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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 10.05.2005
Aktenzeichen: 7 Sa 622/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO §§ 233 ff.
ZPO § 308 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 1 S. 2
BGB § 286
1. Wird die Berufungsbegründungsschrift vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist beim Arbeitsgericht eingereicht, ist die Frist nur dann gewahrt, wenn der Schriftsatz rechtzeitig vor Fristablauf beim Berufungsgericht eingeht.

2. Beruht die Einreichung beim Arbeitsgericht darauf, dass eine sonst zuverlässige Kanzleimitarbeiterin versehentlich die Fax-Nummer des Arbeitsgerichts (statt des Landesarbeitsgerichts) eingegeben hat, und hatte der Prozessvertreter seiner Mitarbeiterin die Weisung gegeben, bei Fax-Sendungen den ordnungsgemäßen Zugang zu überprüfen, ist Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zu gewähren.

3. Teilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit, dass er "die Lohnzahlungspflicht korrigieren (werde)", kann diese Erklärung dahin ausgelegt werden, dass der Arbeitgeber sämtliche noch offene Lohnansprüche, die der Höhe nach unstreitig sind, anerkennt. Ausschlussfristen sind dann vom Arbeitnehmer nicht einzuhalten.

4. Werden Zinsen in Höhe von "5 % über dem Basiszinssatz" verlangt, können Zinsen nur in dieser Höhe zugesprochen werden (und nicht in Höhe der wesentlichen höheren in § 288 Abs. 1 S. 2 BGB vorgesehenen "5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz").


LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 Sa 622/04

in dem Rechtsstreit

wegen Arbeitsentgelt

Die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Prof. Dr. Dr. Holzer-Thieser und die ehrenamtlichen Richter Wiedemann und Nickel aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 09.06.2004 - Az. 4 Ca 9257/03 - abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.242,70 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 15.03.2003 zu bezahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten der Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist trägt die Klägerin, die übrigen Kosten die Beklagte.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Lohnfortzahlungsansprüche der Klägerin wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit.

Am 04.02.2003 wurden von den die Klägerin behandelnden Ärzten zwei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erstellt. Die eine bescheinigte eine Arbeitsunfähigkeit vom 03.02. bis 05.02.2003, die andere eine Arbeitsunfähigkeit vom 04.02. bis 23.02.2003. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gingen der Beklagten am 05.02.2003 zu. Anfang Februar 2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 21.02.2003. Mit Schreiben vom 26.02.2003 (Bl. 39 d.A.) teilte der Klägerinvertreter der Beklagten mit, dass das Arbeitsverhältnis zum Ablauf der regulären tariflichen Kündigungsfrist von 14 Tagen erst zum 24.02.2003 ende, die Klägerin zur Zeit arbeitsunfähig krank sei und deshalb Entgeltfortzahlung für zwei Tage während der Krankheit zu leisten sei. Mit Schreiben vom 04.03.2003 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass "das Enddatum auf den 24.02.2003 und dementsprechend auch die Lohnzahlungspflicht korrigiert (werde)". Mit Klage vom 13.06.2003 (Arbeitsgericht Nürnberg Az.: 14 Ca 5745/03) begehrte die Klägerin Zahlung der Vergütung für die Krankheitstage Samstag, den 22.02.2003 und Montag, den 24.02.2003, nachdem die Klägerin regelmäßig sechs Tage wöchentlich arbeitete. Die Beklagte erfüllte die Ansprüche für diese beiden Tage aufgrund eines geschlossenen Vergleichs.

Mit der vorliegenden, am 25.09.2003 beim Arbeitsgericht Nürnberg eingegangenen Klage macht die Klägerin die offenen Lohnfortzahlungsansprüche für die Zeit vom 03.02. bis 21.02.2003 geltend. Die Beklagte lehnte diese Ansprüche mit Schreiben vom 30.05.2003, der Klägerin am 03.06.2003 zugegangen, ab.

Wegen des übrigen erstinstanzlichen Vorbringens und der Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils vom 09.06.2004 (Bl. 71-75 d.A.) Bezug genommen. Das Erstgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Ansprüche seien wegen der Versäumung der in § 23 Abs. 2 des auf das Arbeitsverhältnis unstreitig anzuwendenden allgemeinverbindlichen Rahmentarifvertrags für die gewerblichen Beschäftigten im Gebäudereinigerhandwerk vom 01.09.2000 (im Folgenden: RTV-Gebäudereinigerhandwerk) geregelten Ausschlussfrist zur gerichtlichen Geltendmachung erloschen. Wegen der weiteren Ausführungen des Erstgerichts wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen (Bl. 75-77 d.A.).

Gegen das der Klägerin am 20.07.2004 zugestellte Urteil hat sie mit Schriftsatz vom 18.08.2004, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 19.08.2004 eingegangen, Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 20.10.2004 - mit Schriftsatz vom 19.10.2004 begründet. Dieser Schriftsatz ist zwar an das Landesarbeitsgericht Nürnberg adressiert, aber mit der Faxnummer des Arbeitsgerichts Nürnberg versehen worden. Dort ist das Fax am 20.10.2004 um 14.40 Uhr eingegangen und am 21.10.2004 dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zugeleitet worden. Wegen der Fristversäumung beantragt der Klägerinvertreter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und trägt zur Begründung vor, es bestehe die generelle Anweisung an die Mitarbeiterin C..., bei Absendung von Schriftsätzen die Faxnummern anhand des gerichtlichen Schriftwechsels und des zu erstellenden Sendeprotokolls zu überprüfen, der Fehler der Mitarbeiterin C... sei nicht nachvollziehbar. Wegen des weiteren Vorbringens der Klägerin zum Wiedereinsetzungsantrag wird auf den Schriftsatz des Klägerinvertreters vom 10.11.2004 (Bl. 131 f. d.A.) verwiesen.

Bezüglich der Fristversäumung beantragt die Klägerin:

Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist gewährt.

Des Weiteren beantragt die Klägerin:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg, verkündet am 09.06.2004, Az.: 4 Ca 9257/03, wird abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.242,70 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basisdiskontsatz seit 06.03.2003 zu bezahlen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte beantragt,

den Wiedereinsetzungsantrag und die Berufung zurückzuweisen.

Zum Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin gibt die Beklagte keine Erklärung ab. Die Beklagte verteidigt das Ersturteil und meint, dass eine Streitlosstellung der Klageforderung durch ihr Schreiben vom 04.03.2003 nicht erfolgt sei, die Klägerin also ihre Forderung rechtzeitig hätte geltend machen müssen, eine rechtzeitige Geltendmachung aber nicht erfolgt sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz zur Hauptsache wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 19.10.2004 (Bl. 121-125 d.A.) und die Schriftsätze der Beklagten vom 27.10.2004 (Bl. 151-154 d.A.) und vom 03.05.2005 (Bl. 173-179 d.A.) Bezug genommen.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestands wird im Hinblick auf § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung ist zulässig eingelegt und begründet worden.

I. Die Klägerin hat rechtzeitig innerhalb der einmonatigen, ab Zustellung des Urteils laufenden Berufungsfrist Berufung eingelegt (§ 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG).

II. Die Klägerin hat die Berufungsbegründungsfrist zwar versäumt, doch ist die Berufungsbegründung gleichwohl zulässig erfolgt, da der Klägerin Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist zu gewähren ist.

1. Die Klägerin hat die am 20.10.2004 endende Berufungsbegründungsfrist des § 66 Abs. 1 S. 1, 2 ArbGG versäumt.

Gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG gelten für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Berufung entsprechend. § 519 Abs. 1 ZPO bestimmt, dass die Berufung durch Einreichung der Berufungsschrift "bei dem Berufungsgericht" erfolgt, ein Einreichen beim erstinstanzlichen Gericht also nicht fristwahrend möglich ist. Für die Berufungsbegründung fehlt bezüglich des Adressaten ein entsprechender ausdrücklicher Hinweis des Gesetzes. Eine Bestimmung, bei welchem Gericht die Berufungsbegründungsschrift einzureichen ist, erübrigt sich jedoch. Denn es ist selbstverständlich und bedarf keiner weiteren Begründung, dass dann, wenn bei einem Gericht ein Verfahren anhängig ist, auch nur dieses für weitere Schriftsätze der zuständige Adressat sein kann. Damit konnte die Klägerin die Berufungsbegründungsfrist nicht durch den Eingang der Berufungsbegründungsschrift beim Ausgangsgericht, dem Arbeitsgericht Nürnberg, am 20.10.2004, dem letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist, wahren. Entscheidend ist der Eingang beim Landesarbeitsgericht Nürnberg.

Die Berufungsbegründung ist beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 21.10.2004, also nach Ablauf der Begründungsfrist und damit verspätet, eingegangen.

2. Der Klägerin ist Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist zu gewähren.

a) Ist eine Partei ohne ihr Verschulden gehindert, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten, ist ihr auf ihren Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 233 ZPO).

b) Die Klägerin hat in zulässiger Weise Wiedereinsetzung beantragt.

Sie hat binnen zwei Wochen ab Behebung des Hindernisses, die Berufungsbegründung beim Landesarbeitsgericht Nürnberg einzureichen, Wiedereinsetzung beantragt (§ 234 Abs. 1 ZPO). Das Hindernis war die Unkenntnis der Klägerin und ihres Prozessvertreters von der Benutzung der falschen Faxnummer durch die Kanzleimitarbeiterin C.... Diese Unkenntnis ist am 28.10.2004 durch den Zugang des Hinweisschreibens des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 26.10.2004 behoben worden. Der Wiedereinsetzungsantrag vom 10.11.2004 ist beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tag und damit innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO eingegangen.

Die Klägerin hat auch im Schriftsatz vom 10.11.2004 die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen ausgeführt.

c) Der Wiedereinsetzungsantrag ist auch begründet, weil die Klägerin hinreichende Wiedereinsetzungsgründe vorgetragen hat.

aa) Geht ein für das Berufungsgericht bestimmter Schriftsatz beim Gericht ein, das schon im vorausgegangenen Rechtszug mit der Sache befasst gewesen ist, dann ist der Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unabhängig davon zu gewähren, auf welchen Gründen die fehlerhafte Einreichung beruht, wenn der Schriftsatz so zeitig beim Erstgericht eingeht, dass die fristgerechte Weiterleitung an das Rechtsmittelgericht im ordentlichen Geschäftsgang ohne Weiteres erwartet werden kann (BVerfG Beschluss vom 03.01.2001, NJW 01, 1343; BGH Beschluss vom 15.06.2004, MDR 04, 1311; LAG Berlin Urteil vom 11.06.2004, MDR 04, 1378).

Diese Erwartung konnten die Klägerin und ihr Rechtsvertreter nicht haben. Das Fax ist beim Arbeitsgericht Nürnberg am 20.10.2004 um 14.41 Uhr eingegangen. Die Klägerin konnte bei einem Eingang zu dieser späten Tageszeit nicht mehr erwarten, dass der Schriftsatz noch am 20.10.2004 dem Landesarbeitsgericht Nürnberg vorgelegt werden würde (vgl. LAG Berlin a.a.O., wonach selbst ein Faxeingang beim Erstgericht um 12.18 Uhr nicht ausreicht).

bb) Der Klägerin ist jedoch Wiedereinsetzung deshalb zu bewilligen, da sie sonstige Wiedereinsetzungsgründe schlüssig vorgetragen und geltend gemacht hat.

Die Klägerin war ohne ihr Verschulden gehindert, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Auch ihr Prozessvertreter hat seine Pflichten nicht schuldhaft verletzt, so dass der Klägerin auch kein Verschulden des Vertreters zugerechnet werden muss (§ 85 Abs. 2 ZPO).

Ein Rechtsanwalt hat bei Versendung eines Schriftsatzes durch seine Mitarbeiter per Fax für eine wirksame Ausgangskontrolle zu sorgen. Er hat an seine Mitarbeiter eine Anweisung zu erlassen, die im Sendebericht wiedergegebene Empfängernummer daraufhin zu überprüfen, ob es sich hierbei um die richtige Empfängernummer handelt (BGH Urteil vom 30.03.1995 - 2 AZR 1020/94, MDR 95, 1171; Beschluss vom 18.05.2004 - VI ZB 12/03; Beschluss vom 22.06.2004 - VI ZB 14/04, MDR 04, 1374). Eine Anweisung, den Sendebericht bezüglich der eingegebenen Nummer zu prüfen, solle nach der Rechtsprechung des BGH nur dann überflüssig sein, wenn die Empfängernummer vor der Eingabe in das Faxgerät aus dem konkreten Aktenvorgang handschriftlich auf den zu übersendenden Schriftsatz übertragen werde; in einem solchen Fall reiche es aus, die gewählte Empfängernummer mit der übertragenen Nummer abzugleichen, denn hier sei eine Verwechslungsgefahr gering (BGH Beschluss vom 22.06.2004, MDR 04, 1344). Es kann dahinstehen, ob dieser besondere Fall eine spezielle rechtliche Behandlung erfordert, denn dieser Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben.

Die Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten der Klägerin hatte keine Nummer aus der Mandantenakte handschriftlich auf den zu versendenden Schriftsatz zu übertragen. Sie hatte die Faxnummern der Gerichte aus der Mandantenakte oder wahlweise aus einer ausgedruckten Liste oder der Anwaltssoftware zu entnehmen und unmittelbar ins Faxgerät einzugeben. Bei diesem Ablauf besteht die übliche Gefahr, dass der Ablesende in einen falschen Schriftsatz oder bei einer Liste von Faxnummern in eine falsche Zeile gerät.

Wegen dieser hohen Gefahr musste die Anweisung des Vertreters der Klägerin an seine Mitarbeiterin C... dahin gehen, bei Faxsendungen die Faxnummer von Gerichten zu ermitteln, ein Sendeprotokoll nach Abschluss des Sendevorgangs zu erstellen und dieses dahin zu überprüfen, ob die eingegebene Empfängernummer richtig ist.

Aus dem Vortrag des Klägerinvertreters ergibt sich, er habe darauf vertrauen dürfen, die Mitarbeiterin C... habe den "ordnungsgemäßen Zugang überprüft". Diese Formulierung ist dahin auszulegen, dass die Mitarbeiterin C... angewiesen worden ist, den Sendebericht im Hinblick auf die Richtigkeit der eingegebenen Faxnummer zu kontrollieren. Eine solche Anweisung ist ausreichend. Dem Klägerinvertreter kann bei diesem Geschehensablauf nach seinem eigenen Vorbringen kein Verschulden angelastet werden. Das Verschulden der Mitarbeiterin C... ist der Klägerin nicht zuzurechnen.

Da die Beklagte diesen Vortrag nicht bestritten hat, ist er als unstreitig zu werten. Der unstreitige Vortrag eines ausreichenden Wiedereinsetzungsgrundes führt zur Wiedereinsetzung. Auf die eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin C... ist damit nicht abzustellen.

d) Damit ist der Klägerin Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist zu gewähren.

3. Über den Wiedereinsetzungsantrag ist durch die Kammer zu entscheiden (Schwab/Weth, ArbGG, Rdnr. 240 zu § 64).

4. Die Entscheidung kann in den Gründen der Hauptsache erfolgen (h.M., z.B. Zöller u.a. ZPO, 25. Aufl., Rdnr. 2 zu § 238; Thomas-Putzo ZPO, 26. Aufl., Rdnr. 5 zu § 238). Eines gesonderten Beschlusses bedarf es nicht.

B.

Die Berufung ist auch in der Hauptsache begründet.

I. Der Klägerin steht für die Zeit vom 03.02. bis 21.02.2003 gemäß § 3 EFZG ein Lohnfortzahlungsanspruch wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit zu.

Die Beklagte hat nicht bestritten, dass die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum arbeitsunfähig krank war. Damit steht ihr ein Lohnfortzahlungsanspruch gemäß § 3 EFZG zu.

Der Anspruch beläuft sich auf unstreitige EUR 1.242,70 brutto.

II. Der Anspruch ist nicht wegen Versäumung der tariflichen Ausschlussfristen erloschen.

1. Nach § 23 des auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden RTV-Gebäudereinigerhandwerk sind für die Geltendmachung von Ansprüchen Ausschlussfristen einzuhalten.

2. Die Ausschlussfristen greifen jedoch im vorliegenden Fall nicht ein.

a) Der Sinn und Zweck der tariflichen Ausschlussfristen besteht darin, den Gläubiger anzuhalten, sich über die Begründetheit und die Erfolgsaussichten seiner Ansprüche beizeiten Klarheit zu verschaffen und den Schuldner beizeiten darauf hinzuweisen, mit welchen Ansprüchen er im Einzelnen noch rechnen muss (BAG Urteil vom 21.04.1993 - 5 AZR 399/92, AP Nr. 124 zu § 4 TVG Ausschlussfristen; LAG Köln Urteil vom 14.09.1999, MDR 00, 462). Besteht zwischen Gläubiger und Schuldner Einigkeit, dass eine bestimmte Forderung besteht und gibt der Schuldner zu erkennen, dass er leistungsbereit ist, dann stellte es eine überflüssige Förmlichkeit dar, vom Gläubiger die nochmalige Geltendmachung zu verlangen. In diesem Fall einer Streitlosstellung ist also eine Ausschlussfrist nicht zu beachten. Dabei ist es gleichgültig, in welcher Form der Schuldner seine Leistungsbereitschaft erklärt hat. Er kann dies in Form einer Lohnabtretung tun (BAG a.a.O.; LAG Köln a.a.O.) oder in Form der Erklärung, er werde den geschuldeten Betrag bezahlen.

Die Pflicht zur Geltendmachung wird nicht dadurch wieder neu begründet, dass der Arbeitgeber die Forderung später bestreitet (BAG a.a.O.; LAG Köln a.a.O.).

b) Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall kommt die Kammer zum Ergebnis, dass eine fristgerechte Geltendmachung der streitgegenständlichen Forderung nicht zu erfolgen hatte.

aa) Die Beklagte hat mit der Erklärung in ihrem Schreiben vom 04.03.2003 "werde ich umgehend veranlassen, dass das Enddatum ... und dementsprechend auch die Lohnzahlungspflicht korrigiert wird" die streitgegenständliche Forderung anerkannt und ihre Leistungsbereitschaft erklärt.

aaa) Die Erklärung der Beklagten ist gemäß § 133 BGB dahingehend auszulegen, wie sie die Klägerin nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (ständige Rechtsprechung des BGH, z. B. NJW 92, 1446). Entscheidend ist nicht der empirische Wille des Erklärenden, sondern der durch Auslegung zu ermittelnde objektive Erklärungswert seines Verhaltens (BGH 36, 33). Bei der Auslegung sind sowohl der Wortlaut als auch die gesamten sonstigen Umstände einzubeziehen.

bbb) Eine diesen Grundsätzen folgende Auslegung ergibt ein Anerkenntnis der Beklagten.

(a) Mit der Formulierung "die Lohnzahlungspflicht (werde) korrigiert", anerkennt die Beklagte eine Zahlungspflicht. Es handelt sich nicht nur um eine unverbindliche, keine Rechtswirkungen auslösende Erklärung. Da die Höhe des Tageslohnes unstrittig ist, hat die Beklagte damit auch für jeden Tag der Lohnzahlungspflicht ein Anerkenntnis in Höhe des maßgeblichen Tageslohnes abgegeben.

(b) Das Anerkenntnis erstreckt sich auf den gesamten offenen Anspruchszeitraum (03. bis 24.02.2003). Dies ergibt eine an § 133 BGB orientierte Auslegung.

(aa) Für dieses Ergebnis spricht zunächst der Wortlaut des Schreibens vom 04.03.2003.

In diesem Schreiben erklärt die Beklagte, sie ändere das Enddatum (vom 21.02.2003 auf den 24.02.2003) und korrigiere dementsprechend auch die Lohnzahlungspflicht. Da die Erwähnung der Lohnzahlungspflicht keine Einschränkung enthält, bezieht sie sich auf den gesamten offenen Zeitraum, also auf die Zeit vom 03. bis 24.02.2003. Auch die Formulierung, die Lohnzahlungspflicht werde "dementsprechend ... korrigiert", kann nur dahin verstanden werden, dass eine bislang schon anerkannte Lohnzahlungspflicht verändert wird und zwar "dementsprechend", d. h. entsprechend der Verlängerung des Vertragsverhältnisses. Wird eine Lohnzahlungspflicht "korrigiert", dann bedeutet dies sprachlich eine inhaltliche Veränderung (hier: Verlängerung) dieser Zahlungspflicht und nicht die erstmalige Bejahung einer abgelehnten Zahlungspflicht, wie dies die Beklagte im Ergebnis behauptet. Hätte die Beklagte nur die Zahlungspflicht für zwei Tage anerkennen und für die vorausgegangenen Tage ablehnen wollen, dann hätte sie nicht von "korrigieren" gesprochen, sondern davon, (nur) für zwei Tage zahlen zu wollen.

(bb) Diese am Wortlaut orientierte Auslegung wird auch durch die weiteren, der Klägerin erkennbaren Umstände bestätigt. Aus der Sicht der Klägerin wäre eine Bejahung der Zahlungspflicht nur für Samstag, den 22.02.2003, und Montag, den 24.02.2003, nicht nachvollziehbar gewesen. An beiden Tagen war die Klägerin arbeitsunfähig. Der 22.02.2003 war von der von den Ärzten D..., E... und F... ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 04.02.2003 umfasst (sie reichte bis einschließlich 23.02.2003), für den 24.02.2003 lag lediglich die Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit durch das Schreiben des Vertreters der Klägerin vom 26.02.2003 vor, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung fehlte. Bei dieser Sachlage konnte die Klägerin nicht annehmen, die Beklagte wolle nur den einen Tag der ab 04.02.2003 einsetzenden Erkrankung zahlen, für die anderen, auf der selben Krankheit beruhenden und von der selben Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung umfassten Tage nicht, und sie wolle sogar für einen Tag ohne Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bezahlen. Da bei dieser Ausgangslage eine Anerkennung der Zahlungspflicht nur für den 22. und 24.02.2003 schlechterdings nicht nachvollziehbar ist, konnte die Klägerin die Erklärung vom 04.03.2003 nur dahin verstehen, dass der gesamte durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen abgedeckte Zeitraum und der 24.02.2003 bezahlt werden sollten.

Auch vor dem Hintergrund des klägerischen Schreibens vom 26.02.2003 ergibt sich kein Anhaltspunkt für eine abweichende Auslegung des Schreibens der Beklagten vom 04.03.2003. In diesem Schreiben hatte der Klägerinvertreter den am 26.02.2003 allein streitigen Punkt der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 24.02.2003 und die damit verbundene (zusätzliche) Lohnfortzahlungspflicht für zwei Tage angesprochen. Da die Ansprüche für Februar 2003 erst am 15.03.2003 fällig waren, bestand am 26.02.2003 keine Veranlassung, auf Ansprüche der Klägerin hinzuweisen, die am 26.02.2003 noch gar nicht streitig geworden waren. Am 26.02.2003 waren allein die beiden Tage 22. und 24.02.2003 zu klären. Damit kann das Schreiben der Beklagten vom 04.03.2003 nicht dahingehend ausgelegt werden, die Beklagte habe nur auf das Schreiben des Klägerinvertreters vom 26.02.2003 antworten wollen. Gleiches gilt im Hinblick auf das Feststellungsverfahren des Arbeitsgerichts Nürnberg 9 Ca 1973/03, mit dem die Klägerin den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 24.02.2003 festgestellt haben wollte. Bei Einreichung dieser Klage bestand ebenfalls nur Veranlassung, den streitigen Endtermin des Arbeitsverhältnisses feststellen zu lassen.

Auch aus dem Umstand, dass der Lohn für Februar 2003 - unstreitig - erst am 15.03.2003 fällig war, kann die Beklagte kein für sie günstiges Auslegungsergebnis ableiten. Denn es ist rechtlich ohne Auswirkung, wenn ein Anerkenntnis bereits vor Fälligkeit einer Forderung abgegeben wird.

Ebenso ist die Behauptung der Beklagten, es habe keine Veranlassung bestanden, die beiden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 04.02.2003 vor Fälligkeit der Ansprüche für Februar 2003 zu prüfen, und sie habe deshalb auch erst am 05.03.2003 diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen geprüft, ohne Relevanz. Denn maßgeblich ist auf den Empfängerhorizont abzustellen. Für die Klägerin war nicht erkennbar, dass die Beklagte bei Abfassung des Schreibens vom 04.03.2003 die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 04.02.2003 noch nicht geprüft hatte. Die Klägerin konnte im Gegenteil davon ausgehen, dass die der Beklagten - unstreitig - am 05.02.2003 zugegangenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auch zeitnah nach dem Zugang geprüft wurden. Die Klägerin konnte deshalb bei Zugang des Schreibens der Beklagten vom 04.03.2003 davon ausgehen, die Beklagte gebe ihre Erklärung in Kenntnis der beiden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ab und wolle den gesamten Anspruch anerkennen.

(cc) Für die Auslegung des Schreibens der Beklagten vom 04.03.2003 kommt es nicht darauf an, wie die Klägerin dieses Schreiben tatsächlich verstanden hat. Maßgeblich ist allein der objektive Erklärungswert (Palandt BGB, 64. Aufl., Rdnr. 9 zu § 133).

Damit ist unerheblich, ob aus dem Umstand, dass die Klägerin im Verfahren des Arbeitsgerichts Nürnberg 14 Ca 5745/03 die Lohnfortzahlung nur für die Tage 22. und 24.02.2003 eingeklagt hat, abgeleitet werden kann, die Klägerin habe das Schreiben der Beklagten vom 04.03.2003 dahingehend verstanden, dass die Beklagte nur den Anspruch für zwei Tage anerkannt habe.

Nur zur Abrundung ist anzumerken, dass diese von der Beklagten gezogene Schlussfolgerung nicht zwingend ist, da die Beschränkung des Streitgegenstandes im Verfahren des Arbeitsgerichts Nürnberg 14 Ca 5745/03 auf vielerlei Gründen beruhen kann, wie z. B. auf einem Versehen des damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Im Übrigen hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin sowohl in der Klageschrift des vorliegenden Verfahrens als auch im Schriftsatz vom 24.05.2004 auf das Schreiben der Beklagten vom 04.04.2003 zur Begründung der klägerischen Ansprüche hingewiesen.

(dd) Damit liegt eine Streitlosstellung der klägerischen Ansprüche durch das Schreiben der Beklagten vom 04.03.2003 vor.

bb) Mit ihrem Schreiben vom 30.05.2003 hat die Beklagte erklärt, keine Entgeltfortzahlung leisten zu wollen.

Da dieser nachträgliche Widerruf der Leistungsbereitschaft unbeachtlich ist, wurde hierdurch auch keine Obliegenheit der Klägerin ausgelöst, ihre Ansprüche innerhalb einer Ausschlussfrist geltend zu machen.

3. Da wegen der Streitlosstellung der streitgegenständlichen Ansprüche eine Geltendmachung nicht erforderlich war, ist das Endurteil abzuändern und die Beklagte zur Zahlung des eingeklagten, in der Höhe unstreitigen Betrages von EUR 1.242,70 brutto zu verurteilen.

C.

Der Zinsanspruch ist zum Teil begründet.

I. Die Klägerin kann gemäß § 288 Abs. 1 BGB ab Verzugseintritt Zinsen verlangen.

Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten war die streitgegenständliche Vergütung am 15.03.2003 fällig. Da gemäß § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB Verzug erst mit der Fälligkeit eintritt, kann die Klägerin Zinsen auch erst ab 15.03.2003 beanspruchen. Soweit sie Zinsen schon ab 06.03.2003 begehrt, ist die Klage abzuweisen.

II. Die Klägerin hat Zinsen in Höhe von "5 % über dem Basisdiskontsatz" beantragt. Damit hat sie deutlich weniger verlangt, als das Gesetz in § 288 Abs. 1 S. 2 BGB vorsieht. Die in § 288 Abs. 1 S. 2 BGB erwähnten Zinsen in Höhe von "5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz" sind nicht identisch mit "5 % über dem Basiszinssatz" (BAG Urteil vom 02.03.2004 - 1 AZR 271/03, NZA 04, 852, 858; zur Berechnung im Einzelnen: Hartmann NJW 04, 1358). Da der Zinsantrag der anwaltlich vertretenen Klägerin eindeutig und damit im Hinblick auf einen höheren Zinsanspruch nicht auslegungsfähig ist, und das Gericht nicht mehr zusprechen darf als beantragt (§ 308 Abs. 1 ZPO), war die Zinshöhe nur entsprechend dem Antrag zuzusprechen (vgl. hierzu Hartmann a.a.O.).

III. Die Klägerin begehrt Zinsen auf der Grundlage eines "Basisdiskontsatzes". Da sie nicht erläutert, was sie unter "Basisdiskontsatz" versteht, ist davon auszugehen, dass sie den in § 288 Abs. 1 S. 2 BGB erwähnten "Basiszinssatz" meint. Damit ist der Zinsanspruch entsprechend dem Wortlaut des § 288 Abs. 1 S. 2 BGB zu tenorieren.

IV. Die Zinsen sind aus dem Bruttobetrag (und nicht aus dem Nettobetrag) zu berechnen (BAG Urteil vom 07.03.2001, NZA 01, 1195; Urteil vom 02.03.2004, NZA 852, 858).

V. Der Zinsanspruch ist akzessorisch. Ist für die Durchsetzung des Hauptanspruchs eine Ausschlussfrist nicht einzuhalten, gilt dies auch für den Zinsanspruch. Damit konnte auch der Zinsanspruch nicht wegen verspäteter Geltendmachung erlöschen.

D.

Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen der Klägerin zur Last (§ 238 Abs. 4 ZPO). Die übrigen Kosten (beider Instanzen) hat die Beklagte zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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