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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 20.07.2005
Aktenzeichen: 10 Sa 367/05
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BetrVG, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO § 935
ZPO § 940
BetrVG § 102 Abs. 5
BGB § 626 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Sa 367/05

Entscheidung vom 20.07.2005

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 27.04.2005, AZ: 4 Ga 10/05, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe:

Die Verfügungsklägerin begehrt vom Verfügungsbeklagten ihre tatsächliche Beschäftigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist.

Die am 07.11.1958 geborene Verfügungsklägerin ist seit dem 17.02.1992 bei dem Verfügungsbeklagten als Verwaltungsangestellte beschäftigt. Mit Schreiben vom 06.04.2005 kündigte der Verfügungsbeklagte das Arbeitsverhältnis fristlos sowie hilfsweise ordentlich zum 31.12.2005. Gegen diese Kündigung hat die Klägerin am 27.04.2005 eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Mainz (AZ: 4 Ca 1106/05) erhoben und zugleich einen Weiterbeschäftigungsantrag gestellt. Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren war eine (erstinstanzliche) Entscheidung im Kündigungsrechtsstreit noch nicht ergangen.

Mit ihrer am 15.04.2005 beim Arbeitsgericht eingereichten Antragsschrift begehrt die Verfügungsklägerin vom Verfügungsbeklagten die tatsächliche Beschäftigung als Verwaltungsangestellte bis zum 31.12.2005 (Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist).

Das Arbeitsgericht hat den Antrag mit Urteil vom 27.04.2005 zurückgewiesen. Gegen dieses, ihr am 10.05.2005 zugestellte Urteil hat die Verfügungsklägerin am 04.05.2005 Berufung eingelegt und diese am 27.05.2005 begründet.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Berufungsklägerin ihren erstinstanzlichen Weiterbeschäftigungsantrag unverändert weiter fort.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 27.04.2005, AZ: 4 Ga 10/05, dem Verfügungsbeklagten aufzugeben, sie als Verwaltungsangestellte, zunächst bis zum 31.12.2005 (Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist), zu beschäftigen.

Der Verfügungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils sowie auf die von den Parteien im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Verfügungsklägerin zu Recht abgewiesen.

Der Antrag ist nicht begründet. Es fehlt bereits an dem für den Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß §§ 935, 940 ZPO erforderlichen Verfügungsanspruch.

Zwar hat der gekündigte Arbeitnehmer auch außerhalb der Regelung des § 102 Abs. 5 BetrVG einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist oder bei einer fristlosen Kündigung über deren Zugang hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses, wenn die Kündigung unwirksam ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegenstehen. Außer im Falle einer offensichtlich unwirksamen Kündigung begründet die Ungewissheit über den Ausgang des Kündigungsprozesses ein schutzwertes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits. Dieses überwiegt in der Regel das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers bis zu dem Zeitpunkt, in dem im Kündigungsprozess ein die Unwirksamkeit der Kündigung feststellendes Urteil ergeht (BAG GS, Beschluss vom 27.02.1985, AZ: GS 1/84, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht).

Im Streitfall war im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung kein die Unwirksamkeit der Kündigung feststellendes Urteil ergangen. Die außerordentliche Kündigung ist auch nicht offensichtlich unwirksam. Eine offensichtlich unwirksame Kündigung liegt nämlich nur dann vor, wenn sich schon aus dem eigenen Vortrag des Arbeitgebers ohne Beweiserhebung und ohne dass ein Beurteilungsspielraum gegeben wäre, jedem Kundigen die Unwirksamkeit der Kündigung geradezu aufdrängen muss. Die Unwirksamkeit der Kündigung muss also ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und in tatsächlicher Hinsicht offen zu Tage treten (BAG GS vom 27.02.1985, a. a. O.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Verfügungsbeklagte hat zur Begründung der außerordentlichen Kündigung u. a. geltend gemacht, die Verfügungsklägerin habe die offensichtlich wahrheitswidrige Behauptung aufgestellt, sie sei von einem anderen Mitarbeiter tätlich angegriffen worden. Diesem Vorbringen, bei dessen Zugrundelegung keinesfalls von vornherein das Vorliegen eines den Ausspruch einer fristlosen Kündigung rechtfertigenden wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB verneint werden kann, ist die Verfügungsklägerin - jedenfalls im vorliegenden Verfahren - nicht entgegengetreten. Auch ansonsten sind keinerlei Umstände ersichtlich, bei deren Vorliegen sich die Unwirksamkeit der Kündigung geradezu aufdrängen könnte. Es kann somit keinesfalls von einer offensichtlich unwirksamen Kündigung ausgegangen werden.

Die Berufung der Verfügungsklägerin war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 72 Abs. 4 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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