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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 05.12.2003
Aktenzeichen: 9 (5) Sa 841/02
Rechtsgebiete: KommZG, BGB


Vorschriften:

KommZG Art. 38 Abs. 2
BGB § 177 Abs. 1
BGB § 180
BGB § 184 Abs. 1
BGB § 626 Abs. 2
1. Für die Kündigung einer Angestellten des Zweckverbandes ist gemäß Art. 38 Abs. 2 KommZG der Verbandsausschuss zuständig. Dieser kann die Kündigungsbefugnis - jedenfalls ohne eine entsprechende Regelung in der Verbandssatzung - nicht wirksam auf den Verbandsvorsitzenden übertragen.

2. Eine nach den §§ 180, 177 Abs. 1 BGB mögliche Genehmigung der vom Verbandsvorsitzenden ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung durch den Verbandsausschuss kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen, nachdem dieser von den für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen in Kenntnis gesetzt worden ist.


LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 (5) Sa 841/02

in dem Rechtsstreit

wegen Kündigung und sonstiges

Die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Roth und die ehrenamtlichen Richter Göbel und Hager aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 05. Dezember 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

1.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 16.10.2002 Az.: 5 Ca 14/02 - wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Arbeitgeberkündigung vom 21.12.2001 und die Verpflichtung des Beklagten zur tatsächlichen Beschäftigung der Klägerin.

Die am 11.10.1942 geborene Klägerin ist bei dem Beklagten seit 1980 beschäftigt, zuletzt als leitende Lehrkraft der Berufsfachschule für Physiotherapie am C... gegen ein Bruttomonatsgehalt von EUR 3.603,56.

Nach § 10 Abs. 1 Ziff. 2 der Satzung des B... vom 21.06.1999 (Kopie Bl. 154-159 d.A.) ist der Verbandsausschuss zuständig für die Einstellung, Höhergruppierung und Kündigung von Angestellten des B....

Wegen aufgetretener Differenzen zwischen der Klägerin und dem ärztlichen Leiter der Schule, Herrn Prof. Dr. D..., fasste der Verbandsausschuss in seiner Sitzung am 14.12.2001 folgenden Beschluss:

Der Verbandsausschuss beabsichtigt, das Arbeitsverhältnis mit der Leitenden Lehrkraft der Berufsfachschule für Physiotherapie E... im Hinblick auf die aufgetretenen gravierenden Unregelmäßigkeiten bei der Notengebung bzw. Versetzung von Schülern im Wege der außerordentlichen Kündigung gemäß § 54 Abs. 1 BAT fristlos zu kündigen. Die beabsichtigte Maßnahme ist der Personalvertretung gemäß Art. 77 Abs. 3 BayPVG zum Zwecke der Anhörung zuzuleiten. Außerdem ist der Betroffenen im Wege der Anhörung Gelegenheit zur Stellungnahme zu den erhobenen Vorwürfen zu geben. Es besteht Einverständnis, dass der Vorsitzende im Wege der Dringlichkeit über eine außerordentliche Kündigung innerhalb der Frist von § 54 Abs. 2 BAT entscheidet. Weitere Entscheidungen werden hiermit dem Verbandsvorsitzenden übertragen.

Am 18.12.2001 fand die Anhörung der Beklagten statt.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 21.12.2001, das der Klägerin am Folgetag zugeleitet worden ist, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sozialer Auslauffrist und gleichzeitiger unwiderruflicher Freistellung zum 31.03.2002.

Gegen diese Kündigung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 04.01.2002 beim Arbeitsgericht Bayreuth eingegangenen Klage vom 02.01.2002. Sie begehrt ferner die tatsächliche Beschäftigung als leitende Lehrkraft über den 31.03.2002 hinaus.

Wegen der Anträge der Parteien und ihres näheren Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Mit Urteil vom 16.10.2002 hat das Arbeitsgericht Bayreuth festgestellt, dass die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 21.12.2001 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst hat, und die Beklagte verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Vertragsbedingungen als leitende Lehrkraft an der Berufsfachschule für Physiotherapie beim C... weiterzubeschäftigen.

Gegen das den Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 07.01.2003 zugestellte Urteil haben diese mit den am 16.12.2002 bzw. 20.01.2003 beim Landesarbeitsgericht Nürnberg eingereichten Schriftsätzen vom 13.12.2002 bzw. 13.01.2003 Berufung eingelegt und sie innerhalb der bis zum 25.04.2003 verlängerten Begründungsfrist mit Schriftsatz vom 24.04.2003, der beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 25.04.2003 eingegangen ist, begründet.

Der Beklagte meint, der für die Kündigung von Angestellten zuständige Verbandsausschuss habe seine Befugnis mit Beschluss vom 14.12.2001 rechtswirksam auf den Verbandsvorsitzenden übertragen. Da die arbeitsrechtliche Maßnahme eine zivilrechtliche Angelegenheit betreffe, kämen hierbei auch die zivilrechtlichen Vorschriften zum Tragen. Die ausgesprochene Kündigung habe sich im Rahmen der übertragenen Befugnis bewegt, weshalb sie rechtlich nicht beanstandet werden könne.

Selbst wenn der Verbandsvorsitzende nicht wirksam ermächtigt worden sei, führe dies gemäß § 180 Satz 2 BGB allenfalls zur schwebenden Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung. In der Verbandsausschusssitzung vom 15.04.2002 sei die ausgesprochene Kündigung ausdrücklich bestätigt und damit genehmigt worden, ohne dass zuvor die Klägerin die fehlende oder unzureichende Bevollmächtigung des Verbandsvorsitzenden beanstandet habe. Nach erfolgter Genehmigung am 15.04.2002 habe sich die Klägerin am 12.08.2002 nicht mehr auf die angeblich fehlende Vollmacht berufen können.

Wegen der wirksamen Beendigung des Vertragsverhältnis sei er zur Weiterbeschäftigung der Klägerin nicht mehr verpflichtet.

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 16.10.2002,

Az.: 5 Ca 14/02 - wird abgeändert. 2. Die Klage und der Weiterbeschäftigungsantrag der Klägerin werden abgewiesen. 3. Die Klägerin hat die Kosten zu tragen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt:

1. Die Berufung der Beklagten vom 13.01.2003 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 16.10.2002, Az.: 5 Ca 14/02 wird zurückgewiesen. 2. Die Beklagte und Berufungsklägerin trägt auch insoweit die Kosten des Berufungsverfahrens.

Zur Begründung trägt sie vor, nach den einschlägigen Vorschriften des Artikels 38 KommZG und § 10 Abs. 2 Ziff. 2 der Satzung des Beklagen sei die Kündigungsbefugnis wirksam auf den Verbandsausschuss übertragen worden. Dieser habe seine Befugnis nicht per Beschluss auf den Verbandsvorsitzenden weiter übertragen können. Der Kündigung durch den Verbandsvorsitzenden am 21.01.2002 habe die Kündigungskompetenz gefehlt. Durch privatrechtliche Bevollmächtigungs- und Genehmigungsregelungen könnten die kommunalrechtlichen Zuständigkeitsbestimmungen nicht aus den Angeln gehoben werden. Im Übrigen käme eine rückwirkende Genehmigung der durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung nur innerhalb der Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB in Betracht. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist statthaft, § 64 Abs. 1, 2 b und c ArbGG und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.

II.

Die Berufung ist sachlich nicht begründet.

Das Erstgericht hat mit zutreffender Begründung der Klage stattgegeben, denn die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 21.12.2002 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht rechtswirksam zum 31.03.2002 aufgelöst. Der Beklagte ist aus diesem Grunde verpflichtet, die Klägerin über diesen Zeitpunkt hinaus zu unveränderten Vertragsbedingungen als leitende Lehrkraft an der Berufsfachschule für Physiotherapie beim C... weiter zu beschäftigen.

Das Berufungsgericht folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung, weshalb auf die Ausführungen im Ersturteil verwiesen und von einer rein wiederholenden Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden kann, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Im Hinblick auf die Berufungsbegründung sind noch folgende weitere Klarstellungen veranlasst:

1. Der Verbandsausschuss des B... konnte mit Beschluss vom 14.12.2001 seine Kündigungsbefugnis nicht rechtswirksam auf den Verbandsvorsitzenden übertragen. Die allgemeinen Vertretungsregelungen des BGB werden durch die Sonderregelungen in den kommunalrechtlichen Vorschriften verdrängt, soweit diese speziellere Regelungen enthalten.

Gemäß Artikel 36 Abs. 1 Satz 1 KommZG vertritt der Verbandsvorsitzende den Zweckverband nach außen, insbesondere auch bei der Vornahme von Rechtsgeschäften. Die Vorschrift entspricht Artikel 38 Abs. 1 GO, der die Vertretung der Gemeinde durch den Bürgermeister regelt. Gemäß Artikel 29 GO kann der erste Bürgermeister nur in den Fällen des Artikel 37 GO selbständig entscheiden d.h. vor allem bei laufenden Angelegenheiten, die für die Gemeinde keine grundsätzliche Bedeutung haben und keine erheblichen Verpflichtungen erwarten lassen. Im Übrigen entscheidet über die Angelegenheiten der Gemeinde als deren willensbildendes Organ allein der Gemeinderat. Deshalb ist die dem ersten Bürgermeister gemäß Artikel 38 Abs. 1 GO eingeräumte Vertretungsmacht durch das Gesetz selbst wesentlich eingeschränkt. Sie ist, von den Ausnahmefällen des Artikel 37 GO abgesehen, davon abhängig, dass ein entsprechender Beschluss des Gemeinderats (oder des beschließenden Ausschusses) vorliegt. Überschreitet der erste Bürgermeister die ihm gemäß Artikel 37 gezogene Grenze seiner Zuständigkeit, so finden bei zivilrechtlichen Geschäften die Regeln über die Vertretung ohne Vertretungsmacht (§§ 177 ff BGB) Anwendung. Verträge sind schwebend unwirksam; einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen sind gemäß § 180 Satz 1 BGB nichtig, soweit nicht ein Ausnahmefall gemäß § 180 Satz 2 und 3 BGB gegeben ist.

Diese Grundsätze sind angesichts der vergleichbaren Sachlage auf die Vertretung eines Zweckverbandes zu übertragen. An die Stelle des ersten Bürgermeisters tritt der Verbandsvorsitzende, an die Stelle des Gemeinderats die Verbandsversammlung oder, soweit ihm gemäß Artikel 34 Abs. 1 KommZG die Entscheidung übertragen worden ist, ein beschließender Ausschuss. Der Verbandsvorsitzende hat daher Vertretungsmacht für den Verband nur, soweit er selbst entscheiden kann d.h. soweit ihm durch Gesetz (Artikel 36 Abs. 2 KommZG), die Verbandssatzung (Artikel 34 Abs. 1 KommZG) oder besonderen Beschluss der Verbandsversammlung (Artikel 36 Abs. 3 KommZG) Angelegenheiten zur selbständigen Erledigung übertragen sind (vgl. hierzu BayObLG vom 21.07.1997 - 1 Z RR 558/95 - BayVBl 1998, 122).

Gemäß Artikel 38 Abs. 2 KommZG i.V.m. § 10 Abs. 1 Ziff. 2 der Verbandssatzung liegt die Entscheidung über die Kündigung eines Angestellten des Zweckverbandes nicht bei dem Verbandsvorsitzenden sondern dem Verbandsausschuss. Weder die Regelungen in § 10 noch in § 12 der Verbandssatzung sehen vor, dass der Verbandsausschuss in den ihm übertragenen Angelegenheiten seine Zuständigkeit auf den Verbandsvorsitzenden übertragen kann.

Aus diesem Grunde hätte der Verbandsausschuss in seiner Sitzung vom 14.12.2001 zwar die fristlose Kündigung der Klägerin beschließen können. Er konnte es aber nicht dabei belassen, lediglich eine Absichtserklärung abzugeben, und es dem Verbandsvorsitzenden übertragen, nach Anhörung der Klägerin eine eigenverantwortliche Kündigungsentscheidung zu treffen. 2. Die von den Prozessbevollmächtigten der Beklagten in Vertretung des Verbandsvorsitzenden, Herrn Landrat F..., ausgesprochene Kündigung vom 21.12.2001 (Kopie Bl. 101 d.A.) ist von dem Verbandsausschuss nicht mit Beschluss vom 15.04.2002 (vgl. Kopie Bl. 258 d.A.) wirksam genehmigt worden, denn dies hätte nur innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erfolgen können.

Bei einer Kündigung, die vom Verbandsvorsitzenden ohne einen entsprechenden konkreten Beschluss des Verbandsausschusses ausgesprochen worden ist, finden die Regeln über die Vertretung ohne Vertretungsmacht (§§ 177 ff BGB) Anwendung (vgl. BayObLG, aaO; LAG Nürnberg vom 01.02.1985 - 6 Sa 25/83 - AMBl 1986 C 25). Ein einseitiges Rechtsgeschäft ohne Vertretungsmacht ist nach § 180 Satz 1 BGB grundsätzlich unzulässig und damit nichtig. Bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen, wie der Kündigung, gelten jedoch die §§ 177 bis 179 BGB entsprechend, wenn der Gegner die behauptete Vertretungsmacht nicht beanstandet oder mit dem Handeln ohne Vertretungsmacht einverstanden ist, § 180 Satz 2 BGB. Die Beanstandung, d.h. die Zurückweisung der Kündigungserklärung, muss dabei unverzüglich erfolgen. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die mangelnde Vertretungsmacht des Verbandsvorsitzenden nicht unverzüglich gerügt. Damit hing gemäß § 177 Abs. 1 BGB die Wirksamkeit der Kündigung von der Genehmigung des Verbandsausschusses ab. Bis zur Genehmigung hätte die Klägerin die Kündigung zurückweisen können, was hier nicht erfolgt ist.

In diesem Zusammenhang ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei einem einseitigen Rechtsgeschäft, das an eine gesetzliche Ausschlussfrist gebunden ist, die rückwirkende Genehmigung (§ 184 Abs. 1 BGB) nur innerhalb dieser Ausschlussfrist erfolgen kann. Der Ausschlussfrist ist im Interesse der Schaffung klarer Rechtsverhältnisse wesentlich , dass eine bestimmte Handlung nur innerhalb dieser Frist bewirkt werden kann. Die Rückwirkung einer nach dem Fristablauf erklärten Genehmigung scheitert am Ablauf der Ausschlussfrist. Das Interesse des Vertretenen, eine außerhalb der Vertretungsmacht in seinem Namen abgegebene einseitige Willenserklärung nach den §§ 177, 180 BGB noch genehmigen zu können, muss nach dem Ablauf der Ausschlussfrist hinter dem Interesse an der objektiven Klarheit über die bestehenden Rechtsverhältnisse zurücktreten. Dies gilt auch für die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB. Diese Vorschrift konkretisiert den Grundsatz, dass die Befugnis zur außerordentlichen Kündigung ihrer Natur nach zeitlich begrenzt ist. Bei einer so einschneidenden Maßnahme wie der außerordentlichen Kündigung erfordert es die Ordnung des Betriebes, eine mögliche Rechtsgestaltung alsbald vorzunehmen. Ein anhaltender Zustand schwebender Unwirksamkeit, der durch Erklärungen eines Vertreters ohne Vertretungsmacht hervorgerufen wird, widerspricht dem Sinn und Zweck des § 626 Abs. 2 BGB, alsbald Klarheit über die Ausübung des außerordentlichen Kündigungsrechts zu schaffen. Die grundsätzlich mögliche Genehmigung der von einem Vertreter ohne hinreichende Vertretungsmacht ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses muss daher innerhalb der zweiwöchigen Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB erfolgen (so BAG vom 26.03.1986 - 7 AZR 585/84 - AP Nr. 2 zu § 180 BGB; Urteil vom 04.02.1987 - 7 AZR 583/85 - AP Nr. 24 zu § 626 BGB Ausschlussfrist.).

Der Vertragsteil, der die außerordentliche Kündigung ausgesprochen hat, muss im Rahmen des § 626 Abs. 2 BGB darlegen und beweisen, er habe von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erst innerhalb der letzten zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung Kenntnis erlangt (vgl. BAG vom 17.08.1972 - 2 AZR 359/71 - EzA Nr. 16 zu § 626 BGB n.F.; KR-Fischermeier, 6 Aufl., § 626 BGB Rz 385).

Diesbezüglich genügt nicht, dass der Kündigende lediglich abstrakt vorträgt, die angegebenen Kündigungsgründe seien nicht verfristet. Er muss vielmehr genau den Tag der Kenntniserlangung bezeichnen und vortragen, auf welche Weise das geschehen sein soll. Nur dann ist es dem Gekündigten möglich, die Darstellung zu überprüfen und gegebenenfalls qualifiziert zu bestreiten (so KR-Fischermeier, aaO, Rz 386). Dies ist hier nicht erfolgt.

Da im vorliegenden Fall der Verbandsausschuss aufgrund der ihm vorliegenden Informationen bereits am 14.12.2001 die Absichtserklärung abgegeben hat, gegenüber der Klägerin eine fristlose Kündigung auszusprechen, hätte es konkreten Sachvortrages bedurft, welche erst nach dem 14.12.2001 dem Verbandsausschuss bekannt gewordenen Umstände ihn zu seiner Entscheidung vom 15.04.2002 veranlasst haben. In ihrer Klage behauptet die Klägerin, wegen ihrer damaligen Erkrankung und der kurzfristigen Mandatierung eines Anwalts in der kurzfristig anberaumten Anhörung vom 18.12.2001 keine Stellungnahme zu den ihr gegenüber erhobenen Vorwürfen abgegeben zu haben. Dies wird von dem Beklagten nicht konkret in Abrede gestellt und gilt folglich gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Danach spricht viel dafür, dass die Gründe, die zu dem Ausspruch der Kündigung mit Schreiben vom 21.12.2001 geführt haben, dem Verbandsausschuss bereits in seiner Sitzung vom 14.12.2001 bekannt gewesen sind, da die persönliche Anhörung der Klägerin keine neuen Erkenntnisse brachte.

Dahingestellt bleiben kann, ob die Kenntnis alleine des Verbandsvorsitzenden von weiteren kündigungsrelevanten Umständen dem Verbandausschuss i.R.d.

§ 626 Abs. 2 BGB zugerechnet werden könnte. Der Verbandsvorsitzende ist als Mitglied des Verbandsausschusses mit Beschluss vom 14.12.2001 in dieser Angelegenheit mit der Anhörung der Klägerin in Vertretung des Verbandsausschusses betraut worden. Insoweit handelt es sich um kein einfaches Ausschussmitglied, dessen Kenntnis nicht ausreichen würde (vgl. BAG vom 18.05.1994 - 2 AZR 930/93 - NZA 1994, 1086).

3. Die wegen nicht rechtzeitiger Genehmigung innerhalb der Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB rechtsunwirksame außerordentliche Kündigung kann nicht gemäß § 140 BGB in eine wirksame ordentliche Kündigung umgedeutet werden.

Für den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung fehlt es nämlich wiederum an einem Beschluss des Verbandsausschusses, da dieser in seiner Sitzung vom 15.04.2002 lediglich die ausgesprochene außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist genehmigt hat.

Dahingestellt bleiben kann, ob der bei dem Beklagten bestehende Personalrat zu einer hilfsweise auszusprechenden ordentlichen Kündigung angehört worden ist und ob die der Klägerin zum Vorwurf gemachten Vorfälle auch ohne Ausspruch einer Abmahnung geeignet wären, unter Berücksichtigung der Sozialdaten der Klägerin eine verhaltensbedingte Kündigung sozial zu rechtfertigen.

III.

1. Der Beklagte hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO. 2. Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass, § 72 Abs. 1 und 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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