Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 08.11.2006
Aktenzeichen: 10 Sa 519/06
Rechtsgebiete: BAT, ArbGG, BGB, GewO


Vorschriften:

BAT § 12
BAT § 12 Abs. 1 Satz 1
BAT § 12 Abs. 1
BAT § 54 Abs. 1
BAT § 53 Abs. 3
ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 626 Abs. 1
GewO § 106
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Sa 519/06

Entscheidung vom 08.11.2006

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 31.05.2006, AZ: 7 Ca 2031/05, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

Der am 15.10.1960 geborene Kläger war seit dem 01.08.1975 bei der L. des beklagten Landes in B., zuletzt als Weinbautechniker beschäftigt. Er erbrachte seine Tätigkeit durchweg in der staatlichen Weinbaudomäne M.. Der zeitlich letzte zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag vom 10.08.1988 enthält u. a. folgende Bestimmungen:

§ 1

"Herr A., geboren am 15.10.1960, wird ab 1. September 1988 bei der L. in B. auf unbestimmte Zeit als Angestellter unter Eingruppierung in die Vergütungsgruppe VI b BAT weiterbeschäftigt.

§ 2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen."

Im Rahmen der Agrarverwaltungsreform wurde die Weinbaudomäne M. an einen privaten Betreiber, die Weingut K., veräußert. Hierüber wurden die dort beschäftigten Mitarbeiter - auch der Kläger - mit Schreiben vom 19.08.2004 unterrichtet und zugleich auf ihr Recht hingewiesen, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber zu widersprechen. Darüber hinaus wurde der Kläger in dem betreffenden Schreiben darüber informiert, dass er - falls er von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch mache - Angestellter des beklagten Landes bleibe und beabsichtigt sei, ihn unter Aufrechterhaltung seines Arbeitsverhältnisses dem Betriebserwerber zur Arbeitsleistung zur Verfügung zu stellen. Mit Schreiben vom 14.09.2004 widersprach der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses. Nach dem Übergang der Weinbaudomäne auf die Weingut K. entschloss sich diese aus wirtschaftlichen Gründen, die Bewirtschaftung der Weinberge der Domäne an Dritte zu übertragen. Die bis dahin in der Domäne beschäftigten Mitarbeiter - auch der Kläger - sollten deshalb auf einzelne andere Betriebe aufgeteilt werden. Dabei sollte der Kläger als Springer in vier verschiedenen Gebieten, die sämtlich in der Region A. angesiedelt sind, eingesetzt werden. Dies wurde seitens des Klägers am 29.09.2006 abgelehnt.

Am 05.07.2005 wurde der Kläger von Seiten des beklagten Landes darüber informiert, dass die ursprünglich vorgesehene und von ihm abgelehnte Tätigkeit als Springer nicht mehr in Betracht komme und dass deshalb beabsichtigt sei, ihn in Ermangelung einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit im Raum B. zur Domäne A. nach T. umzusetzen. Der Kläger lehnte dies ab.

Mit Schreiben vom 07.07.2005, hinsichtlich des Inhalts auf Bl. 16 f. d. A. Bezug genommen wird, wurde der Kläger mit Wirkung ab dem 18.07.2005 für die Dauer von zwei Monaten bis zum 17.09.2005 zur Domäne A. in T. "umgesetzt". Diese Maßnahme war mit der Zusicherung verbunden, dass sich das beklagte Land innerhalb der zwei Monate bemühen werde, eine adäquate Beschäftigungsmöglichkeit im Bereich A. für den Kläger zu finden. Der Kläger widersprach dieser Maßnahme. Die Parteien kamen sodann überein, dass der Kläger zunächst vom 18.07. bis 01.08.2005 Urlaub nehmen solle, um Zeit für die Suche nach einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger zu gewinnen.

Mit Schreiben vom 29.07.2005 ließ der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten dem beklagten Land mitteilen, dass er die Umsetzung nach T. für unzumutbar erachte und dazu bereit sei, eine - ggf. auch "unterwertige" - Tätigkeit in einem Umkreis von 50 km um seinen bisherigen Einsatzort aufzunehmen. Das beklagte Land unterrichtete den Kläger sodann mit Schreiben vom 01.08.2005 davon, dass eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit nicht gegeben sei und forderte ihn am 02.08.2005 telefonisch dazu auf, seinen Dienst in T. anzutreten. Der Kläger erklärte, dass er dieser Aufforderung nicht Folge leisten werde.

Am 04.08.2005 wurde der Kläger vom beklagten Land fernmündlich aufgefordert, umgehend seine Arbeit in T. aufzunehmen; zugleich wurde ihm für den Fall des weiteren Fernbleibens eine außerordentliche Kündigung angedroht. Eine weitere Aufforderung zur sofortigen Arbeitsaufnahme, verbunden mit der Androhung einer Kündigung, erfolgte mit Schreiben vom 04.08.2005. Der Kläger bot daraufhin mit Schreiben vom 05.08.2005 über seinen Prozessbevollmächtigten erneut seine Arbeitskraft im Umkreis von 50 km um B. an und lehnte die Tätigkeit in der Weinbaudomäne A. ab.

Mit Schreiben vom 17.08.2005 kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis fristlos. Hiergegen richtet sich die vom Kläger am 05.09.2005 beim Arbeitsgericht eingereichte Klage. Darüber hinaus begehrt der Kläger vom beklagten Land die Zahlung restlicher Arbeitsvergütung für den Monat August 2005 sowie die Weiterzahlung seines Arbeitsentgelts bis einschließlich April 2006.

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, die Umsetzungsmaßnahme sei nicht vom Direktionsrecht des beklagten Landes gedeckt. Es sei ihm aus mehreren Gründen unzumutbar, seine Arbeitsleistung in der Domäne A. zu erbringen.

Der Kläger hat beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 17.08.2005 nicht aufgelöst worden ist, sondern zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen seines Arbeitsvertrages vom 10.08.1988 weiterzubeschäftigen.

3. Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 2.593,60 Euro brutto abzüglich bereits gezahlter 1.341,85 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2005 zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die Befugnis zur Umsetzung des Klägers nach T. ergebe sich aus § 12 BAT. Die Maßnahme sei infolge des Wegfalls des bisherigen Arbeitsplatzes des Klägers notwendig gewesen. Die lediglich vorübergehende Umsetzung des Klägers sei diesem auch zumutbar gewesen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 31.05.2006 abgewiesen. Wegen der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 9-18 dieses Urteils (=Bl. 120-129 d. A.) verwiesen.

Gegen das ihm am 06.06.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.07.2006 Berufung eingelegt und diese am 31.07.2006 begründet.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, entgegen der vom Arbeitsgericht im erstinstanzlichen Urteil vertretenen Ansicht sei die Versetzungsmaßnahme schon nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages nicht möglich. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des Arbeitsvertrages, wo als Arbeitsort eindeutig B. angegeben sei. Die Befolgung der Umsetzungsanordnung des beklagten Landes sei für ihn - den Kläger - in mehrerer Hinsicht unzumutbar. Die Weinbaudomäne A. sei von seinem bisherigen Arbeitsort ca. 150 km entfernt - eine dortige Tätigkeit sei für ihn mit einer täglichen Fahrzeit von ca. 3 1/2 Stunden und daher auch mit der Gefahr erheblicher gesundheitlicher Schäden verbunden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass er - wie bereits erstinstanzlich vorgetragen - seiner hochbetagten Mutter in vielfältiger Weise z. B. bei Einkäufen und Arztbesuchen helfen müsse. Auch für seinen Schwiegervater müsse er Hilfeleistungen bei den Geschäften des täglichen Lebens erbringen, da seine Ehefrau nach einer Augenoperation nur noch zur hellen Tageszeit in der Lage sei, ihren Vater mit dem PKW aufzusuchen. Schließlich müsse er auch seinem in der Nähe lebenden, fast 90jährigen Onkel sowie seiner Tante, die kinderlos seien, zeitweise intensive Hilfestellung leisten. Diese Betreuungsleistungen seien ihm bei einer vollschichtigen Tätigkeit in der Weinbaudomäne A. und der damit verbundenen täglichen Fahrzeit nicht mehr möglich. Entsprechendes gelte im Hinblick auf den von ihm betriebenen Nebenerwerbsweinbau, den er bei einer Tätigkeit in T. nicht hätte weiter betreiben können. Dies hätte zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen geführt. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Fahrten zur Weinbaudomäne A. auch erhebliche zusätzliche Kosten verursacht hätten. In jedem Fall führe eine Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass die ausgesprochene außerordentliche Kündigung unverhältnismäßig sei. Dies gelte umso mehr, als er im Vorfeld der Kündigung gegenüber dem beklagten Land seine Bereitschaft erklärt habe, zumindest vorübergehend auch unterwertigere ortsnähere Tätigkeiten zu verrichten. Rechtsirrig sei das Arbeitsgericht bei seiner Entscheidung auch davon ausgegangen, dass er lediglich für zwei Monate und nicht dauerhaft zur Weinbaudomäne A. versetzt worden sei. Das beklagte Land habe nämlich, wie sich aus dessen Schreiben vom 01.08.2005 eindeutig ergebe, die dauerhafte Versetzung nach T. beabsichtigt. Er sei daher berechtigt gewesen, die Arbeitsaufnahme in der Weinbaudomäne A. zu verweigern. Ein den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung rechtfertigender Grund sei somit nicht gegeben.

Der Kläger beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und wie folgt zu erkennen:

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 17.08.2005 nicht aufgelöst worden ist, sondern zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht.

2. Das beklagte Land wird verurteilt, den Kläger zu den unveränderten Arbeitsbedingungen seines Arbeitsvertrages vom 10.08.1988 weiterzubeschäftigen.

3. Das beklagte Land wird zudem verurteilt, an den Kläger für den Monat August 2005 das Bruttogehalt i. H. v. 2.593,60 Euro, abzüglich bereits gezahlter 1.341,85 Euro, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.09.2005 zu zahlen und für die Monate ab September 2005 bis April 2006 dem Kläger das Bruttogehalt i. H. v. jeweils 2.593,60 Euro nebst Zinsen i. H. v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 06.04.2006 zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das beklagte Land verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 114-120 d. A.), auf die Berufungsbegründungsschrift des Klägers vom 31.07.2006 (Bl. 158 - 168 d. A.) sowie auf die Berufungsbeantwortung des beklagten Landes vom 28.08.2006 (Bl. 179-187 d. A.).

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage vielmehr zu Recht abgewiesen.

II.

Die Klage ist nicht begründet.

1.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die streitbefangene außerordentliche Kündigung aufgelöst worden. Die Kündigung erweist sich wegen Vorliegens eines wichtigen Grundes i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB bzw. § 54 Abs. 1 BAT sowie in Ermangelung sonstiger Unwirksamkeitsgründe als rechtswirksam.

Ein wichtiger Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB bzw. § 54 Abs. 1 BAT ist nach der gesetzlichen Definition gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die es dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortzusetzen. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt - ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles - (überhaupt) geeignet ist, einen wichtigen Grund zu bilden. Sodann ist zu untersuchen, ob unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die konkrete Kündigung gerechtfertigt ist, d. h. ob es dem Kündigenden unzumutbar geworden ist, das Arbeitsverhältnis bis zu dem gem. § 626 Abs. 1 BGB relevanten Zeitpunkt fortzusetzen.

Es ist allgemein anerkannt, dass eine Arbeitsverweigerung, d. h. eine beharrliche Verletzung der Arbeitspflicht i. d. R. den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung rechtfertigt. Erforderlich ist diesbezüglich grundsätzlich eine wiederholte, bewusste und nachhaltige Verletzung der Arbeitspflicht. Aufforderungen zum vertragsgemäßen Verhalten müssen erfolglos geblieben sein. Ausnahmensweise kann jedoch bereits eine einmalige Vertragsverletzung den nachhaltigen Willen erkennen lassen, den arbeitsvertraglichen Pflichten nicht nachkommen zu wollen. Insoweit kommt das Prognoseprinzip zum Tragen (vgl. Müller-Glöge, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 7. Auflage, § 626 BGB, Randziff. 104 m. N. a. d. Rspr.).

Im Streitfall hat der Kläger seine Arbeitspflicht beharrlich und nachhaltig verletzt, indem er den mehrfachen (mündlichen und schriftlichen) Aufforderungen des beklagten Landes, ab dem 02.08.2005 seinen Dienst in der Weinbaudomäne A. anzutreten, nicht nachkam. Der Kläger war - entgegen der von ihm vertretenen Ansicht - verpflichtet, der diesbezüglichen Anordnung des beklagten Landes Folge zu leisten.

Das beklagte Land war berechtigt, den Kläger mit Schreiben vom 07.07.2005 für die Zeit vom 18.07. bis einschließlich 17.09.2005 von seinem bisherigen Arbeitsort zur Weinbaudomäne A. abzuordnen. Die betreffende Maßnahme war vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt. Nach § 12 Abs. 1 des aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren BAT kann der Angestellte aus dienstlichen oder betrieblichen Gründen an eine andere Dienststelle versetzt oder abgeordnet werden.

Dem steht vorliegend nicht entgegen, dass in § 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages vom 10.08.1988 die L., in B. als Dienststelle und als Arbeitsort bezeichnet ist. Mit dieser Vereinbarung haben die Parteien nämlich nicht den möglichen Einsatzbereich des Klägers ausschließlich auf die betreffende Dienststelle beschränkt. Dass sich das beklagte Land mit der gewählten Vertragsklausel seines weit reichenden tariflichen Direktionsrechts nach § 12 BAT hätte begeben wollen, lässt sich dem Arbeitsvertrag nicht entnehmen. Dies konnte auch der Kläger nicht annehmen. Ein Angestellter des öffentlichen Dienstes muss regelmäßig wissen, dass er grundsätzlich verpflichtet ist, jede ihm zugewiesene Tätigkeit zu verrichten, die den Merkmalen seiner Vergütungsgruppe entspricht, soweit ihm dies billigerweise zugemutet werden kann. Eine Einschränkung des Umfangs des Direktionsrechts des öffentlichen Arbeitgebers setzt zunächst einmal voraus, dass abweichend von dem im öffentlichen Dienst üblichen Musterverträgen der Arbeitnehmer nicht für einen allgemein umschriebenen Aufgabenbereich eingestellt und lediglich die Vergütungsgruppe festgelegt wird, sondern seine Tätigkeit sowohl der Art als auch der Arbeitsstelle nach genau bezeichnet wird. Aber selbst in diesem Fall muss außerdem feststehen, dass nicht nur die derzeitige Einsatzstelle genau angegeben, sondern diese unter Verzicht auf das tarifliche Direktionsrecht als dauerhafter, ausschließlicher zukünftiger Arbeitsort festgelegt werden sollte. Dazu bedarf es eindeutiger, klar auf diesen Gegenstand bezogener Zusagen oder Absprachen. Das wiederum setzt im Regelfall voraus, dass die Frage des dauerhaften Einsatzorts zwischen den Vertragsparteien offen thematisiert wurde. Das gilt insbesondere bei einer uneingeschränkten Inbezugnahme des BAT, bei der die Vorschrift des § 12 BAT gerade nicht ausgeschlossen wurde (BAG v. 22.01.2004 - 1 AZR 495/01). Dass gegenüber dem Kläger Erklärungen dieser Art abgegeben worden wären, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch der Umstand, dass der Kläger seit Beginn seiner Beschäftigung beim beklagten Land durchgehend an einem einzigen Ort beschäftigt war, hat insoweit nicht zu einer Konkretisierung seiner Arbeitspflicht und einer Einschränkung des Direktionsrechts geführt. Allein daraus, dass ein Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum auf einer bestimmten Stelle mit bestimmten Aufgaben beschäftigt worden ist, kann noch nicht auf eine entsprechende örtliche Konkretisierung geschlossen werden. Hierzu bedarf es zusätzlicher besonderer Umstände, aus denen sich ergibt, dass der Arbeitnehmer nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll (BAG v. 07.12.2000 - 6 AZR 444/99). Solche besonderen Umstände liegen im Streitfall nicht vor.

Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 1 BAT sind vorliegend erfüllt. Es lagen betriebliche Gründe vor, welche eine Abordnung, d. h. eine zeitlich befristete Umsetzung des Klägers an einen anderen Arbeitsort notwendig machten. In diesem Zusammenhang ist zunächst hervorzuheben, dass die mit Schreiben des beklagten Landes vom 07.07.2005 getroffene Anordnung - entgegen der Ansicht des Klägers - keine dauerhafte Versetzung, sondern lediglich eine zeitlich befristete Maßnahme, d. h. eine Abordnung beinhaltet. Dies ergibt sich klar und eindeutig aus dem Wortlaut des betreffenden Schreibens, wonach der Kläger "mit Wirkung vom 18.07.2005 für die Dauer von zwei Monaten bis zum 17.09.2005" nach T. umgesetzt wird. Ohne Belang ist diesbezüglich, dass das beklagte Land in einem weiteren Schreiben vom 01.08.2005 zum Ausdruck gebracht hat, man werde "vorsorglich" die endgültige Umsetzung des Klägers in die Wege leiten. Eine solche, zeitlich unbefristete Maßnahme hat das beklagte Land bis zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs nicht getroffen. Es geht daher ausschließlich um die Frage der Wirksamkeit der tatsächlich getroffenen, zeitlich befristeten Umsetzung sowie um die Verpflichtung des Klägers, diese zu befolgen. Die betrieblichen Gründe zur Abordnung des Klägers ergeben sich aus dem unstreitigen Umstand, dass es dem beklagten Land infolge der Entscheidung der Weingut K., die Bewirtschaftung der Weinberge der Weinbaudomäne M. an Dritte zu übertragen, nicht mehr möglich war, den Kläger dort einzusetzen. Ebenso unstreitig ist die Tatsache, dass für das beklagte Land die Möglichkeit bestand, den Kläger in der Weinbaudomäne A. (T.) in seiner bisherigen Tätigkeit als Weinbautechniker, d. h. mit einer seiner Vergütungsgruppe entsprechenden Tätigkeit weiter zu beschäftigen. Betriebliche Gründe i. S. von § 12 Abs. 1 BAT zur Abordnung des Klägers lagen daher vor.

Die Abordnung des Klägers war auch nicht ermessensfehlerhaft i. S. von § 106 GewO. Sie entspricht vielmehr dem Ergebnis der Abwägung der beiderseitigen Interessen. Wie bereits ausgeführt, waren betriebliche Gründe für die Abordnung des Klägers nach T. gegeben. Darüber hinaus entsprach es dem Interesse des beklagten Landes, den Kläger seinen Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechend in seiner bisherigen Tätigkeit als Weinbautechniker einzusetzen. Dass hinsichtlich einer solchen Tätigkeit ein näher am Wohnort des Klägers gelegener Einsatzort als die Weinbaudomäne A. in Betracht kam, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Das beklagte Land war auch ansonsten nicht gehalten, dem Kläger - entsprechend dessen Angebots - eine ggf. unterwertigere Tätigkeit im Umkreis von 50 km um seinen bisherigen Einsatzort zu übertragen. Insoweit bestehen bereits Zweifel, ob seitens des Arbeitgebers überhaupt eine Verpflichtung bestehen konnte, den Kläger mit minderwertigen Aufgaben zu betrauen und somit nicht mehr vertragsgerecht zu beschäftigen. Vom Direktionsrecht des beklagten Landes wäre eine solche Maßnahme jedenfalls nicht gedeckt gewesen. Ob und zu welcher konkreten einvernehmlichen Vertragsänderung der Kläger diesbezüglich bereit gewesen wäre, ist nicht erkennbar. Darüber hinaus kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Möglichkeit zu einer "ortsnäheren" Beschäftigung des Klägers überhaupt bestand. Der Kläger hat im vorliegenden Rechtsstreit diesbezüglich lediglich pauschal auf seine gegenüber dem beklagten Land erklärte Bereitschaft verwiesen, eine "unterwertigere" Tätigkeit im Umkreis von 50 km um seinen bisherigen Dienstort anzunehmen, ohne dabei jedoch darzulegen, welche konkrete Tätigkeit und welchen konkreten Dienstort er sich dabei vorstellt. Das beklagte Land hat hingegen seinerseits bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 02.12.2005 (dort Seiten 7 und 8 = Bl. 41 und 42 d. A.) bis ins Einzelne gehend dargetan, dass und aus welchen Gründen auch nach eingehender Prüfung dem Kläger keine anderweitige, ggf. auch unterwertigere ortsnähere Tätigkeit übertragen werden konnte. Diesem Vorbringen des beklagten Landes ist der Kläger nicht ausreichend entgegengetreten. Insbesondere lässt sich seinem Sachvortrag nicht entnehmen, welche der vom beklagten Land dargelegten Hindernisse hinsichtlich einer anderweitigen ortsnäheren Beschäftigung er überhaupt in Abrede stellt.

Überwiegende Interessen des Klägers, die der Abordnung entgegenstehen könnten, sind nicht gegeben. Zwar sind zugunsten des Klägers mehrere Umstände zu berücksichtigen. So ist etwa nicht zu verkennen, dass die vom Kläger zur Erreichung der Weinbaudomäne A. aufzuwendende Fahrzeit eine nicht unerhebliche Belastung darstellt. In den gängigen, im Internet verfügbaren Routenplaner wird die Zeit, die man für eine Fahrt mit dem Pkw vom Wohnort des Klägers (A-Stadt) nach T. benötigt, mit durchschnittlich ca. 1.5 Stunden angegeben. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass das beklagte Land dem Kläger angeboten hatte, seine wöchentliche Arbeitszeit von insgesamt 38,5 Stunden auf 4 Werktage pro Woche zu verteilen, wodurch sich die insgesamt aufzuwendende Fahrtzeit für den Kläger verringert hätte. Zugunsten des Klägers muss auch davon ausgegangen werden, dass eine Ausübung seiner Tätigkeit in T. die von ihm für seine Mutter, seinen Schwiegervater, seinen Onkel und seine Tante zu erbringenden Hilfeleistungen bei den Geschäften des täglichen Lebens erschwert hätte. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger die Erbringung dieser Hilfeleistungen bei Befolgung der Abordnung nach T. unmöglich geworden wäre, sind indessen nicht vorgetragen. Entsprechendes gilt hinsichtlich des vom Kläger betriebenen Nebenerwerbs-Weinbaus. Die mit der Abordnung nach T. verbundene Kostenbelastung des Klägers wäre - worauf das beklagte Land zutreffend hinweist - durch die Gewährung von Trennungsgeld nicht unwesentlich gemildert worden. Letztlich ist jedoch - auch in Ansehung aller sich aus der Abordnung für den Kläger ergebenden Belastungen und Unannehmlichkeiten - zu berücksichtigen, dass die Abordnung lediglich einen Zeitraum von zwei Monaten betraf. Es kann daher keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die Befolgung der Abordnung für den Kläger unzumutbar war. Vielmehr entspricht die betreffende Maßnahme unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Gesichtspunkte billigem Ermessen.

Das beklagte Land war auch nicht gehalten, dem Kläger vor Kündigungsausspruch zunächst eine Abmahnung zu erteilen. Einer solchen bedarf es nämlich nicht, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, aufgrund derer dieses Mittel als nicht Erfolg versprechend angesehen werden kann. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn erkennbar ist, dass der Arbeitnehmer nicht in der Lage oder gar nicht gewillt ist, sich vertragsgerecht zu verhalten. Der Kläger hatte trotz mehrfacher Aufforderung, seine Tätigkeit in T. anzunehmen und sogar trotz der Androhung einer Kündigung die betreffende arbeitgeberseitige Weisung nicht befolgt. Vielmehr hat er noch mit Schreiben seines Rechtsanwalts vom 05.08.2005 klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er die Anordnung nicht befolgen werde. Eine Abmahnung war daher von vorneherein nicht Erfolg versprechend.

Auch das Ergebnis der durchzuführenden Interessenabwägung führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Zwar ist zu Gunsten des Klägers neben seinem Lebensalter (44 Jahre bei Kündigungsausspruch) insbesondere der Umstand zu berücksichtigen, dass er bereits seit dem 01.08.1975 bei dem beklagten Land beschäftigt war. Gleichwohl war es dem beklagten Land nicht zuzumuten, das Arbeitsverhältnis mit dem nach § 53 Abs. 3 BAT ordentlich unkündbaren Kläger noch wenigstens bis zum Ablauf der "fiktiven" ordentlichen Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende (§ 53 Abs. 2 BAT), d. h. bis zum 31.03.2006 fortzusetzen. Im Hinblick auf die beharrliche und besonders hartnäckige Weigerung des Klägers, die rechtmäßige Abordnungsmaßnahme zu befolgen, konnte das beklagte Land nicht mehr davon ausgehen, dass der Kläger gewillt war, seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zukünftig zu erfüllen. Ein vertragsgerechtes Verhalten des Klägers war nicht mehr zu erwarten. Dies gilt insbesondere auch bei Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger bei Kündigungsausspruch nicht einmal bereit war, bis zum Ende der Abordnungszeit (17.09.2005) und somit für einen Zeitraum von nur noch wenigen Wochen die ihm übertragene Tätigkeit in T. auszuüben.

2.

Da das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die streitbefangene außerordentliche Kündigung aufgelöst worden ist, erweist sich auch der Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers als unbegründet.

3.

Die Zahlungsklage ist ebenfalls unbegründet. Der Kläger hat gegen das beklagte Land keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Arbeitsvergütung.

Der Kläger hat nach Beendigung seines Urlaubs (18.07. - 01.08.2005) keinerlei Arbeitsleistungen im Monat August 2005 für das beklagte Land mehr erbracht. Über die dem Kläger gemäß dem Inhalt der von ihm vorgelegten Gehaltsabrechnung (Bl. 24 d. A.) abgerechnete und unstreitig ausgezahlte Arbeitsvergütung in Höhe von insgesamt 1.341,85 EUR brutto hinausgehende Arbeitsvergütungsansprüche bestehen für den betreffenden Monat daher zweifellos nicht. Für die Zeit nach Zugang der Kündigungserklärung hat der Kläger ohnehin infolge der Auflösung des Arbeitsverhältnisses keine Arbeitsentgeltansprüche mehr gegen das beklagte Land.

III.

Nach alledem war die Berufung des Klägers mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

Zurück