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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 17.01.2007
Aktenzeichen: 10 Sa 651/06
Rechtsgebiete: ArbGG, BAT, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
BAT § 70
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 305 Abs. 1
BGB § 305 c Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Sa 651/06

Entscheidung vom 17.01.2007

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 23.05.2006, AZ: 3 Ca 608/06, werden zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass das Urteil wie folgt neu gefasst wird:

1. Das Teilversäumnisurteil vom 26.01.2006 wird in Höhe eines der Klägerin zuerkannten Betrages von 50,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2004 aufrecht erhalten.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 917,09 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2004 zu zahlen.

3. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

4. Die Klägerin trägt 53 % und die Beklagte 47 % der Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der durch die Säumnis der Beklagten im Termin vom 26.01.2006 entstandenen Kosten, die der Beklagten auferlegt werden.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im vorliegenden Berufungsverfahren noch darüber, ob die Beklagte die Gehaltserhöhung des Vergütungstarifvertrages Nr. 35 zum BAT vom 31.01.2003 nebst der in diesem Tarifvertrag geregelten Einmalzahlungen an die Klägerin weitergeben muss.

Die Klägerin ist seit dem 17.03.2003 bei der Beklagten als Krankenschwester und stellvertretende Stationsleitung beschäftigt. Sie erhält derzeit von der Beklagten ein Bruttomonatsentgelt von 2.358,10 €.

Der zwischen den Parteien geschlossene schriftliche Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Bestimmungen:

§ 5 der Arbeitnehmer erhält folgende Vergütung:

Vergütungsgruppe/-Stufe Kr 6/06

Ortszuschlag Nach jew. Familienstand

Allgemeine Zulage Nach Tarif

Freiwillige Zulage (AT) ------------------

Bei der Verrichtung von Überstunden, für Arbeiten an Sonntagen, Wochenfeiertagen und für Nachtarbeit vereinbaren die Parteien Zuschläge. Hinsichtlich deren Höhe orientieren sich die Parteien an den Beträgen des BAT. Die Vergütungsbestandteile sind abschließend aufgeführt. Die Zahlung der freiwilligen Zulage (AT) erfolgt freiwillig und unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs. Auch bei wiederholter Gewährung entsteht kein Anspruch.

....................

§ 14

Für die Arbeitsbedingungen im Übrigen gelten die Bestimmungen des Tarifvertrages zwischen der DSK Sozialdienste gGmbH in Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Bezirksverwaltung Rheinland-Pfalz, in Kraft seit 01. Juli 1990, längstens jedoch bis zum Zustandekommen eines Tarifvertrages für das jeweilige Tarifgebiet oder die jeweilige Einrichtung. Ab diesem Zeitpunkt gelten dann die Bestimmungen des geschlossenen Tarifvertrages. Dies betrifft dann auch § 9 dieses Arbeitsvertrages Der Arbeitgeber hält diesen Tarifvertrag zur jederzeitigen Einsichtnahme durch den Arbeitnehmer für diesen bereit. Soweit der jeweils gültige Tarifvertrag Regelungen nicht enthält, gelten die gesetzlichen Bestimmungen. Außerdem gelten das Heimgesetz und die dazugehörigen Rechtsverordnungen sowie die vom Träger erlassenen Dienstanweisungen und Hausordnungen in der jeweils neuesten Fassung.

Nach dem Tarifvertrag zwischen der DSK Sozialdienste gGmbH in Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft ÖTV finden auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer grundsätzlich die Bestimmungen des BAT sowie weitere im einzelnen aufgeführte Tarifverträge zum BAT (u. a. Vergütungstarifvertrag und Tarifvertrag über allgemeine Zulagen) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.

Mit ihrer am 25.11.2005 beim Arbeitsgericht M. eingereichten Klage hat die Klägerin Gehaltserhöhungen sowie Einmalzahlungen gemäß den Bestimmungen des Vergütungstarifvertrages Nr. 35 für die Zeit von Januar 2003 bis einschließlich Dezember 2004, eine Sonderzuwendung für das Jahr 2003 und Urlaubsgeld für das Jahr 2004 geltend gemacht. Hinsichtlich der Zusammensetzung der sich auf insgesamt 4.141,41 € brutto belaufenden Zahlungsklage wird auf die Seite 3 der Klageschrift vom 25.11.2005 (= Bl. 3 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht M. hat mit Teilversäumnisurteil vom 26.01.2006 die Beklagte zur Zahlung von 2.295,84 € brutto nebst Zinsen verurteilt. Der ausgeurteilte Betrag beinhaltet eine Einmalzahlung für November 2004 in Höhe von 50,-- €, eine Zuwendung für das Jahr 2003 in Höhe von 1.913,51 € sowie Urlaubsgeld für das Jahr 2004 in Höhe von 332,34 €. Gegen das ihr am 02.02.2006 zugestellte Teilversäumnisurteil hat die Beklagte am 09.02.2006 Einspruch eingelegt. Das Arbeitsgericht M. hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 13.03.2006 an das Arbeitsgericht O. verwiesen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

das Teilversäumnisurteil des Arbeitsgerichts M. vom 26.01.2006 aufrecht zu erhalten und die Beklagte zur Zahlung weiterer 1.845,57 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 31.12.2004 an die Klägerin zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

das Teilversäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 23.05.2006, auf dessen Tatbestand (Bl. 128-131 d. A.) zur Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, das Teilversäumnisurteil aufrecht erhalten mit der Maßgabe, dass die Beklagte zur Zahlung von weiteren 598,18 € brutto nebst Zinsen verurteilt wird und das vom Gesamtbruttobetrag 463,84 € netto in Abzug zu bringen sind. Hinsichtlich der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5-14 dieses Urteils (= Bl. 131-140 d. A.) verwiesen.

Gegen das beiden Parteien am 24.07.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18.08.2006 Berufung eingelegt und diese innerhalb der mit Beschluss vom 28.08.2006 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 24.10.2006 begründet. Die Berufungsbegründungsschrift der Beklagten ist innerhalb der ihr mit Beschluss vom 25.09.2006 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 25.10.2006 eingegangen.

In der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2007 haben die Parteien einen die Streitgegenstände Sonderzuwendung 2003 und Urlaubsgeld 2004 erledigenden Teilvergleich geschlossen. Wegen dessen Inhalts wird auf die Sitzungsniederschrift vom 17.01.2007 (dort Seite 2 = Bl. 250 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung - soweit der Rechtsstreit nicht durch den Teilvergleich vom 17.01.2007 erledigt worden ist - im Wesentlichen vor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf die tarifliche Ausschlussfrist berufen. Die Forderungen seien jeweils - wie bereits erstinstanzlich vorgetragen - rechtzeitig geltend gemacht worden. Da die Beklagte in einem per Aushang an die Mitarbeiter gerichteten Rundschreiben im Februar 2004 erklärt habe, dass sie nicht in de Lage sei, alle Geltendmachungsschreiben aufzulisten und eine Empfangsbestätigung zu fertigen, sei das jetzige Berufen auf die tarifliche Ausschlussfrist rechtsmißbräuchlich. Hinsichtlich des Anspruchs auf die im März 2003 fällige Einmalzahlung habe das Arbeitsgericht unberücksichtigt gelassen, dass sie - die Klägerin - Vordienstzeiten vorweisen könne.

Die Klägerin beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 928,48 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil soweit die Klage hinsichtlich der nicht durch Teilvergleich vom 17.01.2007 erledigten Streitgegenstände abgewiesen worden ist und trägt ergänzend vor, lediglich das der Klageschrift beigefügte Geltendmachungsschreiben vom 11.02.2005 sei ihr zugegangen. Die noch streitbefangenen Forderungen seien daher im Wesentlichen verfallen. Irgendwelche Vordienstzeiten, die zugunsten der Klägerin Berücksichtigung finden könnten, seien ihr - der Beklagten - nicht bekannt.

Zur Begründung ihrer eigenen Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor, die Klägerin habe keinen Anspruch auf die geltend gemachten tariflichen Gehaltserhöhungen und Einmalzahlungen. Hinsichtlich der Arbeitsvergütung der Klägerin enthalte § 5 des Arbeitsvertrages eine abschließende Regelung, wobei es sich nicht um eine zeitdynamische Verweisung auf die jeweilige Vergütungshöhe nach dem BAT handele. Dies ergebe sich bei Auslegung des Arbeitsvertrages. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass sie - die Beklagte - bei Vertragsschluss nicht tarifgebunden gewesen sei. Auch sei der BAT weder als Gesamtregelwerk noch hinsichtlich einzelner Bestimmungen von den Arbeitsvertragsparteien "gelebt" worden.

Die Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage, soweit nicht durch den Teilvergleich erledigt, abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts, soweit dieses der Klage stattgegeben hat.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils sowie auf die von den Parteien im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthaften Berufungen beider Parteien sind sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat jedoch keines der beiden Rechtsmittel Erfolg.

II.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache (teilweise) hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung einer Zuwendung für das Jahr 2003 sowie auf Zahlung von Urlaubsgeld für das Jahr 2004 durch Abschluss eines Teilvergleiches, der in Ziffer 4 auch eine übereinstimmende Erledigungserklärung enthält, erledigt haben, war im Berufungsverfahren nur noch über die eingeklagten Gehaltserhöhungen für die Zeit von Januar 2003 bis Dezember 2004 (1.670,85 € brutto) sowie über die geltend gemachten Einmalzahlungen für März 2003 (174,72 € brutto) und November 2004 (50,-- € brutto) zu entscheiden. Im Übrigen ist die Rechtshängigkeit in der Hauptsache durch den Teilvergleich vom 17.01.2007 beendet worden; die bereits ergangenen, noch nicht rechtskräftigen Entscheidungen sind insoweit ex tunc wirkungslos geworden.

Das Arbeitsgericht hat - hinsichtlich der nach Maßgabe vorstehender Ausführungen noch rechtshängigen Ansprüche - zu Recht das Teilversäumnisurteil des Arbeitsgerichts M. vom 26.01.2006 insoweit aufrecht erhalten, als die Beklagte (auch) zur Zahlung von 50,-- € (Einmalzahlung für November 2004) verurteilt worden war. Darüber hinaus hat das Arbeitsgericht auch zu Recht im Rahmen seiner Entscheidung der Klägerin einen Anspruch auf Tarifgehaltssteigerungen in Höhe von 917,09 € brutto zuerkannt (vgl. Seite 13 dritter Absatz des erstinstanzlichen Urteils = Bl. 139 d. A.). Die weitergehende Klage auf Tarifgehaltserhöhungen sowie auf die Einmalzahlung für März 2003 hat das Arbeitsgericht - ebenfalls zu Recht - abgewiesen.

1.)

Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung der Differenzen zwischen der Vergütung nach Maßgabe des Vergütungstarifvertrages Nr. 35 zum BAT für den Zeitraum von September 2003 bis einschließlich Dezember 2004 in Höhe von insgesamt 917,09 € brutto. Hinsichtlich der ebenfalls geltend gemachten Differenzvergütungsansprüche für die Monate Januar bis einschließlich August 2003 steht der Begründetheit der Klage die tarifvertragliche Ausschlussfrist des § 70 BAT entgegen.

Der Anspruch der Klägerin folgt aus § 5 des Arbeitsvertrages i. V. m. dem 35. Vergütungs-TV. Das Berufungsgericht folgt insoweit den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts im erstinstanzlichen Urteil (dort Seite 12 vorletzter Absatz bis Seit 13 zweiter Absatz = Bl. 138 und 139 d. A.) und stellt dies hiermit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Darüber hinaus folgt die Berufungskammer uneingeschränkt der den Parteien bekannten Entscheidung des BAG vom 09.11.2005 (5 AZR 128/05), welches die Auslegung gleichlautender arbeitsvertraglicher Bestimmungen wie im vorliegenden Fall zum Gegenstand hatte. Auch das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung.

Es handelt sich bei § 5 des Arbeitsvertrages um Allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. v. § 305 Abs. 1 BGB. Solche sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Nach § 305 c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders. Diese Regelung gibt einen allgemeinen Rechtsgrundsatz wieder, wonach es Sache des Verwenders ist, sich klar und unmissverständlich auszudrücken.

Im Streitfall führt die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB zu dem Ergebnis, dass § 5 des Arbeitsvertrages dahingehend auszulegen ist, dass sich der Vergütungsanspruch der Klägerin hinsichtlich Grundvergütung, Ortszuschlag und Allgemeiner Zulage nach der jeweiligen Tarifvergütung der arbeitsvertraglich festgelegten Vergütungsgruppe (hier Vergütungsgruppe KR VI) richtet. Der Wortlaut der betreffenden vertraglichen Regelung ist nicht eindeutig. Die Formulierung:"Der Arbeitnehmer erhält folgende Vergütung" in Verbindung mit der Benennung einer bestimmten Vergütungsgruppe/Stufe kann eine Verweisung auf das jeweilige Entgelt der betreffenden Entgeltgruppe darstellen. Gemeint sein kann aber auch die bloße Zuordnung zu einer tariflichen Gehaltsgruppe, ohne dass damit etwas zur Frage der dynamischen Anpassung an die jeweilige tarifliche Gehaltsentwicklung ausgesagt wird. Auch nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden verbleiben diesbezüglich nicht behebbare Zweifel. Die von der Klägerin vertretene Auslegung ist ebenso rechtlich vertretbar wie die der Beklagten. Keine der Auslegungen verdient den klaren Vorzug. Die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB führt deshalb zu einer Auslegung zu Lasten der Beklagten, so dass eine zeitdynamische Verweisung anzunehmen ist (BAG Urteil v. 09.11.2005 - 5 AZR 128/05).

Soweit die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung geltend macht, der BAT sei nicht "gelebt worden", so trifft dies für die vorliegend streitige Frage gerade nicht zu. Die Beklagte räumt vielmehr selbst ein, Tariflohnerhöhungen in der Vergangenheit stets weitergegeben zu haben. Unerheblich ist ferner der Hinweis der Beklagten darauf, dass ggf. bei der bloßen Weitergabe von Tariflohnerhöhungen keine Bindung an die Tarifverträge unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung begründet worden wäre. Die hierzu von der Beklagten zitierte Rechtsprechung betrifft andere Fallgestaltungen. Es geht vorliegend nicht um die Begründung eines Anspruchs nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung sondern um die Frage, wie der Arbeitsvertrag der Parteien hinsichtlich der getroffenen Vergütungsvereinbarung auszulegen ist.

Die Klage ist jedoch hinsichtlich der für die Monate Januar bis einschließlich August 2003 geltend gemachten Vergütungsdifferenzen unbegründet. Insoweit sind die Ansprüche der Klägerin nämlich nach § 70 BAT verfallen. Diese tarifliche Vorschrift findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung infolge der in § 14 des Arbeitsvertrages enthaltenen Verweisung auf die Bestimmungen des Tarifvertrages zwischen der DSK Sozialdienste gGmbH in Rheinland-Pfalz und der ÖTV, der seinerseits auf die Bestimmungen des BAT Bezug nimmt. Die Klägerin hat - soweit ersichtlich - ihre Ansprüche auf Tarifgehaltserhöhung erstmals mit Schreiben vom 10.03.2004 (Bl. 20 d. A.) schriftlich geltend gemacht. Sämtliche zeitlich vorhergehende Aufforderungsschreiben, welche die Klägerin zu den Akten gereicht hat, beziehen sich auf andere Forderungen, wie etwa das Schreiben vom 12.02.2004 (Bl. 19 d. A.), worin die Klägerin (ausschließlich) die Zahlung einer Zuwendung geltend gemacht hat. Das Aufforderungsschreiben vom 10.03.2004 konnte die Ausschlussfrist bezüglich der Tarifgehaltserhöhungen rückwirkend nur noch für die Zeit ab September 2003 wahren. Die Beklagte kann jedoch nicht mit Erfolg geltend machen, sie habe das betreffende Schreiben nicht erhalten. Die Klägerin hat nämlich diesbezüglich u. a. einen Einschreiben-Rückschein vom 11.03.2004 (Bl. 30 d. A.) vorgelegt. Es wäre daher Sache der Beklagten gewesen, vorzutragen, dass es sich bei dem Schreiben, dessen Empfang sie am 11.03.2004 bestätigt hat, nicht um das Aufforderungsschreiben der Klägerin vom 10.03.2004 gehandelt hat. Das pauschale Bestreiten der Beklagten hinsichtlich des Zugangs erweist sich von daher als unzureichend. Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich bezüglich der Einhaltung der tariflichen Ausschlussfrist allerdings nichts zu ihren Gunsten aus der internen Mitteilung der Beklagten vom Februar 2004 (Bl. 35 d. A). Nach dem insoweit unzweideutigen Wortlaut der betreffenden Mitteilung handelt es sich um eine Bestätigung des Eingangs von Geltendmachungen. Sie richtet sich nur an diejenigen Mitarbeiter, die ihre Forderungen bereits schriftlich geltend gemacht hatten. Anhaltspunkte dafür, dass eine Berufung der Beklagten auf die tarifvertragliche Ausschlussfrist rechtsmissbräuchlich wäre, ergeben sich von daher nicht. Insbesondere hat die Beklagte in der betreffenden Mitteilung vom Februar 2004 nicht den Anschein erweckt, sie werde sich nicht auf die Verfallfrist berufen.

Die nicht verfallenen Ansprüche der Klägerin auf Nachzahlung von Vergütungsdifferenzen für die Zeit ab September 2003 belaufen sich auf 917,09 EUR brutto. Die von der Klägerin auf Seite 3 ihrer Klageschrift (Bl. 3. d. A.) vorgenommene Berechnung, die bereits ab September 2003 von einer monatlichen Differenz i. H. v. 55,91 EUR ausgeht, ist fehlerhaft. Die von der Klägerin tatsächlich bezogene Arbeitsvergütung belief sich nämlich nicht - wie in der betreffenden Aufstellung zugrunde gelegt - auf 2.329,57 EUR, sondern vielmehr unstreitig auf 2.358,10 EUR. Ausgehend von diesem Betrag summieren sich die Vergütungsdifferenzen für die Zeit von September 2003 bis einschließlich Dezember 2004 auf insgesamt 917,09 EUR brutto.

2.)

Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch Anspruch auf die in § 3 Abs. 2 des Vergütungstarifvertrages Nr. 35 zum BAT normierte Einmalzahlung für November 2004 in Höhe von 50,00 EUR.

Auch dieser Anspruch folgt aus § 5 des Arbeitsvertrages. Die darin enthaltene zeitdynamische Verweisung umfasst nämlich auch tarifliche "Einmalzahlungen", die anstelle einer (prozentualen) Erhöhung der im Arbeitsvertrag genannten Vergütungsbestandteile treten. Um solche Einmalzahlungen handelt es sich bei den in § 3 des Vergütungstarifvertrages Nr. 35 genannten Beträgen (BAG v. 09.11.2005; 5 AZR 128/05).

Die Klägerin hat diesen Anspruch auch innerhalb der Ausschlussfrist des § 70 BAT, nämlich mit Schreiben vom 11.02.2005 (Bl. 6 d. A.) geltend gemacht. Den Zugang dieses Schreibens hat die Beklagte eingeräumt.

3.)

Die Klage auf Gewährung einer Einmalzahlung für den Monat März 2003 gemäß § 3 Abs. 1 des Vergütungstarifvertrages Nr. 35 ist indessen unbegründet.

Dem Anspruch steht bereits entgegen, dass die Klägerin nicht - wie in § 3 Abs. 1 des Vergütungstarifvertrages Nr. 35 vorausgesetzt - im Monat Februar 2003 einen Anspruch auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten hatte. Die Klägerin ist nämlich unstreitig erst seit dem 17.03.2003 bei der Beklagten beschäftigt. Soweit die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung vorgetragen hat, dass Arbeitsgericht habe diesbezüglich Vordienstzeiten unberücksichtigt gelassen, so erweist sich dieses Vorbringen als völlig unsubstantiiert.

4.)

Die ausgeurteilten Zinsen folgen aus den §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

III.

Nach alledem war sowohl die Berufung der Beklagten als auch die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Im Hinblick auf den am 17.01.2007 geschlossenen Teilvergleich war das erstinstanzliche Urteil jedoch (klarstellend) neu zu fassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, wobei hinsichtlich der durch Teilvergleich erledigten Streitgegenstände die Vorschrift des § 98 ZPO anzuwenden war.

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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