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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 20.07.2009
Aktenzeichen: 1 Ta 171/09
Rechtsgebiete: RVG


Vorschriften:

RVG § 23 Abs. 3 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 17.06.2009 - 1 BVGa 6/09 wird zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Beschwerdeführern auferlegt. 3. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben. Gründe:

I. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren begehren die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes. Der Betriebsrat hat mit einer am 16.01.2009 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangenen Antragsschrift den Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrt mit dem Ziel, zwei Mitglieder des örtlichen Betriebsrats, die Beteiligten zu 2 und zu 3, zu einer dreitägigen Betriebsräteversammlung entsenden zu können. Hierzu hat der Betriebsrat folgenden Antrag gestellt: "Die Beteiligte zu 4 (Arbeitgeberin) wird verurteilt, die Beteiligten zu 2.) und 3.) für die Teilnahme an der Betriebsräteversammlung vom 27.01.2009 bis 29.01.2009 in G-Stadt von der Arbeitsverpflichtung und von den Kosten für die Unterbringung und Verpflegung sowie den Fahrtkosten freizustellen". Hintergrund des Verfahrens war die Übernahme der Arbeitgeberin von zahlreichen Warenhäusern eines bisherigen Konkurrenzunternehmens. Da die Arbeitgeberin sich bundesweit gegen die Durchführung der fraglichen Betriebsräteversammlung ausgesprochen hatte, haben zahlreiche Betriebsräte einschlägige einstweilige Verfügungen bei verschiedenen Arbeitsgerichten begehrt. Unter anderem hat auch der Gesamtbetriebsrat ein einschlägiges Verfahren vor dem Arbeitsgericht Mainz für insgesamt 40 Gesamtbetriebsratsmitglieder anhängig gemacht gehabt. Nachdem das Arbeitsgericht Mainz im Verfahren des Gesamtbetriebsrates den Antrag zurückgewiesen hatte, hat der Betriebsrat am 23.01.2009 den vorliegenden Antrag zurückgenommen, nachdem der Gesamtbetriebsrat beschlossen hatte, die fragliche Tagung nicht durchzuführen. Nach Anhörung aller Beteiligter hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 17.06.2009 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats auf 2.500,00 Euro festgesetzt. Hierzu hat es angegeben, der Freistellungsantrag sei mit dem "Regelwert" von 4.000,00 Euro zu bewerten und an Teilnahmekosten entstünden rund 1.000,00 Euro. Wegen des einstweiligen Verfügungsverfahrens sei der Gesamtwert zu halbieren. Gegen diesen Beschluss haben die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, wegen der besonderen Bedeutung der Angelegenheit sei der doppelte Regelwert anzunehmen. Hierfür könne allenfalls ein Abschlag in Höhe von einem Drittel oder einem Viertel wegen des einstweiligen Verfügungsverfahrens vorgenommen werden. Das Arbeitsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und hat es dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. II. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstandes von 200,00 Euro und ist auch sonst zulässig. In der Sache ist das Rechtsmittels jedoch unbegründet. Der vom Arbeitsgericht festgesetzte Wert von 2.500,00 Euro ist allenfalls zu hoch, jedoch keineswegs zu niedrig. Nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG ist der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen, soweit er sich aus den Bestimmungen des RVG und GKG nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht. Nur in Fällen der Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 4.000,00 Euro, nach Lage des Falles nicht niedriger als 300,00 Euro aber auch nicht höher als 500.000,00 Euro festzusetzen. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Gerichts (LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 18.05.2006 - 2 Ta 79/06, zuletzt Beschl. v. 02.06.2009 - 1 Ta 125/09) stellt der Wert von 4.000,00 Euro keinen Regelwert dar, von dem nur unter bestimmten Umständen abgewichen werden kann, sondern aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts nur einen Hilfswert, auf den nur zurückzugreifen ist, wenn alle Möglichkeiten für eine individuelle Bewertung ausgeschöpft sind. Anhaltspunkte für eine solche Bewertung ergeben sich aus der wirtschaftlichen Interessenlage der Beteiligten, der Bedeutung, dem Umfang und der Schwierigkeit der Sache sowie dem objektiven Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts im Einzelfall. Das Arbeitsgericht ist ohne nähere Prüfung davon ausgegangen, der "Freistellungsantrag" sei mit dem "Regelwert" von 4.000,00 Euro zu bewerten. Wenngleich dem Arbeitsgericht zu zubilligen ist, dass viele Streitigkeiten, die im Beschlussverfahren zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber auszutragen sind, nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten im Sinne von § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG darstellen, so gilt dies jedoch nicht immer. Geht es nicht nur um Rechte des Betriebsrats, sondern um finanzielle Ansprüche, dann handelt es sich hierbei oftmals um vermögensrechtliche Streitigkeiten, weil die Beteiligten letztlich um Geld streiten und nicht nur um die Wahrung von Betriebsratsrechten. Aber selbst bei nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist aufgrund des Gesetzeswortlautes stets zu prüfen, ob im Einzelfall keine einschlägigen Wertvorschriften für die Ermessensausübung herangezogen werden können. Der Betriebsrat hat mit seinem Antrag verlangt, dass die Arbeitgeberin die beiden Betriebsratsmitglieder von der "Arbeitsverpflichtung" und von näher bezeichneten Kosten (Unterbringung, Verpflegung, Fahrtkosten) freistellt. Dieses Vorgehen war bezüglich der Freistellung von der Arbeit notwendig, um gegebenenfalls die beiden Betriebsratsmitglieder nicht dem Vorwurf auszusetzen, sie hätten ohne ausreichenden Grund ihre Arbeit verweigert. Insoweit war im Antrag noch nicht mal die Rede davon, die beiden Betriebsratsmitglieder auch "bezahlt" von der Arbeitsverpflichtung freizustellen. Wenngleich ein solches Begehren in vielen Fällen dem tatsächlichen Vorbringen des Betriebsrates entnommen werden mag, so war von einer Bezahlung vorliegend nicht die Rede. Wenn schon die bezahlte Freistellung allenfalls mit dem Lohn von drei Arbeitstagen zu bewerten gewesen wäre (Beschl. der Kammer v. 02.06.2008 - 1 Ta 80/08), dann ist es nicht gerechtfertig, ein weniger mit 4.000,00 Euro zu bewerten. Dass die beiden Betriebsratsmitglieder zusammen für drei Tage einen Verdienstausfall von 4.000,00 Euro haben, hiervon ist auch das Arbeitsgericht nicht ausgegangen. Es hat seine Entscheidung nur auf einen nicht existierenden "Regelwert" gestützt. Bezüglich der Bewertung von Grund und Höhe der im einzelnen genannten Kosten bestehen zwischen den Beteiligten keine unterschiedlichen Auffassungen. Hier hat das Arbeitsgericht auch den tatsächlichen Wert seiner Entscheidung zu Grunde gelegt. Ob im Streitfalle tatsächlich ein Abschlag von 50 % des Gesamtwertes vorzunehmen gewesen wäre, mag angesichts des Umstandes, dass es sich bei dem einstweiligen Verfügungsverfahren teilweise um eine endgültige Regelung gehandelt hat, dahingestellt bleiben. Nach alledem ist der vom Arbeitsgericht angenommene Gesamtwert von 2.500,00 Euro nicht zu niedrig, denn alle Kosten zusammengenommen - selbst wenn man keinen Abschlag vornehmen sollte - belaufen sich nicht auf einen höheren Wert. Die unbegründete Beschwerde war daher zurückzuweisen. Eine Abänderung des vom Arbeitsgericht nach Ansicht der Beschwerdekammer allenfalls zu hoch angesetzten Gegenstandswertes war der Beschwerdekammer verwehrt, da im Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG, anders als im Beschwerdeverfahren nach § 68 Abs. 1 GKG, das Verbot der reformatio in peius gilt (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 12.02.2008 - 1 Ta 282/07). Die Beschwerdeführer haben nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Das Beschwerdeverfahren von § 33 Abs. 3 RVG ist auch im Beschlussverfahren nicht gebührenfrei. Die Kostenfreiheit aus § 2 Abs. 2 GKG für das Beschlussverfahren gilt nicht für das völlig anders geartete Gebühreninteresse des Rechtsanwalts (ständige Rechtsprechung der Kammer; LAG Köln BB 2001, 831; LAG Hamm, NZA-RR 2007, 491; a.A. LAG Mecklenburg-Vorpommern, NZA 2001, 1160). Ein Rechtsmittel ist gegen diesen Beschluss nach § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG nicht gegeben.

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