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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 20.06.2006
Aktenzeichen: 6 Ta 81/06
Rechtsgebiete: BetrVG, RVG


Vorschriften:

BetrVG § 101
RVG § 23
1. Macht der Betriebsrat in einem Beschlussverfahren gemäß § 101 BetrVG die Aufhebung der Einstellung von 13 Leiharbeitnehmern geltend, ist die Festsetzung des Gegenstandswertes auf 5.200,- € - errechnet aus dem Regelwert plus je 100,- € für jeden zusätzlichen Arbeitnehmer - angesichts des dem Arbeitsgericht zustehenden Ermessens nicht zu beanstanden, auch wenn das Beschwerdegericht bei eigener Festsetzung zu einer weniger schematischen Betrachtungsweise neigt; dies gilt erst recht, wenn es sich bei der Einstellung der 13 Leiharbeitnehmer um eine einheitliche Maßnahme gehandelt hat.

2. Der Umstand, dass der Betriebsrat am selben Tag oder in zeitlichem Zusammenhang weitere Beschlussverfahren auf Aufhebung der Einstellung anderer Leiharbeitnehmer gestellt hat, ist bei der Bewertung des gegenständlichen Verfahrens nicht streitwertmindernd zu berücksichtigen.

3. Dieser Umstand kann jedoch, soweit das Vorgehen in mehreren Verfahren, etwa wegen unterschiedlicher Sachverhaltsgestaltung nicht als angemessen und sinnvoll erscheint, bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Kosten nach § 40 BetrVG zu Lasten des Betriebsrats bzw. seiner Prozessvertreter im Rahmen der Kostenerstattungspflicht berücksichtigt werden.


LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG BESCHLUSS

6 Ta 81/06

in dem Rechtsstreit

Nürnberg, den 20. Juni 2006

wegen: Sonstiges

hier: Gegenstandswert

Die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Vetter ohne mündliche Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellervertreter gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg, Kammer Aschaffenburg, vom 07.03.2006, Az. 10 BV 25/05 A, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung des Gegenstandswertes für ein Beschlussverfahren, in dem der antragstellende Betriebsrat die Aufhebung der Einstellung von 13 Leiharbeitnehmern nach § 101 BetrVG beantragt hatte. Das Verfahren wurde nach dem Ausscheiden der Leiharbeitnehmer übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert auf 5.200,- € festgesetzt. Es hat hierbei einmal den Regelwert von 4.000,- € zugrundegelegt, den es für jeden weiteren im Antrag enthaltenen Arbeitnehmer um jeweils 100,- € erhöht hat. Insgesamt hat das Arbeitsgericht den Wert auf 5.200,- € festgesetzt.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Der Beschwerdewert von 200,- € (nicht 100,- € wie vom Arbeitsgericht laut Rechtsmittelbelehrung angenommen) der einfachen - nicht sofortigen - Beschwerde ist erreicht (§ 33 Abs. 3 S. 1 RVG).

2. Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den für die Rechtsanwaltsvergütung maßgeblichen Wert zutreffend festgesetzt. Da im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren keine Gerichtsgebühren erhoben werden, ist ein für diese Gebühren maßgeblicher Wert nicht vorhanden. Die Streitigkeit ist nicht vermögensrechtlicher Natur. Bei der Feststellung des Verfahrenswertes einer nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Hierbei ist insbesondere auf den Aufwand und die Bedeutung der Angelegenheit abzustellen. Die Bewertung hat gemäß ausdrücklicher Gesetzesregelung nach billigem Ermessen zu erfolgen (LAG Nürnberg vom 21.07.2005, 9 Ta 137/05, LAGE § 23 RVG Nr. 1 m.w.N.; vom 30.05.2006, 4 Ta 73/06, zur Veröffentlichung vorgesehen; Wenzel, GK-ArbGG, § 12 Rn. 193 ff.).

3. Die Ermessensausübung des Arbeitsgerichts ist nicht zu beanstanden. Auch die Beschwerdeführer gehen davon aus, dass für den Antrag des Betriebsrates auf Aufhebung einer personellen Einzelmaßnahme nach § 101 BetrVG zunächst auf den Regelwert abgestellt werden kann; es kann, insbesondere im Hinblick auf die von vornherein beabsichtigte nur vorübergehende Beschäftigung der betroffenen Leiharbeitnehmer, dahinstehen, ob es nicht auch angemessen gewesen wäre, einen geringeren Ausgangswert anzusetzen ist (vgl. etwa LAG Nürnberg vom 21.07.2005, a.a.O.). Jedenfalls erscheint es als vom Ermessen des Arbeitsgerichts gedeckt, vom Regelwert auszugehen.

4. Die Tatsache, dass im Antrag mehrere Einstellungen von Leiharbeitnehmern aufgeführt sind, führt nicht für jeden Arbeitnehmer zur Festsetzung des vollen Regelwertes. Vielmehr sind diese weiteren Anträge bezüglich der weiteren Arbeitnehmer durch eine angemessene Erhöhung des Regelwertes zu berücksichtigen. Bei der Bemessung des Wertes der Angelegenheit ist zu beachten, dass ein besonderer Aufwand nicht ersichtlich ist; die tatsächlichen Verhältnisse waren bei diesen Arbeitnehmern völlig gleich gelagert. Auch die Bedeutung der Angelegenheit ist angesichts dessen, dass es sich um vorübergehende Einsätze der Mitarbeiter handelte, nicht als über das gewöhnliche Maß hinausgehend anzusehen. Letztlich ging es wohl lediglich um die Streitfrage, ob bei derartigen Maßnahmen überhaupt ein Verfahren nach § 99 Abs. 1 und Abs. 4 BetrVG einzuleiten ist. Die vom Arbeitsgericht angenommene Erhöhung um 100,- € für jede weitere Person ist vom Ermessen des Arbeitsgerichts gedeckt. Das Arbeitsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die tatsächlichen Verhältnisse hinsichtlich der betroffenen Maßnahmen völlig gleich gelagert waren, dass es letztlich nur darum ging, auch diese Arbeitnehmer in den Antrag mit aufzunehmen. Der Aufwand der Antragstellervertreter geht gegen Null. Eine besondere Bedeutung für den Arbeitgeber ist angesichts der vorübergehenden Natur der Maßnahmen auch insoweit nicht erkennbar.

5. Die von den Antragsgegnerinvertretern gerügte Tatsache, dass der Antragsteller insgesamt sieben Verfahren beim Arbeitsgericht angestrengt hat, die nach Angaben der Antragsgegnerin jeweils Anträge nach § 101 BetrVG auf Aufhebung der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern zum Inhalt hatten - auf die Richtigkeit dieses Einwandes deuten die ebenfalls bei der 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts anhängigen Verfahren 6 Ta 82/06 und 6 Ta 83/06 hin -, hat bei der Festsetzung des Wertes des vorliegenden Verfahrens ohne Bedeutung zu bleiben. Das Beschwerdegericht kann nicht beurteilen, ob und inwieweit es erforderlich, angemessen oder sinnvoll war, die jeweiligen Anträge nach § 101 BetrVG in sieben unterschiedlichen Verfahren geltend zu machen. Das Verfahren auf Festsetzung des Gegenstandswertes ist für eine solche Prüfung auch nicht geeignet. Es ist der Gegenstandswert für ein bestimmtes Verfahren festzusetzen, und zwar ohne Rücksicht auf etwa noch andere anhängige oder schon abgeschlossene Verfahren. Ob es unter dem Gesichtspunkt, dass der Betriebsrat nur erforderliche Kosten erstattet erhält (§ 40 BetrVG), angemessen war, die Anträge in sieben verschiedene Verfahren aufzuteilen, ist bei der Erstattung der Anwaltsgebühren gemäß § 40 BetrVG gesondert zu prüfen und zu entscheiden.

6. Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist daher nicht zu beanstanden, die Beschwerde zurückzuweisen.

7. Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 33 Abs. 9 RVG nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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