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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 11.01.2006
Aktenzeichen: 10 Sa 580/05
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, KSchG


Vorschriften:

BGB § 307 Abs. 1
BGB § 626 Abs. 1
ArbGG § 69 Abs. 2
KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 9 Abs. 1
KSchG § 14
KSchG § 14 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Sa 580/05

Entscheidung vom 11.01.2006

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 02.06.2005 - Az.: 10 Ca 2953/04 - und die Berufung der Beklagten gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 08.09.2005 - Az.: 10 Ca 2953/04 - werden zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten beider Berufungsverfahren zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen, über einen Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers sowie über einen hilfsweise gestellten Antrag der Beklagten auf gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

Der am 25.11.1953 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war bei der Beklagten, bei der in der Regel weit mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden tätig sind und ihrer Rechtsvorgängerin, der Volksbank M e.G., seit dem 01.11.1974 als Bankangestellter beschäftigt.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis zunächst mit Schreiben vom 27.03.2003 aus betrieblichen Gründen ordentlich zum 31.03.2004. Auf die hinsichtlich dieser Kündigung vom Kläger erhobenen Klage hat das Arbeitsgericht Koblenz mit Urteil vom 26.08.2004 (Az.: 10 Ca 1492/03) festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die betreffende Kündigung aufgelöst worden ist. Das Urteil ist insoweit mittlerweile rechtskräftig geworden.

Noch während des seinerzeitigen Kündigungsschutzverfahrens kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut mit Schreiben vom 11.10.2004 fristlos und hilfsweise ordentlich sowie mit drei weiteren Schreiben vom 25.10.2004 jeweils fristlos, vorsorglich ordentlich sowie "äußerst hilfsweise" außerordentlich unter Gewährung einer sozialen Auslauffrist. Gegen diese Kündigungen richtet sich die vom Kläger am 22.10.2004 beim Arbeitsgericht eingereichte und im weiteren Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens mehrfach erweiterte Klage.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt (insgesamt) beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Beschäftigungsverhältnis durch die Kündigung vom 11.10.2004 nicht aufgelöst wurde,

2. festzustellen, dass auch durch die Kündigung der Beklagten vom 25.10.2004, das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst worden ist,

3. festzustellen, dass auch durch die Kündigung der Beklagten vom 25.10.2004, zugegangen am 26.10.2004, das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst worden ist,

4. festzustellen, dass auch durch die Kündigung der Beklagten vom 25.10.2004, seinem Prozessbevollmächtigten am selben Tage zugegangen, das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst worden ist und

5. die Beklagte zu verurteilen, ihn als Bereichsleiter weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

sowie hilfsweise

das Arbeitsverhältnis der Parteien gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 80.000 € nicht überschreiten sollte, zum 25.10.2004, äußerst hilfsweise zum Ablauf des 31.03.2006 aufzulösen.

Der Kläger hat beantragt,

den Auflösungsantrag der Beklagten abzuweisen.

Zur Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Teilurteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 02.06.2005 (Bl. 150 - 156 d. A.) sowie auf den Tatbestand des Schlussurteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 08.09.2005 (Bl. 201 f.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat den Kündigungsschutzklagen mit Teilurteil vom 02.06.2005 stattgegeben und den Auflösungsantrag der Beklagten abgewiesen. Mit Schlussurteil vom 08.09.2005 hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, den Kläger als Bereichsleiter weiterzubeschäftigen. Wegen der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 9 - 13 (= Bl. 156 - 160 d. A.) des Teilurteils vom 02.06.2005 sowie auf die Seiten 4 - 7 (= Bl. 202 - 205 d. A.) des Schlussurteils vom 08.09.2005 verwiesen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 05.07.2005 zugestellte Teilurteil am 14.07.2005 und gegen das ihr am 12.09.2005 zugestellte Schlussurteil am 05.10.2005 Berufung eingelegt. Beide Berufungen hat sie am 05.10.2005 begründet, nachdem ihr hinsichtlich der Berufung gegen das Teilurteil vom 02.06.2005 die Frist zur Begründung des Rechtsmittels mit Beschluss vom 01.09.2005 bis einschließlich 05.10.2005 verlängert worden war.

Das Berufungsgericht hat die beiden Berufungsverfahren mit Beschluss vom 11.01.2006 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.

Die Beklagte macht zur Begründung ihrer Berufungen im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts seien die streitbefangenen Kündigungen unter dem Gesichtspunkt der sog. Druckkündigung wirksam. Sie - die Beklagte - habe die die Kündigung rechtfertigende Drucksituation bereits erstinstanzlich ausreichend dargetan. Das Arbeitsgericht habe diesbezüglich die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Das Arbeitsverhältnis sei jedenfalls gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen. Der Auflösungsantrag bedürfe keiner Begründung, da der Kläger zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt gewesen sei. Der Kläger sei nicht gehalten gewesen, sich vor einer Einstellung bei einem Vorgesetzten rückzuversichern. Lediglich aus formellen Gründen habe es bei Abschluss eines Einstellungsvertrages einer zweiten Unterschrift bedurft. Der Kläger sei jedoch in seiner Entscheidung frei gewesen. Die Einstellungs- bzw. Entlassungsbefugnis habe auch einen wesentlichen Teil der Tätigkeit des Klägers dargestellt. Seine Personalverantwortung habe sich nämlich auf sämtliche Mitarbeiter eines Betriebsbereiches bezogen. Aber selbst dann, wenn der Kläger nicht als Leitender Angestellter anzusehen sei, sei der Auflösungsantrag begründet. Der Kläger habe nämlich im vormaligen Kündigungsschutzprozess (ArbG Koblenz - 10 Ca 1493/03) der Wahrheit zuwider behauptet, er könne auch die Bereiche Privatkundenbank, Betriebsservice, Unternehmenssteuerung und Organisation/IT leiten. Darüber hinaus habe er seinen Kollegen H im Rahmen seines damaligen schriftsätzlichen Vortrages wiederholt abqualifiziert, indem er diesen als Hausmeister oder Elektromeister, welchem jeglicher bankspezifischer Hintergrund fehle, tituliert habe. Eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern auf Bereichsleiterebene und dem Kläger sei daher nicht mehr möglich. Schließlich sei jedenfalls der vom Arbeitsgericht titulierte Weiterbeschäftigungsanspruch nicht gegeben. Diesem Anspruch stehe die Regelung in § 11 Abs. 3 des Anstellungsvertrages entgegen. Die Vertragsklausel sei - entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts - nicht gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Darüber hinaus sei die Vertrauensgrundlage zwischen dem Kläger und ihrem Vorstand sowie den Bereichsleitern unheilbar zerstört. Weder der Vorstand noch die Bereichsleiter seien zu gemeinsamen Sitzungen und Besprechungen mit dem Kläger bereit. Selbst wenn ein Beschäftigungsanspruch bestünde, so beziehe sich dieser nicht auf eine Tätigkeit des Klägers als Bereichsleiter, da die Zuweisung des Arbeitsbereichs dem Direktionsrecht des Vorstandes unterliege. Im Übrigen beschreibe die Bezeichnung "Bereichsleiter" keine konkreten Arbeitsbedingungen.

Die Beklagte beantragt,

1. das am 02.06.2005 verkündete Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz, Az.: 10 Ca 2953/04, abzuändern und die Klage abzuweisen.

2. Das am 08.09.2005 verkündete Schlussurteil des Arbeitsgerichts Koblenz, Az.: 10 Ca 2953/04, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Hilfsweise,

das Arbeitsverhältnis der Parteien gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 80.000 € nicht überschreiten sollte, zum 25.10.2004, äußerst hilfsweise zum Ablauf des 31.03.2006 aufzulösen.

Der Kläger beantragt,

die Berufungen der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die mit der Berufung angefochtenen Urteile und macht im Wesentlichen (wie bereits erstinstanzlich) geltend, er habe in keinem einzigen Fall selbständig über eine Einstellung oder Entlassung entschieden. Im Übrigen seien keinerlei Gründe gegeben, die eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen könnten. Er habe deshalb auch einen Anspruch, auf der Bereichsleiterebene weiterbeschäftigt zu werden. Sein Einsatz auf dieser Hierarchieebene entspreche der arbeitsvertraglich getroffenen Vereinbarung.

Von einer weiteren Darstellung des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den beide Berufungen begründenden Schriftsatz der Beklagten vom 05.10.2005 (Bl. 237 - 245 d. A.), auf den weiteren Schriftsatz der Beklagten vom 30.12.2005 (Bl. 299 und 300 d. A.), sowie auf die Berufungserwiderungsschrift des Klägers vom 18.10.2005 (Bl. 266 - 275 d. A.).

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthaften Berufungen der Beklagten sind sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die hiernach insgesamt zulässigen Rechtsmittel haben in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat vielmehr sowohl im Ergebnis zu Recht als auch mit zutreffender Begründung den Kündigungsschutzklagen sowie dem Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers stattgegeben und den Auflösungsantrag der Beklagten abgewiesen.

Das Berufungsgericht folgt den ausführlichen und sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen der mit den Berufungen angefochtenen erstinstanzlichen Urteilen vom 02.06.2005 und vom 08.09.2005 und stellt dies hiermit ausdrücklich gem. § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Von der Darstellung eigener, vollständiger Entscheidungsgründe wird daher abgesehen. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beklagten erscheinen lediglich folgende ergänzende Klarstellungen angezeigt:

1.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch keine der streitbefangenen außerordentlichen und vorsorglich ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen aufgelöst worden. Es ist nämlich weder ein wichtiger Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB gegeben, der den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung rechtfertigen könnte, noch ist eine der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen durch einen der in § 1 Abs. 2 KSchG genannten Gründe bedingt.

Die Beklagte stützt sämtliche streitbefangenen Kündigungen auf das am 11.10.2004 schriftlich festgehaltene Ergebnis (Bl. 71 d. A.) einer Diskussion zwischen dem Vorstand und dem Bereichsleitern, in dessen Verlauf von Seiten der Bereichsleiter - nach Behauptung der Beklagten - eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger abgelehnt wurde. Die Beklagte vertritt diesbezüglich die Ansicht, die Voraussetzungen zum Ausspruch einer sog. Druckkündigung seien erfüllt. Von einer Druckkündigung, die sowohl als außerordentliche als auch als ordentliche Kündigung in Betracht kommt, spricht man, wenn von der Belegschaft, einer Gewerkschaft, dem Betriebsrat oder Geschäftspartnern des Arbeitgebers unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber (Ankündigung der Kündigung durch Mitarbeiter oder des Abbruchs der Geschäftsbeziehungen durch Kunden) vom Arbeitgeber die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers verlangt wird. Dabei ist zunächst zu klären, ob in der Person oder im Verhalten des betroffenen Arbeitnehmers liegende Gründe gegeben sind, die das Entlassungsverlangen sachlich rechtfertigen und eine personen- oder verhaltensbedingte Kündigung ermöglichen (BAG, EzA § 626 BGB Druckkündigung Nr. 3). Fehlt ein derartiger Kündigungssachverhalt, dann ist eine Druckkündigung nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig.

Im Streitfall ist zunächst festzustellen, dass keine in der Person oder im Verhalten des Klägers liegende Gründe gegeben sind, die ein Entlassungsverlangen der Bereichsleiter sachlich rechtfertigen und damit den Ausspruch einer ordentlichen personen- oder verhaltensbedingten Kündigung oder gar einer außerordentlichen Kündigung rechtfertigen könnten. Soweit die Beklagte geltend macht, die vom Kläger im vormaligen Kündigungsschutzprozess vertretene Ansicht, er sei auch für andere Bereichsleiterpositionen ausreichend qualifiziert, sei nach Auffassung der Bereichsleiter lächerlich und diese seien nicht bereit, diese maßlose Selbstüberschätzung des Klägers zu tolerieren, so lässt sich hieraus nicht ansatzweise das Vorliegen eines den Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung rechtfertigenden Grundes ableiten. Der diesbezügliche Sachvortrag des Klägers erfolgte erkennbar in Wahrnehmung berechtigter Interessen und stellt in keiner Weise die Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Vorbringens des Klägers im vormaligen Kündigungsschutzverfahren hinsichtlich der Qualifikation des Mitarbeiters Z.. Dieser Sachvortrag zielte vielmehr erkennbar ausschließlich darauf, darzustellen, dass die Qualifikationen des Mitarbeiters Z. nicht dergestalt sind, dass er im Rahmen der Sozialauswahl nicht berücksichtigt zu werden braucht. Hierzu hat der Kläger im Schriftsatz vom 18.09.2003 (dort S. 4 und 5 = Bl. 63 und 64 d. A. des Verfahrens 10 Ca 849/04) lediglich vorgetragen, dass Herr Z. gelernter Elektriker sei und nach seiner Kenntnis früher bei der Beklagten in der Funktion eines Hausmeisters eingesetzt gewesen sei. Auch dieses Vorbringen erfolgte in Wahrnehmung berechtigter Interessen und stellte keinesfalls ein Verhalten dar, welches geeignet sein könnte, einen Kündigungsgrund i. S. v. § 1 Abs. 2 KSchG oder gar einen solchen i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB zu bilden.

Da es somit an einem in der Person oder dem Verhalten des Klägers liegenden Kündigungsgrund fehlt, bemisst sich die Wirksamkeit der Kündigungen an den strengen Voraussetzungen der "echten" Druckkündigung. Eine solche ist nur in seltenen Ausnahmefällen gerechtfertigt. Insbesondere darf der Arbeitgeber nicht ohne Weiteres dem Verlangen auf Entlassung eines Arbeitnehmers nachgeben, sondern muss sich zunächst schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer stellen und alle zumutbaren Mittel einsetzen, um die Belegschaft oder diejenigen Personen, von denen der Druck ausgeht, von ihrer Drohung abzubringen (BAG, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 39). Nur wenn daraufhin trotzdem ein bestimmtes Verhalten in Aussicht gestellt wird und dadurch schwere wirtschaftliche Schäden für den Arbeitgeber drohen, kann die Kündigung aus betriebsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt sein.

Im Streitfall ist nicht erkennbar, dass sich die Beklagte in irgendeiner Weise schützend vor den Kläger gestellt und alle zumutbaren Mittel eingesetzt hat, um die Bereichsleiter von ihrer Haltung abzubringen. Aus dem (pauschalen) Vorbringen der Beklagten, sie habe mit den Bereichsleitern die Frage diskutiert, welche Maßnahmen ergriffen werden könnten, um die Situation zu entschärfen und ggf. eine Kündigung des Klägers abzuwenden, lässt sich nicht herleiten, dass die Beklagte auch nur einen ernsthaften Versuch unternommen hat, die Bereichsleiter zu einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Kläger zu bewegen. Die streitbefangenen, sämtlich auf die von der Beklagten behauptete Drucksituation gestützten Kündigungen sind daher bereits aus diesem Grunde unwirksam.

2.

Der Auflösungsantrag der Beklagten ist unbegründet.

Der Antrag bedurfte einer Begründung, da der Kläger nicht als Leitender Angestellter nach § 14 Abs. 2 KSchG anzusehen ist. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt u. a. voraus, dass der Arbeitnehmer zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt ist. Darüber hinaus muss die Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis einen wesentlichen Teil der Tätigkeit ausmachen und somit die Stellung des Arbeitnehmers prägen (BAG v. 18.10.2000 - 2 AZR 465/99). Die zu fordernde Selbständigkeit hinsichtlich dieser Befugnis setzt auch eine gewisse Eigenverantwortlichkeit voraus. Die Selbständigkeit fehlt daher, wenn die personelle Maßnahme der Zustimmung anderer Personen bedarf oder der Arbeitnehmer sich in der Regel bei seinem Arbeitgeber rückversichern muss (Ascheid, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 4. Aufl., § 14 KSchG, Randziffer 12 m. w. N.).

Vorliegend hat die Beklagte bereits nicht ausreichend dargetan, dass dem Kläger eine sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis bestehende Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis eingeräumt worden ist. Zwar ist nach dem Inhalt der von der Beklagten für die Position "Bereichsleiter 70, Betriebsbereich/Marktfolge passiv" vorgelegten Stellenbeschreibung der Stelleninhaber zur Vornahme von Neueinstellungen, Umbesetzungen und Entlassungen in dem betreffenden Bereich berechtigt. Es ist indessen weder vorgetragen noch ersichtlich, dass dem Kläger diese Befugnis tatsächlich übertragen wurde. Der schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien vom 26.11.1992 (Bl. 8 - 13 d. A.) enthält diesbezüglich keinerlei Anhaltspunkte. Gemäß § 1 dieses Vertrages wurde dem Kläger (lediglich) Gesamtprokura erteilt, und zwar in der Weise, dass er gemeinsam mit einem Vorstandsmitglied oder einem weiteren Prokuristen zur Vertretung der Beklagten berechtigt war. Die nach dem Vertragsinhalt jederzeit widerrufliche Prokura war dem Kläger überdies bereits mit Schreiben vom 15.08.2002 entzogen worden. Eine Inbezugnahme der von der Beklagten vorgelegten Stellenbeschreibung enthält der Arbeitsvertrag nicht. Auch aus der tatsächlichen Durchführung des Arbeitsverhältnisses kann im Streitfall nicht auf eine für die Anwendbarkeit des § 14 KSchG ausreichende selbständige Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis des Klägers geschlossen werden. Die von der Beklagten zum Nachweis dieser Befugnis vorgelegten Schriftstücke (Bl. 133 - 143 d. A.) tragen sämtlich nicht nur die Unterschrift des Klägers, sondern wurden vielmehr - wohl in Ansehung der in § 1 des Arbeitsvertrages enthaltenen Regelung - noch von einer weiteren Person unterzeichnet. Das Bestehen einer diesbezüglich, sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis wirksamen Vollmacht ergibt sich daher aus den betreffenden Vorgängen gerade nicht. Letztlich kann auch nicht festgestellt werden, dass im Hinblick auf die von der Beklagten behaupteten eigenständigen Einstellungen des Klägers davon ausgegangen werden müsste, dass die Einstellungsbefugnis des Klägers einen wesentlichen Teil seiner Tätigkeit ausgemacht und somit seine Stellung geprägt hat. Da das Schreiben vom 03.12.2001 (Bl. 143 d. A.) lediglich die Reduzierung der Arbeitszeit einer Mitarbeiterin und somit keine Einstellung oder Entlassung betrifft, handelt es sich insoweit um lediglich insgesamt fünf u. U. zu berücksichtigende Personalmaßnahmen, von denen vier in den Zeitraum von 1993 bis 1995 fallen und eine im März 2002 durchgeführt wurde. Bei Berücksichtigung der langjährigen, vom Kläger jedenfalls seit 1992 ausgeübten Tätigkeit eines Bereichsleiters kann daher keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die behauptete selbständige Einstellungsbefugnis in Ansehung der wenigen, von der Beklagten vorgetragenen Vorgänge auch einen wesentlichen Teil dieser Tätigkeit ausgemacht und somit die Stellung des Klägers geprägt hat.

Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien nicht erwarten lassen und somit eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 KSchG rechtfertigen könnten, sind nicht gegeben. Als solche kommen nur Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis des Arbeitnehmers zum Arbeitgeber, die Wertung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers, seiner Leistungen oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben, etwa als Vorgesetzter und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Für das Vorliegen der Tatsachen, welche die Auflösung rechtfertigen sollen, trägt der Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast, wobei globale und pauschale Erklärungen nicht ausreichend sind. Im Streitfall bestehen bereits Bedenken, ob sich die Beklagte auf die von ihr zur Begründung des Auflösungsantrages vorgetragenen Tatsachen noch berufen kann. Die Beklagte hat nämlich exakt die selben Tatsachen bereits im vormaligen Kündigungsschutzverfahren (ArbG Koblenz - 10 Ca 1492/03) zur Begründung ihres damaligen Auflösungsantrages vorgetragen, über die im Berufungsurteil vom 19.01.2005 (LAG Rheinland-Pfalz - 10 Sa 580/05) unter Zurückweisung des Auflösungsantrages befunden worden ist. Es spricht daher einiges dafür, dass hinsichtlich der betreffenden Auflösungsgründe eine Präklusion eingetreten ist mit der Folge, dass diese von der Beklagten nunmehr nicht mehr geltend gemacht werden können. Dies kann letztlich jedoch offen bleiben, da der Sachvortrag der Beklagten ohnehin keine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 KSchG rechtfertigt. Soweit die Beklagte vorgetragen hat, das Vertrauensverhältnis zwischen ihrem Vorstand und dem Kläger sei völlig zerstört und eine vertrauensvolle zukünftige Zusammenarbeit ausgeschlossen, so handelt es sich um eine pauschale, nicht auf konkrete Tatsachen gestützte und somit unzureichende Behauptung. Nichts anderes ergibt sich unter Berücksichtigung des von der Beklagten zur weiteren Begründung ihres Auflösungsbegehrens vorgelegten, schriftlich zusammengefassten Ergebnisses einer Sitzung des Vorstandes und der Bereichsleiter vom 11.10.2004 (Bl. 71 d. A.). Zwar sprechen sich die Bereichsleiter nach dem Inhalt des betreffenden Schriftstücks gegen eine Weiterbeschäftigung des Klägers aus und vertreten u. a. die Ansicht, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Kläger und dem Vorstand nicht mehr möglich sei. Konkrete Tatsachen, welche diese Auffassung stützen könnten, sind jedoch weder in der Erklärung vom 11.10.2004 enthalten noch ansonsten vorgetragen oder ersichtlich. Auch der Sachvortrag des Klägers bezüglich des Mitarbeiters Z. im vormaligen Kündigungsschutzverfahren stellt entgegen der Ansicht der Beklagten einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit nicht entgegen. Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers stellt keine Abqualifizierung des Mitarbeiters Z. dar. Der Kläger hat damals im Schriftsatz vom 18.09.2003 (dort S. 4 und 5 = Bl. 63 u. 64 d. A. 10 Sa 849/04) lediglich vorgetragen, dass der Mitarbeiter Z. gelernter Elektriker und nach seiner Kenntnis früher einmal bei der Koblenzer Volksbank als Hausmeister eingesetzt worden sei, wobei ihm - dem Kläger - die nachfolgende Entwicklung dieses Mitarbeiters nicht bekannt sei. Dieser Sachvortrag zielte erkennbar ausschließlich darauf, darzustellen, dass die Qualifikationen des Mitarbeiters Z. nicht dergestalt sind, dass er im Rahmen der Sozialauswahl nicht berücksichtigt zu werden brauchte. Es ist nicht erkennbar, dass dieses Vorbringen, welches ohnehin in Wahrnehmung berechtigter Interessen erfolgte, das Verhältnis zwischen dem Kläger und dem Mitarbeiter Z. derart gravierend beeinträchtigt bzw. belastet, dass eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit i. S. v. § 9 Abs.1 KSchG zukünftig nicht mehr erwartet werden könnte.

3.

Der Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers ist ebenfalls begründet.

Nach der Rechtsprechung des BAG (BAG GS v. 27.02.1985, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens, wenn ein die Unwirksamkeit der Kündigung feststellendes Instanzurteil ergeht und keine besonderen Umstände vorliegen, die ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers begründen, den Arbeitnehmer nicht weiterzubeschäftigen. Vorliegend erweisen sich sämtliche streitbefangenen Kündigungen als unwirksam. Überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstehen könnten, sind nicht gegeben. Den diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts im Schlussurteil vom 08.09.2005 ist nichts hinzuzufügen.

Auch die in § 11 Abs. 3 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages enthaltene Bestimmung: "Nach einer Kündigung ist die Genossenschaft berechtigt, für die restliche Dauer des Anstellungsverhältnisses auf eine weitere Dienstleistung zu verzichten", steht dem Weiterbeschäftigungsantrag nicht entgegen. Der formularmäßige Vorausverzicht auf den (vorläufigen) Weiterbeschäftigungsanspruch erweist sich nach zutreffender Begründung des Arbeitsgerichts im angefochtenen Urteil gem. § 307 Abs. 1 BGB als unwirksam (vgl. auch Preis, in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 611 BGB Rz. 707). Auch die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Urteil bedürfen keiner Ergänzung. Darüber hinaus steht die betreffende Vertragsklausel nach Ansicht der Berufungskammer auch im Falle ihrer Wirksamkeit dem Weiterbeschäftigungsbegehren des Klägers nicht entgegen. Die diesbezügliche, zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung bezieht sich, wie in der gewählten Formulierung - "für die restliche Dauer des Anstellungsverhältnisses" - eindeutig zum Ausdruck kommt, auf die Zeit zwischen Kündigungsausspruch und Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist. Die dem Arbeitgeber für diesen Zeitraum eingeräumte Möglichkeit, auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers zu verzichten, setzt jedoch die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung voraus. Denn nur in diesem Fall steht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses fest mit der Folge, dass dann von einer "restlichen Dauer" des Arbeitsverhältnisses gesprochen werden kann. Ein Recht der Beklagten, den Kläger auch im Falle einer unwirksamen Kündigung bzw. bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses auch über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus zu suspendieren, lässt sich der vertraglichen Regelung nicht ansatzweise entnehmen.

Die Beklagte kann sich zur Abwehr des Anspruchs des Klägers, als Bereichsleiter weiterbeschäftigt zu werden, auch nicht mit Erfolg auf ihr Direktionsrecht berufen. Die Parteien haben in § 2 des Anstellungsvertrages vom 26.11.1992 die vom Kläger zu erbringende Tätigkeit dahin gehend beschrieben bzw. definiert, dass dieser den "Geschäftsbereich, Betriebsbereich/Marktfolge passiv" zu leiten hat. Damit ist die Tätigkeit des Bereichsleiters als Art der zu leistenden Arbeit vertraglich konkretisiert. Ein Recht der Beklagten, dem Kläger einseitig eine andere Tätigkeit zuzuweisen, lässt sich dem Anstellungsvertrag nicht entnehmen. Damit wäre jedenfalls die Übertragung jedweder Tätigkeit außerhalb der bei der Beklagten bestehenden Hierarchieebene "Bereichsleiter" nicht mehr vom arbeitgeberseitigen Direktionsrecht gedeckt.

Der vertraglich vereinbarte Tätigkeitsbereich des Klägers hat sich schließlich - entgegen der Ansicht der Beklagten - auch nicht dadurch verändert, dass sich dieser mit dem Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 15.08.2002 (Bl. 113 d. A.) in irgendeiner Weise einverstanden erklärt hat. Auch den diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts unter B III des Schlussurteils vom 08.09.2005 ist nichts hinzuzufügen.

II.

Nach alledem waren die Berufungen der Beklagten mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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