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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 06.07.2005
Aktenzeichen: 9 (6) Sa 120/03
Rechtsgebiete: BAT, BGB


Vorschriften:

BAT § 12
BGB § 242
Die Unwirksamkeit einer Versetzungsmaßnahme des Arbeitgebers im Rahmen dessen Direktionsrechts muss zwar nicht in entsprechender Anwendung der §§ 2, 4 7 KSchG binnen drei Wochen geltend gemacht werden aber dennoch zeitnah. Ein jahrelanges Untätigbleiben des Arbeitnehmers führt zur Verwirkung des Rechts, die Unwirksamkeit der Versetzungsmaßnahme gerichtlich geltend zu machen.
LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 (6) Sa 120/03 in dem Rechtsstreit

wegen: Sonstiges

Die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Roth und die ehrenamtlichen Richter Knauber und Frank aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 06. Juli 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg - Kammer Schweinfurt - vom 15.01.2003, Az.: 3 Ca 1044/02 S, teilweise abgeändert.

2. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

3. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg - Kammer Schweinfurt - vom 15.01.2003, Az.: 3 Ca 1044/02 S, wird zurückgewiesen.

4. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Rückversetzung und Schadensersatz.

Der am 23.12.1952 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit 1978 als Schachtmeister beschäftigt. Er war zunächst am Truppenstandort C... tätig und wurde mit Verfügung vom 05.08.1994 (Kopie Bl. 18 d.A.) zum Standort D... versetzt. Der Versetzung gingen die Schreiben des Klägers vom 18.07.1994 (Kopie Bl. 445, 446 d.A.) und vom 28.07.1994 (Kopie Bl. 385 d.A.) voraus.

Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers findet der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) in seiner jeweiligen Fassung Anwendung.

Der im Zeitpunkt der Versetzung nach Vergütungsgruppe V c BAT bezahlte Kläger hat mit Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 22.03.2000 (Az.: 9(3) Sa 1016/98) die Höhergruppierung nach Vergütungsgruppe V b BAT ab dem 01.08.1995 erstritten. Seine gleichzeitige Klage auf Zahlung von Trennungsgeld wegen der Versetzung nach D... blieb erfolglos.

Mit seiner beim Arbeitsgericht Würzburg - Kammer Schweinfurt - am 18.07.2002 eingereichten Klage vom 15.07.2002 begehrt der Kläger die Rückversetzung auf den bisherigen Dienstposten in C... und Schadensersatz aufgrund der zusätzlichen Fahrtkosten und des zusätzlichen Zeitaufwandes, die mit der erfolgten Versetzung zusammenhingen.

Wegen der Anträge der Parteien und ihres näheren Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Würzburg - Kammer Schweinfurt - hat mit Endurteil vom 15.01.2003 der Klage auf Rückversetzung stattgegeben und die Schadensersatzklage abgewiesen. Es stützt seine Entscheidung im Wesentlichen darauf, die Versetzungsverfügung vom 05.08.1994 sei rechtsunwirksam gewesen und hierauf habe sich der Kläger auch noch nach Jahren berufen können. Ihm eventuell zustehende Schadensersatzansprüche seien gemäß § 70 BAT verfallen, soweit sie den streitgegenständlichen Zeitraum von 1994 bis 2001 betreffen.

Das Urteil des ersten Rechtszuges ist beiden Parteien am 04.02.2003 zugestellt worden.

Hiergegen haben der Kläger mit Telefax vom 25.02.2003 und die Beklagte mit Telefax vom 03.03.2003 Berufung eingelegt. Der Kläger hat seine Berufung innerhalb der bis 19.05.2003 verlängerten Frist mit Telefax vom 19.05.2003 begründet und die Beklagte die ihrige innerhalb der bis 05.05.2003 verlängerten Frist mit Telefax vom 04.05.2003.

Die Beklagte meint, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Rückversetzung zum Standort C... nicht zu, denn dieser Anspruch ergebe sich weder aus einer diesbezüglichen vertraglichen Vereinbarung noch infolge der Unwirksamkeit der Versetzung vom 05.08.1994. Die Versetzung sei vom Kläger selbst mit seinen Schreiben vom 18. und 28.07.1994 beantragt worden und zwar nach vorheriger Information darüber, dass seine Stelle in C... zeitnah tariflich höhergruppiert werde. Eine wirksame Bedingung habe das Versetzungsgesuch nicht enthalten, vielmehr habe der Kläger lediglich zum Ausdruck gebracht, bei nächster Gelegenheit wieder an seinen bisherigen Arbeitsplatz zurückversetzt werden zu wollen. Da die Stelle zeitnah neu besetzt worden sei, bestünde die Möglichkeit zur Rückversetzung derzeit nicht. Das Recht, die Unwirksamkeit der Versetzung vom 05.08.1994 geltend zu machen, habe der Kläger bei Einreichung seiner Klage auf Rückversetzung am 18.07.2002 verwirkt, denn der Kläger sei diesbezüglich fast 8 Jahre untätig geblieben und habe durch seine in zwei Instanzen geführte Klage auf Zahlung von Trennungsgeld gerade zum Ausdruck gebracht, dass auch er von einer wirksamen Versetzungsmaßnahme ausgegangen sei. Dies sei nämlich Voraussetzung für die Gewährung von Trennungsgeld. Das für eine Verwirkung erforderliche Umstandsmoment sei damit gegeben und ihr sei es nicht zumutbar, nach so langer Zeit mit der behaupteten Unwirksamkeit der vorgenommenen Maßnahme konfrontiert zu werden.

Wegen der wirksamen Versetzung stehe dem Kläger der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu.

Die Beklagte beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Würzburg - Kammer Schweinfurt- vom 15.01.2003 wird, soweit die Beklagte verurteilt wurde, aufgehoben und die Klage des Klägers in vollem Umfang abgewiesen.

2. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Kläger beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Würzburg - Kammer Schweinfurt - vom 15.01.2003, Az.: 3 Ca 1044/02 S, wird dahingehend abgeändert, dass die Beklagte gleichfalls dazu verurteilt wird, dem Kläger EUR 38.583,73 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu bezahlen.

Hilfsweise: Die Beklagte wird verurteilt, EUR 6.292,08 nebst 5 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu bezahlen.

2. Die Berufung der Beklagten wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Zur Begründung trägt er vor, die Beklagte habe ihn nach C... zurückzuversetzen, denn ihm sei im Zusammenhang mit seinem Versetzungsgesuch eine verbindliche Zusage über die Rückversetzung bei Wiederanhebung seines Dienstpostens gemacht worden. Die Versetzung vom 05.08.1994 sei unwirksam, denn dienstliche Gründe hierfür hätten nicht bestanden und es sei auch eine vertragliche Vereinbarung über den neuen Dienstort nicht zustande gekommen. Seine Versetzungsbereitschaft sei von der damaligen Dotierung seines Dienstpostens abhängig gewesen, was auch die Vertreter der Beklagten gewusst hätten. Die Höherdotierung seines bisherigen Dienstpostens sei ihm nicht mitgeteilt worden. Die unterbliebene Anhörung i.R.d. § 12 BAT mache die Versetzung unwirksam. Die Geltendmachung der Unwirksamkeit sei nicht verwirkt, denn er habe bereits kurze Zeit nach Vornahme der Versetzung schriftlich seine Rückversetzung infolge der Anhebung des Dienstpostens begehrt und dies in der Folgezeit mehrfach wiederholt. Es handele sich hierbei um einen tarifvertraglichen Anspruch, der keiner Verwirkung unterliege.

Der von ihm geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei nicht verfallen, denn er habe ihn ausreichend konkret bereits mit Schreiben vom 05.02.1996 geltend gemacht. Im Übrigen handle die Beklagte rechtsmissbräuchlich, wenn sie sich auf die Einhaltung der Ausschlussfrist berufe.

Bezüglich der näheren Einzelheiten des Vorbringens beider Parteien wird auf die von ihnen im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Es ist Beweis erhoben worden gemäß Beweisbeschluss vom 05.10.2004 (Bl. 546-549 d.A.) durch uneidliche Einvernahme der Zeugen E..., F..., G..., H... und I... durch das ersuchte Arbeitsgericht Würzburg. Hinsichtlich des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 24.11.2004 (Bl. 560-564 d.A.) und vom 07.01.2005 (Bl. 576-582 d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufungen der Beklagten und des Klägers sind zulässig.

Sie sind statthaft, § 64 Abs. 1, 2b ArbGG, und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.

II.

Die Berufung der Beklagten ist sachlich begründet, denn das Erstgericht hat zu Unrecht die Beklagte verurteilt, den Kläger auf seinen bisherigen Dienstposten in C... zurückzuversetzen. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus einer vertraglichen Vereinbarung der Parteien noch als Folge der behaupteten Unwirksamkeit der Versetzung vom 05.08.1994.

Die Berufung des Klägers ist sachlich nicht begründet, denn das Erstgericht hat zu Recht die Schadensersatzklage abgewiesen.

1. Eine Verpflichtung der Beklagten zu der vom Kläger begehrten Rückversetzung ergibt sich nicht aus einer verbindlichen einzelvertraglichen Abrede der Parteien.

Der Kläger hat den Nachweis nicht erbracht, dass sich vertretungsberechtigte Mitarbeiter der Standortverwaltung C... vertraglich verpflichtet hätten, eine Rückversetzung von D... nach C... vorzunehmen.

Diesbezüglich fehlt es bereits an einem ausreichend konkreten Sachvortrag des Klägers dafür, unter welchen konkreten Voraussetzungen die Rückversetzung erfolgen sollte, wenn die bisher vom Kläger innegehabte Stelle - wie geschehen - zwischenzeitlich mit einem anderen Mitarbeiter besetzt worden ist. Insoweit kann auch nicht festgestellt werden, dass diese Voraussetzungen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz vorgelegen haben.

Die hierzu vernommenen Zeugen G... und I... haben eine konkrete vertragliche Abrede mit dem Inhalt einer Rückversetzung unter bestimmten sachlichen oder zeitlichen Vorgaben nicht bestätigt. Insoweit mag es allenfalls die Inaussichtstellung einer Rückversetzung seitens des Zeugen I... gegeben haben, sobald sich die Möglichkeit hierzu geboten hätte. Da sich die beiden Zeugenaussagen im Hinblick auf das Fehlen einer konkreten Verpflichtung zur Rückversetzung inhaltlich decken, besteht seines der erkennenden Kammer keine Veranlassung, an der Glaubwürdigkeit der beiden Zeugen zu zweifeln. Trotz mehrfacher Nachfragen ergeben sich aus den Aussagen diesbezüglich keine Widersprüche. Insoweit ist von dem Fehlen einer verbindlichen Zusage der Rückversetzung unter bestimmten Sachvoraussetzungen auszugehen.

Der Wirksamkeit einer nur mündlichen Abrede über eine Rückversetzung unter bestimmten Voraussetzungen stünde das konstitutive Schriftformerfordernis für Nebenabreden gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 BAT entgegen.

Eine Vereinbarung diesen Inhalts betrifft nämlich nicht die Hauptleistungspflicht der beiden Parteien, sondern würde eine weitere Nebenpflicht der Arbeitgeberin begründen. Im Interesse der Rechtsklarheit und der Beweissicherung sieht § 4 Abs. 2 Satz 1 BAT hierfür zwingend die Einhaltung der Schriftform vor.

Der vorliegende Fall, in dem sich der Kläger erst nach Jahren im Klagewege auf eine entsprechende Nebenabrede zum Arbeitsvertrag beruft, zeigt, wie wichtig es für beide Parteien ist, hinsichtlich etwaiger Vereinbarungen aus Jahren zuvor auf den Inhalt einer schriftlichen Urkunde verweisen zu können. Eine schriftliche Vereinbarung über die vom Kläger behauptete Zusage hat es auch nach dem Sachvortrag des Klägers zu keinem Zeitpunkt gegeben.

2. Die Rückversetzung nach C... kann vom Kläger nicht aufgrund der behaupteten Unwirksamkeit der ursprünglichen Versetzung nach D... mit Wirkung zum 01.09.1994 begehrt werden.

a) Es kann dahingestellt bleiben, ob es trotz der beiden schriftlichen Versetzungsgesuche des Klägers vom 18. und 28.07.1994 an einem Einvernehmen der Parteien gefehlt hat, das geeignet ist, eine Versetzung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BAT zu rechtfertigen (vgl. Uttlinger/Breier/Kiefer/ Hoffmann/Dassau, BAT, § 12 Anm. 7). Ferner, ob tatsächlich eine Anhörung des Klägers i.R.d. § 12 Abs. 1 Satz 2 BAT unterblieben ist, obwohl nach Angaben der hierzu vernommenen Zeugen E... und I... die anstehende Versetzung nach D... Gegenstand mehrerer persönlicher Gespräche mit dem Kläger gewesen ist.

Entscheidend ist nämlich, dass der Kläger das Recht verwirkt hat, sich auf die Unwirksamkeit der von ihm angegriffenen Versetzungsverfügung vom 05.08.1994 zu berufen. Er ist jahrelang untätig geblieben und hat keine gerichtliche Überprüfung der von ihm beanstandeten Versetzungsmaßnahme herbeigeführt. Dies kann der Beklagten nach so langer Zeit nicht mehr zugemutet werden, da der Kläger selbst durch sein Verhalten den Eindruck erweckt hat, von der Wirksamkeit der Versetzung auszugehen.

Der Kläger hat das Recht verwirkt, nach Ablauf von fast 8 Jahren der Wirksamkeit der Versetzungsverfügung vom 05.08.1994 entgegenzuhalten, hierfür läge kein Einvernehmen der Parteien vor und es sei diesbezüglich keine Anhörung i.R.d. § 12 Abs. 1 Satz 2 BAT erfolgt.

Der Verwirkung des Rechts, sich auf den bisherigen Inhalt des Arbeitsvertrages in Bezug auf den Arbeitsort zu berufen und die Unwirksamkeit einer Versetzungsmaßnahme i.R.d. § 12 Abs. 1 BAT geltend zu machen, steht § 4 Abs. 4 Satz 2 TVG nicht entgegen. Hierbei handelt es sich nämlich nicht um die Verwirkung eines tariflichen Rechtes, denn die tarifvertragliche Regelung des § 12 Abs. 1 BAT räumt dem Arbeitgeber tarifvertraglich eine zusätzliche Rechtsposition ein, jedoch nicht dem Arbeitnehmer. Diese tarifvertragliche Regelung erweitert nämlich das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer, der sich gegen eine Versetzungsmaßnahme i.R.d. § 12 BAT wendet, macht dagegen arbeitsvertragliche Ansprüche geltend, soweit es die bisherigen Regelungen in seinem Arbeitsvertrag betrifft, bzw. die gesetzlichen Beschränkungen des Direktionsrechts i.R.d. §§ 315 Abs. 3, 242 BGB (vgl. hierzu Uttlinger/Breier, a.a.O., § 70 BAT Anm. 15).

Bei der Verwirkung handelt es sich um einen Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung, der dann gegeben ist, wenn infolge der verspäteten Geltendmachung eines Rechtes dies dem Gegner nach Treu und Glauben nicht mehr zugemutet werden kann. Die Verwirkung setzt neben dem Zeitablauf (Zeitmoment) ein bestimmtes Verhalten des Gläubigers voraus, auf das sich der Schuldner eingerichtet hat (Umstandsmoment). Beim Schuldner muss die berechtigte Annahme hervorgerufen werden, der Gläubiger werde seine Rechte nicht mehr geltend machen und die Erfüllung des verspätet geltend gemachten Rechts muss nach dem Grundsatz von Treu und Glauben dem Schuldner nunmehr unzumutbar geworden sein (so Uttlinger/Breier, a.a.O.).

Der materiellrechtlichen bzw. prozessrechtlichen Verwirkung unterliegt insbesondere auch das Recht, die Unwirksamkeit einer Versetzung geltend zu machen, die sich unmittelbar auf das Arbeitsverhältnis ausgewirkt hat. Für ein gebotenes zeitnahes Tätigwerden des hiervon betroffenen Arbeitnehmers sprechen die sich aus §§ 2, 4, 7 KSchG ergebenden gesetzlichen Wertungen. Danach ist bei einseitigen Maßnahmen, die den Inhalt und den Bestand des Arbeitsverhältnisses betreffen, alsbald für Rechtsklarheit zu sorgen. b) Auch bei Kündigungen außerhalb des Anwendungsbereiches der §§ 4, 7 KSchG muss deren Unwirksamkeit zeitnah geltend gemacht werden, ansonsten der Arbeitnehmer dieses Recht verwirkt (vgl. zur Altfassung der §§ 4, 7 KSchG: KR-Rost, 5. Aufl., § 7 Rz. 36 ff.). Dies gilt auch bei einer Änderungskündigung, durch die der Arbeitgeber lediglich den Inhalt des Arbeitsverhältnisses verändern möchte, wenn der Arbeitnehmer hiermit nicht einverstanden ist.

Gleiches gilt für die Verteidigung des Arbeitnehmers gegen eine von ihm abgelehnte Änderung der Arbeitsbedingungen, die der Arbeitgeber durch Ausübung seines Direktionsrechts herbeigeführt hat.

Verfügt der Arbeitgeber unter Berufung auf sein Weisungsrecht (hier: unter Bezugnahme auf § 12 Abs. 1 BAT) eine Änderung der Arbeitsbedingungen, insbesondere eine Versetzung, kann der Arbeitnehmer sich hiergegen mit einer Feststellungsklage wehren (vgl. KR-Rost, 7. Aufl., § 2 KSchG Rz. 44). Der Arbeitnehmer kann entweder auf Feststellung klagen, er sei zur Befolgung der Weisung nicht verpflichtet oder er sei nur mit bestimmten Tätigkeiten zu beschäftigen (vgl. LAG Nürnberg vom 10.09.2002 - 6(4) Sa 66/01 - LAGE Nr. 29 zu § 611 BGB Direktionsrecht; LAG Hamm vom 08.03.2005 - 19 Sa 2128/04 - n.v.).

Für diese Feststellungsklagen gilt die Klagefrist des § 4 KSchG weder unmittelbar noch entsprechend, da der Arbeitgeber keine (Änderungs-) Kündigung ausgesprochen hat, um in den Bestand des Arbeitsverhältnisses einzugreifen (so BAG vom 20.01.1960 - 4 AZR 267/59 - AP Nr. 8 zu § 611 BGB Direktionsrecht). Das Bundesarbeitsgericht bejaht in ständiger Rechtsprechung (Urteil vom 30.08.1995 - 1 AZR 47/95 - AP Nr. 44 zu § 611 BGB Direktionsrecht; Urteil vom 25.07.2002 - 6 AZR 31/00 - AP Nr. 62 zu § 611 BGB Direktionsrecht) für die Feststellungsklage des Arbeitnehmers gegen eine Direktionsmaßnahme des Arbeitgebers, durch die dieser in den bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses eingreift, ein gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliches Feststellungsinteresse. Dies wird mit dem rechtlichen Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Umfangs seiner Leistungspflicht bei entsprechendem Streit der Parteien begründet. Die Feststellungsklage wird als geeignet angesehen, die entstandene Unsicherheit über den Inhalt des Beschäftigungsverhältnisses zu beseitigen.

Hieraus wird ersichtlich, dass auch der Vertragspartner ein rechtliches Interesse daran hat, alsbald geklärt zu erhalten, was wirksamer Inhalt des Beschäftigungsverhältnisses geworden ist und ob die mit der Direktionsmaßnahme bezweckte Änderung des bisherigen Inhalts des Beschäftigungsverhältnisses akzeptiert wird oder nicht. Insoweit ergibt sich auch aus der Regelung in § 4 Satz 2 KSchG, dass nach Annahme unter Vorbehalt zwischen den Arbeitsvertragsparteien alsbald geklärt werden muss, ob die ausgesprochene Änderungskündigung zu einer wirksamen Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen geführt hat oder nicht. Auch bei vorläufiger Weiterarbeit unter den geänderten Arbeitsbedingungen muss nach Ausspruch einer Änderungskündigung zeitnah einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden, welche Arbeitsbedingungen für das fortgesetzte Arbeitsverhältnis rechtsverbindlich sind.

Eine vergleichbare Situation tritt nach Vornahme einer Direktionsmaßnahme ein, durch die eine Änderung der bisherigen Arbeitsbedingungen herbeigeführt werden soll. Auch diesbezüglich besteht ein berechtigtes Interesse beider Vertragsparteien, alsbald geklärt zu erhalten, was wirksamer Inhalt des Arbeitsverhältnisses geworden ist. Hiervon hängen nämlich eine Vielzahl weiterer Rechtsfolgen ab, wie die hier zwischen den Parteien streitigen Ansprüche auf Trennungsgeld und Schadensersatz zeigen. Infolge dessen kann eine gerichtliche Klärung des wirksamen Inhalts des Arbeitsverhältnisses nicht im freien Belieben der Vertragsparteien stehen, sondern besteht die Obliegenheit, diese zeitnah herbeizuführen, soweit der Inhalt des Beschäftigungsverhältnisses zwischen den Parteien streitig ist.

c) Der Kläger hat sich bezüglich der ausgesprochenen Versetzung nicht zeitnah um eine gerichtliche Klärung bemüht.

Nach übereinstimmender Angaben der Zeugen G..., E..., F... und I...wurden entweder noch vor der Versetzungsanordnung oder in engem zeitlichen Zusammenhang mit ihr die Fragen der Höherdotierung seines Dienstpostens in C..., die Problematik einer etwaigen Rückversetzung und der zeitnahen Neubesetzung seiner Stelle in C... besprochen. Wäre der Kläger deshalb mit einer Versetzung nach D... nicht einverstanden gewesen und hätte noch vor der Neubesetzung seiner Stelle in C... einen Verbleib an diesem Standort erwirken wollen, wäre es seine Obliegenheit gewesen, innerhalb der folgenden Wochen oder Monate diesbezüglich eine rechtliche Klärung herbeizuführen. Bis zur Wiederbesetzung seiner Stelle am 01.12.1994 hätte ihm hierfür ein ausreichender Zeitraum zur Verfügung gestanden. Der Kläger ist noch nicht einmal innerhalb von sechs Monaten (vgl. § 70 BAT) nach Wirksamwerden der Versetzungsmaßnahme tätig geworden. Nach Ablauf von mehr als sieben Jahren ist das für die Verwirkung erforderliche Zeitmoment gegeben.

Aufgrund des jahrelangen Untätigbleibens durfte die Beklagte davon ausgehen, der Kläger akzeptiere die Wirksamkeit der vorgenommenen Versetzungsmaßnahme. Er ist diesbezüglich nämlich nicht nur untätig geblieben, sondern hat in zwei Instanzen - bis zur Verkündung des Urteils des Landesarbeitsgerichts Nürnberg in dem Verfahren 9(3) Sa 1016/98 vom 22.03.2000 - in Zusammenhang mit der vorgenommenen Versetzung die Zahlung von Trennungsgeld gerichtlich geltend gemacht. Da sein Anspruch hierauf gerade die Wirksamkeit einer Versetzungsmaßnahme der Arbeitgeberin voraussetzt, ergibt sich daraus mittelbar, dass auch der Kläger von der wirksamen Änderung des Dienstortes durch die Versetzung vom 05.08.1994 ausgegangen ist. Hierdurch durfte beim Prozessgegner der Eindruck entstehen, die Versetzungsmaßnahme selbst werde nicht angegriffen, vielmehr hätte dem Kläger an Stelle der zugesagten Tragung der Umzugskosten lediglich Trennungsgeld gezahlt werden sollen. Selbst nach Verkündung des Urteils 2. Instanz in dem Vorprozess vergingen nochmals über zwei Jahre bis zur Einleitung des vorliegenden Verfahrens. Nachdem bisher nur die Nichtgewährung von Trennungsgeld vom Kläger im Klagewege beanstandet worden ist, musste die Beklagte nach Beendigung des Vorprozesses nicht mehr damit rechnen, die Rechtmäßigkeit der Versetzungsmaßnahme selbst werde vom Kläger im Klagewege in Zweifel gezogen.

Soweit der Kläger bisher lediglich außergerichtlich seinen Anspruch auf Rückversetzung geltend gemacht hat, wurde dies vom Kläger mit Zusagen von Mitarbeitern der Standortverwaltung C... begründet. Die Beklagte konnte daraus nicht zwingend ableiten, der Anspruch werde auf die Unwirksamkeit der Versetzungsmaßnahme selbst gestützt. Nachdem vom Kläger über Jahre lediglich sein Anspruch auf Trennungsgeld verfolgt worden, nicht jedoch die Versetzung selbst gerichtlich durch eine gebotene Feststellungsklage angegriffen worden ist, musste der Eindruck entstehen, diese werde letztlich nicht in Zweifel gezogen.

Nach so langer Zeit der Untätigkeit ist der Beklagten nicht zuzumuten, vom Kläger mit der behaupteten Unwirksamkeit der Versetzung aus dem Jahre 1994 konfrontiert zu werden. Die Beklagte hat bereits vor Jahren über den bisherigen Dienstposten des Klägers in C... verfügt. Auch der dortige Stelleninhaber genießt Vertrauensschutz. Es bestehen auch erhebliche wirtschaftliche Interessen der Beklagten an der Beibehaltung des Status quo sowohl beim Kläger als auch bei dem neuen Stelleninhaber, denn jede Korrektur der vorgenommenen personellen Maßnahmen löst zusätzliche finanzielle Ansprüche der betroffenen Mitarbeiter aus. Hinzu kommt, dass der Kläger in Zusammenhang mit der gerügten Unwirksamkeit der Versetzung selbst einen Schadensersatzanspruch in erheblicher Höhe geltend macht. Dies kann der Arbeitgeberin nicht zugemutet werden, denn die Höhe der finanziellen Ansprüche des Klägers hinge vom Grad seiner eigenen Nachlässigkeit ab.

Aus diesem Grund unterbindet die Verwirkung des Rechts, die Unwirksamkeit einer Versetzungsmaßnahme erst nach vielen Jahren gerichtlich geltend zu machen, dass das unzulässige Zuwarten beim Vertragspartner in steigendem Maße zu rechtlichen und finanziellen Nachteilen führt.

3. Dem Kläger stehen gegenüber der Beklagten die geltend gemachten Schadenersatzansprüche nicht zu. Die Versetzung nach D... zum 01.09.1994 gilt als rechtswirksam, denn der Kläger hat zeitnah die Unwirksamkeit dieser Versetzungsmaßnahme nicht gerichtlich geltend gemacht, wie oben bereits ausgeführt worden ist. Insofern stehen ihm die geltend gemachten Schadensersatzansprüche bereits dem Grunde nach nicht zu, denn auf eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten in Zusammenhang mit der vorgenommenen Versetzung kann sich der Kläger nicht mehr berufen.

Im Übrigen kann hinsichtlich des Verfalls der geltend gemachten Zahlungsansprüche auf die Ausführungen im Ersturteil verwiesen werden.

In diesem Zusammenhang kann der Kläger nicht der Beklagten ein treuwidriges Verhalten gemäß § 242 BGB vorwerfen, wenn sich diese auf eine tarifliche Regelung beruft, die im Interesse der Rechtssicherheit eine schnelle Klärung strittiger Punkte verlangt. Der Kläger selbst hat in Bezug auf die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Versetzung ein illoyales verspätetes Verhalten an den Tag gelegt, das die Berufung auf die tariflichen Verfallfrist gerade erfordert.

III.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass, § 72 Abs. 1 und 2 ArbGG. Dem Rechtsstreit kommt über die Beurteilung des Einzelfalles keine grundsätzliche Bedeutung zu.

Ende der Entscheidung

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