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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 11.06.2008
Aktenzeichen: 1 Ta 108/08
Rechtsgebiete: RVG, GKG, ZPO


Vorschriften:

RVG § 33
RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 4 Satz 3
GKG § 42 Abs. 3
GKG § 42 Abs. 4 Satz 1
GKG § 42 Abs. 4 Satz 2
ZPO § 308
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 23.04.2008 - 2 Ca 1684/07 - wie folgt abgeändert: Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird auf 18.564,10 EUR festgesetzt. 2. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben. Gründe:

I. Die Beschwerdeführerin begehrt die Festsetzung eines niedrigeren Gegenstandswerts im Zusammenhang mit einem Änderungskündigungsschutzrechtsstreit. Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 10.03.1986 als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Ihr Bruttomonatsgehalt betrug zuletzt 1.791,28 EUR, was der Gehaltsgruppe K 4 des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Rahmentarifvertrags für kaufmännische und technische Angestellte im Dachdeckerhandwerk in der Fassung vom 09.12.1994 entspricht. Mit Schreiben vom 07.11.2007 sprach die Beklagte der Klägerin eine Änderungskündigung aus, verbunden mit dem Angebot, das Arbeitsverhältnis ab dem 01.07.2008 zu geänderten Bedingungen, insbesondere einer niedrigeren Vergütung entsprechend der tariflichen Gehaltsgruppe K 3, fortzusetzen. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot mit Schreiben vom 27.11.2007 unter Vorbehalt an und erhob mit Schriftsatz vom selben Tage Änderungskündigungsschutzklage. Darin beantragte sie u. a. sinngemäß, 1. die Unwirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen festzustellen; 2. die Beklagte zur Erteilung von korrigierten Lohnabrechnungen für die Monate August, September und Oktober 2007 zu verurteilen sowie zur Zahlung des Nettobetrages, der einem Bruttobetrag von 357,84 EUR entspricht; 3. die Verpflichtung der Beklagten festzustellen, der Klägerin für die Zeit ab November 2007 monatliche Lohnabrechnungen über ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 1.791,28 EUR zu erteilen und den sich daraus ergebenden Nettobetrag in Höhe von 1.398,48 EUR an sie auszuzahlen. Mit Schriftsatz vom 03.01.2008 erweiterte die Klägerin ihre Klage und beantragte sinngemäß, 4. die Beklagte zur Abrechnung von 321,5 Überstunden sowie zur Auszahlung des sich daraus ergebenden Nettobetrages zu verurteilen; 5. die Beklagte zur Vorlage einer Lohnabrechnung für den Monat November 2007 zu verurteilen. Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten der Klägerin hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 23.04.2008 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Parteien auf 59.269,12 EUR festgesetzt. Dabei hat es den Änderungskündigungsschutzantrag mit 3.582,56 EUR (zwei Bruttomonatsgehältern) angesetzt, den Zahlungsantrag zu 2) in der bezifferten Höhe, den Feststellungsantrag zu 3) mit 48.364,56 EUR (36 x 1.791,28 EUR abzüglich eines Feststellungsabschlags in Höhe von 25 %), die Geltendmachung der Überstunden mit 6.696,56 EUR (321,5 x 20,83 EUR) und den Abrechnungsantrag zu 5) mit 50,00 EUR. Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 08.05.2008 form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Gegenstandswert zu verringern. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, der Änderungskündigungsschutzantrag sei mit der 36-fachen Differenz der in Folge der Änderung zu erwartenden Bruttomonatsvergütung anzusetzen (36 x 119,28 EUR = 4.294,08 EUR), ebenso wie der unter Ziffer 3) geltend gemachte Feststellungsantrag. Hinsichtlich der Erteilung der korrigierten Lohnabrechnungen sei ein Betrag von 750,00 EUR anzusetzen (3 x 250,00 EUR), für den unter Ziffer 4) gestellten Antrag hinsichtlich der geleisteten Überstunden in Folge des bei der Berechnung noch nicht berücksichtigten Überstundenzuschlags insgesamt 8.400,79 EUR (321,5 x 26,13 EUR) sowie für den Antrag auf Vorlage der Lohnabrechnung für November 2007 250,00 EUR. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. II. Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstands von 200,00 EUR und ist auch sonst zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg. 1. Hinsichtlich des Änderungskündigungsschutzantrags zu 1) war der Gegenstandswert lediglich mit 1 1/2 Bruttomonatsgehältern (1,5 x 1.791,28 EUR = 2.686,92 EUR) festzusetzen. Nimmt der Arbeitnehmer eine auf reduzierte Vergütung abzielende Änderungskündigung unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung an, so ist hinsichtlich des Gegenstandswerts in entsprechender Anwendung der Regelungen in § 42 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 und 2 GKG grundsätzlich vom dreifachen Jahresbetrag der monatlichen Vergütungsdifferenz auszugehen, höchstens jedoch vom Vierteljahresverdienst im Sinne von § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG (vgl. BAG, Beschluss vom 23.03.1989, DB 1989, 1880 (noch zu § 12 Abs. 7 ArbGG a. F.); LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 25.07.2007 - 1 Ta 179/07). Von dieser Obergrenze ist sodann im Hinblick auf die Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt ein Abschlag in Höhe von 50 % vorzunehmen, da in diesen Fällen nicht mehr der Bestand des Arbeitsverhältnisses als solcher in Streit steht, sondern lediglich einzelne Arbeitsbedingungen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 25.07.2007 - 1 Ta 179/07 m. w. N.). Aus diesem Grunde waren die für den Antrag zu 1) angesichts der langjährigen Beschäftigung der Klägerin bei der Beklagten an sich zu veranschlagenden drei Bruttomonatsgehälter noch einmal um die Hälfte zu kürzen. 2. Hinsichtlich des unter Ziffer 2) gestellten Antrags auf Erteilung der korrigierten Lohnabrechnungen für die Monate August bis Oktober 2007 hält das Beschwerdegericht im Streitfalle einen Gegenstandswert von 150,00 EUR (3 x 50,00 EUR) für ausreichend und angemessen. Insoweit besteht zu dem ebenfalls unter Ziffer 2) geltend gemachten Zahlungsantrag hinsichtlich der genannten drei Monate eine wirtschaftliche Teilidentität, da der Zahlungsantrag weiter geht und die entsprechende (korrigierte) Berechnung des Lohns voraussetzt. Dagegen kommt es bei der Gegenstandswertfestsetzung nicht auf die Begründetheit des Antrags auf Lohnabrechnung an. 3. Für den unter Ziffer 3) gestellten Feststellungsantrag war lediglich ein Bruttomonatsgehalt zu veranschlagen. Beantragt der Arbeitnehmer neben einem Kündigungsschutzantrag im Wege der objektiven Klagehäufung die Feststellung, dass der Arbeitgeber zur Erbringung wiederkehrender Leistungen (§§ 258, 259 ZPO) verpflichtet sei, so ist der letztgenannte Feststellungsantrag zwar grundsätzlich mit dem 36-fachen Bezugswert zu bewerten. Jedoch wirkt sich der soziale Schutzzweck des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG in diesen Fällen dahingehend aus, dass er den Wert des zusätzlichen Feststellungsantrages auf ein Bruttomonatsgehalt beschränkt (vgl. dazu LAG Hamm, Beschluss vom 30.01.2002, NZA-RR 2002, 380 ff; Arbeitsrechtslexikon/Schwab, Streitwert/Gegenstandswert, II 2). Diese Begrenzung ergibt sich daraus, dass vom Zeitpunkt der Antragstellung aus betrachtet Ansprüche auf künftige wiederkehrende Leistungen vom Ausgang des gleichzeitig gestellten Kündigungsschutzantrages abhängen und die vom Gesetzgeber vorgesehene Gegenstandswertprivilegierung insoweit auch für den Antrag auf wiederkehrende Leistungen angemessen berücksichtigt werden muss. Daher war der Gegenstandswert für die unter Ziffer 3) gestellten Anträge (36 x 119,28 EUR = 4.294,08 EUR) auf ein Bruttomonatsgehalt (1.791,28 EUR) zu begrenzen. Diese Begrenzung ist jedenfalls in einem solchen Fall vorzunehmen, wenn - wie vorliegend - der Zahlungsantrag ausschließlich mit der Begründetheit bzw. Unbegründetheit der Änderungskündigung steht und fällt. 4. Hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Überstunden war der Gegenstandswert auf 8.400,79 EUR (321,5 x 26,13 EUR) zu erhöhen, da die Klägerin im Beschwerdeverfahren das richtigerweise zu berücksichtigende höhere Entgelt einschließlich des Überstundenzuschlags dargelegt hat. 5. Hingegen war für die unter Ziffer 5) begehrte Erteilung der Lohnabrechnung für November 2007 kein eigenständiger Gegenstandswert festzusetzen, da dieser Antrag bereits in dem Antrag zu Ziffer 3) vollständig enthalten war. Damit ergibt sich insgesamt ein Gegenstandswert, der den von der Beschwerdeführerin beantragten Wert jedenfalls nicht übersteigt. An der Festsetzung eines eventuellen noch niedrigeren Werts war das Beschwerdegericht gem. § 308 ZPO (ne ultra petita) in den Fällen von § 33 RVG gehindert. Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG nicht gegeben.

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