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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 01.07.2003
Aktenzeichen: 6 Ta 85/03
Rechtsgebiete: ArbGG, BRAGO, GKG


Vorschriften:

ArbGG § 12 Abs. 7 S. 1
BRAGO § 9
GKG § 24
GKG § 25
Werden punktueller Kündigungsschutzantrag und allgemeiner Feststellungsantrag auf Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses in einer Klage anhängig gemacht, erhöht dies den auf drei Monatsgehälter begrenzten Streitwert des § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG nicht.
Landesarbeitsgericht Nürnberg

6 Ta 85/03

Beschluss:

Die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Vetter ohne mündliche Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägervertreters gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Würzburg vom 13.05.2003 - Az.: 2 Ca 3122/02 - in der Fassung des Abhilfebeschlusses vom 26.05.2003 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Das Erstgericht hat den Streitwert zu Recht auf 4.800,- Euro festgesetzt. Entgegen der Ansicht der Klägervertreter ist es nicht zu beanstanden, dass punktueller Kündigungsschutzantrag und allgemeiner Feststellungsantrag nicht zu einer Erhöhung des in § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG angeführten Wertes führen.

1. Die Festsetzung des Verfahrenswertes richtet sich nach §§ 9 BRAGO, 25, 24 GKG.

a) Beide Feststellungsanträge waren beim Arbeitsgericht als Streitgegenstände anhängig. Gerichtsgebühren wären angefallen, wenn die Parteien sich nicht letztlich verglichen hätten. Nur wegen des Vergleichsabschlusses sind die Gerichtsgebühren nach Nr. 9113 des Gebührenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 12 ArbGG) "entfallen". Dieses Entfallen beseitigt die Maßgeblichkeit nach § 24 GKG nicht (ausführlich LAG Nürnberg vom 21.07.1988 LAGE § 12 Streitwert Nr. 74; Gift/Baur, Das Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen, Buchstabe D Rn. 223); dies lässt sich aus der nunmehr geltenden Fassung des § 25 Abs. 2 S. 1 GKG eindeutig ersehen: Die Festsetzung des Gerichts hat von Amts wegen auch dann zu erfolgen, wenn eine Entscheidung aus Sicht des Gerichts an sich nicht veranlasst wäre. Dies kann aber nur der Fall sein, wenn Gerichtsgebühren nicht erhoben werden. Anderes gilt nur hinsichtlich der mitverglichenen, nicht rechtshängigen Streitgegenstände, für die ein Gebührenwert nicht entstanden war und die deswegen grundsätzlich nach § 10 BRAGO festzusetzen sind.

b) Vorliegend haben die Klägervertreter Festsetzung ohne nähere Bezeichnung beantragt. Ein solcher Antrag kann sowohl als Antrag nach §§ 8, 10 BRAGO als auch als Antrag nach § 9 BRAGO i.V.m. §§ 24, 25 GKG ausgelegt werden. Die Möglichkeit zur Festsetzung nach § 10 BRAGO ist aber nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut als subsidiär anzusehen (vgl. etwa Madert in Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl. 2002, § 10 Rn. 1 am Ende; Riedel/Sußbauer-Fraunholz, BRAGO, 8. Aufl. 2000, § 9 Rn. 3 ff. und § 10 Rn. 3). Das Beschwerdegericht hatte den Antrag daher als solchen nach § 9 BRAGO i.V.m. §§ 24, 25 GKG auszulegen; ansonsten wäre nach § 10 Abs. 2 S. 3 BRAGO die Anhörung der Beteiligten veranlasst gewesen; außerdem hätte der Beschluss förmlich zugestellt werden müssen, was offenbar nicht erfolgt ist (§ 329 Abs. 2 S. 2 ZPO). Das Beschwerdegericht hält nach alldem trotz der anderslautenden Benennung des Erstgerichts eine Behandlung nach § 9 BRAGO i.V.m. §§ 24, 25 GKG für geboten.

2. Im Ergebnis erweist sich der Streitwertbeschluss als richtig. Das Erstgericht hat sein bei der Streitwertfestsetzung gegebenes Ermessen nachvollziehbar ausgeübt und die hierbei gegebenen Grenzen nicht überschritten. Das Beschwerdegericht bleibt bei der vom Landesarbeitsgericht Nürnberg in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung, dass diese Ermessensentscheidung zwar auf Ermessensfehler zu überprüfen ist, dass das Beschwerdegericht aber keine eigene, hiervon unabhängige Ermessensentscheidung zu treffen hat (so schon Beschluss vom 05.05.1986 LAGE § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 53).

3. Hinsichtlich der Bewertung des Kündigungsschutzantrages mit drei Monatsgehältern hat das Arbeitsgericht die Wertgrenze des § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG ausgeschöpft. Hiergegen haben die Beteiligten Einwendungen auch nicht erhoben. Das Beschwerdegericht hat gegen diese Ausübung des Ermessens keinerlei Bedenken.

4. Das Arbeitsgericht hat zu Recht den Feststellungsantrag neben dem Kündigungsschutzantrag nicht gesondert bewertet. Bei beiden Anträgen geht es letztlich nur um Beendigung oder Nichtbeendigung des Arbeitsverhältnisses (ganz herrschende Meinung, vgl. etwa Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 8. Aufl. 2003, Rn. 2070; KR-Friedrich, Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsrecht, 6. Aufl. 2002, § 4 KSchG Rn.279; Ennemann in Berscheid u.a., Praxis des Arbeitsrechts, 2. Aufl. 2002, Teil 7 Rn. 577 f.). Der allgemeine Fortbestehensantrag erfasst sämtliche bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ausgesprochenen Kündigungen. Hierbei - und für die Anwendung des § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG - spielt es keine Rolle, ob das Fortbestehen ein- oder mehrfach von den Parteien in Frage gestellt, ob es einen oder mehrere zeitlich zusammenfallende oder getrennte mögliche Beendigungstatbestände gibt. Sämtliche Beendigungsgründe sind im Hinblick auf den Streitwert aus sozialen Erwägungen nach dem Schutzzweck des § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG in der Höhe auf insgesamt drei Monatsgehälter beschränkt. Nur wegen der besonderen gesetzlichen Konzeption des § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG ist bei Kündigungen, die im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes auf ihre soziale Rechtfertigung hin geprüft werden sollen, ein eigener Antrag erforderlich. Die Notwendigkeit, einen eigenen Antrag stellen zu müssen, rechtfertigt es nicht, hierfür entgegen Wortlaut und Zweck des § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG einen gesonderten Wert festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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