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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 04.03.2008
Aktenzeichen: 1 Ta 26/08
Rechtsgebiete: RVG, GKG, ArbGG, BetrVG, KSchG
Vorschriften:
RVG § 23 | |
RVG § 23 Abs. 1 | |
RVG § 23 Abs. 3 Satz 1 | |
RVG § 23 Abs. 3 Satz 2 | |
RVG § 33 Abs. 3 | |
RVG § 33 Abs. 9 | |
GKG § 2 Abs. 2 | |
GKG § 3 Abs. 2 | |
ArbGG § 2 a | |
ArbGG §§ 80 ff. | |
BetrVG § 87 Abs. 1 | |
KSchG § 17 Abs. 1 |
Tenor:
1. Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 03.01.2008 - 3 BV 18/07 - wird auf Kosten der Beschwerdeführer zurückgewiesen.
2. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführer begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes im Zusammenhang mit einem Beschlussverfahren, das die Anwendbarkeit einer zwischen der Antragsgegnerin (im Folgenden: Arbeitgeberin) und dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat abgeschlossenen Betriebsvereinbarung im örtlichen Betrieb zum Gegenstand hat.
Die Arbeitgeberin unterhält vier Werke, darunter auch das in Frankenthal, in welchem ca. 130 Beschäftigte arbeiten. Für diese vier Werke wurde bei der Arbeitgeberin ein Gesamtbetriebsrat gebildet. Dieser schloss mit ihr unter dem 07.07.2005 eine Betriebsvereinbarung "Jährliches Mitarbeitergespräch - Tarif - ", in welcher die Einführung, Ziele und nähere Ausgestaltung von jährlichen Mitarbeitergesprächen in den Werken der Arbeitgeberin näher beschrieben werden. Diese Betriebsvereinbarung galt in persönlicher Hinsicht nur für einen eingeschränkten Personenkreis, nämlich die tariflichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des sogenannten Overhead-Bereichs. Mit der (Gesamt-) Betriebsvereinbarung "Jährliches Mitarbeitergespräch - Tarif, 3. Stufe -" vom 15.12.2006 wurde der Geltungsbereich der erstgenannten Betriebsvereinbarung auf sämtliche tariflichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der vier Werke der Arbeitgeberin erweitert.
Gegen die Anwendbarkeit und Umsetzung dieser beiden Betriebsvereinbarungen im wendete sich der dort gebildete örtliche Betriebsrat und leitete am 11.07.2007 ein Beschlussverfahren ein, in dem er sinngemäß beantragte,
1. festzustellen, dass die beiden vom Gesamtbetriebsrat mit der Arbeitgeberin abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen über das jährliche Mitarbeitergespräch auf den Betrieb P keine Anwendung finden;
2. der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, Mitarbeitergespräche im auf Grundlage dieser Betriebsvereinbarungen durchzuführen, hilfsweise, die Anwendung der beiden Betriebsvereinbarungen im zu unterlassen.
Zur Begründung führte der Antragsteller, der örtliche Betriebsrat, im Wesentlichen an, er habe bereits am 12.05.2005 den Beschluss gefasst, dem Gesamtbetriebsrat das diesem zunächst erteilte Mandat, auch in seinem Namen über eine Betriebsvereinbarung hinsichtlich jährlicher Mitarbeitergespräche zu verhandeln, wieder zu entziehen. Zudem fehle es insoweit auch an einer originären Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats.
Mit bei Gericht am 27.08.2007 eingegangenem Schriftsatz erweiterte der Antragsteller das Verfahren und beantragte,
der Arbeitgeberin die Freistellung des Betriebsrats von den im vorliegenden Verfahren entstehenden Vergütungsansprüchen seiner Verfahrensbevollmächtigten aufzugeben, hilfsweise, eine entsprechende Freistellungsverpflichtung der Antragsgegnerin festzustellen.
Mit Beschluss vom 14.09.2007 gab das Arbeitsgericht dem Freistellungsantrag statt und wies die übrigen Anträge zurück.
Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des örtlichen Betriebsrats hat das Arbeitsgericht mit Beschuss vom 03.01.2008 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des örtlichen Betriebsrats auf 4.794,33 EUR festgesetzt. Dabei hat es für die Anträge zu Ziffer 1 und Ziffer 2 insgesamt den Hilfswert in Höhe von 4.000,00 EUR veranschlagt und für den Freistellungsantrag 794,33 EUR (als den auf Grundlage eines Verfahrenswerts von 4.000,00 EUR berechneten Gebühren nach dem RVG).
Gegen diesen ihnen am 22.01.2008 zugegangenen Beschluss haben die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats mit bei Gericht am 30.01.2008 eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Gegenstandswert für die zu Ziffer 1 und 2 gestellten Anträge mit 24.000,00 EUR, wenigstens aber mit 10.000,00 EUR festzusetzen, zuzüglich des sich auf dieser Grundlage ergebenden Werts für den Freistellungsantrag. Zur Begründung führen sie an, die Abgrenzung der Zuständigkeit von Gesamtbetriebsrat und Betriebsrat sei eine rechtlich erhebliche und für den örtlichen Betriebsrat äußerst bedeutsame Frage, weswegen der Hilfswert von 4.000,00 EUR erhöht werden müsse. Die besondere Bedeutung ergebe sich vorliegend auch daraus, dass alle Arbeitnehmer des Werkes P von dieser Frage betroffen seien. So habe auch das LAG Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 14.06.2007 - 1 Ta 116/07 - den Hilfswert angesichts der betroffenen höheren Anzahl von Mitarbeitern erhöht.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstands von 200,00 EUR und ist auch sonst zulässig.
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert zutreffend festgesetzt.
1.)
Hinsichtlich der zu Ziffer 1 und 2 gestellten Anträge war der Gegenstandswert mit 4.000,00 EUR zu veranschlagen. Grundsätzlich ist der Gegenstandswert, soweit er sich nicht aus den übrigen Regelungen des § 23 RVG ergibt und auch sonst nicht feststeht, gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nicht vermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 4.000,00 EUR, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000,00 EUR anzunehmen. Die Regelung des § 23 Abs. 1 RVG findet vorliegend schon deswegen keine Anwendung, weil im Beschlussverfahren nach § 2 Abs. 2 GKG i. V. m. §§ 2 a, 80 ff. ArbGG keine Gerichtskosten erhoben werden. Auch die in § 23 Abs. 3 Satz 1 RVG genannten Gebührentatbestände der Kostenordnung finden im Beschlussverfahren keine, auch keine entsprechende Anwendung (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17.07.2007 - 1 Ta 173/07). Da der Gegenstandswert auch sonst nicht feststeht und es sich bei den gestellten Anträgen um nichtvermögensrechtliche Streitgegenstände handelt, da sie weder auf einer vermögensrechtlichen Beziehung beruhen noch auf Geld oder Geldeswert gerichtet sind, bestimmt sich der Gegenstandswert insoweit nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG.
Nach ständiger Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17.07.2007 - 1 Ta 173/07; Beschluss vom 14.06.2007 - 1 Ta 147/07) stellt der Wert von 4.000,00 EUR dabei keinen Regelwert dar, von dem nur unter bestimmten Umständen abgewichen werden kann, sondern vielmehr einen Hilfswert, auf den nur dann zurückzugreifen ist, wenn alle Möglichkeiten für eine individuelle Bewertung ausgeschöpft sind. Solche Anhaltspunkte ergeben sich aus der wirtschaftlichen Interessenlage der Beteiligten, inwieweit durch das Beschlussverfahren finanzielle Ansprüche einzelner Arbeitnehmer berührt werden, aus der Bedeutung, dem Umfang und der Schwierigkeit einer Sache. Auch ist der objektive Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts im Einzelfall nicht ganz außer Acht zu lassen.
Danach kam eine Erhöhung des Hilfswertes vorliegend nicht in Betracht. Sowohl der unter Ziffer 1 wie auch der unter Ziffer 2 gestellte Antrag zielt auf die Frage der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats und damit die Anwendbarkeit der Betriebsvereinbarungen vom 07.07.2005 und 15.12.2006 im ab. Diese Rechtsfrage hängt aber, worauf das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat, weder von der Werksgröße noch von der Anzahl der dort beschäftigten Arbeitnehmer ab. Sie erfasst per se alle Arbeitnehmer, so dass allein im Hinblick hierauf eine Erhöhung des Hilfswerts nicht gerechtfertigt erscheint. Darin liegt entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer auch kein Widerspruch zum Beschluss der Kammer vom 14.06.2007 (1 Ta 116/07). Zwar wurde der Hilfswert dort angesichts der betroffenen Anzahl von Arbeitnehmern um 2.000,00 EUR erhöht. Dies geschah jedoch im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Mitbestimmungsrechten bei betrieblichen Einzelmaßnahmen gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG. Es ging mithin um die Wahrung von Mitbestimmungsrechten in mehreren konkreten Einzelfällen, was mit der abstrakten Frage nach der Zuständigkeit von örtlichem Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat nicht gleichgesetzt werden kann. Ebenso vermag der Umstand, dass eine solche Zuständigkeitsfrage typischerweise Bedeutung über die Grenzen des einzelnen Betriebs hinaus erlangt, keine generelle Erhöhung des Hilfswertes zu rechtfertigen. Eine besondere Schwierigkeit der im vorliegenden Verfahren zu klärenden Rechtsfragen ist nicht ersichtlich und wurde von den Beschwerdeführern auch nicht vorgetragen.
Soweit andere Landesarbeitsgerichte den Streitwert im Hinblick auf die Abgrenzung der Zuständigkeit von örtlichem Betriebsrat und Gesamtbetriebsrat höher bemessen haben, haben sie ihre Entscheidung jeweils auf besondere, eine solche Erhöhung rechtfertigende Umstände gegründet. So ging es dort entweder um die betriebsverfassungsrechtliche Mitwirkung bei einer Betriebsänderung in Form eines Personalabbaus, der seiner Größenordnung nach bereits die Eingangsschwellenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG überschritt (LAG Hamm, Beschluss vom 05.03.2007 - 13 (6) Ta 787/06), oder um die Mitbestimmung bei der Kürzung von Vergütungsbestandteilen, die nach den Feststellungen des Gerichts für die betroffenen Arbeitnehmer erhebliche finanzielle Bedeutung besaßen und infolge der Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer auch für die Arbeitgeberin von herausgehobener Wichtigkeit waren (LAG Köln, Beschluss vom 06.03.2007 - 9 Ta 480/06). Zudem betonte das LAG Köln in seiner Entscheidung einen erheblichen Aufwand und eine überdurchschnittliche Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit. All diese besonderen Umstände sind vorliegend nicht dargetan oder sonst wie ersichtlich. Insbesondere regeln die streitgegenständlichen Betriebsvereinbarungen vom 07.07.2005 und 15.12.2006 keine finanziellen Rechte oder Ansprüche der Arbeitnehmer oder begründeten gar Einschnitte in diese. Vielmehr war Gegenstand der Betriebsvereinbarungen ausschließlich die Zielsetzung, Durchführung und Ausgestaltung von jährlichen Mitarbeitergesprächen.
Damit lagen hier keinerlei Anhaltspunkte für eine Erhöhung des Hilfswertes vor.
2.)
Demzufolge richtet sich der Gegenstandswert des Freistellungsantrags nach den anhand des RVG zu ermittelnden Kosten für die Verfahrensbevollmächtigten, wobei hierfür ein Gegenstandswert von 4.000,00 EUR zugrunde zu legen ist. Den vom Arbeitsgericht auf dieser Grundlage berechneten Wert von 794,33 EUR haben die Beschwerdeführer nicht angegriffen.
Nach alledem war die unbegründete Beschwerde zurückzuweisen. Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren berechnet sich nach Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG. Das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG ist anders als das Verfahren nach § 33 Abs. 9 RVG nicht gebührenfrei. Dies gilt auch im Beschlussverfahren (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26.11.2007 - 1 Ta 256/07). Die in § 2 Abs. 2 GKG bestimmte Kostenfreiheit der Gerichtsgebühren des Beschlussverfahrens erfasst nicht das sich anschließende Beschwerdeverfahren wegen des festgesetzten Gegenstandswerts (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26.11.2007 - 1 Ta 256/07; LAG Hamm, Beschluss vom 19.03.2007, NZA - RR 2007, 491; a. A. LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 16.11.2000, NZA 2001, 1160). Die Gerichtsgebühr haben die Beschwerdeführer gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG nicht gegeben.
Ende der Entscheidung
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