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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 11.12.2008
Aktenzeichen: 10 Sa 383/08
Rechtsgebiete: BetrVG, KSchG, ArbGG, ZPO, AGG


Vorschriften:

BetrVG § 5 Abs. 3
BetrVG § 102
KSchG § 1 Abs. 3
KSchG § 1 Abs. 5
KSchG § 1 Abs. 5 Satz 2
KSchG § 15
KSchG § 15 Abs. 3
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO § 517
ZPO § 519
AGG § 10 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15. Mai 2008, Az.: 10 Ca 2604/07, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung der Beklagten vom 15.10.2007 zum 29.02.2008. Der Kläger (geb. am 28.09.1950, verheiratet) war seit dem 10.04.1996 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin als Druckhelfer/ Rotationshilfskraft zu einem Bruttomonatslohn von zuletzt € 3.400,00 beschäftigt. Die Beklagte beschäftigte im Oktober 2007 insgesamt 88 Arbeitnehmer; es besteht ein Betriebsrat. Am 01.10.2007 vereinbarte die Beklagte mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit einer Namensliste der zu kündigenden insgesamt 16 Arbeitnehmer. Auf der Namensliste steht auch der Kläger. Der Interessenausgleich (Bl. 26-28 d. A.) hat - soweit vorliegend von Interesse - folgenden Wortlaut: 1. Die Betriebsparteien stimmen darin überein, dass infolge des Wegfalls von Aufträgen, der Rückgabe der Maschine Null und des Wegfalls der Tagesproduktion ab 01.09.2007 ein Personalabbau im Bereich der Maschinenführer, Drucker und Druckhelfer nicht vermeidbar ist. 2. Für die künftige alleinige Nachtproduktion der Tageszeitung ist von folgendem Personalbedarf auszugehen: - 5 Maschinenführer

- 9 Drucker

- 14 Druckhelfer 3. Die Arbeitgeberin wird nach Beteiligung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG betriebsbedingte Kündigungen in Wahrung der maßgeblichen Kündigungsfristen aussprechen. In Anwendung der gesetzlichen Sozialauswahlkriterien verständigen sich die Betriebsparteien auf folgende Liste der zu kündigen Arbeitnehmer: Maschinenführer:

.... [es folgen 6 Namen]

Drucker:

.... [es folgen 3 Namen] Druckhelfer:

- T. , K. G., U.

- A., Unterschriften:

- A. ..., P. L. J. A. H.

- E. ..., P.

- H. ..., W.

- H. ..., M.

- T. ..., J.

4. ..." Die Betriebspartner gingen bei der Sozialauswahl von einem Punktesystem aus, dem folgende Bewertung zu Grunde lag: "je Lebensjahr 1 Punkt

je Dienstjahr bis zum 10. Jahr 1 Punkt

ab dem 11. Jahr je Dienstjahr 2 Punkte

je unterhaltsberechtigtem Kind 4 Punkte

je unterhaltsberechtigtem Ehepartner 8 Punkte

Schwerbehinderung bis 50 % 5 Punkte

über 50 % je 10 Prozentpunkte 1 Punkt" Dem Druckhelfer T., der auf Platz eins der Liste stand, wurde zunächst eine Punktzahl von 76 zuerkannt, dem Kläger eine Gesamtpunktzahl von 77. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass zwei unterhaltsberechtigte Kinder des Arbeitnehmers T. nicht berücksichtigt worden sind, einigten sich die Beklagte und der Betriebsrat in der Zeit zwischen dem 11. und 15.10.2007 auf eine nachträgliche Änderung der Namensliste. Der Arbeitnehmer T. wurde von der Namensliste gestrichen, weil sich dessen Punktzahl um 8 (von 76 auf 84) erhöht hatte. Der Name des Arbeitnehmers U. G., dem 80 Punkte zuerkannt worden sind, wurde handschriftlich in die Namensliste eingefügt. Neben diese Änderung haben sowohl der damalige Geschäftsführer der Beklagten A. H. als auch der Betriebsratsvorsitzende L. J. ihre Unterschrift gesetzt. Den Druckhelfern D. S. und F. L., die nach dem Punktesystem 62 bzw. 60 Punkte erzielt haben, wurde nicht gekündigt, weil sie als Wahlbewerber besonderen Kündigungsschutz nach § 15 KSchG genossen. Die Beklagte hörte den Betriebsrat mit Schreiben vom 05.10.2007 (Bl. 81-85 d. A.) zur beabsichtigten Kündigung des Klägers an. Der Betriebsrat äußerte sich nicht. Mit Schreiben vom 15.10.2007 kündigte die Beklagte zum 29.02.2008. Das Kündigungsschreiben wurde dem Kläger in der Nachtschicht am 19.10.2007 (so der Kläger) oder am 20.10.2007 (so die Beklagte) ausgehändigt. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 08.11.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage. Von einer wiederholenden Darstellung des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.05.2008 (Seite 2-6 = Bl. 95-99 d. A.) sowie auf die von den Parteien erstinstanzlich eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 15.10.2007, zugegangen am 19.10.2007, aufgelöst worden ist. Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen. Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Urteil vom 15.05.2008 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Kündigung sei rechtswirksam. Die durchgeführte Sozialauswahl sei nicht grob fehlerhaft. Die Zuteilung von Sozialpunkten nach dem Lebensalter verstoße nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass die Druckhelfer S. und L. wegen ihres besonderen Kündigungsschutzes als betriebsverfassungsrechtliche Funktionsträger nicht in die Sozialauswahl einbezogen worden seien. Es könne dahinstehen, ob die Druckhelfer S. und L. durch ihren Abteilungsleiter Z. mit Hinweis auf zu erwartende Änderungen im Betrieb gedrängt worden seien, für die Betriebsratswahl zu kandidieren. Der Kläger habe nicht hinreichend vorgetragen, dass die Beklagte sich des Abteilungsleiters bedient habe, um diesen Arbeitnehmern die Geltendmachung besonderen Kündigungsschutzes zu ermöglichen. Hinzu komme, dass der besondere Kündigungsschutz betriebsverfassungsrechtlicher Funktionsträger unbedingt gelte und nicht der Dispositionen der Parteien unterliege. Der Kläger habe nicht erläutern können, dass die Druckhelfer S. und L. ohne Unterredung mit ihrem Abteilungsleiter nicht für die Betriebsratswahl kandidiert hätten. Dass der Abteilungsleiter "auslösender Faktor für die Kandidatur beider Mitarbeiter" gewesen sein mag, stehe dem nicht entgegen. Die Beklagte mache in diesem Zusammenhang zutreffend darauf aufmerksam, dass die Kandidatur zur Betriebsratswahl grundsätzlich jedem wählbaren Arbeitnehmer im Betrieb freistehe. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 6 bis 12 des Urteils (= Bl. 99 - 105 d. A.) Bezug genommen. Der Kläger, dem das Urteil am 09.06.2008 zugestellt worden ist, hat am 09.07.2008 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese innerhalb der bis zum 09.09.2008 verlängerten Begründungsfrist mit am 09.09.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet. Der Kläger ist der Ansicht, der Interessenausgleich mit Namensliste stelle eine unzulässige Altersdiskriminierung dar. Die Einbeziehung des Lebensalters in das Punkteschema der Sozialauswahl verstoße gegen die Richtlinie 2000/78/EG. Die Ungleichbehandlung wegen des Alters sei vorliegend nicht legitimiert. Hinzu komme, dass die zusätzliche Berücksichtigung des Faktors Betriebszugehörigkeit indirekt diskriminierungsrelevant sei. Dies verdeutliche sich mit Blick auf seine Sozialdaten, welche letztlich im Vergleich mit seinen Kollegen nur deshalb zur Auswahl geführt habe, weil sein relativ hohes Lebensalter nicht mit einer entsprechend langen Betriebszugehörigkeit korrespondiere. Er werde gegenüber den gleichaltrigen oder älteren Arbeitskollegen schlechter gestellt, die länger im Unternehmen arbeiten. Hier wäre ein gesonderter Ausgleich zu schaffen, da das Lebensalter der einen doppelrelevant berücksichtigt werde, hingegen das Lebensalter der Kurzbeschäftigten faktisch nur als Faktor Alter und nicht als Faktor Betriebszugehörigkeit gewertet werde. Den Druckhelfern S. und L. sei rechtsmissbräuchlich Kündigungsschutz verschafft worden. Die beiden sozial weniger schutzbedürftigen Druckhelfer seien von einem leitenden Mitarbeiter der Beklagten, Herrn Z., in rechtlich zu missbilligender Weise zu einer Kandidatur für die Betriebsratswahlen bewegt worden. Dies sei im Hinblick auf die zu erwartenden Umstrukturierungen geschehen. Die Beklagte müsse sich dieses Verhalten zurechnen lassen. Herr Z. werde von allen Mitarbeitern als leitender Angestellter wahrgenommen. So sei ihm kein Streikrecht zugebilligt worden. Zuletzt habe er vor zwei Jahren Streikbrecher aktiviert und organisiert. Herr Z. habe sowohl Herrn S. als auch Herrn L. angerufen und mit dem Hinweis auf bevorstehende personelle Veränderungen überredet, sich für die Betriebsratswahl aufstellen zu lassen. Herr S. habe ihm gegenüber explizit geäußert, dass er kein Interesse an der Betriebsratsarbeit habe. Die Rechtsmissbräuchlichkeit des Verhaltens des Herrn Z. wirke sich auf die grobe Fehlerhaftigkeit aus, da ansonsten rechtlich nicht billigenswertes Handeln durch eine verkürzte Betrachtungsweise folgenlos bliebe und der Vorgang letztlich den offenkundig gewünschten Erfolg haben würde. Die Beklagte habe nicht vermocht, den ordnungsgemäßen Abschluss des Interessenausgleichs substantiiert darzutun. Auch das Arbeitsgericht mutmaße in der Sachverhaltsdarstellung, dass sich die Betriebspartner in der Zeit vom 11. bis zum 15.10.2007 auf die unterschriftlich vollzogene Streichung des Druckhelfers T. und die Eintragung des Druckhelfers G. geeinigt hätten. Wie dies genau erfolgt sein soll, bleibe im Dunkeln. Dieser Fehler wirke sich auch auf eine nicht ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates aus. Das Anhörungsschreiben datiere auf den 05.10.2007. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 09.09.2008 (Bl. 123-128 d. A.) Bezug genommen. Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.05.2008, Az.: 10 Ca 2604/07, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung vom 15.10.2007, zugegangen am 19.10.2007, aufgelöst worden ist. Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Kündigung sei rechtswirksam. Die Sozialauswahl sei nicht zu beanstanden. Die Namensliste stelle keine unzulässige Altersdiskriminierung dar. Die Sozialauswahl sei auch nicht dadurch grob fehlerhaft, dass sie die Druckhelfer S. und L. aufgrund ihres besonderen Kündigungsschutzes nach § 15 KSchG nicht in die Sozialauswahl einbezogen habe. Herr Z. habe die beiden Mitarbeiter nicht auf drohende Betriebsänderungen und den dann vorteilhaften Kündigungsschutz hingewiesen. Zudem hätte auch für den Kläger jederzeit die Möglichkeit bestanden, sich für die Kandidatur zur Betriebsratswahl zu bewerben. Herr Z. sei kein leitender Angestellter. Sie müsse sich sein bestrittenes Verhalten nicht zurechnen lassen. Der Interessenausgleich sei ordnungsgemäß abgeschlossen worden. Die einvernehmliche Änderung ergebe sich eindeutig aus dem Vertragsdokument. Die Änderung sei in jedem Fall vor dem 15.10.2007 und damit vor Ausspruch der Kündigung erfolgt. Schließlich habe die Änderung der Namensliste keine Auswirkungen auf die Kündigung des Klägers. Die Abänderung führe auch nicht zur Fehlerhaftigkeit der Betriebsratsanhörung. Wegen der Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 14.10.2008 (Bl. 150- 157 d. A.) Bezug genommen. Entscheidungsgründe:

I. Die nach § 64 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist somit zulässig. II. In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Die auf betriebliche Gründe gestützte ordentliche Kündigung der Beklagten vom 15.10.2007 zum 29.02.2008 ist rechtswirksam. Dies hat das Arbeitsgericht im Ergebnis und in der Begründung vollkommen zutreffend festgestellt. Die Berufungskammer folgt den ausführlichen und sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies hiermit ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Von einer Darstellung eigener Entscheidungsgründe wird daher abgesehen. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers erscheinen lediglich folgende Ergänzungen angezeigt: 1. Die Kündigung ist nicht wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 KSchG unwirksam. Der Kläger hat eine grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 5 KSchG nicht dargelegt. Seine Angriffe gegen das verwendete Punkteschema greifen nicht durch. Die durchgeführte Sozialauswahl ist nicht wegen der Zuteilung von Sozialpunkten nach dem Lebensalter grob fehlerhaft. Nach der Rechtsprechung des BAG, der die Berufungskammer folgt, steht das Verbot der Altersdiskriminierung (§§ 1, 10 AGG) der Berücksichtigung des Lebensalters im Rahmen der Sozialauswahl (§ 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG) nicht entgegen. In der Zuteilung von Sozialpunkten nach dem Lebensalter liegt zwar eine an das Alter anknüpfende unterschiedliche Behandlung. Diese ist aber im Sinne des § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt. Die Zuteilung von Alterspunkten führt mit einer hinnehmbaren Unschärfe zur Berücksichtigung von Chancen auf dem Arbeitsmarkt und im Zusammenspiel mit den übrigen sozialen Gesichtspunkten (Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung) nicht zu einer Überbewertung des Lebensalters (vgl. zuletzt BAG Urteil vom 06.11.2008 - 2 AZR 701/07 - zur Veröffentlichung vorgesehen; Pressemitteilung Nr. 87/08). Im Übrigen macht die Argumentation des Klägers, er werde wegen seines Lebensalters von damals 57 Jahren im Rahmen der Sozialauswahl benachteiligt, keinen Sinn. Hätte der Kläger mit seinem Einwand, sein Lebensalter hätte bei der Zuteilung von Sozialpunkten nicht berücksichtigt werden dürfen, Erfolg, müssten 57 von insgesamt 77 Punkten gestrichen werden. Die Zuteilung von Alterspunkten bei der Sozialauswahl führt zu einer Bevorzugung älterer und einer Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer. Würde man das Lebensalter - wie vom Kläger gewünscht - bei der Sozialauswahl ausblenden, stünde er sich wegen seiner im Verhältnis zum Lebensalter von 57 Jahren relativ geringen Betriebszugehörigkeit von 11 Jahren im Ergebnis schlechter. Eine Betriebszugehörigkeit von 11 Jahren können bereits erheblich jüngere Druckhelfer/ Rotationshilfskräfte erreichen. Soweit sich der Kläger darauf beruft, die Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit bei der Sozialauswahl sei indirekt diskriminierungsrelevant, weil er gegenüber gleichaltrigen oder älteren Arbeitskollegen schlechter gestellt werde, die bereits länger im Betrieb beschäftigt seien, ist dieses Argument ebenfalls nicht geeignet, eine grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl zu begründen. Nach § 1 Abs. 3 KSchG gehört die Dauer der Betriebszugehörigkeit zu den relevanten Grunddaten bei der Sozialauswahl. Wie die Beklagte zutreffend ausführt, ist es natürlich so, dass nur bei entsprechendem Lebensalter die Möglichkeit besteht, eine lange Betriebszugehörigkeit zu erreiche. Ein 30-jähriger Arbeitnehmer, kann keine 30-jährige Betriebszugehörigkeit aufweisen, was bei einem 57-jährigen Mitarbeiter möglich ist. Dies sind Umstände, die in der Natur der Sache liegen, aber nicht zu einer (mittelbaren) Diskriminierung führen. Von einer Fehlerhaftigkeit der vorgenommenen Sozialauswahl und erst recht von einer groben Fehlerhaftigkeit nach § 1 Abs. 5 Satz 2 KSchG kann keine Rede sein. Es besteht kein Anlass, für den Kläger - wie es ihm vorschwebt - einen "gesonderten Ausgleich" zu schaffen, weil sein relativ hohes Lebensalter von 57 Jahren nicht mit einer entsprechend langen Betriebszugehörigkeit korrespondiert. Aus dem Verbot der Altersdiskriminierung folgt keine Pflicht zur Besserstellung älterer Arbeitnehmer mit verhältnismäßig kurzer Betriebszugehörigkeit, worauf der Standpunkt des Klägers im Ergebnis hinausläuft. 2. Die Sozialauswahl ist auch nicht deshalb grob fehlerhaft, weil die Beklagte die Druckhelfer S. und L. nicht in die Auswahl einbezogen hat. Beide Arbeitnehmer hatten als Wahlbewerber besonderen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 KSchG. Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung nicht beendet werden kann, sind grundsätzlich nicht in eine Sozialauswahl einzubeziehen. Fehlt dem Arbeitgeber die rechtliche Möglichkeit gegenüber einem Arbeitnehmer wirksam eine betriebsbedingte Kündigung zu erklären, so kann ein gekündigter Arbeitnehmer nicht mit Erfolg geltend machen, nicht sein Arbeitsverhältnis, sondern das einem besonderen Kündigungsschutz unterliegende Arbeitsverhältnis eines ansonsten vergleichbaren Arbeitnehmers hätte gekündigt werden müssen. Gesetzliche Kündigungsverbote gehen dem allgemeinen Kündigungsschutz als spezialgesetzliche Regelungen vor (BAG Urteil vom 17.11.2005 - 6 AZR 118/05 - NZA 2006, 370). So liegt es hier. Die Druckhelfer S. und L. hatten den besonderen Kündigungsschutz des § 15 Abs. 3 KSchG. Die Behauptung des Klägers, die Kandidatur der beiden Druckhelfer S. und L. sei nur erfolgt, um sich den besonderen Kündigungsschutz nach § 15 KSchG zu verschaffen, führt nicht dazu, dass die beiden Wahlbewerber doch in die Sozialauswahl einzubeziehen wären. Der gesetzliche Kündigungsschutz eines Wahlbewerbers nach § 15 Abs. 3 KSchG hängt grundsätzlich nicht von den Motiven ab, die ihn zur Kandidatur bewogen haben. Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, gilt der besondere Kündigungsschutz betriebsverfassungsrechtlicher Funktionsträger unbedingt. Der besondere Kündigungsschutz der Wahlbewerber S. und L. ist nicht wegen rechtsmissbräuchlichen Handels der Beklagten unbeachtlich. Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, die Beklagte habe den beiden Wahlbewerbern in rechtlich zu missbilligender Weise Kündigungsschutz verschafft, weil sie vom Abteilungsleiter Z. zu einer Kandidatur bewegt worden seien, kann dem nicht gefolgt werden. Dabei kann dahinstehen, ob der Abteilungsleiter Z. die beiden Druckhelfer S. und L. angerufen und mit dem Hinweis auf bevorstehende personelle Veränderungen überredet hat, sich für die Betriebsratswahl aufstellen zu lassen, wie der Kläger vorträgt. Eine solche Aussage des Abteilungsleiters Z. müsste sich die Beklagte nicht zurechnen lassen. Herr Z. ist zwar Vorgesetzter der beiden Druckhelfer S. und L., jedoch kein leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG. Ob er von allen Mitarbeitern als leitender Angestellter wahrgenommen wird, wie der Kläger vorträgt, ist unerheblich. Herr Z. war - wie der Kläger auch - bei der Betriebsratswahl wahlberechtigt und wählbar. Den Inhalt von Gesprächen, die wahlberechtigte Arbeitnehmer im Vorfeld einer Betriebsratswahl führen, muss sich der Arbeitgeber nicht zurechnen lassen. Für ein rechtsmissbräuchliches Handeln der Beklagten durch eine unzulässige Beeinflussung von Wahlbewerbern besteht kein Anhaltspunkt. 3. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die Namensliste nachträglich geändert worden ist. Die Betriebspartner haben den am 01.10.2008 abgeschlossenen Interessenausgleich mit (integrierter) Namensliste in der Zeit vom 11. bis zum 15.10.2007 geändert. Sie haben den Namen des Arbeitnehmers K. T. einvernehmlich gestrichen und stattdessen den Namen des Druckhelfers U. G. eingefügt, weil sie bei Anwendung des Punkteschemas zwei Kinder des Arbeitnehmers T. übersehen hatten. Diese nachträgliche Änderung, die vom damaligen Geschäftsführer und dem Betriebsratsvorsitzenden unterzeichnet worden ist, ist unschädlich. Die einvernehmliche Änderung der Namensliste ist vor Ausspruch der Kündigung erfolgt, die dem Kläger nach seinem Vortrag am 19.12.2007, nach dem Vortrag der Beklagten am 20.12.2007 ausgehändigt worden ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann eine Namensliste noch nach Abschluss eines Interessenausgleichs vereinbart werden. Voraussetzung ist lediglich, dass die Namensliste vor Ausspruch der Kündigung vorliegt (BAG Urteil vom 19.06.2007 - 2 AZR 304/06 - AP Nr. 16 zu § 1 KSchG 1969 Namensliste, zu B I. 2. c cc (2) der Gründe). Wenn bereits die Vereinbarung einer Namensliste nach Abschluss des Interessenausgleichs zulässig ist, kann auch eine bereits mit dem Interessenausgleich vereinbarte Namensliste vor Ausspruch der Kündigung von den Betriebspartnern - wie hier - einvernehmlich abgeändert werden. Schließlich weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass die Änderung der Namensliste durch die Streichung des Namens T. und die Einfügung des Namens G. keine Auswirkungen auf die Kündigung des Klägers hat. Der Kläger war von dieser Änderung nicht betroffen. 4. Die Kündigung ist nicht nach § 102 BetrVG unwirksam. Die nachträgliche Änderung der Namensliste führt in Bezug auf die Kündigung des Klägers nicht zur Fehlerhaftigkeit der Betriebsratsanhörung. Der Betriebsrat ist von der Beklagten mit Schreiben vom 05.10.2007 zur beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger angehört worden. Die Abänderung der Namensliste ist in der Zeit zwischen dem 11.10. und dem 15.10.2007 erfolgt. Die Änderung der Namensliste betraf - wie bereits ausgeführt - den Kläger nicht. Sie hat sich auf die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nicht ausgewirkt. Es bestand deshalb für die Beklagte keine Notwendigkeit, den Betriebsrat über die abgeänderte Namensliste in Bezug auf den Kläger ergänzend zu unterrichten. III. Nach alledem lässt sich zusammenfassend feststellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 15.10.2007 zum 29.02.2008 aufgelöst worden ist. Die Berufung des Klägers ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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