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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 21.04.2009
Aktenzeichen: 1 Ta 90/09
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 78
ZPO § 117 Abs. 3
ZPO § 120 Abs. 4 S. 2
ZPO § 127 Abs. 2 S. 2
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 572 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 19.02.2009 wird der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 03.04.2009 - 8 Ca 2809/07 - aufgehoben. 2. Das Verfahren wird an das Arbeitsgericht Koblenz zur erneuten Entscheidung über eine Abhilfe der Beschwerde zurückverwiesen. 3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. 4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Gründe:

I. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Aufhebung der ihr gewährten Prozesskostenhilfe. Mit Beschluss vom 21.02.2008 bewilligte das Arbeitsgericht Koblenz der Klägerin mit Wirkung vom gleichen Tage Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten für das von ihr vor dem Arbeitsgericht geführte Verfahren. Nachdem der Rechtspfleger am Arbeitsgericht Koblenz die Klägerin nach Abschluss des Verfahrens vergeblich dreimal aufgefordert hatte, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie Vorlage geeigneter Nachweise über ihre Einnahmen und Ausgaben darzulegen, hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom 13.01.2009 den Beschluss vom 21.02.2008 über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben. Gegen diesen, ihrem Prozessbevollmächtigten am 21.01.2009 zugestellten Beschluss legte die Klägerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 19.02.2009, Eingang beim Arbeitsgericht Koblenz am 20.02.2009, sofortige Beschwerde ein. In Anlage beigefügt war eine Gehaltsabrechnung für den Monat Dezember 2008, aus der sich ein Nettoverdienst von 450,26 € ergab. Ferner bat der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin, ihm eine Frist von zwei Wochen zur Vorlage einer ordnungsgemäßen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin zu gewähren. Mit Schreiben vom 20.02.2009 übersandte der Rechtspfleger dem Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin das Formular ZP 7 (formularmäßige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) mit der Bitte, die anliegende Erklärung durch seinen Mandanten ausfüllen zu lassen und mit entsprechenden Belegen über monatliche Belastungen und gegebenenfalls weitere Einkünfte oder Vermögenswerte dem Arbeitsgericht vorzulegen. Nachdem der Rechtspfleger mit Schreiben vom 13.03.2009 nochmals an die Erledigung seines Schreibens vom 08.02.2009 erinnert hatte, eine Reaktion der Beschwerdeführerin hierauf jedoch nicht erfolgte, hat der Rechtspfleger der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 03.04.2009 nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt. II. Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin ist nach §§ 78 ArbGG i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch sonst zulässig. Auch in der Sache hat das Rechtsmittel zumindest vorübergehenden Erfolg. Der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 03.04.2009 war aufzuheben, da die vom Rechtspfleger geforderte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu weitreichend war und über die der Beschwerdeführerin gesetzlich vorgegebenen Verpflichtung (§ 120 Abs. 4 S. 1 ZPO) hinausgeht. Das Gericht kann gegenüber einer Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt worden war, die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der Folgezeit wesentlich geändert haben (§ 120 Abs. 4 S. 1 ZPO). Eine derartige Überprüfungsmöglichkeit besteht für die Dauer von vier Jahren (§ 120 Abs. 4 S. 3 ZPO). In diesem Zusammenhang hat sich nach dem Wortlaut von § 120 Abs. 4 S. 2 die Partei auf Verlangen des Gerichts "darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist". Eine nähere inhaltliche Ausgestaltung der Erklärungspflicht erschließt sich aus dem Gesetzeswortlaut nicht. Jedoch steht aufgrund dieser Gesetzesfassung fest, dass eine nochmalige Ausfüllung des Formulars über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei im Sinne von § 117 Abs. 3 ZPO nicht besteht, da § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO gerade nicht auf § 117 Abs. 3 ZPO verweist, sondern lediglich bestimmt, dass sich die Partei "darüber zu erklären habe", ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten sei (LAG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 12.02.2008 - 3 Ta 2/08 -, Beschluss vom 04.09.2008 - 3 Ta 156/08 -, Beschluss vom 22.10.2008 - 6 Ta 180/08 -, Arbeitsrechtslexikon Schwab, Prozesskostenhilfe A VI). Zwar hat der Rechtspfleger im Streitfalle die Beschwerdeführerin nicht ausdrücklich vor Aufhebung des die Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschlusses aufgefordert, das vollständige Formular erneut auszufüllen, jedoch hat er bereits seinem ersten Schreiben vom 30.10.2008 ein solches Formular beigelegt, ohne die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, dass es ihr freistehe, das beigefügte Formular auszufüllen oder die geforderte Erklärung in sonstiger Weise abzugeben. Darüber hinaus hat der Rechtspfleger die Beschwerdeführerin aufgefordert, "möglichst umgehend die Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen". Zu einer solchen vollständigen Erklärung über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse war die Beschwerdeführerin indes nicht verpflichtet. Für die Frage, welche konkreten Angaben eine Partei bei der nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO abzugebenden Erklärung zu machen hat, ist zunächst auf den Gesetzeswortlaut abzustellen. Danach hat sich eine Partei "auf Verlangen des Gerichts" nur darüber zu erklären, ob eine Änderung ihrer Verhältnisse eingetreten ist. Darüber hinaus steht es dem Rechtspfleger frei, über die Erklärung hinsichtlich der Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse weitere konkrete Angaben von der Partei zu fordern und sich diese durch entsprechende ergänzende Belege von der Partei nachweisen zu lassen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.02.2009 - 1 Ta 17/09). Obwohl die Beschwerdeführerin auch auf die konkrete Nachfrage des Rechtspflegers nach entsprechenden Belegen über monatliche Belastungen und weitere Einkünfte oder Vermögenswerte keine Angaben gegenüber dem Gericht machte, war im Streitfalle der Nichtabhilfebeschluss des Rechtspflegers aufzuheben, weil jedenfalls die Aufforderung des Rechtspflegers zur Abgabe einer vollständigen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin zu weitgehend war. Damit die Selbstkorrekturfunktion des § 572 Abs. 1 ZPO nicht leerläuft, entscheidet das Beschwerdegericht in der Sache nicht selbst, sondern verweist das Verfahren an das Arbeitsgericht Koblenz zurück. Da die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin zumindest vorübergehend Erfolg hat, wird eine Beschwerdegebühr nicht erhoben. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand keine Veranlassung.

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