leisten könnte oder dass bei weiteren Nachtschichten krankheitsbedingte Ausfallzeiten drohen. Auch für eine solche Prognose gibt es keine ausreichenden Anhaltspunkte. Die Klägerin hat etliche Nachtschichten geleistet, ohne dass sie hierbei arbeitsunfähig erkrankt gewesen wäre. Das Gutachten der Betriebsärztin vom 13.04.2005 bezieht sich im wesentlichen auf die - in dem zwischen Begutachtung und Kündigung liegenden vollen Jahr weit gebesserte und nicht mehr zum Ausfall führende - Krankheitsursache der Depression. Dasselbe gilt für die Schreiben des klägerischen Rechtsanwalts vom 01.06.2005 und vom 19.09.2005. Sie haben im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs angesichts dessen, dass die Klägerin mehr als ein halbes Jahr Nachtschicht geleistet hat, ohne in dieser Zeit wegen der Depression auszufallen, keine maßgebliche Bedeutung mehr.

4. Die Berufungskammer kann auch keine, für eine soziale Rechtfertigung der vorliegenden Kündigung ausreichenden betrieblichen Auswirkungen erkennen.

a. Soweit sich die Beklagte hinsichtlich der betrieblichen Auswirkungen auf die Entgeltfortzahlungskosten berufen hat, ist zu berücksichtigen, dass nur solche Entgeltfortzahlungskosten als zu erwartende betriebliche Störungen angesetzt werden dürfen, mit denen auch in Zukunft zu rechnen ist. Auch hier geht es nicht um bisherige im Arbeitsverhältnis aufgetretene Belastungen des Arbeitgebers, sondern allein darum solche, ob und inwieweit zukünftig drohende Belastungen als nicht zumutbar erscheinen. Wenn aber die Ausfallzeiten wegen der Depressionen keine Prognose dahingehend rechtfertigen, dass mit ihnen in Zukunft wieder zu rechnen ist, dann gilt dies in gleicher Weise für diejenigen Entgeltfortzahlungskosten, die für die Zeiten der Krankheitsursache "Depressionen" angefallen sind. Mit weiteren Entgeltfortzahlungskosten wegen der Depression ist nach alldem nicht mehr zu rechnen. Wenn wie ausgeführt aber allenfalls 20 Ausfalltage prognosefähig sind, also künftig nur mit 20 Ausfalltagen gerechnet werden muss, dann ist logischerweise künftig allenfalls mit Entgeltfortzahlungskosten für höchstens 20 Arbeitstage zu rechnen. Die sich hieraus ergebende wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers von unter sechs Wochen im Jahr muss nach der im Entgeltfortzahlungsgesetz zum Ausdruck kommenden Wertentscheidung des Gesetzgebers aber hingenommen werden. Sie rechtfertigt für sich allein in der Regel die personenbedingte Kündigung nicht (so ausdrücklich auch BAG vom 08.11.2007, a.a.O., Rn. 16: "zu erwartende, einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen pro Jahr übersteigende Entgeltfortzahlungskosten"; einhellige Auffassung; weitere Nachweise etwa bei KR-Griebeling, a.a.O., § 1 KSchG Rn. 342; von Hoyningen-Huene/Linck, KSchG, 14. Aufl. 2007, § 1 KSchG Rn. 376 ff.).

b. Soweit sich die Beklagte auf andere betriebliche Störungen berufen hat, ist dieser Sachvortrag weder substantiiert noch ausreichend. Es kann unterstellt werden, dass die Arbeiten zeitgebunden und unaufschiebbar sind - dies ersetzt die Darstellung konkreter, aus dem Ausfall der Arbeitnehmerin ursächlich folgender Störungen nicht. Die Aussage, es sei bei Kollegen der Klägerin zu Unmut wegen der nötigen Kompensation bei deren Ausfall gekommen, ist ebenfalls in keiner Weise konkret nachvollziehbar und ausreichend. Der in der Berufungsinstanz vorgetragene Umstand, es kämen weitere Kosten für Leiharbeitnehmer hinzu, ist ebenfalls nicht ausreichend konkret und nachvollziehbar. Auch derartige Kosten müssten im einzelnen dargestellt werden. Dieser letztere Vortrag lässt im übrigen die Aussage, die Kollegen hätten wegen der nötigen Kompensation Unmut gezeigt, nicht recht verständlich erscheinen.

Letztlich sind jedenfalls die behaupteten Störungen nicht von einem so ungewöhnlichen Gewicht, dass sie ausnahmsweise selbst bei der hier anzunehmenden Prognose nur relativ geringer Fehlzeiten die Kündigung rechtfertigen könnten.

c. Nichts anderes ergäbe sich schließlich selbst dann, wenn die Annahme der Beklagten zutreffend wäre, die Klägerin sei zur Ableistung von Nachtschicht nicht in der Lage bzw. drohe bei Leistung von Nachtschicht wieder auszufallen. Selbst wenn man hiervon ausgehen müsste oder könnte, wäre eine soziale Rechtfertigung der Kündigung bei einem behinderten Menschen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nur dann möglich, wenn der Arbeitgeber alles Zumutbare getan hätte, um dem Arbeitnehmer eine andere Einsatzmöglichkeit zu eröffnen. Er muss alle Möglichkeiten zur Vermeidung der Kündigung ausschöpfen. Es geht zu seinen Lasten, wenn er nicht alle zumutbaren Möglichkeiten zu ihrer Vermeidung ausgeschöpft hat. Dabei kommt anstelle einer krankheitsbedingten Kündigung nicht nur eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen, freien Arbeitsplatz in Betracht. Der Arbeitgeber hat vielmehr alle gleichwertigen, leidensgerechten Arbeitsplätze, auf denen der betroffene Arbeitnehmer unter Wahrnehmung des Direktionsrechts einsetzbar wäre, in Betracht zu ziehen und gegebenenfalls "freizumachen" (so zuletzt BAG vom 12.07.2007, 2 AZR 716/06, zitiert nach juris; auch schon BAG vom 29.01.1997, 2 AZR 9/96, EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 42).

Hierzu hat die Beklagte nichts vorgetragen. Die bloße Angabe, sie habe die unternehmerische Entscheidung getroffen, feste Schichtgruppen einzurichten und vollständig im Drei-Schicht-Betrieb arbeiten zu lassen, genügt hierfür in keiner Weise.

Der Hinweis auf Arbeitsvertrag und Betriebsvereinbarung geht fehl. Wenn nach dem Arbeitsvertrag keine Schichtarbeit geleistet werden muss, wenn der Betriebsrat mit der gewählten Schichtarbeit nicht einverstanden ist, dann kann der Arbeitnehmer nicht qua Direktionsrecht zur Nachtschicht verpflichtet werden. Dies besagt aber nichts darüber, ob alle Möglichkeiten ausgeschöpft worden sind, um der - immerhin mit einem Grad von 60 behinderten - Klägerin diese zusätzliche Belastung zu ersparen.

Soweit sich die Beklagte darauf beruft, die Klägerin habe an einem Eingliederungsmanagement nicht ausreichend mitgewirkt, kann dies - bezogen auf die Krankheitsursache der Depression - keine Bedeutung haben. Gerade in Bezug auf die Möglichkeit zur Arbeit in Nachtschicht war der Beklagten durch das von der Klägerin eingereichte Attest und die Begutachtung durch die Betriebsärztin bekannt, was die Ursache der Probleme für die Ableistung der Nachtschichten war. Es wäre ihr ohne weiteres möglich gewesen, zu prüfen, ob nicht eine - möglicherweise vorübergehende - Herausnahme aus der Nachtschicht möglich wäre. Der bloße Verweis auf die Entscheidung darauf, die Nachtschichten müssten gleichmäßig auf die Mitarbeiter verteilt werden, hierzu gebe es eine Betriebsvereinbarung, genügt den Anforderungen, die angesichts der Probleme einer Arbeitnehmerin mit Behindertenstatus zu stellen sind, nicht.

5. Letztlich ergibt auch die vorzunehmende Interessenabwägung, dass die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt ist. Zwar kann der Beklagten nicht angelastet werden, dass das betriebliche Eingliederungsmanagement nicht zum Erfolg geführt hat. In der Tat hat sich die Klägerin hierbei offensichtlich nicht ausreichend beteiligt. Diese Tatsache dürfte auch zur Zustimmung des Integrationsamtes beigetragen haben. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts verändert eine solche mangelnde Mitwirkung des Arbeitnehmers und eine längere Dauer des Verfahrens vor dem Integrationsamt aber nicht den Zeitpunkt, auf den bei der Prüfung und Bewertung einer negativen Prognose abzustellen ist. Entscheidend sind dennoch die Verhältnisse, Tatsachen und Indizien, wie sie sich im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung darstellen. Insgesamt überwiegen trotz der Zustimmung des Integrationsamtes dennoch die Interessen der Klägerin bei weitem. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin hat seit 1991 und damit recht lange bestanden. Die Klägerin war im Kündigungszeitpunkt fast siebenundvierzig Jahre alt; sie dürfte damit gerade als ungelernte Kraft Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt haben, eine gleichwertige Stelle zu finden. Die prognostizierten Ausfallzeiten sind relativ gering, die betrieblichen Störungen, soweit sie sich auf die wirtschaftliche Belastung beziehen, ebenfalls. Die sonstigen Ablaufstörungen sind nicht substantiiert vorgetragen. Zugunsten der Beklagten mag sprechen, dass sie ein Eingliederungsmanagement mehrfach versucht hat. Letztlich muss aber unter Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte zumindest die Schwerbehinderteneigenschaft der Klägerin in weit größerem Ausmaß berücksichtigt werden, als dies das Arbeitsgericht offenbar getan hat. Gerade auf behinderte Menschen ist in größerem Umfang Rücksicht zu nehmen. Die Abwägung all dieser Gesichtspunkte führt zu einem deutlichen Überwiegen der Interessen der Klägerin, so dass die Kündigung zumindest auch an dieser dritten Stufe der bei der krankheitsbedingten Kündigung vorzunehmenden Prüfung scheitert.

6. Nach alldem hat die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufzulösen vermocht. Insoweit ist das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und entsprechend zu erkennen. Über den vom Arbeitsgericht ebenfalls abgewiesenen Weiterbeschäftigungsantrag - der im übrigen nur hilfsweise für den Fall des Obsiegens gestellt war - war nicht mehr zu entscheiden, nachdem die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

7. Bei der Kostenentscheidung ist über das Obsiegen der Klägerin mit dem Kündigungsschutzantrag hinaus zu berücksichtigen, dass diese den erstinstanzlich gestellten allgemeinen Feststellungsantrag auf Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses in mündlicher Verhandlung erster Instanz letztlich zurückgenommen hat. Diese - im Kostenpunkt nicht mehr privilegierte - Teilklagerücknahme ist zu ihren Lasten zu berücksichtigen, so dass sich unter Berücksichtigung des Weiterbeschäftigungsantrages, dem in erster Instanz bei zutreffender Würdigung der Kündigung stattzugeben gewesen wäre, eine Kostenquote in erster Instanz von 1/5 zu Lasten der Klägerin, von 4/5 zu Lasten der Beklagten ergibt. In zweiter Instanz war der allgemeine Fortbestehensantrag von vornherein nicht streitgegenständlich. Soweit die Parteien den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben, ist es gerechtfertigt, die Kosten der Klägerin aufzuerlegen. Sie wäre mit diesem Antrag angesichts dessen, dass die Parteien schon vor Beginn des Berufungsverfahrens ein Prozessarbeitsverhältnis begründet hatten, unterlegen, weil ein Rechtsschutzbedürfnis für den Weiterbeschäftigungsantrag unter Berücksichtigung des bestehenden Prozessarbeitsverhältnisses nicht erkennbar ist. Es ergibt sich eine Kostenquote von 1/4 zu Lasten der Klägerin, von 3/4 zu Lasten der Beklagten (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 92 Abs. 1, 91a ZPO).

8. Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass.

Ende der Entscheidung

Zurück