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Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 21.12.2007
Aktenzeichen: 7 Ta 208/07
Rechtsgebiete: ArbGG
Vorschriften:
ArbGG § 5 |
LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG BESCHLUSS
Nürnberg, den 21. Dezember 2007
in dem Rechtsstreit
wegen: Arbeitsentgelt
hier: Sachliche Zuständigkeit
Die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Prof. Dr. Dr. Holzer-Thieser ohne mündliche Verhandlung
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 11.10.2007 - Az. 16 Ca 3192/07 - wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.
2. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 1.354,-- festgesetzt.
Gründe:
A.
Die Parteien streiten um behauptete Forderungen des Klägers und als Vorfrage um die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen.
Mit der vorliegenden Klage vertritt der Kläger - im Widerspruch zur Auffassung der Beklagten - die Meinung, dass er die Stellung eines Arbeitnehmers gehabt habe.
Mit Beschluss vom 11.10.2007 hat das Arbeitsgericht Nürnberg den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für eröffnet erklärt.
Gegen den dem Beklagtenvertreter am 15.10.2007 zugestellten Beschluss hat die Beklagte mit Schriftsatz ihrer Anwälte 29.10.2007, beim Arbeitsgericht Nürnberg am selben Tag eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt. Sie meint, dass ein Arbeitsverhältnis nicht vorliege.
Der Kläger verteidigt die Entscheidung des Erstgerichts und stellt u. a. darauf ab, dass die Beklagte im Schreiben vom 10.08.2006 an die Regierung von Mittelfranken erklärt habe, der Kläger sei bei ihr "in hauptberuflicher Tätigkeit angestellt". Die Beklagte müsse sich diese Erklärung entgegenhalten lassen.
B.
I. Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
Über sie kann gemäß §§ 53 Abs. 1 Satz 1, 78 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, 572 Abs. 4 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden entschieden werden (BAG, Beschluss vom 15.04.1993, AP Nr. 12 zu § 5 ArbGG 1979 = NZA 1993, 789; LAG München, BB 1993, 1740).
Das Unterlassen einer förmlichen Antragstellung ist ohne Bedeutung, da sich das Begehren der Beklagten durch Auslegung ihres Vorbringens in der Beschwerdeinstanz mit hinreichender Deutlichkeit ergibt: Sie will die Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses, die Feststellung der Unzulässigkeit des eingeschlagenen Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen und die Verweisung an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges gemäß § 17a Abs. 2 GVG erreichen.
II. Die Beschwerde ist aber nicht begründet.
1. Die Gerichte für Arbeitssachen sind zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis (§§ 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a, 5 ArbGG).
2. Als Arbeitnehmer ist nicht nur der Tätige zu behandeln, der die objektiven Voraussetzungen des Arbeitnehmerbegriffs erfüllt. Den Parteien eines Rechtsverhältnisses, dessen Inhalt die Erbringung einer Dienstleistung ist, steht es vielmehr frei, dem Tätigen auch dann den Status eines Arbeitnehmers zuzuerkennen, wenn die objektiven Voraussetzungen eines Arbeitnehmers fehlen. Es gibt keinen Rechtsgrundsatz, der es verbieten würde, einem Nicht-Arbeitnehmer den Status eines Arbeitnehmers zu gewähren. Soweit die Rechtsprechung Statusvereinbarungen verworfen hat, diente dies dem Schutz des Arbeitnehmers vor Fluchtversuchen des Arbeitgebers aus dem Arbeitsrecht, das heißt vor der Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften durch falsche Bezeichnungen. Es besteht aber kein Anlass für eine korrigierende Statuskontrolle, wenn das Arbeitsverhältnis in der Etikettierung gerade nicht gemieden, sondern gesucht wird. (LAG Köln, AuR 96, 412 m.w.N.; BAG, NZA 97, 194, 196: "Haben die Parteien... ein Arbeitsverhältnis vereinbart, so ist es auch als solches einzuordnen"; Stoffels, NZA 2000, 695).
3. Ein Arbeitnehmer im Sinn des § 5 ArbGG ist auch dann anzunehmen, wenn ein Arbeitgeber erklärt, ein Mitarbeiter, der materiell-rechtlich kein Arbeitnehmer ist, sei bei ihm "angestellt". Mit dieser Äußerung erklärt er, dass er den Mitarbeiter wie einen Arbeitnehmer behandeln will, ihm also den Arbeitnehmerstatus zuerkennen möchte und damit für Rechtsstreitigkeiten die Gerichte für Arbeitssachen zuständig sein sollen. Der Grundsatz des Verbots widersprüchlicher Handlungen (§ 242 BGB) beherrscht auch das Prozessrecht. Der Anwendung dieses Grundsatzes für die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen stehen keine zwingenden gesetzlichen Regelungen entgegen, da eine Erweiterung der Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen auch bei vertraglicher Zuerkennung des Status eines Arbeitnehmers an einen Nicht-Arbeitnehmer zulässig ist (siehe vorstehend unter 2).
4. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte im Schreiben an die Regierung von Mittelfranken vom 10.08.2005 erklärt, der Kläger sei bei ihr "in hauptberuflicher Tätigkeit angestellt". Damit hat sie bekundet, dass sie den Kläger als ihren Arbeitnehmer ansieht bzw. ihn jedenfalls wie einen solchen behandeln will.
Auch wenn der Kläger materiell-rechtlich kein Arbeitnehmer ist - was offenbleiben kann -, muss sich die Beklagte ihre Erklärung vom 10.08.2005 entgegenhalten lassen, wie der Kläger zu Recht vorträgt.
Auch in diesem Fall ist der Kläger als Arbeitnehmer im Sinn des § 5 ArbGG anzusehen.
5. Damit ist der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg - jedenfalls im Ergebnis - nicht zu beanstanden und die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
C.
Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens war nach Maßgabe der §§ 91 ff. ZPO zu entscheiden (ebenso Zöller-Gummer, ZPO, 26. Aufl., § 17b GVG Rdnr. 4; Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 66. Aufl., § 17b GVG, Rdnr. 6). Da die Beklagte im Beschwerdeverfahren unterlegen ist, trägt sie gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
D.
Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 63 Abs. 2 GKG.
Der Streitwert des Zwischenstreits über den zulässigen Rechtsweg entspricht - zumindest in der Rechtsmittelinstanz - nicht dem des Hauptsachewerts. Die Entscheidung über den richtigen Rechtsweg betrifft lediglich eine Prozessvoraussetzung. Über die Ansprüche des Klägers wird nicht entschieden, weshalb das Interesse des Klägers insoweit erheblich unterhalb des Hauptsacheinteresses liegt. Das Beschwerdegericht hält als Streitwert ein Drittel der Hauptsacheforderung für angemessen (Zöller-Herget, a.a.O., Rdnr. 16 zu § 3 "Rechtswegverweisung").
Ende der Entscheidung
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