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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 06.09.2006
Aktenzeichen: 10 Sa 351/06
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

BetrVG § 99
ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO § 256 Abs. 1
BGB § 611 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Sa 351/06

Entscheidung vom 06.09.2006

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 27.03.2006, Az.: 8 Ca 244/06, wie folgt teilweise abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung sowie über Zahlungsansprüche der Klägerin.

Die Klägerin war bei der Beklagten seit 1993, zunächst als Aushilfskraft und Lagerarbeiterin beschäftigt. Im Mai 1994 wurde ihr die Stelle einer Lagerleiterin im Zentrallager übertragen. Die Klägerin bezog zuletzt eine Arbeitsvergütung in Höhe von 2.000,00 EUR brutto monatlich sowie eine monatliche Prämie von 200,00 EUR und eine Nachtzulage von 230,00 EUR je Monat.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund einer von der Klägerin mit Schreiben vom 03.08.2006 zum 31.08.2006 ausgesprochenen Kündigung. Von Oktober 2005 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses war die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig erkrankt.

Im Januar 2006 kam es zwischen der Klägerin und dem Betriebsleiter zu einem Gespräch, in dessen Verlauf der Klägerin mitgeteilt wurde, dass es ihre Tätigkeit im Zentrallager nicht mehr gebe und sie zukünftig in der Aufbereitungshalle eingesetzt werde. Dieses Gespräch fand nach Behauptung der Klägerin am 06.01.2006, nach Darstellung der Beklagten am 11.01.2006 statt. Von der beabsichtigten Versetzung der Klägerin informierte die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat am 09.01.2006.

Mit ihrer am 01.02.2006 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage wendet sich die Klägerin gegen die ihr gegenüber im Januar 2006 ausgesprochene Versetzung. Darüber hinaus hat die Klägerin die Beklagte erstinstanzlich auf Zahlung der vereinbarten Prämie für Februar 2006 sowie des Nachtzuschlages für Januar und Februar 2006 in Anspruch genommen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Lagerleiterin im Zentrallager der Beklagten gemäß der Stellenbeschreibung vom 07.10.2004 zu beschäftigen,

2. festzustellen, dass die im Gespräch vom 06.01.2006 ausgesprochene Versetzung der Klägerin unwirksam ist,

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 630,00 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.03.2006 zu zahlen,

4. hilfsweise festzustellen, dass die von der Beklagten behauptete Umsetzung unwirksam ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 27.03.2006 dem Klageantrag zu 2.) stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Wegen der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 4 bis 7 dieses Urteils (= Bl. 63 - 66 d. A.) verwiesen.

Gegen das beiden Parteien am 05.04.2006 zugestellte Urteil haben die Beklagte am 26.04.2006 und die Klägerin am 04.05.2006 Berufung eingelegt. Die Berufung der Beklagten ist am 31.05.2006 begründet worden. Die Klägerin hat ihr Rechtsmittel innerhalb der ihr mit Beschluss vom 30.05.2006 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 05.07.2006 begründet.

Die Beklagte macht zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei die Versetzung der Klägerin nicht bereits wegen fehlender Beteiligung des Betriebsrats gemäß § 99 BetrVG unwirksam. Das Arbeitsgericht habe diesbezüglich reflektionslos die Behauptung der Klägerin übernommen, wonach die Versetzung ihr gegenüber bereits am 06.01.2006 erklärt worden sei. Zutreffend sei jedoch, dass die Klägerin am 11.01.2006 und somit erst nach Unterrichtung des Betriebsrats und dessen Zustimmung über die Maßnahme informiert worden sei. Darüber hinaus fehle es im Hinblick auf die zwischenzeitliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses bzgl. des Feststellungsantrages der Klägerin am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.

Die Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin hat im Berufungsverfahren ihre Klage auf Zahlung von Prämien und Nachtzuschlägen auf den Zeitraum bis einschließlich August 2006 erweitert und trägt zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen vor, sie habe mit dem Geschäftsführer der Beklagten im Sommer 2004 ein Gespräch geführt, bei welchem es um die hohe Anzahl der von ihr erbrachten Überstunden gegangen sei. Bei diesem Gespräch sei vereinbart worden, dass sie unabhängig davon, ob sie urlaubsbedingt oder krankheitsbedingt abwesend sei, eine Garantiezahlung erhalte, die sich aus einer Prämie von 200,00 EUR und einem Nachtzuschlag von 230,00 EUR monatlich zusammensetze. Die Beendigung des Entgeltfortzahlungszeitraumes stehe daher den geltend gemachten Zahlungsansprüchen nicht entgegen. Vielmehr spreche die Art der Vereinbarung dafür, dass auch nach Beendigung des sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraums ein Anspruch auf Zahlung der Prämie sowie des Nachtzuschlages bestehe.

Die Klägerin beantragt,

1. das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 630,00 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2006 zu zahlen.

2. Die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 3.010,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils sowie auf die von den Parteien im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

I.

Sowohl die Berufung der Klägerin als auch die Berufung der Beklagten sind form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Von den beiden hiernach insgesamt zulässigen Rechtsmitteln hat jedoch nur dasjenige der Beklagten in der Sache Erfolg.

II.

1.)

Die gegen die ihr gegenüber im Januar 2006 ausgesprochene Versetzung gerichtete Feststellungklage der Klägerin ist unzulässig. Der Klage fehlt es an dem gem. § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse.

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn die klagende Partei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Das Feststellungsinteresse muss als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens gegeben sein. Sein Vorliegen ist von Amts wegen zu prüfen. Dabei bedarf das Interesse an einer vergangenheitsbezogenen Feststellung einer besonderen Begründung. Bei beendeten Vertragsverhältnissen ist in aller Regel klar erkennbar, welche Ansprüche noch im Raum sind. Das Feststellungsinteresse ist daher nur dann gegeben, wenn sich gerade aus dieser Feststellung Rechtsfolgen für Gegenwart oder Zukunft ergeben (BAG v. 06.11.2002 - 5 AZR 364/01).

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist unstreitig beendet. Darüber hinaus war die Klägerin bereits seit Mitte Oktober 2005 durchgehend bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig erkrankt. Die ihr gegenüber im Januar 2006 angekündigte Versetzungsmaßnahme wurde daher zu keinem Zeitpunkt tatsächlich durchgeführt. Es ist von daher nicht zu erkennen, welche Rechtsfolgen sich aus der von der Klägerin begehrten Feststellung für Gegenwart oder Zukunft ergeben können. Vielmehr zeitigt die betreffende Versetzung ersichtlich keinerlei Auswirkungen mehr auf die Rechtsbeziehungen der Parteien und auf wechselseitige Ansprüche aus dem beendeten Arbeitsverhältnis. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist daher nicht gegeben.

Die Feststellungsklage der Klägerin war daher als unzulässig abzuweisen, ohne dass dies im Tenor des Berufungsurteils gesondert zum Ausdruck zu bringen war.

2.)

Die Zahlungsklage ist nicht begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Prämie sowie des Nachtzuschlages für die Zeit nach Dezember 2005. Da die Klägerin unstreitig bereits seit Mitte Oktober 2005 keinerlei Arbeitsleistungen für die Beklagte mehr erbracht hat, scheidet § 611 Abs. 1 BGB als Anspruchsgrundlage für das Zahlungsbegehren der Klägerin aus. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist ab Januar 2006 ebenfalls nicht gegeben, da der sechswöchige Entgeltfortzahlungszeitraum (§ 3 Abs. 1 EFZG) bereits abgelaufen war.

Eine Vereinbarung des Inhalts, dass der Klägerin die geltend gemachten Prämien und Nachtzuschläge auch über den sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraum hin aus gewährt werden sollen, haben die Parteien nicht getroffen. Zwar hat die Klägerin diesbezüglich vorgetragen, sie habe mit dem Geschäftsführer der Beklagten vereinbart, dass sie die betreffenden monatlichen Zahlungen auch im Falle ihrer urlaubsbedingten oder krankheitsbedingten Abwesenheit erhalte. Die behauptete Zusage bezieht sich jedoch erkennbar auf die arbeitgeberseitigen Verpflichtungen zur Zahlung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 EFZG) sowie auf Zahlung von Urlaubsentgelt (§ 11 BUrlG). Dafür, dass der Geschäftsführer der Beklagten eine Erklärung des Inhalts abgegeben hat, die Klägerin werde bestimmte Bestandteile ihrer Arbeitsvergütung, wozu zweifellos sowohl Prämie als auch Nachtzuschlag gehören, über den sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraum hinaus erhalten, fehlt es an jeglichen tatsächlichen Anhaltspunkten. Das Zustandekommen einer solchen (ungewöhnlichen) Vereinbarung hat die Klägerin nicht dargetan.

Entgegen der Ansicht der Klägerin ergeben sich die geltend gemachten Zahlungsansprüche auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Übung. Die Klägerin hat keinen einzigen konkreten Fall vorgetragen, in welchem die Beklagte einem ihrer Arbeitnehmer Prämien und / oder Nachtzuschläge im Fall der Arbeitsunfähigkeit über den sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraum hinaus gewährt hat. Eine diesbezügliche betriebliche Übung ist daher nicht erkennbar.

3.)

Nach alledem war auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen. Die Berufung der Klägerin war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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