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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 27.08.2004
Aktenzeichen: 9 Ta 62/04
Rechtsgebiete: ArbGG, ArbNErfG


Vorschriften:

ArbGG § 2 Abs. 1 Ziff. 3a
ArbGG § 2 Abs. 2
ArbNErfG § 2
ArbNErfG § 3
ArbNErfG § 20
ArbNErfG § 39
Für Vergütungsklagen des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber wegen eines betrieblichen Verbesserungsvorschlages ergibt sich die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Gerichten für Arbeitssachen aus § 2 Abs. 1 Ziff. 3a ArbGG, in Bezug auf einfache technische Verbesserungsvorschläge i.S.d. § 20 Abs. 2 ArbNErfG und sonstige (nicht-technische) Verbesserungsvorschläge, und aus § 2 Abs. 2a ArbGG, soweit es sich um einen qualifizierten technischen Verbesserungsvorschlag i.S.d. § 20 Abs. 1 ArbNErfG handelt.
LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG BESCHLUSS

9 Ta 62/04

in dem Rechtsstreit

wegen Arbeitsentgelt

hier: Rechtswegzuständigkeit

Die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg hat durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Roth ohne mündliche Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 11.11.2003 - Az.: 9 Ca 8366/03 - abgeändert.

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen wird für zulässig erklärt.

Gründe:

I.

Der bei der Beklagten von 1970 bis 2003 beschäftigte Kläger begehrt mit seiner am 16.09.2002 zum Arbeitsgericht Nürnberg erhobenen Klage Vergütung für zehn von ihm eingereichte Verbesserungsvorschläge. Er stützt seinen Anspruch auf das bei der Beklagten geltende "3i-Programm".

Das Arbeitsgericht Nürnberg hat im Kammertermin vom 14.10.2003 auf Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges hingewiesen. Der Kläger hat hierzu erklärt, es handle sich sämtlich um keine technischen Verbesserungsvorschläge und er mache keinerlei Ansprüche unter urheberrechtlichen Gesichtspunkten geltend.

Mit Beschluss vom 11.11.2003 hat das Arbeitsgericht Nürnberg festgestellt, dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet ist, und hat den Rechtsstreit an das Landgericht Nürnberg-Fürth verwiesen.

Gegen den ihnen am 18.11.2003 zugestellten Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Telefax vom 24.11.2003 sofortige Beschwerde beim Arbeitsgericht Nürnberg eingelegt und sie innerhalb er ihnen gewährten Fristverlängerung mit weiterem Telefax vom 22.12.2003 begründet.

Das Arbeitsgericht Nürnberg hat mit Beschluss vom 02.03.2004 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt.

Auf gerichtlichen Hinweis hat der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 27.05.2004 klargestellt, dass er nicht geltend macht, bei den streitgegenständlichen Verbesserungsvorschlägen handle es sich um Arbeitnehmererfindungen im Sinne des § 2 ArbNErfG oder sogenannte qualifizierte technische Verbesserungsvorschläge i.S.d. § 20 Abs. 1 ArbNErfG. Er mache in diesem Verfahren auch keine urheberrechtlichen Ansprüche geltend. Er begehre alleine für sogenannte nicht-technische Verbesserungsvorschläge die Vergütung, die im Rahmen der geltenden Regelungen des betrieblichen Vorschlagswesens von der Beklagten geschuldet sei.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte Bezug genommen.

II.

1. Die gegen den Verweisungsbeschluss eingelegte sofortige Beschwerde ist statthaft, §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG, und form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 78 Satz 1 ArbGG, 569 ZPO. 2. Die Beschwerde ist sachlich begründet.

Sie führt zur Abänderung des angegriffenen Beschlusses und der Feststellung der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges, denn dieser ist gemäß § 2 Abs. 1 Ziff. 3 a ArbGG eröffnet.

Der Kläger, der bei der Beklagten unstreitig als Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG beschäftigt war, macht Vergütungsansprüche aus dem bestandenen Arbeitsverhältnis geltend. Seine Zahlungsansprüche stützt er auf die bei der Beklagten geltenden Regelungen über das betriebliche Vorschlagswesen (sogenanntes 3i-Programm).

Für solche Ansprüche sind gemäß § 2 Abs. 1 Ziff. 3 a ArbGG die Gerichte für Arbeitssachen zuständig, soweit nicht aufgrund der Spezialregelungen in §§ 39 Abs. 1 ArbNErfG bzw. 104 Satz 1 UrhG der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet wird und nicht die besondere Zuständigkeitsregelung des § 2 Abs. 2 ArbGG greift (vgl. hierzu BAG vom 30.04.1965 - 3 AZR 291/63 - AP Nr. 1 zu § 20 ArbNErfG).

Dies ist hier nicht der Fall, denn der Kläger hat im Beschwerdeverfahren ausdrücklich klargestellt, dass seine Verbesserungsvorschläge keine patent- oder gebrauchsmusterfähigen Erfindungen i.S.d. § 2 ArbNErfG sind, es sich bei ihnen auch um keine sogenannten qualifizierten technischen Verbesserungsvorschläge i.S.d. § 20 Abs. 1 ArbNErfG handelt und er für sich keinerlei Ansprüche aus dem Urheberrechtsgesetz ableitet. Damit scheidet eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte nach § 39 ArbNErfG und § 104 Satz 1 UrhG ebenso aus wie die Sonderregelungen des ArbNErfG für qualifizierte technische Verbesserungsvorschläge i.S.d. § 20 Abs. 1 ArbNErfG.

Für sogenannte einfache technische Verbesserungsvorschläge greifen keine Sonderregelungen des ArbNErfG, vielmehr bleibt gemäß § 20 Abs. 2 ArbNErfG die Behandlung dieser technischen Verbesserungsvorschläge kollektivvertraglichen Regelungen vorbehalten. Hiervon wurde bei der Beklagten mit dem 3i-Programm Gebrauch gemacht. Ob es sich bei den von dem Kläger eingereichten Verbesserungsvorschlägen um einfache technische Verbesserungsvorschläge i.S.d. § 20 Abs. 2 ArbNErfG handelt oder um sonstige (nicht-technische) Verbesserungsvorschläge ist unerheblich. Für beide enthält das ArbNErfG keine materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Regelungen. Insoweit stellt sich keine Kollision zwischen der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gemäß § 2 Abs. 1 Ziff. 3 a ArbGG und den Vorschriften des ArbNErfG und Urheberrechtsgesetzes. Aus dem gleichen Grund braucht auf die Sonderregelung in § 2 Abs. 2 ArbGG nicht zurückgegriffen zu werden und es verbleibt bei dieser Art der Verbesserungsvorschläge bei der allgemeinen Regelung des § 2 Abs. 1 Ziff. 3 a ArbGG (vgl. Schaub in AR-Blattei-SD, Nr. 1760, Anm. 131; Bartenbach/Volz, ArbNErfG, § 39 Rz 27; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 4. Aufl., § 2 Rz 114).

Zu Unrecht sieht das Erstgericht in § 2 Abs. 2 eine Sonderregelung für alle Arten des betrieblichen Vorschlagswesens und leitet bei anderen als den in § 2 Abs. 2 ausdrücklich genannten Verbesserungsvorschlägen die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte an. Statt dessen werden, soweit nicht Sonderregelungen des ArbNErfG und des Urheberrechtsgesetzes entgegenstehen, arbeitsrechtliche Ansprüche aufgrund einzel- oder kollektivvertraglicher Regelungen über das betriebliche Vorschlagswesen von § 2 Abs. 1 Ziff. 3 a ArbGG erfasst (so bereits das BAG aaO). Mit dem hier streitgegenständlichen "3i-Programm" haben sich nach Bejahung ihrer Zuständigkeit bereits die örtlichen Arbeitsgerichte befasst (vgl. Landesarbeitsgericht Nürnberg vom 25.10.2000 - 3 Sa 50/00 - n.v.).

III.

1.

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts kann ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter erfolgen, § 78 Satz 3 ArbGG. 2. Eine gesonderte Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, denn die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind Teil der Kosten des geführten Rechtsstreits.

Ende der Entscheidung

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