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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 16.11.2005
Aktenzeichen: 10 Sa 418/05
Rechtsgebiete: KSchG, ArbGG, EStG, ZPO, BGB


Vorschriften:

KSchG § 9
KSchG § 10
EStG § 3 Ziffer 9
EStG § 34
ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO § 227
ZPO § 227 Abs. 1
ZPO §§ 239 ff.
ZPO § 246
ZPO § 254
BGB § 780
BGB § 781
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Sa 418/05

Entscheidung vom 16.11.2005

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 30.03.2005, AZ: 4 Ca 1031/04, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer vertraglich vereinbarten Abfindung.

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.04.1959 als Brauer beschäftigt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit einem am 26.03.2003 verfassten, auf den 26.06.2006 rückdatierten Schreiben aus betrieblichen Gründen zum 30.06.2006. Darüber hinaus trafen die Parteien am 26.03.2003 eine - ebenfalls auf den 26.06.2002 rückdatierte - schriftliche Vereinbarung, die u. a. folgende Regelungen enthält:

" 1. Das bestehende Arbeitsverhältnis endet durch die betriebsbedingte Kündigung vom 26. Juni 2002 zum 30. Juni 2003.

2. Der Arbeitnehmer erhält für den Verlust seines Arbeitsplatzes gemäß §§ 9, 10 KSchG i. V. m. 3 Ziffer 9, 34 EStG eine Abfindung in Höhe von 23.392,- € brutto (davon steuerfrei € 12.271,-), die sich wie folgt zusammensetzt:

...

Die Abfindung ist im Juli 2003 fällig und zahlbar.

... "

Auf Antrag vom 06.06.2003 wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Landau vom 01.09.2003 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten angeordnet. Im Rahmen dieses Insolvenzverfahrens wurde ein Insolvenzplan aufgestellt und auch bestätigt, der hinsichtlich des Abfindungsanspruchs des Klägers eine Quote von 7 % vorsah. Der dieser Quote entsprechende Betrag in Höhe von 1.673,71 € wurde dem Kläger im September 2004 ausgezahlt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Landau vom 26.11.2004 ist das Insolvenzverfahren aufgehoben worden.

Mit seiner bereits am 14.07.2003 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger gegenüber der Beklagten seinen Abfindungsanspruch in Höhe von 23.392,00 € geltend gemacht und nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Klage auf den Insolvenzverwalter als Beklagten umgestellt. Im vorliegenden Berufungsverfahren verfolgt der Kläger seinen Anspruch nunmehr wiederum gegenüber der Beklagten, nachdem er die Klage in seiner Berufungsbegründungsschrift insoweit (erneut) umgestellt hat.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 30.03.2005 abgewiesen. Hinsichtlich der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seite 5 dieses Urteils (= Bl. 38 d. A.) verwiesen.

Gegen das ihm am 25.04.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.05.2005 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihm mit Beschluss vom 24.06.2005 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 25.07.2005 begründet.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, unmittelbar nachdem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 06.06.2003 gestellt worden sei, habe zwischen ihm und dem damaligen Vorstandsvorsitzenden der Beklagten im Hinblick auf die vereinbarten Abfindungszahlen ein Gespräch stattgefunden. Im Rahmen dieses Gespräches sei von ihm - dem Kläger - in Ansehung der drohenden Insolvenz unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden, dass seine Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erkennbar ausschließlich unter der Voraussetzung erfolgt sei, dass die vereinbarte Abfindung auch tatsächlich gezahlt werde. Der damalige Vorstandsvorsitzende habe sodann ein dahingehendes Zahlungsversprechen erteilt, dass die vereinbarte Abfindungssumme, sofern sie im Rahmen des anstehenden Insolvenzverfahrens nicht erfüllt werde, spätestens im Zeitpunkt der Beendigung des Insolvenzverfahrens durch die Beklagte geleistet werde. Diese rechtsverbindliche Zusage müsse sich die Beklagte zurechnen lassen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu verurteilen, an ihn 21.718,29 € brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, das vom Kläger behauptete Zahlungsversprechen sei zu keinem Zeitpunkt erteilt worden. Darüber hinaus sei der diesbezügliche Sachvortrag des Klägers unsubstantiiert.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 36 und 37 d. A.), auf die Berufungsbegründungsschrift des Klägers vom 25.07.2005 (Bl. 58 bis 61 d. A.) sowie auf die Berufungserwiderungsschrift der Beklagten vom 02.08.2005 (Bl. 68 bis 70 d. A.).

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere hat der Kläger seine Klage nach Beendigung des Insolvenzverfahrens in zulässiger Weise auf die frühere Gemeinschuldnerin als nunmehr richtige Beklagte umgestellt. Ein gegen den Insolvenzverwalter geführter Rechtsstreit wird im Falle der Beendigung des Insolvenzverfahrens zwar grundsätzlich in entsprechender Anwendung der Regelung der §§ 239 ff. ZPO bis zu seiner Aufnahme durch die Gemeinschuldnerin oder den Prozessgegner unterbrochen. War allerdings - wie vorliegend - der Insolvenzverwalter durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten, so tritt anstelle der Unterbrechung die Möglichkeit, nach § 246 ZPO die Aussetzung des Verfahrens zu beantragen, was im Streitfall indessen nicht geschehen ist. Ansonsten führt der Abschluss des Insolvenzverfahrens zur Auswechslung der Prozesspartei, so dass der Kläger seine Klage, wie geschehen, auf die Gemeinschuldnerin als die nunmehr richtige Beklagte umstellen muss (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 29.08.1996, AZ: 4 Sa 208/96).

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Abfindungssumme, soweit diese den bereits ausgezahlten Betrag von 1.673,71 € übersteigt.

Mit der Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans sind die darin festgelegten Wirkungen für und gegen alle Beteiligten, somit auch gegenüber dem Kläger eingetreten bzw. wirksam geworden (§ 254 Abs. 1 InsO), d. h. der Kläger war hinsichtlich seiner Abfindungsforderung (lediglich) in Höhe der festgelegten Quote zu befriedigen. Die Beklagte selbst ist nach § 227 Abs. 1 InsO durch die Auszahlung des der Quote entsprechendes Betrages an den Kläger von ihren restlichen Verbindlichkeiten gegenüber ihm befreit worden. Eine weitergehende Haftung der früheren Gemeinschuldnerin besteht in Ansehung dieser zwingenden gesetzlichen Vorschriften nicht. Es kann daher bereits deshalb offen bleiben, ob die vom Kläger behauptete Zusage seitens des früheren Vorstandsvorsitzenden der Beklagten tatsächlich erteilt wurde.

Darüber hinaus lässt sich aus dem Sachvortrag des Klägers nicht herleiten, dass sich die Beklagte dem Kläger gegenüber verpflichtet hat, die vereinbarte Abfindungssumme unabhängig vom Ausgang des bereits damals drohenden Insolvenzverfahrens auszuzahlen. Für die Annahme eines Schuldversprechens oder eines Schuldanerkenntnisses gemäß §§ 780, 781 BGB mit dem vom Kläger behaupteten Inhalt fehlt es bereits an der insoweit erforderlichen Schriftform. In Betracht käme daher ausschließlich ein sog. deklaratorisches Schuldanerkenntnis, dessen Erteilung keiner Form bedarf und durch welches eine bereits bestehende Schuld lediglich bestätigt wird. Sein Zweck liegt regelmäßig darin, das Schuldverhältnis insgesamt oder zumindest in bestimmten Beziehungen dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien zu entziehen und vergleichsweise endgültig festzulegen. Es hat entsprechend seinem Zweck, welcher durch Auslegung zu ermitteln ist, die Wirkung, dass es alle Einwendungen tatsächlicher und rechtlicher Natur für die Zukunft ausschließt, die der Schuldner bei der Abgabe kannte oder mit denen er zumindest rechnete. Dabei ist ein Verzicht auf unbekannte oder erst künftige Einwendungen regelmäßig jedoch nur dann anzunehmen, wenn dies in der Erklärung des Schuldners unmissverständlich und klar zum Ausdruck kommt. In Ansehung der zwingenden Vorschriften der §§ 227 und 254 InsO und der gestaltenden Wirkung des Insolvenzplans bestehen bereits erhebliche Bedenken, ob die Beklagte wirksam auf die (rest-) schuldbefreiende Wirkung des Insolvenzplans verzichten konnte. Jedenfalls aber lässt sich dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen, dass die Beklagte gerade auch auf diese Einwendung verzichtet hat. Diesbezüglich bedurfte es einer klaren und unmissverständlichen Erklärung seitens der Beklagten, die - auch unter Zugrundelegung des Sachvortrages des Klägers - nicht festgestellt werden kann. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der vom Kläger angenommene Einwendungsverzicht, auch unter Berücksichtigung der damaligen Interessenlage, als äußerst ungewöhnlich anzusehen wäre. Zum Zeitpunkt des vom Kläger behaupteten Gesprächs war die Aufhebungsvereinbarung zwischen den Parteien längst geschlossen. Der Bestand des darin vereinbarten Abfindungsanspruchs des Klägers war zwischen den Parteien nie im Streit. Es bestand auf Seiten der Beklagten erkennbar keinerlei Veranlassung oder gar ein wirtschaftliches Interesse, auf die Wirkungen eines zukünftigen Insolvenzplans zu verzichten. Daher kann der vom Kläger behaupteten Erklärung des damaligen Vorstandsvorsitzenden der Beklagten, die Abfindungssumme werde - sofern sie im Rahmen des Insolvenzverfahrens nicht erfüllt werde - spätestens im Zeitpunkt der Beendigung des Insolvenzverfahrens ausgezahlt, nicht die Zusicherung der Beklagten entnommen werden, sie werde die betreffende Verbindlichkeit sogar insoweit erfüllen, als diese infolge eines Insolvenzplans ggfls. erlischt. Für die Annahme eines solch weitgehenden und vorliegend als sehr ungewöhnlich zu bezeichnenden deklaratorischen Schuldanerkenntnisses bedurfte es - wie bereits ausgeführt - vielmehr einer diesbezüglich klaren und unmissverständlichen Erklärung, die vom Kläger jedoch nicht dargelegt worden ist. Der klägerische Sachvortrag bietet lediglich Grund zur Annahme, dass ihm seitens des damaligen Vorstandsvorsitzenden der Beklagten falsche Hoffnungen hinsichtlich der Realisierbarkeit des Abfindungsanspruchs gemacht wurden.

Ein die restliche Abfindungssumme umfassender Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte besteht ebenfalls nicht. Dies ergibt sich bereits daraus, dass dem Kläger aus den von ihm behaupteten Äußerungen des früheren Vorstandsvorsitzenden der Beklagten bzw. infolge seines Vertrauens auf die Richtigkeit dieser Äußerungen kein Schaden entstanden ist, da der Aufhebungsvertrag zwischen den Parteien zum damaligen Zeitpunkt längst wirksam zustande gekommen war.

Nach alledem war die Berufung des Klägers mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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