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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 29.08.2006
Aktenzeichen: 7 Sa 676/05
Rechtsgebiete: BUrlG


Vorschriften:

BUrlG § 7 Abs. 1
BUrlG § 7 Abs. 4
1. Der Arbeitgeber kann bei oder nach Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung (vorsorglich) Urlaub für den Fall der Unwirksamkeit der Kündigung festlegen (gegen LAG Berlin, Urteil vom 07.03.2002, NZA-RR 03, 130).

2. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bereits früher anlässlich einer vom Arbeitnehmer ausgesprochenen ordentlichen Kündigung "freigestellt" hat.

3. Besteht kein Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers (hier: nach Selbstkündigung eines Außendienstmitarbeiters wegen Abwanderung zu einem Konkurrenzunternehmen) und erklärt der Arbeitgeber die "Freistellung", liegt hierin keine Willenserklärung des Arbeitgebers, sondern die Äußerung der Rechtsmeinung, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des allgemeinen Beschäftigungsanspruchs nicht gegeben sind.

Bei dieser Rechtslage bleibt dem Arbeitgeber die Möglichkeit, den Arbeitnehmer später zum Zwecke der Urlaubseinbringung von der Arbeitsleistung freizustellen

4. Der Arbeitgeber kann die Pflicht des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung nicht einseitig aufheben bzw. auf seinen Anspruch "verzichten", da ein einseitiger Verzicht auf schuldrechtliche Forderungen dem deutschen Recht fremd ist.

5. Heben die Parteien durch Erlassvertrag die Pflicht des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung uneingeschränkt auf ("einvernehmliche Freistellung"), kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nachträglich nicht mehr zum Zwecke der Urlaubseinbringung von der Arbeitsleistung freistellen.

6. Ist der Arbeitnehmer bis zum Ende der Kündigungsfrist freigestellt und erklärt der Arbeitgeber die Anrechnung des Urlaubs, der weniger Tage umfasst als die Restvertragszeit, so liegt trotz fehlender datumsmäßiger Bestimmung eine wirksame Urlaubsfestsetzung vor. Der Urlaub beginnt ab sofort (Rechtsgedanke des § 366 Abs. 2 BGB).

7. Bemüht sich ein während der Kündigungsfrist freigestellter Arbeitnehmer nicht um Urlaub, obwohl ihm dies zumutbar ist, kann der Urlaubsanspruch nicht wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden, sondern wegen der Untätigkeit des Arbeitnehmers. Ein Abgeltungsanspruch besteht nicht.


LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 Sa 676/05

in dem Rechtsstreit

wegen: Kündigung und Arbeitsentgelt

Die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Prof. Dr. Dr. Holzer-Thieser und die ehrenamtlichen Richter Faust und Friedel aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. August 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 25.05.2005 (Az.: 12 Ca 6911/04) - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Das Versäumnisurteil vom 06.04.2005 wird in Nummer 3 aufgehoben.

Der Klageantrag zu 3) wird abgewiesen.

2. Im Übrigen bleibt das Versäumnisurteil mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Beklagte verurteilt wird, das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis für den Zeitraum vom 23.07.2004 bis 31.08.2004 auf der Basis eines monatlichen Bruttogehaltes von EUR 2.769,95 abzurechnen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten ihrer Säumnis, von den übrigen Kosten tragen der Kläger 26 %, die Beklagte 74 %.

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 40 %, die Beklagte 60 %.

III. Die Revision wird hinsichtlich des Klageantrags zu 3) zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger war bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin ab 10.02.2003 als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Der Kläger bezog zuletzt ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt von EUR 2.769,95. Die Beklagte ist ein überregional tätiges Unternehmen auf dem Gebiet der Orthopädie- und Rehatechnik. Mit Schreiben vom 08.07.2004 kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 31.08.2004. Noch am 08.07.2004 wurde der Kläger von der Arbeitsleistung freigestellt. Die Parteien streiten um die Frage, ob mit der Freistellung auch eine Urlaubsanrechnung erklärt worden ist. Seit dem 01.09.2004 arbeitet der Kläger in einer neu gegründeten Niederlassung der Firma C..., D..., die als Konkurrenzunternehmen im Wettbewerb zur Beklagten steht. Ende Juni, Anfang Juli 2004 kündigten zudem der Geschäftsführer der Beklagten sowie dessen Ehefrau und noch weitere fünf Arbeitnehmer der Beklagten, die in Verwaltung und Außendienst tätig waren. Sämtliche Arbeitnehmer arbeiten seit dem 01.09.2004 für die Firma C....

Mit Schreiben vom 22.07.2004, dem Kläger am selben Tag zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos. Das Kündigungsschreiben hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Aufgrund der nunmehr bekannt gewordenen Vorkommnisse kündigen wir Ihnen hiermit fristlos das Arbeitsverhältnis.

Soweit Sie von der Arbeit freigestellt sind, erfolgt dies unter Anrechnung auf etwaige Resturlaubsansprüche".

Mit der vorliegenden Klage wendet sich der Kläger gegen die Kündigung vom 22.07.2004. Außerdem macht er einen Anspruch auf Abrechnung des Lohns bis 31.08.2004 und einen Zeugnisanspruch geltend. Des Weiteren begehrt er Urlaubsabgeltung für 24 noch offene Urlaubstage in Höhe von EUR 3.021,84 brutto.

Die Beklagte hat Widerklage erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass der Kläger ihr zum Schadenersatz verpflichtet ist.

Im Termin vom 05.04.2005 ist gegen die Beklagte folgendes Versäumnisurteil ergangen:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die fristlose Kündigung vom 22.07.2004 geendet hat.

2. Die Beklagte wird verurteilt, das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis bis zum 31.08.2004 abzurechnen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EURO 3.021,84 (i.W. dreitausendeinundzwanzig 84/100) brutto zu bezahlen.

4. Die Beklagte wird des weiteren verurteilt, dem Kläger ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis, welches sich auch auf Führung und Leistung erstreckt, zu erstellen und zu übersenden.

5. Die Widerklage wird abgewiesen.

6. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

7. Der Streitwert wird auf EURO 16.324,18 festgesetzt.

Dieses Versäumnisurteil ist der Beklagten am 11.04.2005 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 18.04.2005, beim Arbeitsgericht per Telefax am selben Tag eingegangen, hat die Beklagte gegen dieses Versäumnisurteil Einspruch eingelegt.

Die Beklagte hat den Einspruch damit begründet, dass ausreichende Kündigungsgründe vorlägen, ein Urlaubsabgeltungsanspruch insbesondere wegen der nach der Eigenkündigung des Klägers ausgesprochenen Freistellung nicht bestehe, wegen der wirksamen außerordentlichen Kündigung der Kläger auch keinen Abrechnungsanspruch geltend machen könne und die Widerklage begründet sei.

Im Termin vom 25.05.2005 hat der Kläger beantragt:

Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 06.04.2005 bleibt mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Beklagte verurteilt wird, das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis auf der Basis eines monatlichen Bruttogehaltes in Höhe von EURO 2.769,95 für den Zeitraum vom 23.07.2004 bis 31.08.2004 abzurechnen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Außerdem hat sie den Widerklageantrag wiederholt.

Hierauf hat der Kläger beantragt,

das Versäumnisurteil vom 06.04.2005 auch im Hinblick auf die Widerklage aufrechtzuerhalten.

Durch Endurteil vom 25.05.2005 hat das Erstgericht entschieden:

1. Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 06.04.2005, Az. 12 Ca 6911/04, wird mit der Maßgabe aufrecht erhalten, dass die Beklagte verurteilt wird, das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis für den Zeitraum vom 23.07.2004 bis 31.08.2004 auf der Basis eines monatlichen Bruttogehaltes von EUR 2.769,95 abzurechnen.

2. Die Beklagte trägt auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Streitwert wird auf EURO 16.324,18 festgesetzt.

Das Erstgericht hat den Urlaubsabgeltungsanspruch mit der Begründung zuerkannt, eine Erfüllung des Urlaubsanspruchs liege nicht vor und ein einseitiges Anrechnungsrecht der Beklagten habe nicht bestanden.

Wegen des Vortrags der Parteien im Einzelnen und wegen der Entscheidungsgründe im Übrigen wird gemäß § 69 Abs. 3 S. 2 ArbGG auf das angefochtene Urteil verwiesen (Bl. 241-257 d.A.).

Gegen Teile des ihr am 15.07.2005 zugestellten Urteils hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 15.08.2005 - beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tag eingegangen - Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 18.10.2005 - mit Schriftsatz vom 18.10.2005 - beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tag eingegangen - begründet.

Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:

Es lägen ausreichende Kündigungsgründe vor. Die außerordentliche Kündigung sei wirksam. Deshalb bestehe auch kein Abrechnungsanspruch; im Übrigen sei der Lohnanspruch ab 30.07.2004 auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangen. Einen Urlaubsabgeltungsanspruch habe der Kläger nicht, da er am Tag der Eigenkündigung heimgeschickt worden sei, wobei die Freistellung auf den Urlaub anzurechnen gewesen sei. Im Übrigen sei allenfalls noch ein Resturlaub von 16 Tagen offen. Wegen des Vortrags der Beklagten im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 18.10.2005 (Bl. 325-331 d.A.) verwiesen.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt:

1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 25.05.2005, Az. 12 Ca 6911/04, wird abgeändert.

2. Das Versäumnisurteil vom 06.04.2005 wird in den Nummern 1 bis 3 aufgehoben und die Klage insoweit abgewiesen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes Nürnberg vom 25.05.2005 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.

Zur Begründung trägt der Kläger vor:

Die Beklagte habe ausreichende Kündigungsgründe nicht vorgetragen. Die Beklagte habe deshalb das Arbeitsverhältnis bis zum 31.08.2004 abzurechnen. Die Beklagte habe am Tag der Eigenkündigung nicht erklärt, dass die Freistellungstage auf den Urlaubsanspruch anzurechnen seien. Der Urlaubsabgeltungsanspruch bestehe jedenfalls in Höhe von 23 Tagen. Wegen des Vortrags des Klägers im Einzelnen wird auf die von ihm eingereichten Schriftsätze vom 18.11.2005 (Bl. 349-361 d.A.) und 31.05.2006 (Bl. 384 f. d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

A. Soweit sich die Beklagte gegen die Entscheidung des Endurteils wendet, die außerordentliche Kündigung vom 22.07.2004 habe das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst, ist die Berufung unbegründet.

I. Das Erstgericht hat mit zutreffenden Argumenten, denen die Kammer vollumfänglich folgt, das Vorliegen ausreichender Gründe für die ausgesprochene Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB verneint. Insoweit wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf die ausführlichen Entscheidungsgründe Bezug genommen (Bl. 249-254 d.A.).

II. Die von der Beklagten gegen die Stattgabe der Kündigungsschutzklage vorgebrachten Einwendungen, die das erstinstanzliche Vorbringen im Wesentlichen wiederholen, sind nicht geeignet, im Ergebnis zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zu führen. Zu den Berufungsangriffen sind ergänzend - teilweise das Erstgericht wiederholend - lediglich folgende Ausführungen veranlasst:

1. Der mit weiteren Mitarbeitern gefasste Entschluss des Klägers, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu beenden und mit ihr in Wettbewerb zu treten, stellt keine Vertragswidrigkeit dar.

2. Vertragsverletzungen anderer Mitarbeiter können nicht ohne Darlegung eines konkreten Tatbeitrags des Klägers als Gründe für die Kündigung des Klägers herangezogen werden.

3. Die Abwerbung von Kunden der Beklagten durch den Kläger bereits vor dem 08.07.2004 hat die Beklagte nicht hinreichend substantiiert dargelegt, auch nicht im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 20.01.2005, auf den sie im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 18.10.2005 verwiesen hat.

4. Die Beklagte hat auch nicht ihren Vortrag konkretisiert, der Kläger habe bereits ab Frühjahr 2004 Aufträge nicht bei der Beklagten erfasst, sondern direkt an die Firma C... weitergereicht.

5. Der Hinweis auf die Strafbarkeit eines mittelbaren Täters bzw. Mittäters ist unbehelflich. Er kann die Darlegung des konkreten Tatbeitrags des Klägers nicht ersetzen.

6. Die Beklagte hat nicht konkret vorgetragen, dass der Kläger andere Mitarbeiter der Beklagten abgeworben habe.

7. Die Kündigung kann auch nicht auf das "Verschweigen sämtlicher Kenntnisse" gegenüber der Beklagten gestützt werden. Erst wenn die Beklagte vorgetragen hätte, welche konkreten Kenntnisse der Kläger besaß, hätte die Kammer beurteilen können, ob eine Pflicht des Klägers bestanden hätte, den Arbeitgeber zur Schadensabwehr zu informieren.

III. Damit konnte die außerordentliche Kündigung vom 22.07.2004 das Arbeitsverhältnis nicht auflösen.

Die Berufung ist insoweit zurückzuweisen.

B. Dem Kläger steht nicht die begehrte Urlaubsabgeltung (für zuletzt geltend gemachte 23 Urlaubstage) zu.

I. Gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG ist der Urlaub abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann.

Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, weil der Resturlaub von der Beklagten bereits gewährt worden ist. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Der Urlaubsanspruch ist ein gesetzlich bedingter Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, von der durch den Arbeitsvertrag entstehenden Arbeitspflicht befreit zu werden, ohne dass die Pflicht zur Zahlung des Arbeitsentgelts berührt wird (BAG Urteil vom 20.06.2000 - 9 AZR 405/99). Der Urlaubsanspruch wird erfüllt durch zeitliche Festlegung des Urlaubstermins durch den Arbeitgeber.

2. Die Beklagte hat mit dem Kündigungsschreiben vom 22.07.2004 den offenen Urlaub des Klägers festgelegt.

a) Eine Urlaubsgewährung ist noch nicht am 08.07.2004 erklärt worden.

aa) Der Kläger hat den Vortrag der Beklagten, den Kläger am 08.07.2004 nach der vom Kläger ausgesprochenen Kündigung freigestellt zu haben, nicht bestritten. Er hat sich lediglich gegen den weiteren Vortrag der Beklagten gewandt, die Freistellung sei unter Anrechnung des Urlaubs erfolgt. Schon nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten steht dem Kläger kein Urlaubsabgeltungsanspruch zu (siehe die nachfolgenden Ausführungen), so dass die weitere Behauptung der Beklagten, es sei am 08.07.2004 auch eine Urlaubsanrechnung erklärt worden, keiner Beweisaufnahme zugeführt werden musste.

bb) In der mündlichen Freistellungserklärung vom 08.07.2004 liegt noch keine Urlaubsfestsetzung. Die zur Erfüllung des Anspruchs erforderliche Erklärung des Arbeitgebers muss hinreichend deutlich erkennen lassen, dass durch die zeitliche Festlegung der Arbeitsbefreiung Urlaub gewährt wird (§ 7 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 BUrlG). Andernfalls ist nicht feststellbar, ob der Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubsanspruchs eine Erfüllungshandlung bewirken (§ 362 Abs. 1 BGB) oder den Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers z.B. zur besseren Wahrung von Geschäftsgeheimnissen ausschließen will (BAG Urteil vom 09.06.1998 - 9 AZR 43/97 - ZTR 99, 42).

Eine bloße Freistellungserklärung genügt diesen Voraussetzungen regelmäßig nicht (BAG a.a.O.; Urteil vom 25.01.1994 - 9 AZR 312/92 - AP Nr. 16 zu § 7 BUrlG; Hohmeister DB 98, 1131; a.A. Nägele DB 98, 518; Meier NZA 02, 873).

b) Eine Urlaubsgewährung liegt aber im Schreiben der Beklagten vom 22.07.2004.

aa) Mit dem Satz

"Soweit Sie von der Arbeit freigestellt sind, erfolgt dies unter Anrechnung auf etwaige Resturlaubsansprüche"

will die Beklagte erkennbar keine Anrechnung der Urlaubsansprüche auf die in der Vergangenheit liegenden Freistellungstage, sondern eine Regelung für die Zukunft aussprechen. Dies folgt zum einen aus dem Wortlaut. Die Beklagte spricht in der Gegenwartsform ("freigestellt sind") und nicht in der Vergangenheitsform. Sie will damit ausgehend von der gegenwärtigen und weiterwirkenden Freistellung zukünftig die Rechtslage gestalten. Im Übrigen ist bei der Auslegung (§ 133 BGB) im Zweifel davon auszugehen, dass der Erklärende einen Erklärungsinhalt wollte, der rechtlich zulässig und damit relevant ist. Eine Anrechnung des Urlaubs auf Freistellungszeiten ist für die Vergangenheit unzulässig (h.M., z.B. Gross in Tschöpe, Arbeitsrecht, Teil 2 C Rdnr. 54), für die Zukunft jedoch möglich.

bb) Der Bejahung einer Urlaubsgewährung durch das Schreiben vom 22.07.2004 steht nicht entgegen, dass der Kläger am 08.07.2004 bereits mündlich freigestellt worden war.

(a) Im Schreiben vom 22.07.2004 knüpft die Beklagte an die bereits am 08.07.2004 ausgesprochene Freistellung an. Dem von der Beklagten verwendeten Begriff "Freistellung" kommt ein gefestigter Inhalt nicht zu. Der Erklärungsinhalt ist deshalb durch Auslegung gemäß § 133 BGB zu ermitteln. Die Beklagte hat am 08.07.2004 mit der "Freistellung" auf die vom Kläger ausgesprochene Kündigung reagiert. Der Kläger war Außendienstmitarbeiter, hatte also Kundenkontakt. Bei diesen Mitarbeitern ist es üblich, dass zur Vermeidung möglicher Schäden des Arbeitgebers nach Kündigungsausspruch eine Freistellung erfolgt. Diese nahe liegende Absicht der Beklagten, Schäden zu vermeiden, war dem Kläger erkennbar. Deshalb ist die am 08.07.2004 ausgesprochene "Freistellung" dahingehend auszulegen, dass die Beklagte die Meinung kundtat, der Kläger habe mangels Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen keinen Beschäftigungsanspruch. Nach herrschender Meinung fehlen die tatbestandlichen Voraussetzungen des aus §§ 611, 242 BGB, Art. 1 und 2 GG abgeleiteten sogenannten allgemeinen Beschäftigungsanspruchs, wenn überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung bestehen (z.B. BAG GS Urteil vom 27.02.1985 AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht); das BAG sieht solche überwiegenden schutzwerten Interessen z.B. bei einem zur Konkurrenz abwandernden Arbeitnehmer für gegeben an (a.a.O.). Dieser mögliche Inhalt einer "Freistellungserklärung" als "Ausschluss eines Beschäftigungsanspruchs" wird auch vom BAG im Urteil vom 20.11.1996 (a.a.O.) angesprochen.

Die Wertung der "Freistellung" vom 08.07.2004 als bloßes Berufen der Beklagten auf das Fehlen eines Beschäftigungsanspruchs des Klägers (und nicht als Willenserklärung) ist auch interessengerecht. Steht dem Arbeitnehmer ein Beschäftigungsanspruch nicht zu, dürfte es regelmäßig im Interesse des Arbeitgebers liegen, dass er sich auf diese Rechtslage beruft, denn in diesem Fall benötigt er zur "Freistellung" die Mitwirkung des Arbeitnehmers nicht. Wollte man in Fällen wie dem hier vorliegenden nicht anerkennen, dass die "Freistellung" als ein bloßes Berufen auf eine bestehende Rechtslage zu werten ist, kann eine Aufhebung des Beschäftigungsanspruchs des Arbeitnehmers bzw. des Anspruchs des Arbeitgebers auf die Arbeitsleistung nur im Vertragsweg durch Erlassvertrag gemäß § 397 Abs. 1 BGB erfolgen (vgl. Nägele DB 98, 519), da dem deutschen Recht der einseitige Verzicht auf schuldrechtliche Ansprüche fremd ist (Palandt, BGB-Komm., 65. Aufl., Rdnr. 1 zu § 397; BGH, NJW 87, 3203 unter II 1 b). Dies bedeutet, dass eine "Freistellung", die bestehende Ansprüche beseitigen soll, nur erreicht werden kann, wenn der Arbeitnehmer (ausdrücklich oder konkludent) zustimmt. Da der Arbeitgeber bei Ausspruch der "Freistellung" nicht weiß, wie der Arbeitnehmer reagieren wird, ist es interessengerecht, die "Freistellung" dahingehend zu werten, dass der Arbeitgeber hierbei lediglich seinen Rechtsstandpunkt äußert, dem Arbeitnehmer stehe ein Beschäftigungsanspruch nicht zu. Der besondere Vorteil dieser Wertung der Freistellungserklärung ist für den Arbeitgeber, dass er den Anspruch auf die Arbeitsleistung behält und damit - wie im vorliegenden Fall - nachträglich noch die Möglichkeit hat, den Arbeitnehmer zum Zwecke der Urlaubseinbringung von seiner Arbeitspflicht (die trotz Fehlens des Beschäftigungsanspruches weiter besteht) freizustellen. Bei Vorliegen eines uneingeschränkten vertraglichen Erlasses der Arbeitsverpflichtung ist es nicht mehr möglich, nachträglich einseitig eine auf § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG gestützte Freistellung zum Zwecke der Urlaubseinbringung auszusprechen, weil bei einer fehlenden Arbeitspflicht eine Freistellung zum Zwecke der Urlaubseinbringung ausgeschlossen ist.

(b) Die am 08.07.2004 ausgesprochene "Freistellung" hinderte die Beklagte nicht an der nachfolgenden Urlaubsgewährung.

Die Beklagte konnte den Kläger am 22.07.2004 zum Zwecke der Urlaubsgewährung von seiner Arbeitspflicht befreien. Denn das Fehlen eines Beschäftigungsanspruchs in diesem Zeitpunkt (Gläubiger: der Arbeitnehmer) beseitigt nicht die Verpflichtung zur Arbeitsleistung (Gläubiger des Anspruchs auf Arbeitsleistung: der Arbeitgeber). Am 22.07.2004 war der Kläger also zur Dienstleistung verpflichtet und konnte deshalb durch spezielle Erklärung der Beklagten hiervon zum Zwecke der Urlaubseinbringung befreit werden.

cc) Eine wirksame Urlaubsfestsetzung scheitert nicht daran, dass der Kläger einen Urlaubsantrag nicht gestellt hatte.

Nach § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG hat der Arbeitgeber bei der Urlaubserteilung die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Die ohne einen solchen Wunsch des Arbeitnehmers erfolgte zeitliche Festlegung des Urlaubs durch den Arbeitgeber ist gleichwohl wirksam, wenn der Arbeitnehmer auf die Erklärung des Arbeitgebers hin keinen anderweitigen Urlaubswunsch äußert (BAG Urteil vom 31.01.2001 - 9 AZR 2/00; Meier, NZA 2002, 874).

Einen solchen abweichenden Urlaubswunsch hat der Kläger der Beklagten nicht mitgeteilt, damit war die Urlaubserteilung für ihn bindend.

dd) Einer Urlaubsgewährung ab 22.07.2004 steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte gleichzeitig eine außerordentliche Kündigung erklärt hat und damit - da eine Urlaubsgewährung nach Vertragsende nicht möglich ist - die Urlaubsgewährung nur unter der Rechtsbedingung der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung ausgesprochen ist.

(a) Die in der Literatur vorherrschende Meinung sieht eine vorsorgliche Urlaubsgewährung während eines laufenden Kündigungsschutzverfahrens - auch nach Ablauf der Kündigungsfrist - für zulässig an (Leinemann DB 83, 989, 994; MünchArbR/Leinemann, 2. Aufl. Rdnr. 27 zu § 91, Leinemann/Linck, Urlaubsrecht, 2. Aufl., Rdnr. 75 zu § 1; Weiler/Rath, NZA 87, 337, 340).

Die dagegen geäußerten Bedenken (GK-BUrlG/Bach-mann, 5. Aufl, Rdnr. 38 zu § 7; LAG Berlin, Urteil vom 07.03.2002 - 7 Sa 1648/01 - NZA-RR 03, 130) überzeugen nicht. Die Rechtsnatur der zeitlichen Festlegung als Gestaltungsrecht wird bei einer bedingten Urlaubsgewährung nicht in Frage gestellt. Der Zeitpunkt wird verbindlich festgelegt, offen bleibt lediglich die Frage, ob die festgelegte Zeit jemals Urlaubscharakter haben wird, weil der Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens noch offen ist. Zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs ist dem Arbeitnehmer uneingeschränkt zu ermöglichen, die ihm aufgrund des Urlaubs zustehende Freizeit selbstbestimmt zu nutzen (BAG Urteil vom 20.06.2000- 9 AZR 405/99). Dies bedeutet auch, dass der Arbeitnehmer, dem während des Kündigungsschutzverfahrens bedingt Urlaub gewährt wird, von den Belastungen des § 615 S. 2 BGB freigestellt sein muss. Dies wird mit der bedingten Urlaubsfreistellung auch erreicht: Sollte der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses festgestellt werden, kann der Arbeitgeber für die Zeit der Urlaubsgewährung z.B. nicht einwenden, der Arbeitnehmer habe anderweitigen Erwerb böswillig unterlassen. Ex ante schafft die bedingte Urlaubsgewährung damit für den Arbeitnehmer die notwendige Freiheit der Nutzung seiner Freizeit. Die Ungewissheit des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses ist für sich kein Argument gegen die bedingte Festsetzung. Maßgeblich ist die für den Arbeitnehmer geschaffene Sicherheit der freien Zeitnutzungsmöglichkeit. Auch eine prinzipielle Risikozuweisung an den Arbeitgeber ist nicht sachgerecht. Er hat zwar durch seine Kündigung die unklare Situation herbeigeführt, doch rechtfertigt dieser Ausgangspunkt für sich nicht, dem Arbeitgeber die vorsorgliche Urlaubsgewährung zu verbieten. Denn die Frage der Zulässigkeit der vorsorglichen Urlaubsgewährung kann nicht vom Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens, also einer ex-post-Schau, abhängig sein.

Das von der herrschenden Lehre vertretene Ergebnis wird noch durch folgende Überlegung gestützt:

Da der Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaubserteilung, wenn keine Übertragungsgründe im Sinn des § 7 Abs. 3 BUrlG vorliegen, nur im Urlaubsjahr besteht, bedarf es auch im gekündigten Arbeitsverhältnis einer Handlung des Arbeitnehmers, um das Erlöschen des Urlaubsanspruchs abzuwenden. Nur durch die Aufforderung an den Arbeitgeber, den Urlaub zu erteilen, kann dieser in Verzug gesetzt werden, so dass auch nach Ablauf des Urlaubsjahrs, also dem Eintritt der Unmöglichkeit, den Urlaubsanspruch zu verwirklichen, dem Arbeitnehmer dieser Anspruch jedenfalls als Schadenersatzanspruch erhalten bleibt (BAG Urteil vom 01.12.1983 - 6 AZR 299/80 - BB 84, 1299, 1300). Diese dem Arbeitnehmer aufgebürdete Handlungsobliegenheit setzt aber denklogisch voraus, dass der Arbeitgeber rechtlich überhaupt in die Lage versetzt ist, durch rechtzeitige (vorsorgliche) Urlaubsgewährung den Verzug zu vermeiden. Denn wollte man diese Möglichkeit des Arbeitgebers verneinen, müsste ein Schuldnerverzug bejaht werden, obwohl dem Schuldner aus rechtlichen Gründen keine Möglichkeit zugebilligt wird, den Verzug zu vermeiden. Dies kann nicht richtig sein, zumal Verzug Verschulden voraussetzt (§§ 280 Abs. 1 S. 2, 286 Abs. 1 S. 1 BGB) und dieses nur dann bejaht werden kann, wenn der Arbeitgeber der Aufforderung zur Urlaubsgewährung nicht nachkommt; im Ausspruch einer (unwirksamen) Kündigung kann noch kein Verschulden gesehen werden.

Die vorsorgliche Urlaubsgewährung während des Kündigungsverfahrens ist damit als zulässig anzusehen. Sie ist in ihrer Bedingtheit einer vorsorglichen Zweitkündigung vergleichbar, deren Zulässigkeit allgemein anerkannt ist (vgl. zu diesem Argument Leinemann, DB 83, 994).

(b) Dieselben Überlegungen sind für den vorliegenden Fall der zusammen mit einer außerordentlichen Kündigung ausgesprochenen vorsorglichen Urlaubsgewährung heranzuziehen. Beide Fallgestaltungen sind vergleichbar.

Die Beklagte konnte demnach mit Ausspruch der außerordentlichen Kündigung vom 22.07.2004 gleichzeitig für den Fall der Unwirksamkeit der Kündigung Urlaub gewähren (so auch Gross, a.a.O., Teil 2 C, Rdnr. 55).

ee) Der Urlaubsfestsetzung steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte die Lage des Urlaubs nicht datumsmäßig festgelegt hat.

Der Kläger macht zuletzt 23 Urlaubstage geltend, in der Zeit zwischen 23.07.2004 und 31.08.2004 liegen jedoch weit mehr Arbeitstage. Der Kläger musste nach § 133 BGB die Anrechnungserklärung der Beklagten so verstehen, dass er zunächst ab dem Tag nach Zugang des Kündigungsschreibens zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs von der Arbeitspflicht befreit wurde und die weitergehende, bereits am 08.07.2004 ausgesprochene Arbeitsbefreiung von der urlaubsrechtlichen Zweckbestimmung ausgenommen sein sollte (BAG Urteil vom 20.06.2000 - 9 AZR 261/99 - DB 01, 762; LAG Köln, Urteil vom 16.03.2000 - 10(11) Sa 1280/99 - NZA RR 01, 310). Dieses Ergebnis findet eine Stütze im Rechtsgedanken des § 366 Abs. 2 BGB, wonach bei Vorliegen mehrerer Verbindlichkeiten und einer beabsichtigten Erfüllung zunächst diejenige Verbindlichkeit erfüllt werden soll, die dem Gläubiger weniger Sicherheit bietet. Jede Urlaubsgewährung steht unter der auflösenden Bedingung der nachfolgenden Erkrankung des Arbeitnehmers (§ 9 BUrlG). Erkrankt der Arbeitnehmer während des Urlaubs, wird dieser abgebrochen. Es bietet dem Arbeitgeber deshalb mehr Sicherheit, bei Freistellungen bis zum Ende der Kündigungsfrist sofort Urlaub zu gewähren (und nicht erst am Ende der Kündigungsfrist), weil dann im Falle einer nachfolgenden Erkrankung noch die Möglichkeit besteht, nach einer Genesung weiteren Urlaub einzubringen und so Abgeltungszahlungen zu vermeiden.

3. Damit kommt die Kammer zum Ergebnis, dass - da das Arbeitsverhältnis bis 31.08.2004 bestanden hat - der restliche Urlaubsanspruch im Umfang von 23 Tagen durch Erfüllung erloschen ist (§ 362 BGB) und damit ein Urlaubsabgeltungsanspruch nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 4 BUrlG nicht besteht.

II. Der Urlaubsabgeltungsanspruch steht dem Kläger - mindestens zum Teil - auch wegen Fehlens eines weiteren Tatbestandsmerkmals des § 7 Abs. 4 BUrlG nicht zu.

1. Es ist der Urlaub abzugelten, der wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht gewährt werden kann. Die Beendigung muss der maßgebliche Grund für die Nichtgewährung des Urlaubs sein.

Urlaub muss - vom Fall der Übertragung gemäß § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG abgesehen - im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden (§ 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG). Abgeltung kann nur ausnahmsweise beansprucht werden, wenn der Urlaub nicht mehr genommen werden kann (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Gemäß § 7 Abs. 1 BUrlG ist der Urlaub nach den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, d.h. der Arbeitnehmer hat sich um die Festlegung des Urlaubs zu bemühen. Aus der Gesamtschau dieser Regelungen ist abzuleiten, dass der Naturalurlaub Vorrang vor der Abgeltung hat (BAG Urteil vom 16.11.1968 - 5 AZR 90/68 - AP Nr. 3 zu § 7 BUrlG Abgeltung; LAG Köln, Urteil vom 16.03.2000, NZA-RR 2001, 310; Hohmeister, DB 98, 1130; Nägele, DB 98, 1132). Ist ein Arbeitnehmer für längere Zeit freigestellt und bemüht er sich nicht um Urlaub, so kann der Urlaub nicht w e g e n Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden, sondern maßgeblich wegen der Untätigkeit des Arbeitnehmers. § 7 Abs. 4 BUrlG ist in einem solchen Fall nicht erfüllt (Meier, NZA 02, 873).

2. Der Kläger hätte ab der am 08.07.2004 erfolgten Freistellung die Möglichkeit gehabt, Urlaub zu beantragen. Zumindest für die Zeit zwischen der Freistellung und dem Ausspruch der außerordentlichen Kündigung steht ihm damit kein Abgeltungsanspruch zu. Ob dies auch für den übrigen Urlaub gilt, der nach Ausspruch der außerordentlichen Kündigung eingebracht hätte werden können, muss für die Entscheidung nicht vertieft werden, da es sich lediglich um eine Hilfserwägung handelt.

III. Wollte man die unter II. dargestellte Rechtsansicht nicht teilen, müsste dem Abgeltungsverlangen wohl der Einwand der rechtsmissbräuchlichen Rechts-ausübung entgegengehalten werden (BAG Urteil vom 16.11.1968 - 5 AZR 90/68 - AP Nr. 3 zu § 7 BUrlG Abgeltung; Nägele DB 98, 1132).

Ab der Freistellung vom 08.07.2004 war offenbar geworden, dass die Beklagte die Arbeitskraft des Klägers bis zum 31.08.2004 nicht mehr in Anspruch nehmen würde. Für die Einbringung des Urlaubs stand nur noch ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung. Der Kläger hat durch seine Untätigkeit die Verwirklichung des Urlaubsfreizeitanspruchs bewusst verhindert und einem Grundgedanken des Urlaubsrechts, nämlich dem Vorrang der Freizeit vor der Abgeltung, zuwider gehandelt (BAG, a.a.O.).

Damit kann ihm kein Urlaubsabgeltungsanspruch zuerkannt werden. Dies gilt zumindest in dem Umfang, in dem der Kläger Urlaub in der Zeit zwischen der Freistellung und dem Ausspruch der außerordentlichen Kündigung hätte beantragen können.

IV. Das angegriffene Endurteil ist damit insoweit abzuändern, als es den Urlaubsabgeltungsanspruch zugesprochen hat. Das Versäumnisurteil vom 06.04.2005 ist insoweit aufzuheben (§ 343 S. 2 ZPO) und die Klage abzuweisen.

C. Soweit das Erstgericht die Beklagte zur Lohnabrechnung für den Zeitraum vom 23.07.2004 bis 31.08.2004 verurteilt hat, ist die Berufung unbegründet.

I. Dem Kläger steht gemäß §§ 108 Abs. 1, 6 Abs. 2 GewO ein Abrechnungsanspruch zu, wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat.

II. Richtigerweise hat der Kläger im Antrag angegeben, dass die Abrechnung auf der Basis eines bestimmten monatlichen Bruttogehalts zu erfolgen hat. Damit ist der Antrag hinreichend bestimmt im Sinn des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

III. Die Vergütung steht dem Kläger für den vollen geltend gemachten Zeitraum 23.07.2004 bis 31.08.2004 zu.

Überwiegend ergibt sich der Anspruch aus § 11 BUrlG, im Übrigen aus § 615 BGB. Nach Urlaubsende ist der Rechtszustand, wie er vor der Zeit des Urlaubs bestanden hat, wieder fortgesetzt worden. Die (unwirksame) außerordentliche Kündigung hat ihn nicht verändert (vgl. BAG Urteil vom 31.01.2001 - 9 AZR 26/00).

IV. Der Kläger hat ab 30.07.2004 Arbeitslosengeld bezogen, so dass in Höhe der von der Bundesagentur für Arbeit gezahlten Leistungen die Ansprüche auf die Bundesagentur gemäß § 115 SGB X übergegangen sind. Dieser Forderungsübergang betrifft den Inhalt der Abrechnung nicht, denn die nach § 108 GewO zu erstellende Abrechnung hat nicht darüber Auskunft zu geben, wer im Zeitpunkt der Entscheidung der Inhaber des Lohnanspruchs ist.

D. Damit ist das Endurteil vom 25.05.2005 insoweit abzuändern, als es das Versäumnisurteil vom 06.04.2005 auch in Nummer 3 (Urlaubsabgeltungsanspruch) aufrechterhalten hat. Hinsichtlich des Klageantrags 3 ist das Versäumnisurteil vom 06.04.2005 aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.

Im Übrigen ist die Berufung unbegründet und zurückzuweisen.

Die Beklagte hat die Kosten ihrer Säumnis im Termin vom 06.04.2005 zu tragen (§ 344 ZPO). Die übrigen Kosten sind nach dem Verhältnis des Unterliegens der Parteien aufzuteilen.

Bei einem Streitwert erster Instanz von EUR 11.499,-- (Kündigungsschutzantrag: EUR 3.485,-- - entsprechend dem Lohnanspruch für die Zeit vom 23.07.2004 bis 31.08.2005; Abrechnungsantrag: EUR 692,-- - entspricht einem Viertel eines Monatslohns; Zahlungsantrag auf Urlaubsabgeltung: EUR 3.023,--; Zeugnisantrag: EUR 300,--; Widerklage: EUR 4.000,--) haben der Kläger von den Kosten erster Instanz 26 %, die Beklagte 74 % zu tragen (§ 92 Abs. 1 ZPO).

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben bei einem Streitwert des Berufungsverfahrens von EUR 7.287,-- der Kläger 40 %, die Beklagte 60 % zu tragen.

Ende der Entscheidung

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