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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 13.04.2005
Aktenzeichen: 10 Sa 581/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, ArbGG, StGB


Vorschriften:

ZPO § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2
ZPO § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 3
ZPO § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 4
ZPO § 520 Abs. 3
ZPO § 522 Abs. 1
ZPO § 524
ZPO § 524 Abs. 4
ZPO § 580 Nr. 7 b
BGB § 247
BGB § 626 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
ArbGG § 69 Abs. 2
StGB § 246
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Sa 581/04

Entscheidung vom 13.04.2005

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 11.03.2004, AZ: 7 Ca 2886/03, wird als unzulässig verworfen.

II. Die Anschlussberufung des Beklagten ist wirkungslos.

III. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung sowie über Zahlungsansprüche des Klägers. Der Beklagte begehrt seinerseits vom Kläger im Wege der Widerklage die Zahlung von Schadensersatz.

Der Kläger war seit dem 01.04.2003 bei dem Beklagten, der einen Autohandel mit Kfz-Werkstatt betreibt, als Autoverkäufer beschäftigt.

Am Sonntag, dem 02.11.2003, wurde aus der im Firmengebäude des Beklagten befindlichen Barkasse ein Geldbetrag von 1.600,00 EUR entwendet. Der Beklagte, der den Kläger bezichtigt, diesen Diebstahl begangen zu haben, kündigte das Arbeitsverhältnis daraufhin mit Schreiben vom 10.11.2003, welches dem Kläger am 18.11.2003 zuging, fristlos. Gegen diese Kündigung richtet sich die vom Kläger, der seine Täterschaft in Abrede stellt, am 19.11.2003 beim Arbeitsgericht eingereichte Klage. Darüber hinaus hat der Kläger mit einer bereits am 18.11.2003 eingereichten Klage gegenüber dem Beklagten die Zahlung von 2.100,00 EUR netto geltend gemacht. Gegenüber diesem Zahlungsanspruch hat der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.600,00 EUR erklärt und darüber hinaus im Wege der Widerklage einen (weiteren) Schadensersatzanspruch in Höhe von 99,38 EUR geltend gemacht.

Das Arbeitsgericht hat den Kündigungsrechtsstreit und das Verfahren über die wechselseitig geltend gemachten Zahlungsansprüche mit Beschluss vom 11.03.2004 miteinander verbunden.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 10.11.2003, zugegangen am 18.11.2003, aufgelöst worden ist,

2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 2.100,00 EUR netto nebst Zinsen hieraus i. H. eines mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB liegenden Zinssatzes seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

1. Die Klage abzuweisen,

2. den Kläger zu verurteilen an ihn 99,38 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Zur Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 11.03.2004 (Bl. 53 - 59 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger 1.679,99 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.11.2003 zu zahlen. Im übrigen hat das Arbeitsgericht die Klage - ebenso wie die Widerklage - abgewiesen. Hinsichtlich der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 8 bis 14 des Urteils vom 11.03.2004 (Bl. 59 - 65 d. A.) verwiesen.

Das erstinstanzliche Urteil ist dem Kläger am 28.06.2004, dem Beklagten am 25.06.2004 zugestellt worden. Der Kläger hat gegen dieses Urteil am 16.07.2004 Berufung beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und diese am 20.08.2004 begründet.

In seiner Berufungsbegründungsschrift vom 18.08.2004 hat der Kläger unter Bezugnahme auf seine erstinstanzlichen Sachvortrag geltend gemacht, entgegen den Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts habe er den Diebstahl nicht begangen. Auch lägen keine Gründe vor, die einen diesbezüglichen Verdacht rechtfertigen könnten.

Zum Beweis hierfür hat der Kläger in seiner Berufungsbegründungsschrift die Beiziehung der Strafakten der Staatsanwaltschaft B , Aktenzeichen 1023 Js 17160/03 beantragt. Zugleich hat der Kläger beantragt, den Rechtsstreit bis zum Abschluss des gegen ihn geführten Strafverfahrens auszusetzen. Diesen Aussetzungsantrag hat das Berufungsgericht mit Beschluss vom 08.09.2004 (Bl. 95 u. 96 d. A.) zurückgewiesen.

Zur Darstellung des Inhalts der Berufungsbegründungsschrift des Klägers vom 18.08.2004 wird ergänzend auf Blatt 87 und 88 der Akte Bezug genommen.

Mit Urteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 17.05.2004 war der Kläger wegen Untreue zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen á 30,00 EUR verurteilt worden. Das Amtsgericht erachtete es für erwiesen, dass der Kläger sich am Sonntag, dem 02.11.2003, zwischen 11 Uhr und 12 Uhr in das Firmengebäude des Beklagten begeben und aus der dort befindlichen Barkasse einen Betrag von 1.600,00 EUR entwendet hat. Auf die vom Kläger eingelegte Berufung hat das Landgericht B. mit Urteil vom 03.02.2005 das Urteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 17.05.2004 aufgehoben und den Kläger freigesprochen. Zur Begründung hat das Landgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils ausgeführt, dass nach Auswertung der Kassenzettel zugunsten des Angeklagten davon auszugehen sei, dass die Kasse am 02.11.2003 bereits gegen 08.30 Uhr geöffnet worden sei und Feststellungen dazu, dass der Angeklagte (auch) zu diesem Zeitpunkt das Firmengebäude aufgesucht habe, nicht getroffen werden konnten.

In Ergänzung seiner Berufungsbegründungsschrift vom 18.08.2004 trägt der Kläger mit Schriftsatz vom 08.02.2005 vor, dass aufgrund der vom Landgericht B. getroffenen Feststellungen feststehe, dass er die ihm vorgeworfene Tat nicht begangen habe.

Der Kläger ist der Ansicht, seine Berufungsbegründung vom 18.08.2004 entspreche den gesetzlichen Anforderungen. Für ihn - den Kläger - habe keine andere Möglichkeit bestanden, als seine Unschuld im strafgerichtlichen Berufungsverfahren festgestellt zu bekommen. Der ihn entlastende Umstand, dass nämlich die Kasse am Vormittag des 02.11.2003 bereits gegen 08.30 Uhr geöffnet worden sei, sei ihm zum Zeitpunkt der Berufungsbegründung noch nicht bekannt gewesen. Er habe sich daher mit den im Urteil des Arbeitsgerichts festgestellten Indizien nicht auseinandersetzen können und müssen, da der einzige Angriffspunkt erst im freisprechenden Strafurteil festgestellt worden sei. Es habe daher genügt, dass er in seiner Berufungsbegründungsschrift zum Beweis für seine Unschuld die Beiziehung der Strafakten beantragt habe. Jedenfalls sei im Hinblick auf das freisprechende Strafurteil der Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7 b ZPO gegeben, der im vorliegenden Berufungsverfahren inzidenter zu prüfen sei. Da aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des Landgerichts B. feststehe, dass er die Tat nicht begangen habe, sei auch festzustellen, dass die auf diese Tat gestützte Kündigung des Beklagten rechtunwirksam sei.

Mit Schriftsatz vom 16.02.2005 hat der Kläger beantragt, ihm hinsichtlich seines Tatsachenvortrages nebst Beweisangeboten aus den Schriftsätzen vom 08.02., 14.02. und 15.02.2005 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Zur Darstellung des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren im Weiteren wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf dessen Schriftsätze vom 08.02.2005 (Bl. 123 - 125 d. A.), vom 15.02.2005 (Bl. 137 - 139 d. A.) und vom 16.02.2005 (Bl. 143 - 146 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern soweit die Klage abgewiesen wurde und nach seinen erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte trät im wesentlichen vor, es lägen hinreichende Verdachtsmomente dafür vor, dass der Kläger den Betrag von 1.600,00 EUR aus der Kasse entwendet habe. Der Kläger sei daher auch nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 246 StGB zur Rückzahlung dieses Geldbetrages verpflichtet.

Zur Darstellung des Vorbringen des Beklagten im Berufungsverfahren wird ergänzend auf die Berufungserwiderungsschrift vom 27.08.2004 (Bl. 90 und 91 d. A.) Bezug genommen.

Der Beklagte beantragt widerklagend,

den Kläger zu verurteilen, an ihn 1.600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Widerklage zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Widerklage als unzulässig abzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist unzulässig.

1. Zwar hat der Kläger seine Berufung sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt. Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als unzulässig, weil der Kläger die Berufung innerhalb der zweimonatigen Begründungsfrist (§ 66 Abs. 1 ArbGG) nicht ordnungsgemäß begründet hat.

Nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO hat die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände zu enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzungen und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn es diese bekämpfen will. Für die erforderlichen Auseinandersetzung mit dem Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch den Erstrichter mit formelhaften Wendungen zu rügen, lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG, Urteil v. 10.02.2005, Az: 6 AZR 183/04, m. w. N.).

Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründungsschrift des Klägers vom 18.08.2004 nicht. Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage mit der Begründung abgewiesen, aufgrund der festgestellten Tatsachen stehe fest, dass der Kläger am 02.11.2003 einen Geldbetrag von 1.600,00 EUR aus der Kasse des Beklagten entwendet habe, sodass ein wichtiger Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB gegeben sei, der den Ausspruch der streitbefangenen fristlosen Kündigung rechtfertige. Dabei hat das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils eingehend dargelegt, aufgrund welcher Tatsachen es zu der Überzeugung gelangt ist, der Kläger habe die ihm seitens des Beklagten vorgeworfene Straftat begangen. Mit den diesbezüglichen Erwägungen des Arbeitsgerichts setzt sich der Kläger in seiner Berufungsbegründungsschrift nicht auseinander. Diese enthält vielmehr lediglich eine Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Sachvortrag sowie - unter Hinweis auf ein zum damaligen Zeitpunkt laufendes Strafverfahren - die pauschale Behauptung, er habe die Tat entgegen die Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts nicht begangen. Diese Begründung genügt den in § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO normierten Anforderungen nicht. Entsprechendes gilt, soweit das Arbeitsgericht die Zahlungsklage des Klägers (teilweise) abgewiesen hat und diese mit der Berufung unverändert weiterverfolgt wird. Auch diesbezüglich lässt sich der Berufungsbegründungsfrist die Bezeichnung von Umständen, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt, nicht entnehmen. Die Berufungsbegründung enthält auch nicht nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 ZPO die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im erstinstanzlichen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Letztlich kann das in der Berufungsbegründung vom 18.08.2004 enthaltene Beweisangebot (Beiziehung der Strafakten der Staatsanwaltschaft B. , Az: 1023 Js 17160/03) auch nicht als (ordnungsgemäße) Bezeichnung eines neuen Angriffsmittels i. S .v. § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 ZPO angesehen werden, da hieraus allein nicht ersichtlich ist, auf welche konkreten, im Strafverfahren gewonnene Erkenntnisse der Kläger sein Rechtsmittel stützen will. Insgesamt beinhaltet die Berufungsbegründung außer der Bezugnahme auf erstinstanzliches Vorbringen somit lediglich die Behauptung, das Strafgericht werde - im Gegensatz zum Arbeitsgericht - zu den Ergebnis gelangen, der Kläger habe die ihm vorgeworfene Straftat nicht begangen. Eine solche Begründung erfüllt indessen nicht die im § 520 Abs. 3 ZPO normierten Anforderungen.

2. Soweit der Kläger seine Berufung mit Schriftsatz vom 08.02.2005 sowie mit weiteren, zeitlichen nachfolgenden Schriftsätzen ergänzend begründet hat, so ist der Inhalt dieser Schriftsätze für die Frage der Zulässigkeit der Berufung ohne Belang, da die zweimonatige Berufungsbegründungsfrist (§ 66 Abs. 1 ArbGG) bereits mit Ablauf des 30.08.2004 geendet hatte. Für die vom Kläger diesbezüglich beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist kein Raum. Dieses Rechtsinstitut setzt die Versäumung einer gesetzlichen Frist voraus. Von der Versäumung der Frist zur (ordnungsgemäßen) Begründung der Berufung kann aber nur die Rede sein, wenn die rechtzeitige und wirksame Einreichung der Berufungsbegründung als solche unterblieben ist. Das Institut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dient hingegen nicht dazu, inhaltliche Unvollständigkeiten einer an sich fristgerecht eingereichten Rechtsmittelbegründung zu heilen. Dies gilt auch für den Fall, dass - wie vorliegend - die Berufungsbegründung mit inhaltlichen Mängel versehen ist, die bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nicht beseitigt worden sind und zur Unzulässigkeit der Berufung führen (BGH, Urteil vom 13.02.1987, Az: III ZR 285/95).

3. Auch soweit der Kläger im Hinblick auf das ihn freisprechende Urteil des Landgerichts B. vom 03.02.2005 den Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7 b ZPO geltend macht, steht dies der Verwerfung seiner Berufung als unzulässig nach § 522 Abs. 1 ZPO nicht entgegen.

Zwar ist das Vorliegen des vom Kläger geltend gemachten Restitutionsgrundes bereits im vorliegenden Berufungsverfahren zu prüfen. Das Berufungsgericht ist nämlich nicht gezwungen, sehenden Auges ein Urteil zu entlassen, das alsbald durch eine Restitutionsklage wieder beseitigt würde. Das Urteil des Landgerichts B. vom 03.02.2005 ist jedoch nicht geeignet, eine Restitution zu begründen.

Zu den die Restitution begründenden Urkunden i. S. v. § 580 Nr. 7 b ZPO gehören nicht nur Urkunden mit formeller Beweiskraft, sondern auch Urkunden, die für die zu beweisende Tatsache lediglich einen frei zu würdigenden Beweiswert haben; auch ein Strafurteil stellt eine solche frei zu würdigende Urkunde da. Die Zivilgerichte sind ebenso wie die Gerichte für Arbeitssachen nicht an strafgerichtliche Urteile gebunden. Sie müssen sich vielmehr eine eigene Überzeugung bilden, wobei die Verwertung einzelner Beweisergebnisse des Strafverfahrens zulässig ist.

Nach § 580 Nr. 7 b ZPO findet die Restitutionsklage statt, wenn eine Partei eine Urkunde auffindet, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Diese Möglichkeit kann jedoch nur bei Urkunden bestehen, die bei der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz des Vorprozesses überhaupt vorgelegt und vom Gericht hätten berücksichtigt werden können. § 580 Nr. 7 b ZPO findet daher grundsätzlich nur bezüglich solcher Urkunden Anwendung, die zum Zeitpunkt des früheren Verfahrens bereits existiert haben (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 23. Auflage, § 580 Rz. 16 a f, m. Nachw. a. d. Rspr.). Demgemäß steht ein erst nachträglich ergangenes, freisprechendes Urteil keinen Restitutionsgrund i. S. v. § 580 Nr. 7 b ZPO dar (BAG, AP Nr. 3 zu § 79 ArbGG;. BGH, VersR 1984, 453).

Im Streitfall ist das Urteil des Landgerichts B. vom 03.02.2005 zwar noch vor der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz ergangen. Gleichwohl vermag dieses Urteil eine Restitution nicht zu begründen. Im Zeitpunkt der Errichtung der Urkunde, dem 03.02.2005, war nämlich die Frist zur Begründung der Berufung bereits abgelaufen und das Rechtsmittel - wie bereits ausgeführt - unzulässig geworden. In Folge der Unzulässigkeit der Berufung konnte das freisprechende Urteil bereits zum Zeitpunkt seiner Verkündung nicht mehr im vorliegenden Berufungsverfahren zu Gunsten des Klägers berücksichtigt werden. Der Freispruch vom 03.02.2005 war daher von vornherein nicht geeignet, im Sinne von § 580 Nr. 7 b ZPO eine günstigere Entscheidung für den Kläger herbeizuführen.

II.

Die vom Berufungsbeklagten nach Ablauf der Berufungsfrist, jedoch noch innerhalb der Berufungserwiderungsfrist am 30.08.2004 erhobene und zugleich begründete Widerklage auf Zahlung von 1.600,00 EUR stellt sich als zulässige Anschlussberufung nach § 524 ZPO dar. Diese ist gemäß § 524 Abs. 4 ZPO in Folge der Verwerfung der Berufung des Klägers wirkungslos geworden.

III.

Nach allem war die Berufung des Klägers nach § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Die Wirkungslosigkeit der Anschlussberufung des Beklagten war im Urteilstenor (deklaratorisch) festzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Dabei hat der Kläger auch die Kosten der Anschlussberufung zu tragen. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn sich der Beklagte einer von vornherein unzulässigen Hauptberufung angeschlossen hätte (vergl. Zöller/Gummer, ZPO, 23. Auflage, § 524 Randziffer 43). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, da im Zeitpunkt der Einlegung der Anschlussberufung am Montag, dem 30.08.2004, die bis zum diesem Tag für den Kläger laufende Berufungsbegründungsfrist noch nicht geendet hatte und die Hauptberufung folglich noch nicht unzulässig geworden war.

Die Revision war zuzulassen, da das Berufungsgericht der Rechtsfrage, ob in Fallkonstellationen der vorliegenden Art der Restitutionsgrund des § 580 Nr. 7 b ZPO gegeben ist, grundsätzliche Bedeutung beimisst (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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